Stadtumbau & Stadtteilkämpfe

[Berlin] Rigaer Str. 94
Gemeinsame Erklärung der Bewohner_innen des Vorderhauses

veröffentlicht bei linksunten.indymedia.org

10/2016

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Wir haben bewegte Zeiten hinter uns. Drei Wochen der Belagerung gingen auch an uns nicht spurlos vorüber. So wurden im Vorderhaus Menschen, die den Dachboden seit über einem Jahr besetzt hatten, geräumt und ihre komplette Einrichtung, sowie persönliches Hab und Gut zerstört bzw. entsorgt. Auch wenn wir die Bullen und Securities nicht immer direkt vor unseren Zimmern/Wohnungen stehen hatten, wie die Nachbar_innen aus dem Hinterhaus, so mussten wir doch alle die gleichen erniedrigenden Einlasskontrollen über uns ergehen lassen.

Die dabei gesammelten Informationen über uns, wurden Nazis zugespielt. Auch wir haben spüren müssen, was es heißt, keinen Besuch empfangen zu können. Oder wie die Bullen unseren Gästen den Zutritt verwehrt haben und mit Blick auf unseren Pass gesagt haben: "Du bist hier doch selber nur zu Gast!". Und im Bewusstsein dieser ganzen Schikanen müssen wir sagen: Ihr wart es, die Bullen. Ihr habt unsere Freund_innen, Arbeitskolleg_innen und/oder Angehörige nicht reingelassen. Auch wenn ihr noch sooft in die Kameras lügt und irgendetwas von unserer Hausverwaltung faselt. Die 3-wöchige Belagerung und Zermürbungstaktik war eine Aktion von Henkel und seinen Lakaien von der Berliner Polizei, um unser Haus und unsere Idee eines solidarischen Kiezes zu zerstören.

Unsere Antwort darauf könnt ihr an unserer Pforte lesen: „Das ganze Haus hasst die Polizei!“.

Diese Wochen haben aber auch unglaublich viele Momente geschaffen, die die Solidarität untereinander sehr gestärkt haben. Vor allem das abendliche Scheppern, mit allen Nachbar_innen, die sich mit uns und unserer Idee solidarisch erklärt haben. Und natürlich werden auch wir nicht von den nächtlichen Aktionen schweigen. Sie sind Ausdruck von Solidarität und ein Druckmittel gegen diese autoritäre Politik. Sie haben maßgeblich dazu beigetragen, eine Öffentlichkeit zu schaffen. Danke dafür. Das solidarische Bewusstsein, was hier geschaffen wurde, ist nicht aus dem nichts geboren und muss weiter, wie ein kleines Pflänzchen, täglich gegossen werden. Die Sprache der Berliner Bullen und des nun untergehenden Innensenators F. Henkel, war eine klare Ansage gegen einen Kiez, der sich selbstverwalten will. Geht es nun um die Gestaltung der öffentlichen Räume, einen geplanten Luxusneubau oder um die Verwaltung der Häuser. Wir sind in der Lage, unsere eigenen Meinungen zu bilden und zu vertreten, uns zu treffen und auszutauschen und eine Kiezorganisierung selbst in die Hand zu nehmen. Deshalb war der Angriff auf die Rigaer94, nicht nur ein Angriff auf unsere Organisierung sondern auch ein Angriff auf unsere Solidarität. Dieser Angriff galt all den Widerständigen dieser Stadt, die den Gesetzen und Spielregeln der Autoritäten den Mittelfinger zeigen und trotz der Gewalt, die gegen jene ausgeführt wird, nicht aufhören gemeinsam gegen den Ausverkauf dieser Stadt, eben unseren Wohnraum, zu kämpfen.

Und das heißt auch, dass wir für die Leute, die der Staat mit fadenscheinigen Gründen hinter Gittern hält, da sein müssen. Ihnen gilt unsere vollste Solidarität. Exemplarisch für den Kampf um den Rigaer Kiez stehen hier Aaron und Balu (hier könnt ihr Infos und Erklärungen der beiden nachlesen: https://aaronbalu.blackblogs.org/ ). Sie sind aber bei weitem nicht die einzigen. Zum Beispiel ist da noch Rainer Loehnert, der seit ca. 30 Jahren im Maßregelvollzug sitzt und in seinem letzten Brief Mitte Juli folgendes schreibt: „Es stinkt mir, mich nicht in Freiheit zu befinden und nicht draußen bei den FreundInnen und KomplizInnen zu sein. Ich möchte das Leben spüren wie in der Rigaer oder in der Liebig Straße, wo das anarchistische Feuer nicht mehr ausgehen soll.“ Solidarität ist die Stärke nicht alleine zu sein. In einer Profitgesellschaft wie dieser, ist es daher ein verdammt großes Gut, sich nicht vereinzeln zu lassen und gemeinschaftlich zu handeln und für Dinge einzustehen.

Der Abriss der ältesten Häuser im Kiez hat begonnen und das Luxusneubau Projekt ist schon geplant. Der Kiez hat keinen Bock auf Spekulanten und Verdrängung! (https://samariga.noblogs.org/) Stattdessen fordern wir, dass Gelände frei zu geben an die Anwohner_innen dieses Kiezes. Es gibt schon viele Überlegungen und alle sind besser als die Scheiße der CG-Gruppe. Die Stimmen aus dem Kiez sind gerade seit dem Beginn des Gefahrengebietes auch klar: solange keine Bullen im Kiez sind, gibt es hier ein angenehmes Zusammenleben ohne Angst.

Kein SamaRiga-Carré!
Für Bullen, Parteien und CG-Gruppe: Kiezverbot!
 

Quelle: linksunten.indymedia.org vom 27.9.2016