Betrieb & Gewerkschaft
Von Kollegen für Kollegen...
Die Märchen des Herrn Gellrich
Pressemitteilung der Betriebsratsgruppe OFFENSIV - Initiative für eine kämpferische gewerkschaftliche Betriebsratsarbeit im Opel Werk Bochum

10-2014

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onlinezeitung

Bochum, den 12.10.2014

Es war einmal ein Opel Werk...“ So würde wohl das Lieblingsmärchen des Herrn Gellrich (Werksleiter des Opel Werk Bochum) beginnen, aber wohl nicht nur von ihm. Mit seiner neuesten Mitteilung an die Presse will er das Werk endgültig zur Vergangenheit erklären. Doch dies ist eben nur ein Märchen. Das Werk besteht. Die Belegschaft produziert jeden Tag Autos, hat die Schließung bis heute nicht akzeptiert und führt nach wie vor den Kampf gegen Opel und GM.

Es mag stimmen, dass ein Großteil der Belegschaft den Aufhebungsvertrag unterschrieben hat, aber von Freiwilligkeit kann keine Rede sein. Schließlich hatte Opel erpresserisch erklärt: Wer bis zum 30.9. nicht „freiwillig“ unterschreibt wird gekündigt. Statt konkrete Zahlen zu veröffentlichen jongliert Gellrich mit wagen Prozentzahlen, um in der Öffentlichkeit den Mythos aufrecht zu erhalten, die Opelbelegschaft hätte letztlich das Werk doch aufgegeben. Gleichzeitig werden Kollegen unter Druck gesetzt noch nachträglich zu unterschreiben.

Die von Gellrich angeführte Zahl 99% der Belegschaft hätte unterschrieben kann gar nicht stimmen. Allein aus der Anzahl uns namentlich bekannter Kollegen, die uns gemeldet haben sie haben den Vertrag bis zum 30.9. nicht unterschrieben, ergibt sich mehr als 1% Ablehnung. Dazu kommen zig Kollegen die nur unter Vorbehalt unterschrieben und über 80 schwerbehinderte Kollegen, die nur unter dem Versprechen der Geschäftsleitung unterschrieben haben, dass das Ergebnis einer Musterklage gegen die durch den Sozialtarifvertrag praktizierte und gegen europäisches Recht verstoßende Diskriminierung als Schwerbehinderte anerkannt wird. Und dazu kommen hunderte Kollegen, die zusätzlich zum Vertrag Geltendmachungen auf Nachberechnung ihrer fehlerhaft berechneten Abfindungen eingereicht haben, wobei jedoch keiner weiß, ob Opel wirklich nachberechnen wird.

All diese Kollegen will Gellrich einfach zu denen zählen die nach seinen Worten „dem Sozialtarifvertrag zustimmen“? Mit dem schlechten Märchen des glücklichen Opelaners, der bereitwillig seine Unterschrift unter die eigene Kündigung gibt, hat dies freilich wenig zu tun. Tatsächlich sind die Unterschriften mit Täuschung, Lügen und Nötigung durch Geschäftsleitung, Vorgesetzte und auch der einseitigen Berichterstattung in den öffentlichen Medien erpresst worden.

Unser beratender Rechtsanwalt Peter Weispfenning schreibt dazu:

Diese Unterschriften sind anfechtbar. Denn die Opel Mitarbeiter wurden zuvor getäuscht, belogen und genötigt! Nach § 119 BGB kann man Willenserklärungen, die auf Grund eines Irrtums über ihren wirklichen Gehalt geschlossen wurden, anfechten. Bis heute gibt es zig solcher 'Irrtümer'. Erst recht gilt das nach § 123 BGB für alle Willenserklärungen, zu denen man durch 'arglistige Täuschung' oder 'widerrechtliche Drohung' gebracht wurde. Eine widerrechtliche Drohung besteht besonders darin, all jene die nicht unterschreiben damit zu bedrohen, dass sie dann nicht in eine Transfergesellschaft wechseln dürfen. Das widerspricht eklatant dem Grundsatz, dass niemand Nachteile erleiden darf, wenn er sich weigert 'freiwillig' einen solchen Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen. Um es klar zu sagen: Die Unterschriften unter die Verträge sind für Opel nichts wert und noch lange kein Grund dem Irrglauben zu verfallen, die ganze Auseinandersetzung sei damit zu Ende.

Besonders freuen wir uns über die Kollegen, die dem massiven Druck stand gehalten und ihre eigene Kündigung nicht unterschrieben haben. Sie haben sich nicht dem GM-Diktat gebeugt und die Härte und Rückgrat bewiesen, die wir Arbeiter in den heute härter werdenden Auseinandersetzungen brauchen. Ihnen gehört unser größter Respekt und Anerkennung! Doch dieser Teil der Geschichte fehlt wohl weislich im Märchen des Herrn Gellrich. Dieses Vorbild soll wohl unter den Arbeitern, die wie z.B. momentan bei Daimler in Düsseldorf im Kampf um ihre Arbeitsplätze und Löhne stehen, auf keinen Fall Schule machen.

Auch verschweigt Herr Gellrich, dass weitere Kollegen gegen die mit sehr fragwürdigen Mitteln vollzogene Auswahl für die Ersatzarbeitsplätze in Werk 3 klagen. Viele Kollegen wurden aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen unrechtmäßig abgelehnt, obwohl sie nach der fest gelegten Sozialauswahl unbedingt übernommen werden müssten. Außerdem wurden mehrere Kollegen der Betriebsratsgruppe OFFENSIV mit offen politischen Begründungen ausgesiebt und damit die Reihe politischer Maßregelungen kämpferischer Opelarbeiter fort geführt. Leider sind an diesen Vorgängen auch einige Betriebsräte um den BR-Vorsitzenden Einenkel beteiligt.

Wir fragen: Wenn der Kampf um die Arbeitsplätze vorbei und aussichtslos sein soll, warum hat Opel es dann nötig seit Wochen dem Betriebsrat die tatsächlichen Zahlen der Unterschriften zu verheimlichen? Warum haben es einige Manager und Co-Manager nötig kämpferische Kräfte wie OFFENSIV mit politischer Diskriminierung und einer regelrechten Hexenjagd durch Hetze und Mobbing zu überziehen? Und warum wird solch ein Aufwand betrieben um Sie, die Presse, gleichzuschalten? (In der Hoffnung, dass Sie, die Presse, die Opelargumentation ungefragt übernehmen.)

Jetzt erst recht! OFFENSIV wird auch weiterhin mit allen Kollegen den Kampf um jeden Arbeitsplatz, gegen die angekündigten Kündigungen, Diskriminierungen und politische Unterdrückung organisieren und dafür alle rechtlichen und politischen Register ziehen. Um dies zu beraten und für weitere Informationen laden wir alle Kollegen und Interessierte herzlich ein, am Sonntag den 26.10.2014 um 13 Uhr im Café Cheese, Bochum-Langendreer, Alte Bahnhofstr. 180.

Für weitere Nachfragen stehen wir ihnen gerne zur Verfügung.

„...und weil sie nicht gestorben sind, so kämpfen sie noch heute!“

Mit freundlichen Grüßen
die OFFENSIV-Betriebsräte

Annegret Gärtner-Leymann (0234/ 989-63547, Annegret.Gaertner@de.opel.com)
Klaus Leymann (0234/ 989-65117, Klaus-Dieter.Leymann@de.opel.com)
Rainer Weinmann (0234/ 989-65355, Rainer.Weinmann@de.opel.com)
Steffen Reichelt (stellv. Vertrauenskörperleiter der IGM)