Syrien
Kampf um Neuaufteilung der Einflusssphären

von Martin Suchanek

10/2016

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Am Abend des 19. September erklärte die Regierung Assad das Ende der sog. „Waffenruhe“, die zu einer Befriedung des Bürgerkriegs unter Aufsicht von Russland und den USA führen sollte.

Seither bombardieren die russische und syrische Luftwaffe Aleppo wie nie seit Beginn des Bürgerkrieges. Am Donnerstag, dem 22. September, begann die Bodenoffensive der syrischen Armee und ihrer Verbündeten, iranischen Milizen und Kämpfern der libanesischen Hisbollah.
Täglich sterben dutzende, wenn nicht hunderte Menschen, vor allem ZivilistInnen, im Bombenhagel. Die Zugänge zu den umkämpften Stadtvierteln sind abgeriegelt, Hunderttausende werden regelrecht ausgehungert und ausgedurstet.

Dafür ist vor allem das syrische Regime verantwortlich, das die demokratische Revolution endgültig im Blut zu ertränken droht und das für den Tod von mehr als 250.000 Menschen und Millionen Geflüchtete verantwortlich ist.

Die Offensive der Armee zeitigte nach wenigen Tagen erste Erfolge mit der Einnahme des Palästinenserlagers Handarat, das seit Jahren auf Seiten der Aufständischen stand.
Das Kalkül der Regierung scheint dabei aufzugehen. Für den Bruch der Waffenruhe wird die Opposition verantwortlich gemacht. Das eigentliche Ziel ist die Eroberung Aleppos, um den Resten der syrischen Revolution das Rückgrat zu brechen. Während die USA und die EU den Angriff auf Aleppo verurteilen, lassen sie ihre „Verbündeten“ ausbluten und beschränken ihren „Protest“ auf „diplomatische Noten“.

Sollte das syrische Regime die Eroberung Aleppos und anderer Städte einigermaßen rasch durchziehen können, so könnte diese territoriale Neuaufteilung sogar zur Basis neuer „Friedensverhandlungen“ in Genf oder anderswo werden, zur Basis eines neuen „Waffenstillstandes“, eines „Einfrierens“ des Bürgerkrieges von oben.

Zusammenbruch der Waffenruhe

Schließlich sollte schon mit dem Abkommen vom 9. September eine reaktionäre Befriedung durchgesetzt werden. Diese wäre auf die Aufteilung Syriens in Einflusssphären erstens des Regimes, Russlands, Irans und ihrer Verbündeten, zweitens der USA, der Türkei und anderer Regionalmächte hinausgelaufen. Deutschland und die EU unterstützten das vollkommen - nicht nur um selbst ein Mitspracherecht bei der Neuordnung Syriens und der Region reklamieren zu können, sondern vor allem um so die Abriegelung der EU-Außengrenzen für syrische Geflüchtete (wie schon im Deal mit der Türkei) zu rechtfertigen und um die zukünftige „Rückführung“ der Geflüchteten vorzubereiten.

Die ideologische Klammer bildeten hohle Phrasen von „Menschenrechten“, Sorgen um die Zivilbevölkerung, „Übergang“ und „Demokratie“ und des Kampfes gegen die Erz-Reaktionäre des sog. „Islamischen Staates“. Wenn die letzten Jahre eines gezeigt haben - um „Humanität“ geht es den ausländischen Mächten wie dem Regime sicher nicht. Der sog. „Kampf gegen den Terrorismus“ ist nur eine billige Formel für die Rechtfertigung der jeweils eigenen Kriegsziele.

Russland

Damit rechtfertigen Russland und seine Verbündeten die Hilfe für die Assad-Regierung. Ihr eigentliches Kriegsziel besteht jedoch darin, das Regime um jeden Preis zu halten, die Reste der demokratischen Revolution in Blut zu erstricken und ihren geo-strategischen Einfluss zu sichern. Auch China unterstützt genau diese Politik. Die letzten Monate haben zu einer Stärkung der Rolle Russlands und des Iran geführt, was im Abkommen von Genf auch von den USA diplomatisch anerkannt wurde. Statt weiter auf die Unwägbarkeiten und die Unsicherheit zu vertrauen, dass die USA ihre Verbündeten in Syrien vollständig kontrollieren können, sollen jetzt Fakten geschaffen werden, die erlauben, beim nächsten „Waffenstillstand“ die Bedingungen praktisch diktieren zu können.

Die Türkei begründete den Einmarsch in Nordsyrien auch mit dem „Kampf gegen den Terrorismus“. Offiziell unterstützt sie nur von ihr selbst ausgehaltene Verbände der FSA. In Wirklichkeit geht es ihr vor allem darum, Rojava und die kurdische Bewegung einzudämmen. Sie hat daher auch gleich ihr Artilleriefeuer auf Stellungen der YPG/YPJ und deren Verbündete gerichtet. Die Entstehung eines kurdischen selbstverwalteten Gebietes in Syrien ist für die Türkei die „Hauptgefahr“, die mit allen Mitteln zu bekämpfen ist. Vom Ziel, Assad zu stürzen, ist das Erdogan-Regime spätestens seit der Wiederannäherung an Russland abgerückt. Die Besetzung eines Teils Syriens soll aber als Garantie für die Berücksichtigung türkischer Interessen und vor allem gegen jede dauerhafte kurdische Selbstbestimmung dienen.

USA


Die USA haben in Syrien nach dem Einmarsch in Irak und Afghanistan einmal mehr zu spüren bekommen, dass ihre globale politische Vorherrschaft in den letzten Jahren schwächer wurde, dass sie ihre hegemoniale Rolle gerade im Nahen und Mittleren Osten immer schwerer behaupten können. Ihre Politik war von Beginn an eher die einer Getriebenen denn einer Treibenden. Die arabische und auch die syrische Revolution wollte der US-Imperialismus nicht - sich offen gegen Millionenmassen zu stellen aber auch nicht. So wurde die syrische Opposition offiziell unterstützt - und zugleich mit leeren Versprechungen abgespeist. Waffen und finanzielle Unterstützung erhielt sie, aber immer nur in einem Ausmaß, dass sie nicht ganz unterging.

Während Russland mit barbarischen Mitteln eine klare strategische Zielsetzung verfolgte, wollten die USA nach Afghanistan und Irak einen weiteren Bodenkrieg vermeiden und vor allem keine Zerschlagung des Staats- und Militärapparats Syriens. Assad sollte zwar weg, sein Apparat sollte aber bleiben. Russland sollte einerseits global isoliert werden, andererseits wollte man die Beziehungen zum Iran normalisieren und konnte zunehmend weniger auf Putin verzichten.

Die europäischen Verbündeten der USA - vor allem Britannien und Frankreich - waren daher in der ersten Phase des Bürgerkrieges kriegstreiberischer als ihre mächtige Verbündete, erweisen sich jedoch mehr und mehr als politisch ohnmächtig angesichts der russischen Intervention und des Unwillens der USA, die Konfrontation bis zum Ende durchzuziehen. Hinzu kommt, dass für den deutschen Imperialismus und die EU zunehmend die „Lösung“ der Flüchtlingsfrage ins Zentrum rückte und dafür auch eine „Verhandlungslösung“ mit Assad angestrebt wird.
Das erlaubte verschiedenen Regionalmächten wie der Türkei, Saudi-Arabien, Katar eine vergleichsweise große Rolle zu spielen. Die rüsteten ihre eigenen Verbündeten aus, von denen manche auch aus dem Ruder gelaufen sein mögen - allein, auch sie hatten nicht die Kraft, ihre reaktionären Ziele durchzusetzen.

Somit geriet der Bürgerkrieg immer mehr zu einem Schauplatz der Austragung des Kampfes um eine Neuordnung der Welt. Er wurde zusehends ein Exerzierfeld der Barbarei, wobei die Großmächte zugleich bedacht waren, den Krieg nicht zu einer offenen inter-imperialistischen Konfrontation werden zu lassen.

Niedergang der syrischen Revolution

Das ändert nichts daran, dass die syrische Revolution ein genuiner Bestandteil der arabischen Revolutionen war. Sie begann als demokratische Massenbewegung gegen die pro-imperialistische, neo-liberale Assad-Despotie, die alle Teile der Gesellschaft autoritär und repressiv durchdrang. Angesichts der Revolution in Ägypten und des Sturzes von Mubarak wollte die syrische Regierung die Bewegung in Blut ertränken. Aber die Revolution kapitulierte nicht und bewaffnete sich. Die FSA wurde ins Leben gerufen. Sie war jedoch nie eine zentralisierte Armee im eigentlichen Sinn, allenfalls ein loser Zusammenschluss, in der Realität wohl eher ein Sammelbegriff für verschiedene Gruppen von Milizen mit recht hoher lokaler Autonomie.

Hinzu kam, dass die FSA zwar militärisch das Rückgrat der Revolution im Bürgerkrieg bildete, selbst aber organisatorisch wie auch politisch fragmentiert war. Sie hatte (wie auch die Basiskomitees der Bewegung) keine Vorstellung, wie eine siegreiche Revolution das Land ökonomisch und politisch neu ordnen sollte. Die politische Führung fiel daher anderen zu, die ihr Heil mehr und mehr in der Unterstützung durch erz-reaktionäre Regionalmächte oder direkt beim US-Imperialismus suchten.

Letzterer ließ jedoch die falschen Hoffnungen diverser Oppositions- und Verhandlungsführer der syrischen Bewegung, deren reale Verankerung in Syrien selbst oft äußert zweifelhaft ist, ins Leere laufen. So wandten sich mehr Kräfte der Opposition erz-reaktionären Unterstützern zu, die Waffen, Geld, Logistik lieferten und die KämpferInnen auch besser bezahlten. Auch wenn die islamistischen Kräfte immer eine Minderheit in der Opposition blieben, so hatten sie den Vorteil, besser organisiert und ausgestattet zu sein und ein klares, wenn auch reaktionäres Ziel für ein zukünftiges Syrien vor sich zu haben.

Zum anderen ist gerade in den letzten Monaten der Kampf gegen Assad so sehr in die Defensive geraten, dass es fast nur noch um das eigene Überleben, das Halten von Stellungen geht. Ein militärischer Sieg gegen das Regime ist in weitere Ferne gerückt, scheint praktisch unmöglich geworden zu sein.

In Aleppo soll nun die vollständige Eroberung der Stadt vollzogen werden. Das würde eine, womöglich endgültige, Niederlage bedeuten. Eine Niederlage bedeutete aber auch schon die Waffenruhe. Das Regime hat sie aufgekündigt, weil es jetzt die Chance sieht, auf dem Schlachtfeld Verhältnisse zu schaffen, die nur noch kosmetische Zugeständnisse an die „moderate“ Opposition, also all jene, die praktisch von den USA oder Regionalmächten abhängig sind, erfordern. Weitere „Friedensverhandlungen“ würden so zur vollkommenen Farce werden.

Verteidigung Aleppos

Die Verteidigung Aleppos befindet sich heute in einer verzweifelten Lage. Gerade deshalb erfordert sie unsere Unterstützung. Es ist ein politischer Skandal, dass große Teile der ArbeiterInnenbewegung und der Linken jede Solidarisierung verweigern, ja Teile sogar das Assad-Regime und den russischen Imperialismus unterstützen!

Das heißt nicht, dass wir die Augen verschließen dürfen vor dem zunehmenden Einfluss islamistischer Kräfte wie Dschabhat Fatah asch-Scham (ehemals Al-Nusra-Front) und vor der politischen Abhängigkeit der Führungen der FSA und Opposition von Regionalmächten oder den USA.

Das ändert jedoch nichts daran, dass für die Bevölkerung in Aleppo heute das syrische Regime und seine Verbündeten der unmittelbare Hauptfeind sind, die sie aushungern und gegen die daher militärische Verteidigung vollkommen gerechtfertigt, ja unabdingbar ist.

Schicksalsstunde

Gerade in dieser Schicksalsstunde ist es aber auch notwendig, sich die Frage zu stellen, woran die syrische Revolution zu scheitern droht, welches die Ursachen für ihre fast unvermeidlich gewordene Niederlage sind.

Ähnlich der Entwicklung in Libyen oder Jemen hatte die Bewegung von Beginn an damit zu kämpfen, dass das Assad-Regime selbst die Entstehung einer halb-legalen, halb-illegalen ArbeiterInnenbewegung wie die unabhängigen Gewerkschaften in Ägypten mit despotischen Mitteln verhindert hatte. Die proletarischen oder sozialistischen Kräfte waren überaus schwach. Es gab und gibt zwar Gruppierungen wie die „Left Revolutionary Current“, die unsere uneingeschränkte Solidarität verdienen. Aber diese Kräfte sind leider vergleichsweise marginal.
Ein beachtlicher Teil der Kräfte der syrischen Revolution - gerade die sog. Nachbarschaftskomitees, die sich um die Organisierung des täglichen Lebens sorgten, oder auch große Teile der Milizen der FSA - verzichteten auf eine politische und strategische Ausrichtung. Sie waren, ideologisch betrachtet, eigentlich AnhängerInnen einer „reinen“, kleinbürgerlichen Demokratie, ihre Vorstellungen für die Zukunft des Landes überaus vage und phrasenhaft.

Damit musste die Führung der syrischen Revolution automatisch an Kräfte fallen, die sich politisch am Imperialismus, an Regionalmächten oder gar an Dschihadisten orientierten. So fragmentierte die Revolution politisch und auch als handelnde Kraft mehr und mehr, während das Assad-Regime und seine Verbündeten einheitlich agierten. Diese politisch-strategische reaktionäre Klarheit und Rücksichtslosigkeit ist im Übrigen auch ein Erfolgsgeheimnis des sog. „Islamischen Staates“, der sich auf die Verzweiflung deklassierter Schichten stützt und für sein Ziel der Errichtung eines klerikal-faschistischen Gottesstaates vor allem gegen die Kräfte der Opposition und die KurdInnen vorgeht.

Entscheidend ist jedoch: Die Krise der syrischen Revolution, ja ihr drohendes Scheitern, ist vor allem ein Resultat ihrer Führungsschwäche. Zu keiner Zeit vermochte die ArbeiterInnenklasse zur politisch führenden Kraft zu werden. Zweifellos erschwerte die rasche Wendung zum Bürgerkrieg diese Aufgabe, da naturgemäß die Frage ins Zentrum rückt, wie dieser überhaupt gewonnen werden kann und welche soziale Ordnung durch die Revolution errichtet werden soll.

Führungskrise

Die Führung der Revolution hat sich nicht nur ins Fahrwasser des Imperialismus begeben und bereitwillig von diesem abhängig gemacht. Sie hat auch kein Programm zur Lösung der sozialen und nationalen Probleme des Landes gehabt. Im Gegenteil! Das Selbstbestimmungsrecht des kurdischen Volkes wurde von den meisten Kräften der Opposition abgelehnt. Sie wollten Assad stürzen, gleichzeitig aber auch nicht auf den arabischen Nationalismus verzichten.

Das wiederum verlieh der falschen, kurzsichtigen und utopischen Politik der kurdischen Führung unter der PYD, sich möglichst aus dem Bürgerkrieg herauszuhalten und eine Politik des „Dritten Weges“ zu verfolgen, scheinbar eine Berechtigung. Warum sollte sich das kurdische Volk auf die Seite von Kräften stellen, die sein Selbstbestimmungsrecht (und damit die jahrzehntelange Unterdrückung der KurdInnen in Syrien) nicht anerkannten?
Die Antwort ist keine moralische, sondern eine politische. Das Schicksal der KurdInnen, ihre demokratischen Rechte selbst hängen vom Ausgang der syrischen Revolution ab.
Die Entstehung Rojavas und eines bis dahin nicht gekannten Maßes an Selbstbestimmung, die demokratischen Rechte in den Kantonen (v. a. für die Frauen) sind selbst Errungenschaften der syrischen Revolution. Das Assad-Regime überließ diese Regionen den KurdInnen, weil es alle Hände voll zu tun hatte, die Bewegung in den städtischen Zentren zu bekämpfen. Ansonsten hätte es die Möglichkeiten für die KurdInnen, ihre eigenen Strukturen aufzubauen, erst gar nicht gegeben. Im Gegenzug verhielt sich die Führung der KurdInnen „neutral“ und versuchte sich aus dem Bürgerkrieg rauszuhalten, was, objektiv betrachtet, dem Regime zugutekam.

Wären die KurdInnen offensiv auf Seiten der Revolution in den Kampf getreten, hätte das das Kräfteverhältnis verändert, auch wenn niemand sagen kann, ob das den Ausschlag zum Sturz Assads gegeben hätte. Es hätte aber auch dazu beigetragen, die demokratischen und fortschrittlichen Kräfte der Opposition zu stärken, ein Bündnis mit diesen ermöglicht und den arabischen Massen verdeutlicht, dass die KurdInnen ihre Verbündeten sind. Es hätte das bis heute betriebene konterrevolutionäre Spiel erschwert, SunnitInnen, SchiitInnen, KurdInnen usw. entlang nationaler und religiöser Linien gegeneinander auszuspielen.

Kurzsichtig

Die Politik der kurdischen Führung war somit nicht nur falsch und reaktionär, sie war auch kurzsichtig. Solange sich die Kräfte von Revolution und Konterrevolution paralysierten, war es möglich, dass sich die KurdInnen einigermaßen aus dem Konflikt „raushielten“. Aber ein stabiles Kräfteverhältnis kann es gerade im Bürgerkrieg dauerhaft nicht geben. Das zeigte sich rasch, nämlich 2014, wenn auch durch eine „dritte Partei“. Der Islamische Staat eroberte große Teile des Irak und Syriens und marschierte gegen die kurdischen Gebiete. Die Stadt Kobanê wurde belagert und konnte nur durch den heroischen Widerstand der kurdischen Selbstverteidigungskräfte YPG/ YPJ gehalten werden.

Die KurdInnen regierten darauf, indem sie sich Verbündete suchten. Sie schufen die sog. „Demokratischen Kräfte Syriens“ (DKS), eine politisch-militärische Allianz mit Teilen der FSA (Armee der Revolutionäre), dem assyrisch-aramäischen Militärrat und „Quwat as-Sanadid“ (eine Miliz des Schammar-Stammes). Vor allem aber suchten sie über die DKS ein Bündnis mit dem westlichen Imperialismus. Mittlerweile ist diese der wichtigste Verbündete der USA in Syrien geworden.

Die KurdInnen und die mit ihnen verbündeten Kräfte wiederholen zur Zeit die politischen Fehler der pro-westlichen, „demokratischen Opposition“ und biedern sich dem US-Imperialismus an.
Wie kurzsichtig diese Politik ist, zeigt schon allein die Tatsache, dass für die USA ein Bündnis mit der Türkei allemal wichtiger ist als das Selbstbestimmungsrecht des kurdischen Volkes, geschweige denn eine demokratische Neuordnung des Landes.

Entgegen manchen Linken, die große Hoffnungen in die Führung des kurdischen Volkes setzen, ist auch die PYD ein Teil des Problems, der politischen Führungskrise, nicht dessen Lösung.
Diese lag und liegt auch für die Zukunft in der Schaffung einer revolutionären Partei, die natürlich auch im Krieg aktiv eingreifen muss, vor allem aber auch eine politische und programmatische Perspektive, ein Programm zu Lösung der demokratischen und sozialen Fragen der Revolution braucht. Eine solche Partei müsste sich auf ein Programm der permanenten Revolution nicht nur für Syrien, sondern für den gesamten Nahen und Mittleren Osten stützen.

Heute läuft die Zeit davon. Die Bewegung steht kurz vor der Niederlage, der Bürgerkrieg droht in einen Stellvertreterkrieg zu versinken oder in eine reaktionäre Befriedung durch die Großmächte zu münden, „eingefroren“ zu werden. Das würde in jedem Fall einen Sieg der Konterrevolution bedeuten. Aber keine der reaktionären Kräfte wird die Probleme des Landes lösen, ja auch nur ernsthaft in Angriff nehmen können oder wollen, die es schon vor dem Bürgerkrieg gab und die durch die Barbarei der letzten Jahre noch gigantisch vergrößert wurden. Die „Stabilität“, die das Regime, der Imperialismus oder reaktionäre Regionalmächte zu schaffen vermögen, ist allenfalls die „Stabilität“ der Grabesruhe, der Erschöpfung der Leidenden - Frieden, Demokratie, Gerechtigkeit vermag nur die permanente Revolution zu bringen.

per email   von ARBEITER/INNEN/MACHT-INFOMAIL
Nummer 906, 28. September 2016