Bernard Schmid berichtet aus Frankreich

Die extreme Rechte surft auf der Anti-Migrations-Welle – und demonstriert (mit deutscher Beteiligung) vor der Botschaft Deutschlands...

10/2015

trend
onlinezeitung

Bei der Vereinigung ,Riposte Laïque’ – ungefähr „Gegenwehr der Säkularisten“, ein Name, der sich ausschließlich auf die Abwehr des Islam bezieht – ist man nicht zufrieden mit dem Front National (FN) und lässt es wissen. ,Riposte Laïque’, das ist ein Zusammenschluss von Hardcore-Faschisten, die mittlerweile den FN oftmals von rechts kritisieren, obwohl ihre Führungsmitglieder – allen vor an der Hauptgründer der Sekte, Pierre Cassen – zum Teil auch frühere Linke sind. [Pierre Cassen war in den 1970er Jahren bei der radikalen Linken und bei der Druckergewerkschaft der CGT aktiv gewesen.]

Anlass der aktuellen Unzufriedenheit ist, dass die Wahlpartei FN die jüngste Demonstration, zu welcher ,Riposte Laïque’ mit aufrief, geschwänzt hat. Am Abend des Donnerstag, den 24. September 15 demonstrierte das Gesoc..., pardon: die Anhängerschaft vor... ausgerechnet vor der deutschen Botschaft in Paris. Dort, im 16. Bezirk der französischen Hauptstadt, prangerten sie die „Verantwortung von Angela Merkel für die Überflutung Europas mit Migranten“ an, aufgrund ihrer angeblich zu großzügigen, ja unverantwortlichen Flüchtlingspolitik. Thomas de Maizière hätte ja vielleicht seinerseits eine Freude an ihrer Kritik gehabt.

Eingefunden hatten sich dazu rund 500 Menschen; doch die mediale Beachtung, die der Auflauf fand, war im Vergleich dazu weit überproportional. Ursprünglich aufgerufen dazu hatte zunächst die nationalreaktionäre Kleinpartei SIEL („Souveränität, Unabhängigkeit und Freiheit“), die aus dem rechten Flügel der nationalkonservativen Strömung der 1990er Jahre um Philippe de Villiers und Charles Pasqua hervorwuchs und inzwischen mit dem FN zu einem festen Wahlbündnis zusammengeschlossen worden ist. Angeführt wird das SIEL, nachdem dessen – selbst beim FN als halbverrückt geltender, da verbal bisweilen zu extrem auftretender – vorheriger Chef Paul-Marie Coûteaux abserviert wurde (er hatte sich vor den Kommunalwahlen im März 2014 dafür ausgesprochen, Roma „in Lagern zu konzentrieren) heute durch Karim Ouchikh. Jener trägt zwar einen Namen mit nordafrikanischem Hintergrund, ist jedoch der Sohn von pro-kolonialistischen Elementen im französisch kolonisierten Algerien und tritt als Assimili-Ali respektive Onkel Tom des Front National auf. Er firmiert, neben seiner derzeitigen Eigenschaft als Chef des SIEL, heute zugleich als „Berater von Marine Le Pen für kulturelle Angelegenheiten, französische Sprachpolitik und freie Meinungsäußerung“.

Der FN selbst war jedoch, wohl aus Rücksichtnahme auf sein – durch den Streit mit Altboss Jean-Marie Le Pen leicht lädiertes - Image und um seine Wahlchancen bei den Regionalparlamentswahlen in ganz Frankreich im Dezember 15 nicht zu schmälern, nicht zugegen. Deswegen auch der Frust bei den Macherinnen und Machern von ,Riposte Laïque’. „Muss der Front National sich mit seinen Wahlerfolgen begnügen und die Straße ignorieren?“, fragt die rassistische Publikation in ihrer Newsletter vom Montag, den 28. September 15 rhetorisch, und genervt.

Gekommen waren jedoch Prominenten aus unterschiedlichen Teilen der extremen Rechten. Unter ihnen Robert Ménard, der mit Unterstützung des FN ins Amt gewählte, jedoch formal parteilose Bürgermeister im südfranzösischen Béziers, und der Rechtsintellektuelle Jean-Yves Le Gallou (von 1992 bis 1998 Fraktionsvorsitzender des FN im Pariser Regionalparlament, doch heute ohne Parteiangehörigkeit) sowie Olivier Perceval von der nationalistisch-monarchistischen Vereinigung Action française. Auch Béatrice Bourges, prominente Schreckschraube der Bewegung gegen die Homosexuellen-Ehe – die zwischen November 2012 und Oktober 2014 mehrfach Hunderttausende mobilisieren konnte -, war zugegen. Zu den Rednern zählte ferner Renaud Camus, ein elitärer Schriftsteller, der Erfinder des Konzepts vom angeblichen „Großen (Bevölkerungs-)Austausch“ und beliebter Redner bei Anlässen von ,Riposte Laïque’. Eine von ihm beim Anti-Islamisierungs-Kongress von ,Riposte Laïque’ im Dezember 2010 vor rund 1.000 Anwesenden gehaltene Rede trug ihm im April 2014, erstinstanzlich, eine Verurteilung wegen ,Aufstachelung zum Rassenhass’ ein; das Berufungsverfahren dazu läuft. Eines seiner Bücher musste im April 2000 wegen antijüdischer Passagen durch den damaligen Verleger vom Markt genommen werden. (Vgl. dazu einen zeitgenössischen Beitrag vom Autor dieser Zeilen: http://jungle-world.com/)

Die Demonstranten verbrannten eine EU-Flagge und hissten im Gegenzug, um Viktor Orban und seine Abwehrpolitik gegenüber Migranten hochleben zu lassen, ungarische Fahnen. Aus Deutschland angereist war die Bonner Aktivistin (und frühere Vorständlerin bei Pro NRW) sowie vormals offene Neonazi-Kaderin Melanie Dittner. Sie rief unter anderem aus: „Unser Europa ist nicht das unserer politischen Regierungen, mein Europa ist nicht der Kanzlerin!“ (nein, tatsächlich, sondern vielmehr das Europa von 1941), und: „Merkel muss weg!“

Marine Le Pen bläst ins selbe Horn

Auch wenn der FN, aus Imagegründen, bei dem Auflauf nicht mit dabei war: Inhaltlich stößt dessen Chefin, Marine Le Pen, natürlich in dasselbe Horn. Und malt, immer wieder, die Überflutung Europas mit Horden von „Millionen Migranten“ aus.

Am 15. September 15 verpasste sie lediglich ihren Ausdrücken zum Thema eine leichte Korrektur. Bei einem Rundfunkinterview wurde Marine Le Pen durch den Journalisten Patrick Cohen kritisch befragt und auf ihren Ausspruch vom Vortag angesprochen, als sie die derzeitigen Migrationsbewegungen in die Nähe der so genannten Barbareninvasionen gerückt hatte.. Dabei präzisierte die Chefin des FN – die sich zugleich über einen „politisch voreingenommenen“ Fragesteller beschwerte -, sie habe „nicht von Barbaren“ gesprochen, sondern von „den Invasionen im fünften Jahrhundert“ (christlicher Zeitrechnung), also denen im Zusammenhang mit der so genannten Völkerwanderung. Aus Sicht des damals untergehenden (West)Römischen Imperiums handelte es sich dabei aber just um die so genannten Barbarenstürme... Als frühere Anwältin ist Marine Le Pen jedoch rhetorisch geschickt und argumentativ gewandt genug, um sich herauszureden und nicht in die Falle zu tappen, sich nachsagen zu lassen, sie habe außereuropäische Migranten als ,barbarisch’ bezeichnet. Im Originalton antwortete sie: „Der Begriff ,Barbaren’ hatte damals nicht dieselbe Bedeutung wie heute: Er bezeichnete jene, die nicht dieselbe Sprache sprechen und nicht aus demselben Kulturkreis kommen. Es handelte sich damals um Migrationsströme...“ (Vgl. https://www.youtube.com ) (Anm.: Tatsächlich stammt der Begriff ,Barbaren’ ursprünglich von einer griechischen Bezeichnung, die auf all diejenigen zielte, die nicht das seinerzeitige Altgriechisch sprachen – und aus Sicht der griechischen Stadtstaatenbewohner deswegen üblicherweise nur ,Barbar’, also ,Blabla’, redeten.) Dadurch versuchte sie, laut werdende Kritik an ihrem Umgang mit anderen Kulturen als „barbarisch“ abzuknicken.

Und Marine Le Pen, aber auch ihr innerparteilicher Widersacher Bruno Gollnisch – beide sitzen im Europaparlament, wobei Gollnisch nicht länger der gemeinsamen Fraktion angehört, weil er zum Altchef Jean-Marie Le Pen hält – bemühen nun ihrerseits stets ein weiteres „Argument“. Eines, mit dem sie zugleich für sich selbst (natürlich zu Unrecht) beanspruchen, angeblich die Tradition der französischen Résistance zu verkörpern. Alle, jedenfalls männlichen, syrischen Migranten und Geflüchteten seien doch in Wirklichkeit „Deserteure“; und Feiglinge, die sich nur der Verteidigung ihres Landes gegen die es bedrohenden Barbaren entzögen. Denn sie lehnten es ja ab, gegen den Überfall des so genannten „Islamischen Staates“ (IS) auf ihr Land zu kämpfen. Anders als die Franzosen, die ihrerseits heldenhaft gegen die ausländische Übermacht gekämpft hätten, sei es in Gestalt von Jeanne d’Arc (oder der „Jungfrau von Orléans) im Hundertjährigen Krieg gegen die Engländer oder im Widerstand gegen die deutschen Besatzer.

Ein reichlich unpassender Vergleich zu 1940-44, den Marine Le Pen jedoch nicht zum ersten Mal sinngemäß heranzieht. Aufgrund eines anderen Ausspruchs aus ihrem Munde, dem zufolge auf der Straße betende Muslime in Frankreich „eine neue Besatzung, eine echte dieses Mal“ verkörperten – gerichtet an jene, die so gerne alte Geschichten „vom Zweiten Weltkrieg“ wiederkäuten – trug ihr nun erstmals einen Prozess ein. Anders als ihr Vater Jean-Marie Le Pen, der, u.a. aufgrund diversester rassistischer und antisemitischer Aussprüche, über 25 mal verurteilt wurde, ist Marine Le Pen bislang nicht vorbestraft. Aufgrund ihrer oben zitierten Auslassungen, die im Rahmen des innerparteilichen „Wahlkampfs“ (vor der Urabstimmung über die Nachfolge Jean-Marie Le Pens) am 10. Dezember 2010 in Lyon getätigt wurden, wurde sie nun jedoch in ein Strafverfahren verwickelt. Am 02. Juli 2013 hob das Europaparlament deswegen ihre parlamentarische Immunität auf. Die Verhandlung dazu wird nun am 20. Oktober 2015 stattfinden. Marine Le Pen hat bereits angekündigt, persönlich zu erscheinen, da sie sich eine solche Tribüne nicht entgehen lassen möge.

Zurück zu ihrem aktuellen „Argument“ gegen die aus Syrien Geflohenen: Ihr Vergleich unterschlägt natürlich, dass die Masse der syrischen Bevölkerung eingekeilt ist zwischen einem der weltweit übelsten Folterregimes einerseits, und den von ihm 2011/12 als Wunschgegner erst richtig aufgebauten Jihadisten andererseits. Das Argumentationsmuster der beiden FN-Politiker(/in) funktioniert nur dann, wenn man annimmt, man könnte im Dienst des Folterregimes von Al-Assad Dienst tun, um den IS zu bekämpfen. Was aus sehr guten Gründen für das Gros der syrischen Bevölkerung keine vernünftige Option bildet. Doch der Front National unterstützt auch anderweitig das amtierende Folterregime als „legitime syrische Regierung“, und begrüßt dessen aktive Unterstützung durch das Russland unter Machthaber Wladimir Putin, einen anderen, heiß umjubelten politischen Freund der FN-Führung. Wörtlich fordert Marine Le Pen, Frankreich (und andere Länder) müssten „AN DER SEITE VON BASCHER AL-ASSAD den ,Islamischen Staat’ bekämpfen“ (vgl. https://www.youtube.com/watch?v=ey0tkk6lPs0 ; und sinngemäß wiederholt und noch ausgebaut bei: https://www.youtube.com/watch?v=lkQLdB39GD4 ). Und bestreitet, dass die syrischen Geflüchteten in allererster Linie vor der Folterdiktatur Al-Assads flohen – obwohl Untersuchungen genau dies belegen (vgl. https://www.adoptrevolution.org/fluchtursachen-und-handlungsoptionen/ ).

Zusätzlich bekräftigt die FN-Chefin ihre Argumentation dadurch, dass sie behauptet, kurioserweise seien „99 %“ der syrischen Geflüchteten „junge Männer“ im wehrfähigen Alter und in voller Manneskraft – was dagegen spreche, dass es sich um wirkliche Flüchtlinge handele. Marine Le Pen wurde jedoch widersprochen, da Zahlen internationaler Organisationen wie des UNCHR belegen, dass sich mindestens dreißig Prozent der syrischen Flüchtlingen befinden; vgl. http://www.lemonde.fr/. Ihr Anteil ist also durchaus nicht verschwindend gering (wobei unwidersprochen bleibt, dass Frauen von dort aufgrund tradierter Familienstrukturen und aufgrund von „familiärer Verantwortung“ grundsätzlich weniger mobil sind, gar internationale Mobilität aufweisen). Inzwischen hat Marine Le Pen selbst, nolens volens, ihre Zahl von behaupteten „99 %“ (reinen Männeranteils) auf angebliche „75 %“ herunterkorrigiert, um sich dabei auf „internationale Institutionen“ zu berufen; vgl. dazu in ihrem Interview: https://www.youtube.com/watch?v=ey0tkk6lPs0

Rechtsextreme Radau-Rathäuser

Natürlich stehen die FN-Mandatsträger (und, wo vorhanden, Mandatsträgerinnen) bei der Abwehr gegen Geflüchtete, und generell gegen Immigration, nach wie vor in der ersten Reihe.

Bislang verfügt die rechtsextreme Partei noch über keine eigenen Bezirks- und Regionalregierungen, was sich jedoch in naher Zukunft ändern könnte. Denn am 06. und 13. Dezember dieses Jahres werden alle französischen Regionalparlamente – nunmehr dreizehn an der Zahl, nach der frisch beschlossenen Zusammenlegung mehrere Regionen, früher 22 – gewählt, und zwar nach dem Verhältniswahlrecht. In der neuen Großregion Nord-Pas de Calais-Picardie liegt die durch Marine Le Pen geführte Liste, mit 39 Prozent der Stimmabsichten, mit weitem Abstand in Führung. Bei ihrer Wahlkampferöffnung in Hénin-Beaumont, einer FN-regierten Kommune in der Region, kündigte Marine Le Pen am 13. September 15 an, falls sie gewählt werde, dann werde auf allen von der Region (d.h. von ihrer öffentlichen Hand) abhängenden Arbeitsplätzen künftig die ,préférence nationale’ oder „Inländer-Bevorzugung“ eingeführt. Also die Einstellung unter besonderer Berücksichtigung der Nationalität. Was, selbstverständlich, eine illegale Diskriminierung darstellt – mit Ausnahme jener (inzwischen relativ wenig gewordenen) Stellen, bei denen der Gesetzgeber selbst einen Nationalitätsvorbehalt erhebt, wie auf den für Franzosen reservierten Stellen bei Polizei, Armee (außer Fremdenlegion) und Richterschaft, oder auf den für EU-Bürger/innen reservierten Stellen bei der französischen Eisenbahn. Am 20. September d.J. kündigte Marine Le Pen bei ihrem ersten Wahlkampf-Auftritt in der picardischen Regionalhauptstadt Amiens ferner einen Stellenabbau im öffentlichen Dienst der Region an, obwohl ihre Wahlkampfstrategie ansonsten stark auf soziale Demagogie ausgerichtet ist. (Vgl. hierzu http://www.lemonde.fr/ und http://www.rtl.fr oder http://www.lefigaro.fr)

Ob ein auf regionaler Ebene regierender FN tatsächlich die „Inländerbevorzugung“ (welche den innersten Kern seiner Programmatik ausmacht) einführen würde, muss vorläufig dahin gestellt bleiben. Denn natürlich würde es eine solche Regionalregierung in Konflikt mit dem Gesetz, dem französischen wie dem EU-Recht, bringen. Auf Ebene der fünfzehn rechtsextrem regierten Kommunen hat die Partei einen solchen offenen Gesetzesverstoß bislang nicht unternommen. Im März 2015 waren fünfzehn rechtsextreme Bürgermeister gewählt worden, von ihnen gehörten zehn dem FN an, und als elfter kam der vom FN unterstützte Robert Ménard in Béziers hinzu. Vier andere gehörten der rechtsextremen Regionalpartei ,Ligue du Sud’ an. Einer von den Letztgenannten, in der rund 5.000 Einwohner/innen zählenden Kleinstadt Camaret-sur-Aigues, ist inzwischen seinerseits zum FN übergetreten. Zwölf Städte unterschiedlicher Dimensionen dürfen als derzeit als FN-regiert gelten.

Auch wenn die Front National-Rathausregierungen bislang also nicht offen Gesetze etwa über Diskriminierungsverbote brachen, so richteten sie doch ein Klima ein, das es ausländischen Einwohner/inne/n in der Praxis einfach nicht angeraten erscheinen lässt, etwa Einladungen von Familienangehörigen zu verschicken, die vom Rathaus abgestempelt werden müssen. Zugespitzt hat sich die Entwicklung jedoch seit der jüngst in ganz EU-Europa ausgerufenen „Flüchtlingskrise“. Die mit viel Aufwand und auf Hochglanzpapier produzierte Rathauszeitung von Béziers etwa publizierte ihre Nummer von Anfang September 15 mit einem Titelblatt, das eine auf die Stadt zuschwappende Welle von Migranten suggeriert. In einer Fotomontage wird ein in Mazedonien aufgenommenes Bild von an der Grenze sich stauenden Migranten gezeigt, daneben stehend Hinweisschilder wie „Béziers: 3.825 Kilometer“ und „Zur kostenlosen Sozialversorgung“. Am Freitag, den 11. September 15 dann drang Ménard persönlich, an der Spitze einer Kohorte von Kameras, in seit längerem leerstehende – für Renovierung oder den Abriss bestehende – Wohnungen in Béziers ein, in denen syrische Geflüchtete untergekommen waren, nachdem man ihnen keine Unterkünfte für die Dauer des Asylverfahrens zugeteilt hatte. Es handelt sich um den Stadtteil La Devèze (in dem die syrischen Flüchtlinge inzwischen, Anfang Oktober 15, öffentlichkeitswirksam die Besen ergriffen haben, um ihn zu säubern und unter Beweis zu stellen, dass ).

Bei diesem Auftritt tönte Robert Ménard den aus Syrien geflohenen Menschen laut entgegen: „Sie sind in dieser Stadt nicht willkommen!“ Zugleich kündigt er an, zwei durch den Präfekten (Vertreter des Zentralstaats) geprüfte „legale“ Unterkünfte in seiner Stadt in Frage zu stellen, und verhindern zu wollen.

Aufgrund dieser Vorkommnisse hat sogar die konservative Stadtopposition inzwischen das Rathausoberhaupt Robert Ménard deutlich aufs Korn genommen. Infolge von Protestrufen eines örtlichen Unterstützungskomitees für syrischen Flüchtlinge im Stadtrat von Béziers – sechs seiner Mitglieder hatten es geschafft, in die Sitzung Einlass zu finden, den Rest der Zuschauerbänke hatten bereits die FN-Anhänger besetzt – ließ Ménard glatt den Saal räumen. (Vgl. http://www.francetvinfo.fr und http://www.leparisien.fr oder http://www.ladepeche.fr) Sozialdemokratische Parlamentsabgeordnete und Mandatsträger/innen vom linken Parteiflügel lancierten infolge der Vorstöße Robert Ménards eine Petition an Staatspräsident François Hollande, in welcher sie die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen den Bürgermeister von Béziers (wegen der Republik unwürdiger Amtsführung) fordern. Nach anderthalb bis zwei Wochen trug die Petition inzwischen 8.000 Unterschriften. (Vgl. zu ihr bspw. http://www.francetvinfo.fr oder http://www.metronews.fr) Ménard antwortete darauf inzwischen durch die Veröffentlichung einer Gegenpetition (vgl. http://www.midilibre.fr ).

Aber nicht nur rechtsextreme, auch andere Bürgermeister ergriffen beschämende Positionen im Zusammenhang mit der Aufnahme von Geflüchteten. Mehrere konservative Stadtoberhäupter aus den Reihen der Partei Les Républicains – der früheren UMP -, wie im bretonischen Roanne erklärten etwa, aus Syrien und dem ’Iraq (eingedeutscht Irak) nähmen sie „ausschließlich geflohene Christen“ aufzunehmen. Denn diese schnitten, wie der Bürgermeister von Charvieu-Chavagneux (Raum Grenoble) am 08. September 15 unter Verweis auf Gräueltaten des so genannten „Islamischen Staates“ sekundierte, immerhin „keine Hälse (/ Kehlen) durch“. Unter Anspielung auf das Attentat vom 26.06.15 im selben Département (Isère), bei dem ein Angestellter mit jihadistischen Ideen seinem Arbeitgeber die Kehle durchgeschnitten und seinen Kopf an einem Fabriktor befestigt, und anschließend ein Chemiewerk in die Luft zu jagen versucht hatte (vgl. http://jungle-world.com/artikel/2015/28/52277.html ). - Nach Religionszugehörigkeit von Individuen zu diskriminieren, ist zwar schlicht illegal, doch die aufgezählten Beispiele machten in der Folge unter einigen Bürgermeistern Schule, die ähnlich gelautete Erklärungen abgaben.

Editorische Hinweise

Den Artikel erhielten wir vom Autor für diese Ausgabe.