80 Jahre Spanischer Bürgerkrieg
80 Jahre Internationale Brigaden


Rede
von Hannelore Schliwinski, Tochter von Otto Schliwinski

10/2016

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Anlässlich des 80. Jahrestages der Gründung der Internationalen Brigaden in Spanien am Spanienkämpferdenkmal in Berlin Friedrichshain am 1. Oktober 2016

Eure Exzellenz, Herr Spanischer Botschafter,
liebe Freunde, liebe Angehörige von Spanienkämpfern,

wir ehren und gedenken der spanischen Brüder und Schwestern, die mit Herz, Verstand und Heldenmut ihre demokratisch gewählte Republik von 1936 bis 1939 verteidigten sowie der vielen tausend freiheitsliebenden Menschen aus 53 Ländern, die in der Gefahr der Niederschlagung der Demokratie der Spanischen Republik zu Hilfe kamen, der Republik, die in ihrer Verfassung im Artikel 6 deklarierte:

“Spanien verzichtet auf den Krieg als ein Instrument nationaler Politik.“ und nun doch zur Rettung der Demokratie Krieg führen musste, aber einen gerechten.

In Spanien ging es um den Frieden aller Völker. Von Sieg oder Niederlage in Spanien sollte es abhängen, ob der Frieden gerettet oder der Krieg über Europa und die Welt rasen wird.

Insbesondere wollen wir heute an die Arbeiter, Bauern, Handwerker, Angestellten, an Wissenschaftler, Ärzte und Künstler erinnern, die als Soldaten in den Internationalen Brigaden, die vor 80 Jahren gebildet wurden, wirkten. Der große Gedanke der Solidarität verband sie untereinander, mit der Heimat und dem bisher so fernen Spanien.

Sie kämpften an der Seite der Spanier, halfen den Bauern bei der Ernte oder Reparatur von Maschinen, gründeten Kinderheime und unterstützten sie, soweit sie konnten.
Die meisten von ihnen kannten das Soldatenhandwerk kaum, alle verabscheuten den Krieg.

Aber zur Rettung der Demokratie – ein Leben in Frieden, Freiheit und Toleranz - blieb ihnen keine Wahl als Krieg, Krieg gegen den aufkeimenden Faschismus.

Ludwig Renn stellt fest: „Bisher haben wir uns in kleinen und oft schweren Aktionen gegen die faschistischen Henker der Arbeiterklasse gestemmt. In Spanien aber können wir offen kämpfen und vielleicht mit sichtbarem Erfolg.“

Sie gaben ihre Existenzen in der Heimat auf, ließen Familien zurück oder/und gaben ihrer Emigration einen besonderen Sinn.

So wurden Erich Kurschinski, ungelernter Metallarbeiter, Karl Kleinjung, Friseur, Gustav Röbelen, Kaufmann, sowie mein Vater Otto Schliwinski, ein Bergmann aus dem Ruhrgebiet, die Vier, die in Spanien Freunde auf Lebenszeit wurden, Kämpfer der Internationalen Brigaden.

Als Verfolgte des deutschen Nazismus konnten sie in Spanien mit den Antifaschisten der Welt erhobenen Hauptes gegen die Verbrecher der Menschheit, gegen ihre Peiniger kämpfen.

In den Internationalen Brigaden wurde kein Unterschied bei der Klasse, ideologischen Auffassung, Religion und Rasse gemacht. Es vereinte sie „gleicher Sinn, gleicher Mut“.

Der junge Willy Brandt, damals Journalist norwegischer Zeitschriften in Spanien, Beauftragter der norwegischen Spanienhilfe, würdigte den 1. Jahrestag folgender Maßen:

„Ein Jahr lang tobt der revolutionäre Krieg in Spanien. Ein Jahr lang sind wir Zeugen dieses größten Ereignisses in der Geschichte der internationalen Arbeiterbewegung seit der großen russischen Revolution. Schon im Oktober 1934 als sich die asturischen Bergarbeiter erhoben und ihre Losung 'Sterben oder Siegen' in die Tat umsetzten, wussten wir, dass wir von Spanien Großes zu erwarten hatten.“

Angesichts der Militärstärke, der Materialtechnik der faschistischen Staaten Deutschland und Italien, der angeblichen Nichteinmischungspolitik der anderen europäischen Staaten verloren die Spanienkämpfer, die ihren Idealismus, ihr Herz und ihren Mut mit einziger Unterstützung der Staaten Sowjetunion und Mexico eingesetzt haben, diesen Krieg.

Augustin Souchy Anarchist, Schriftsteller, resümierte am Ende seines Lebens:

„Viel erstrebt, wenig erreicht. Aber: Früher dachte ich in Jahrzehnten, heute in Jahrhunderten. Die Geschichte wird uns letztendlich doch recht geben.“

Und so handelten die Spanienkämpfer. Sie kämpften weiter gegen Faschismus und Krieg in der französischen Resistance, in der britischen Armee, tschechischen Auslandsarmee und bei den Partisanen in Griechenland und Jugoslawien.

Karl Kleinjung, Gustav Röbelen und mein Vater Otto Schliwinski als Partisanen in Belorussland.
Selbst in den Konzentrationslagern ergaben sich die Spanienkämpfer nicht und leisteten mit anderen Inhaftierten Widerstand gegen die Barbarei der Faschisten; so auch Erich Kurschinski.

Alfred Kantorowicz hegte die Hoffnung, dass „künftige Geschlechter sich dessen erinnern würden, was er und seine Mitkämpfer getan hätten.“

Wir haben Euch nicht vergessen und ehren Euch durch unsere Taten.
Wir müssen aus der Geschichte Lehren ziehen: Einigkeit macht stark.

Bei gleichen Zielen müssen sich alle linken Kräfte zusammenschließen, bei Gefahr für Frieden und Freiheit auch mit regierenden Parteien.

Und der Frieden ist erneut gefährdet:

  •  Brandherde in der arabischen Welt,

  • das Näherrücken der NATO im Osten an Russland,

  • Uneinigkeit der Staaten bei der Bekämpfung des sogenannten IS,

  • Unverantwortliche am Schalter des Atomknopfes, wie in Nordkorea und hoffentlich nicht auch noch nach der Wahl in den USA.

Angesichts dieser Tatsachen rufe ich Euch auf : Leistet dem Aufruf der Friedensdemonstration in Berlin, Alexanderplatz am 8.10.2016 Folge!

Wir geben niemals auf, unsere Ideale zu verfolgen.
Aus Misserfolgen lernen wir und machen weiter und besser.

Wir leben in einem demokratischen Staat, aber dieser Staat hat auch die Rechtsnachfolge des faschistischen Deutschlands angetreten.

Es ist für mich unerträglich, dass heute noch Renten für ehemalige faschistische Kollaborateure Spaniens, Lettlands, so für die Blaue Division, gezahlt werden und auf Nachfragen Regierungsmitarbeiter mit der Blauen Division nichts anzufangen wissen.

Es ist unerträglich, dass Straßennamen und Denkmäler von Kämpfern gegen den Faschismus entfernt werden und die Beseitigung der Namen von Vertretern der Legion Condor in Kasernen der Bundeswehr erst des erbitterten Protestes bedürfen, darunter auch unserer, und es immer wieder Versuche gibt, sie aufleben zu lassen.

Eine Magistrale in Berlin trägt immer noch den Namen, den Hitler und Konsorten zur Würdigung der Verbrecherbande Legion Condor verliehen haben– Spanische Allee.

Gegen viele Widerstände gelang es Antifaschisten, an die speziell von der Legion Condor zerstörte Stadt Guernica zu erinnern.

Als Mahnung erhielt ein kleines Plätzchen ihren Namen, ein Plätzchen nahe der Magistrale Spanische Allee. Bei allem Erfolg ist das aber meines Erachtens auch eine Verhöhnung der Opfer!

In diesem demokratischen Staat ist der Sumpf des Nazismus noch nicht trocken gelegt.

  • Das Existieren einer nationalistischen Partei und weiterer rechter Strömungen,

  • Angriffe auf Flüchtlingsheime, rassistische Äußerungen führender Politiker der CSU über Flüchtlinge,

  • die Möglichkeit, dass jahrelang unbehelligt und mit Wissen von Sicherheitsbehörden Mitglieder des NSU agieren konnten und der Prozess gegen sie verschleppend geführt wird, zeugen davon.

Lassen wir den Traum des Gründungsvorsitzenden unseres Vereins, Harald Wittstock, Wirklichkeit werden, dass sich das offizielle Deutschland vor dem spanischen Volk wegen der aktiven Unterstützung des faschistischen Deutschlands gegenüber Franco, der vor und nach dem Spanienkrieg sein Volk leiden ließ, verneigt und entschuldigt.

Seien wir weiterhin wachsam und unduldsam und lassen niemanden und nichts durchgehen, was Frieden, Freiheit, Menschlichkeit gefährdet.

Zusendung der Rede durch Hans-Jürgen Schwebke, Öffentlichkeitsarbeit KFSR 1936-1039 e.V.

Lesehinweis: In der Maiausgabe 2016 veröffentlichten wir