Vorderseite des Infoflyers
Infotext des
Kneipenkollektivs Syndikat
(Flyerrückseite)
Das Kollektiv der
Kiezkneipe Syndikat, aus der Weisestraße 56, hat
nach fast 33 Jahren Existenz die Kündigung
erhalten. Zum 31.12.2018 soll ein alteingesessener,
tief in der Nachbarschaft verwurzelter und
emanzipatorischer Treffpunkt seine Pforten
schließen.
Wir sind
wütend und traurig
Über den
Treffpunkt, das verlängerte Wohnzimmer, der
solidarischen Begegnungsstätte, die uns im
Schillerkiez genommen werden soll. Über den
drohenden Verlust, einer der wenigen Orte dort, in
dem nicht darauf geachtet wird, wieviel mensch
verdient, oder welche Sexualität, Herkunft, Status,
oder Geschichte jemand hat.
„Proletarierer und
Autonome, Hipster und Asseln, Studenten und Hartzer
– sie alle hat diese Kneipe schon kommen und gehen
gesehen.“ heißt es in einer Internet-Bewertung, mit
der eigentlich alles gesagt ist. Das Syndikat ist
ein Ort, in dem alle Widersprüche des Schillerkiez
auftauchen, sich begegnen und im besten Fall
zusammenkommen, oder sich zumindest kennen lernen.
Gleichzeitig
versucht das Syndikat ein Raum für Alle zu sein,
ein Raum in dem sich die verschiedensten Menschen
wohl- und sicher fühlen können und der den Anspruch
hat, alles zu tolerieren, außer Intoleranz.
Und nun
sollen wir verschwinden.
Wir sollen, wie so
viele andere Kneipen, Cafés und andere
Ladengeschäfte im Schillerkiez und in ganz Berlin,
verschwinden, weil wir nicht profitabel genug sind,
für die Renditeerwartungen der GmbHs, Holdings,
Immobiliengruppen und anonymen Gesellschaften in
Steuerparadisen, die unsere Häuser besitzen. Wir
sollen verschwinden, obwohl nicht unser Dasein für
unser Haus, oder unseren Kiez störend ist, sondern
allein für die Gewinnerwartung unseres Eigentümers,
der wahrscheinlich das Haus oder den Kiez, wenn
überhaupt, nur von Fotos kennt.
Das ist nur einer,
von vielen, städigen Beweisen dafür, dass den
herrschenden Verhältnissen die Bedürfnisse der
Menschen, die in bestimmten Kiezen wohnen, arbeiten
und leben scheißegal sind. Nicht jede*r Bewohner*in
in der Nachbarschaft muss uns gut finden, oder uns
regelmäßig besuchen. Aber es gibt genug die das
tun. Und es geht nicht einmal nur konkret um uns,
sondern um eine generelle Frage: Wer entscheidet,
wer in unserem Kiez wohnt, arbeitet und lebt? Wer
entscheidet, wie unsere Kiez aussehen soll und
welche Geschäfte dort sein sollen?
Entscheiden unsere
Bedürfnisse, oder die Kosten-Nutzen-Rechnungen
irgendwelcher Investment-Fonts und
Immobilienfuzzis? Gerade sieht es nach letzterem
aus, aber das ist weder ein Naturgesetz, noch in
Stein gemeißelt.
Lasst uns gemeisam
dagegen vorgehen, egal ob es um das Syndikat, eure
Wohnung, oder euer Stammcafé geht.Wir sollten
selbst über das entscheiden können, was uns selbst
betrifft.
Unterstützt uns, das Syndikat, bei seinem Kampf
gegen die drohende Verdrängung aus dem Kiez. Aber
kämpft auch selbst, mit uns allen gemeinsam und
solidarisch, gegen jegliche Verdrängung aus eurem
und unserem Kiez.
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