Neuaufteilung des Weltmarktes und imperialistische Neuordnung

von Iwan Nikolajew

10/2020

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1. Prolog

Die sogenannte”Corona-Krise” ist nur der Anfang für eine imperialistische Neuordnung der Welt. Damit vergeht langsam die ”Pax Americana” und es setzt sich immer deutlicher eine imperialistische Blockkonkurrenz. Aus ”Verbündete” werden ”Feinde” bzw. diplomatisch ausgedrückt, „Partner”. Es verschärft sich gleichzeitig damit die Klassenspaltung.

2. Hinter dem ”Corona-Schleier”

Der ”Corona-Schleier” liegt über den gegenwärtigen gesellschaftlichen Verhältnissen und unter diesem Schleier formiert sich das Kapital neu. Es ist auch ein Schleier der Repression, der sich über die bürgerliche Gesellschaft legt- die Repression des Notstandes in der Form des ”Corona-Notstandes”. Hinter dem ”Corona-Nebel” liegt der bürgerliche Ausnahmestaat (Bonapartismus, Diktatur, Faschismus) in Reservestellung. Man wird die Konturen des bürgerlichen Ausnahmestaates deutlicher nach den Wahlen in den USA sehen, nicht nur in den USA, sondern weltweit.

Es spricht viel dafür, daß die US-Präsidentschaftswahlen chaotisch ablaufen werden und es fraglich ist, ob es ein Wahlergebnis geben wird und wenn ja, wer die Wahlen gewonnen hat. Der Oberste Gerichtshof wird entscheiden müssen und vor allem das US-Militär selbst. Gibt es keinen eindeutigen Wahlsieger und kann der Oberste Gerichtshof den Fall nicht schnell lösen, wird das US-Militär sich seinen ”Wahlsieger” aussuchen, d.h. seinen zivilen Oberbefehlshaber, denn am 20. Januar 2021 muß der Wahlsieger und damit der neue Präsident feststehen. Ist der Oberste Gerichtshof nicht Willens zu entscheiden oder ist gelähmt, wird das US-Militär handeln müssen. Dann würde der neue US-Präsident nicht von den US-amerikanischen Staatsbürgern, sondern vom US-Militär gewählt. Vieles spricht dann dafür, daß dies der gegenwärtige US-Präsident wäre, denn US-Präsident Trump hat dem US-Militär und den Repressionsapparaten viel Raum gegeben und zusätzlich folgt ihm als politische und soziale Massenbasis noch das deklassierte Kleinbürgertum, welches sich auch paramilitärisch zu seiner Unterstützung organisiert und auch als Bürgerwehr bei den Revolten der schwarzen Bevölkerung auftritt. Es kommt dabei zu einer engen Zusammenarbeit zwischen Polizei und den Bürgerwehren. Aus diesem Grunde tendieren die Repressionsapparate des US-Staates (Militär, Polizei, Geheimdienste) in Richtung US-Präsident Trump. Vor den proletarischen Revolten der schwarzen Bevölkerung war dies nicht so eindeutig, jedoch seit diesen proletarischen schwarzen Revolten wird aus den Reihen der US-Repressionsapparate die Kritik an dem gegenwärtigen US-Präsidenten leiser. Schon jetzt hat die erste Amtszeit der Präsidentschaft Trump die USA erheblich in Richtung bürgerlicher Ausnahmestaat verschoben; eine zweite Amtszeit, auf welchem Weg auch immer, wird diesen Weg bis zu Ende gehen.

Doch bis jetzt gibt keinen organisierten Widerstand von Seiten des Proletariats. Der Herausforderer für die Präsidentschaftswahlen ist blaß und hat ein links-neoliberales Programm. Damit wird es schwer einen US-Präsidenten zu schlagen, der schon jetzt tendenziell den Weg in den Bonapartismus eingeschlagen hat. Das letzte Wort bei der Bestimmung des US-Präsidenten haben die Repressionsapparate des bürgerlichen Staats. Die USA steuern auf den größten Bruch in ihrer Geschichte zu, der US-Imperialismus steuert auf einen entschiedenen Bruch hin und mit ihm die gesamte imperialistische Kette. Wird für den US-Imperialismus die US-Präsidentschaftswahl der qualitative Schritt in den bürgerlichen Ausnahmestaat, werden die anderen Metropolen der imperialistischen Kette ebenso reagieren müssen, denn über den bürgerlichen Ausnahmestaat werden die Eroberungen der Arbeiterklasse im Kapitalismus angegriffen und das Reproduktionsniveau der Arbeiterklasse qualitativ abgesenkt, was die Verwertungsbedingungen des US-Kapitals auf Weltmarktebene gegenüber den anderen Weltmarktkonkurrenten verbessert, die nun ebenfalls den Angriff auf das Reproduktionsniveau der Arbeiterklasse, vermittels bürgerlicher Ausnahmestaat, führen müssen, wenn sie ihren Weltmarktanteil am Weltmarkt verteidigen wollen. Der Marsch in den bürgerlichen Ausnahmestaat ist keine Verschwörung des Kapitals, sondern aufgrund der Großen Krise notwendig. Nur die Arbeiterklasse kann dies verhindern, wenn sie Widerstand leistet.

Nicht die SARS-Corona-Pandemie erschafft den bürgerlichen Ausnahmestaat, erschafft den Notstand, sondern die Verwertungsprobleme des Kapitals, denn sie legen die materielle Basis für die Ausbreitung der SARS-Corona-Pandemie. Auf der Oberfläche der kapitalistischen Produktionsverhältnisse erscheint diese Bewegung jedoch mystifiziert, eigentümlich spiegelverkehrt, denn nur von dort sieht es so aus, als ob die SARS-Corona-Pandemie eine tiefe Krise und einen Notstand produziert.

Seit dem Jahr 2007/2008 befindet sich der Kapitalismus in einer Großen Krise. Die Akkumulation des fiktiven Kapitals läßt sich nicht mehr mit Wert unterfüttern, d.h. das fiktive Kapital kann sich nur relativ von der Mehrwertproduktion befreien, über die Krise wird das fiktive Kapital wieder auf eine Größenordnung zurückgeführt, daß es für die Mehrwertproduktion wieder tragbar wird, d.h. die Krise stellt das korrekte Verhältnis zwischen fiktivem Kapital und Realkapital wieder her. Das Gesamtkapital entwertet sich in der durchschnittlichen Bewegung des Kapitals im Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate, welches die Konjunkturzyklen, wie auch die langen Wellen der Akkumulation, bestimmt. Über eine expansive Geldpolitik konnte das Kapital die Krise hinausschieben, aber nicht verhindern und auch die expansive Geldpolitik auf höherer Stufenleiter nach den Brüchen von 2007/2008 konnte die notwendige Entwertung nicht verhindern, sie wurde nur zeitlich gestreckt. Seit den Jahren 2007/2008 ist der neoliberale Kapitalismus gebrochen, denn er hat seine Dynamik verloren, verwest und verfault. Damit stehen die Jahre 2007/2008 auch für den Ausbruch und Aufbruch Rußlands und Chinas aus dem neoliberalen Weltmarkt und damit für die großen geopolitischen Änderungen hin vom neoliberalen Weltmarkt zum multipolaren Weltmarkt. Je länger die expansive Geldpolitik angewendet wird, desto wirkungsloser wird sie, man kann zwar über eine expansive Geldpolitik die Akkumulation modifizieren, aber das Gesetz des tendenziellen Falls nicht aufheben und so sackte seit dem Jahr 2017 die Akkumulation sukzessive langsam zusammen und es kündigte sich ein neuer Krisenschub der Großen Krise an. Spätestens Ende 2019 war ein neuer Krisenschub nicht mehr aufzuhalten, die Entwertung des Kapitals war nicht mehr zu verhindern. Das Jahr 2020 würde ein Krisenjahr werden.

Über einen Unfall mit biochemischen Kampfstoffen oder durch einen bewußten Einsatz von biochemischen Kampfstoffen im Rahmen einer Operation der Psychologischen Kriegsführung wurde von einem bis jetzt unbekannten ideellen Gesamtkapitalisten das derzeitige SARS-Corona-Virus freigesetzt und dieser mäßig gefährliche biochemische Kampfstoff wird über die Psychologische Kriegsführung als gefährliche SARS-Corona-Pandemie lanciert und Panik im Sinne einer Strategie der Spannung organisiert. Dann kann sofort die Verteidigungsposition eingenommen werden, denn es scheint ein biochemischer Angriff von einem unbekannten Feind zu sein und Verteidigungsposition heißt Notstand und alle anderen ideellen Gesamtkapitalisten müssen nachziehen, wollen sie ihre Akkumulation auf dem Weltmarkt erfolgreich fortsetzten, bei Strafe ihres Untergangs. Das Wertgesetz, welches an der Oberfläche der kapitalistischen Produktionsverhältnisse als Konkurrenz erscheint, erzwingt gleichförmige Bewegungen aller nationalen Gesamtkapitalien. Einmal begonnen, ist diese Bewegung nicht mehr aufzuhalten. Das Kapital formiert sich neu. Ein notwendiges zufälliges Ereignis modifiziert die Akkumulation, nicht so sehr durch sich selbst, sondern durch die Reaktion des bürgerlichen Staates auf dieses notwendige zufällige Ereignis als Anlaß für eine Entwertung des Kapitals in einer bestimmten historischen Form. Wäre die Akkumulation nicht negativ, so wäre auch die Zusammenarbeit der ideellen Gesamtkapitalisten auf der internationalen Ebene zufriedenstellend, und es könnte die SARS-Corona-Pandemie ohne Probleme gelöst werden, so wie man auch Tschernobyl oder Fukushima etc. „gelöst“ hat. Die eskalierende protektionistische Politik in der ”Corona-Krise” mit ihren sofortigen unilateralen Grenzschließungen zerreißt den Weltmarkt in neoliberaler Form und zeigt die untergründigen materiellen Bewegungen und damit die Gründe für die SARS-Corona-Pandemie an.

Es treten konkrete Krisentendenzen in der Akkumulationsbewegung des Kapitals in der durchschnittlichen Bewegungsform des Kapitals im Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate auf. So wird der neue Krisenschub nur modifiziert und erhält seine bis jetzt gültige Form. Auf diese Weise ist die SARS-Corona-Pandemie nur der Anlaß und Vorwand für die ”Corona-Krise” und den ”Corona-Notstand”, nicht aber der Grund selbst. Der materielle Grund bzw. die materielle Ursache für die ”Corona-Krise” und den ”Corona-Notstand” liegt in den immanenten Widersprüchen der kapitalistischen Produktionsweise, in der derzeitigen negativen Akkumulationsbewegung des Kapitals. Nur aus den Entwertungstendenzen des Kapitals in der Großen Krise kann die ”Corona-Krise” und der ”Corona-Notstand” begriffen werden. ”Corona-Krise” und ”Corona-Notstand” fallen nicht voraussetzungslos vom Himmel, sondern werden im neoliberalen Kapitalismus produziert. Von 2007/2008 bis 2020 konnte das Kapital die Schlagkraft der Großen Krise abschwächen und verzögern, doch auch diese Politik ist endlich. An einem bestimmten abstrakten Punkt schlägt Quantität in Qualität um und dieser Punkt wurde im Jahr 2020 erreicht. Jetzt kann die Große Krise nicht mehr latent gehalten werden, jetzt muß sich das Kapital neuformieren. Die ”Corona-Krise” ist nur Anlaß und Vorwand für diese notwendige Entwicklung, sie übersetzt die Notwendigkeit der Akkumulation in die politische Sphäre.

Der ”Corona-Notstand” ist nur die erste Form des Notstands und noch relativ mild. Ein ausgewachsener und klassischer Notstand sieht anders aus. Im klassischen Notstand setzt der bürgerliche Staat seinen Notstand mit aller bürgerlicher Klassengewalt durch; alle Schranken und Fesseln in der Anwendung bürgerlicher Klassengewalt durch den bürgerlichen Klassenstaat fallen von diesem ab und es setzt sich der offene Terror des bürgerlichen Klassenstaates gegenüber der Arbeiterklasse. Dies ist der ”Corona-Notstand” nicht. Der bürgerliche Staat hält seine Gewalt im ”Corona-Notstand” relativ zurück, setzt den Notstand nicht voll um, behält ihn bei und verschärft oder ”liberalisiert” den ”Corona-Notstand“ phasenweise. Der ”Corona-Notstand ist eine politische Entscheidung des bürgerlichen Klassenstaats und keine medizinische Entscheidung. Auch wenn die SARS-Corona-Pandemie verschwinden sollte, heißt dies noch lange nicht, daß der ”Corona-Notstand” verschwindet, d.h. der Notstand ist von der SARS-Corona-Pandemie relativ unabhängig. Der ”Corona-Notstand” kann unabhängig von der SARS-Corona-Pandemie existieren. Aufgrund des gegenwärtigen Krisenschubs der Großen Krise und dem Auseinanderbrechen des neoliberalen Weltmarktes hin zum multipolaren Weltmarkt ist davon auszugehen, daß der Notstand beibehalten wird, in welcher Form auch immer, was auch einschließt, daß der Notstand formal verschwindet, indem er in einem ”normalen” Gesetzgebungsprozeß eingearbeitet und so konserviert wird. Dieser ”Corona-Notstand” ist kein Notstand im Sinne der Notstandsgesetze, kein formaler Notstand, sondern ein informeller Notstand im Sinne des ”übergesetzlichen Notstandes” bei ”Gefahr im Verzuge”. Ohne eine entsprechende Rechtsgrundlage schaffen sich die Staatsapparate den Notstand und erst danach werden notstandsähnliche Gesetze beschlossen, die teilweise die Rechtsgrundlage für die Notstandsmaßnahmen nachträglich liefern. Offen bleibt ebenfalls, ob diese neuen Gesetze grundgesetzkonform sind. Im Grundsatz bestätigte die bürgerliche Klassenjustiz die Notstandsmaßnahmen und Griff nur in einzelnen Fällen ein. Dieser informelle Notstand wird erhalten bleiben, mit oder ohne Legitimation einer SARS-Corona-Pandemie. Der Anlaß für einen Notstand, gar ”übergesetzlichen Notstand” ist beliebig. Beginnend mit dem ”milden” ”Corona-Notstand” wird die Arbeiterklasse an den Notstand gewöhnt. Eben dies ist die ”Neue Normalität”, welche der bürgerliche Staat verkündet, der Notstandsstaat ist die neue Normalität an den sich die Arbeiterklasse gewöhnen soll, d.h. die Arbeiterklasse soll sich an eine innere Militarisierung gewöhnen. Das gesellschaftliche Kapitalkommando, wie auch das individuelle Kapitalkommando, sind im Notstand enger miteinander vermittelt als sonst; die Frontstellung gegenüber der Arbeiterklasse ist deutlicher akzentuiert.

Der Notstand ist der Schutzschirm des Kapitals in seiner Neuzusammensetzung, was auch heißt, daß der Notstand die Neuzusammensetzung der Arbeiterklasse absichert. Das Projekt ”Industrie 4.0,” oder anders ausgedrückt die ”Digitalisierung,” hat zum Zweck die technische Zusammensetzung des Kapitals wohlfeiler zu organisieren, was auch heißt, daß die Verflüssigung der Ware Arbeitskraft erhöht werden soll. Auf diesem Wege soll die Produktivkraft der Arbeit soweit erhöht werden, daß die Lieferketten, die jetzt weit und tief in der Peripherie wegen der Lohnkosten verlagert wurden, nun wieder nach Deutschland bzw. ins EU-Ausland verlagert werden. Dann ist das deutsche Kapital nicht mehr so angreifbar wie jetzt und kann Schocks, die im multipolaren Weltmarkt häufiger auftreten werden als im neoliberalen Weltmarkt, da dort kein Hegemon innerhalb der imperialistischen Kette existiert, der die widersprüchliche Einheit des Weltmarktes garantieren kann, besser verarbeiten. Aus diesem Grunde versucht der deutsche Imperialismus auch immer mehr die EU zu dominieren, denn diese soll zu einem Glacis des deutschen Imperialismus werden. Nur über eine deutsch hegemonierte EU kann der deutsche Imperialismus sich neuformieren, denn nur der EU-Block unter Hegemonie des deutschen Imperialismus kann die materielle Grundlage für einen dritten Griff des deutschen Imperialismus zur Weltmacht schaffen, kann der deutsche Imperialismus die imperialistische Blockkonkurrenz meistern. Innerhalb der EU als Kern der deutschen Dominanz in der EU befindet sich die Eurozone, welche dem deutschen Imperialismus währungspolitische Stabilität nach Innen sichert, gerade dann, wenn der Wirtschaftskrieg im multipolaren Weltmarkt vermittels eines Abwertungswettlaufs, Währungskrieges, ausgetragen wird. Die Internationalisierung der Mehrwertproduktion des deutschen Kapitals wird im multipolaren Weltmarkt zu einer tendenziellen Deckung von Mehrwertproduktion und Nationalgrenzen, Währungsgrenzen und imperialistischen Blockgrenzen führen. Es kommt zu einer tendenziellen ”De-Globalisierung” bzw. ”Entglobalisierung” auf der Ebene des Weltmarktes. Die imperialistische Blockkonkurrenz erfordert einen ”starken” Staat, d.h. Repression gegen die Arbeiterklasse und Aggression gegen alle anderen imperialistischen Blöcke. Wie sehr der neoliberale Weltmarkt auseinandergebrochen ist, zeigt sich in den Entscheidungen des US-Imperialismus im August 2020. Die US-Zentralbank steuert nun offiziell einen inflationären Kurs, wertet den US-Dollar ab, um so die Weltmarktkonkurrenz des US-Kapitals auf dem Weltmarkt und im Binnenmarkt abzumildern, weil derzeit das US-Kapital in eine schwere Krise gestürzt ist. Die anderen Weltmarktkonkurrenten können ebenso reagieren und ihre Währung schwächen, was zu einer Abwertungsspirale führen kann, d.h. zu einem Währungskrieg, welches den Weltmarktzusammenhang zerreißt. Der US-Dollar ist schon seit längerem nur noch formal Weltgeld, da formal kein Konkurrent für das Weltgeld vorhanden ist. Inhaltlich wird Gold immer mehr zum Weltgeld, unterfüttert den russischen Rubel und den chinesischen Yuan, der mit russischer Unterstützung in Keimform eine Öl-Währung ist. Die Negation des US-Dollar ist nicht EURO oder Yuan, sondern Gold. Über das Gold vermittelt sich die Notwendigkeit nach einem Währungskorb. Ein neues Weltgeld kann es jedoch nur unter einem neuen Hegemon innerhalb der imperialistischen Kette geben, d.h. auch ein Währungskorb ist kein gleichwertiger Ersatz für ein Weltgeld, er ist instabil, wie der multipolare Weltmarkt instabil ist, reproduziert notwendig diesen in sich selbst.

Das militarisierte Kapitalkommando des Kapitals auf all seinen Erscheinungsebenen bleibt nicht nur äußerlich, sondern schreibt sich materiell in die technische Zusammensetzung des Kapitals ein. Über die ”Digitalisierung” im Projekt ”Industrie 4.0” wird die relative Mehrwertproduktion forciert und die Ware Arbeitskraft innerhalb und außerhalb des Produktionsprozesses einer engmaschigen Überwachung und Kontrolle unterworfen. Die Lücken im Ausbeutungsprozeß sollen geschlossen werden und es werden am Körper tragbare Überwachungsgeräte an den Lohnarbeitern fixiert, welche den Blutdruck und die Atmung etc messen sollen. Nicht zum Wohle des Arbeiters, sondern zum Wohle der Ausbeutung. Daraus wird nicht nur die Arbeitsverausgabung gemessen, sondern auch abstrakt Rückschlüsse auf den emotionalen Zustand des Lohnarbeiters geschlossen, auf seinen Eigensinn, wie sich dieser in bestimmten Situationen mit bestimmten Personen verändert. Es ist das gleiche Prinzip wie bei dem berüchtigten Lügendetektor, der keine Lügen erkennt, sondern nur körperliche Ausschläge mißt, die dann als Wahrheit und Lüge ”operationalisiert” werden. Auf diesem Wege soll auch die gewerkschaftliche Organisierung behindert werden, denn man kann dann eine Skala aufbauen, wer gewerkschaftlich ”beeinflußbar” ist und wer ”aktiv” auf diese Person einwirkt. Dies ist gekoppelt mit einer individuellen Identifikation und einen ”Corona-Abstandsmesser”, welcher ein Signal abgibt, wenn zwei Personen zu lange sich nebeneinander aufhalten. Es können so Soziogramme und gar Psychogramme ausgearbeitet werden. Mit weiteren sozialen Hintergrundinformationen werden Rechnerprogramme entwickelt, deren Ziel es ist, gewerkschaftliche Avantgarden oder gar proletarische Avantgarden im Betrieb zu identifizieren und zu zerstören. Dies setzt auch eine enge Zusammenarbeit mit der Politischen Polizei und den Geheimdiensten voraus, d.h. eine organische Repression im Betrieb, wie außerhalb des Betriebes.

Eine imperialistische Neuordnung geht nie friedlich vonstatten. Der multipolare Weltmarkt und damit die multipolare Weltordnung ist ein Durchgangsstadium zu einem neuen Hegemon und dieser neue Hegemon wird in einer Kette von Kriegen oder einem Dritten Weltkrieg ausgekämpft und damit auch Repression nach Innen und Aggression nach Außen. Der Krieg ist die Fortsetzung der Konkurrenz mit anderen Mitteln. Während ein ökonomischer Konkurrenzkampf langwierig ist, erreicht man mit Krieg das Ergebnis weitaus schneller. Im multipolaren Weltmarkt verdoppelt sich die Konkurrenz in ökonomische und politische Konkurrenz graduell deutlicher als in der Epoche des neoliberalen Weltmarktes. Der Marsch der Bourgeoisie in den bürgerlichen Ausnahmestaat hat schon seine materiellen Gründe.

Es versuchte der deutsche Imperialismus lange Zeit den neoliberalen Weltmarkt und die neoliberale Weltordnung zu verteidigen, auch gegen den US-Imperialismus. Doch dafür ist der deutsche Imperialismus zu schwach und der US-Imperialismus ist zu geschwächt, um seine Hegemonie innerhalb der imperialistischen Kette zu verteidigen und will es auch nicht mehr. Da der Ausstieg des russischen Imperialismus und auch Chinas aus dem neoliberalen Weltmarkt nicht zu verhindern ist, setzt sich der US-Imperialismus an die Spitze dieser Bewegung und zerstört ”seinen” von ihm garantierten Weltmarkt selbst. Das Ziel des US-Imperialismus liegt darin, sich neu zu formieren und dann wieder nach der Hegemonie zu greifen. Weder kann der deutsche Imperialismus den US-Imperialismus an der Zerstörung des neoliberalen Weltmarktes hindern, noch kann er selbst zum Garanten des neoliberalen Weltmarktes aufsteigen. Mit dem offenen Zusammenbruch des neoliberalen Weltmarktes in der ”Corona-Krise” ist nun auch alle Illusion verflogen. Der deutsche Imperialismus beginnt langsam die Realität zu akzeptieren und richtet sich ein wenig deutlicher nach dem multipolaren Weltmarkt aus. Der ”Corona-Notstand” ist der erste Schritt in den multipolaren Weltmarkt. Dieser ”übergesetzliche Notstand” geht weiter als der ”Deutsche Herbst”, der ”Deutsche Corona-Winter” ist bisher der größte Angriff der deutschen Bourgeoisie auf die Eroberungen der Arbeiterklasse seit Ende des zweiten imperialistischen Weltkrieges. Dieser Angriff des Kapitals ist zwar der ”Corona-Krise” geschuldet, aber nicht voraussetzungslos. Schon seit sechzehn Jahren, als der deutsche Imperialismus sich vollends in den neoliberalen Weltmarkt eingliederte, wurde ein begrenztes Notstandssystem gegen die Arbeiterklasse geschaffen. Das Hartz IV-System organisierte den Notstand gegen die industrielle Reservearmee und gegen die Randbelegschaften der Arbeiterklasse. Nur noch die bürgerliche Klassenjustiz konnte tendenziell das Hartz IV-System an das allgemeine demokratisch-parlamentarische Klassenregime der Bourgeoisie anbinden, aus sich selbst heraus verselbständigt sich das Hartz IV-System gegenüber dem demokratisch-parlamentarischen bürgerlichen Klassenregime. Die Kontrolle der bürgerlichen parlamentarisch-demokratischen Klassenjustiz kann nur immer tendenziell hergestellt werden, da es einen Kläger benötigt. Jedoch reicht nur eine Minderheit der Hartz IV-Empfänger eine Klage ein und ohne Klage kein Beklagter und kein Urteil. Insofern konnte das Hartz IV-System einen Hartz IV-Notstand organisieren und schottete sich von den anderen Staatsapparaten, hier vor allem von den anderen sozialen ’Staatsapparaten, ab. Im Hartz IV-System wurde die Beweislast vor allem im Fall der Zumutbarkeit der Arbeit umgekehrt. Es muß nun jede angebotene Arbeit angenommen werden; einen Qualifikationsschutz oder Tarifschutz gibt es nicht mehr. Wer sich weigert kann mit Sanktionen belegt werden oder bei Wiederholung der Verweigerung die soziale Transferleistung ganz gestrichen werden, unter Umständen droht Einweisung in die Hartz IV-Zwangsarbeit, d.h. in ein sozialrechtliches Verhältnis, nicht in ein Arbeitsverhältnis. Vorausgeschaltet wird eine rigide Bedürftigkeitsprüfung, welche überhaupt entscheidet, ob Hartz IV beantragt werden kann. Begleitet wird Hartz IV mit Hausdurchsuchungen durch das Hartz IV-System, um die ”Bedürftigkeit” permanent zu kontrollieren. Die Repression des Hartz IV-System trifft nicht nur den Antragsteller, sondern die ganze ”Haushaltsgemeinschaft” wird in sozialer Sippenhaft genommen. An den Hartz IV- Notstand wurden schon größere Teile der Arbeiterklasse gewöhnt, vor allem die industrielle Reservearmee und die Randbelegschaften. Der Hartz IV-Notstand ist der Notstand vor dem Notstand, vor dem ”Corona-Notstand” und ein spezifisch abgegrenzter Notstand im parlamentarisch-demokratischen Klassenregime der Bourgeoisie, während der ”Corona-Notstand” das parlamentarisch-demokratische Klassenregime als Ganzes außer Kraft setzt und ein bürgerliches Notstandsregime etabliert, das zwar noch gemäßigt ist, aber dennoch ein Notstandsregime ist. Mit dem Hartz IV-Notstand seit sechzehn Jahren hat die deutsche Bourgeoisie Erfahrungen gesammelt, d.h. Hartz IV war immer auch ein soziales Labor für eine Radikalisierung der Deflationspolitik, und nun überträgt man diese Erfahrungen auf alle anderen gesellschaftlichen Bereiche.

Mit dem Notstand wird die Repression in alle gesellschaftliche Poren getragen. Eine neue Stufe erreicht der bürgerliche Staat des deutschen Imperialismus in dieser Frage durch die formale Ablehnung des chinesischen Huawei-Konzerns bei dem Aufbau der 5-G-Internetverbindung, was dem deutschen Kapital Zeit und Kapital kosten wird. Doch für das deutsche Gesamtkapital steht die „nationale Sicherheit“ und auch die „nationale Sicherheit der USA“ höher als die kurzfristige Kapitalakkumulation. Der chinesische Konzern Huawei muß sich durch die deutschen transatlantischen Geheimdienste ein Vertrauensbeweis-Verfahren unterziehen. Dies entscheidet dann für die Zulassung des Huawei-Konzerns auf dem deutschen Markt, als eine Sicherheitsüberprüfung des chinesischen Kapitals, welches als äußerer Feind eingeordnet wird. Damit ist das Tor für jede Art von „Vertrauensbeweis“ in der Arbeiterklasse geöffnet. Wenn es einen „äußeren Feind“ gibt, dann muß es auch einen „inneren Feind“ geben. Für die aktive Arbeiterarmee, wie auch für die industrielle Reservearmee, wird in der Tendenz über formelle oder informelle ”Sicherheitsüberprüfungen” die politische Loyalität zum Kapitalismus in Form des bürgerlichen Staates permanent überprüft. Dahin wirkt schon die technische Neuzusammensetzung des Kapitals, die ”Industrie 4.0”. d.h. die umfassende Kontrolle der Ware Arbeitskraft innerhalb der Produktionssphäre reproduziert sich außerhalb der Produktionssphäre. Abweichendes Verhalten, auch nur graduell, wird einer repressiven Korrektur unterzogen. Der Datenfluß aus der Produktionssphäre geht in die Datensammlungen der repressiven Staatsapparate ein und umgekehrt. Dies ist nicht neu, aber über die technische Methode der Digitalisierung vollzieht sich der Datenfluss sehr schnell. Innerhalb kürzester Zeit können Profile und Dossiers zusammengestellt werden, können Schwarze Listen vielfältigster Art gefertigt werden mit dem Ziel des Berufsverbots. Damit geraten die Gewerkschaften unter verstärkten Beschuß, verstärkte Repression durch den bürgerlichen Staat und durch das Kapital selbst unter anderem vermittels ”Union Busting”. Auch hier liegt die materielle Basis in Hartz IV verborgen.

Es geht dem Kapital um die Spaltung und Desorganisation und Atomisierung der Arbeiterklasse. Das ist das Ziel in der Neuzusammensetzung des Kapitals, welche ebenfalls die Arbeiterklasse neu zusammensetzt, konkret das Projekt ”Industrie 4.0” des Kapitals. Notstandsregime und ”Industrie 4.0” sind die konkreten Formen, indem sich die Neuformierung des Kapitals vollzieht, beide Formen bedingen sich einander. Das Projekt ”Industrie 4.0” unterfüttert den Notstand, bedarf des Notstandes, denn sonst scheitert es am Widerstand der Arbeiterklasse und der Notstand bedarf der Formierung des Kapitals in eine ”Industrie 4.0”, um sich vollends zu verwirklichen. ”Corona-Krise”, ”Corona-Notstand” und ”Digitalisierung” sind keine Zufälle, sondern Notwendigkeiten der Entwicklung der Akkumulation in der Großen Krise. Das Kapital ist gezwungen, der Arbeiterklasse ein neues Ausbeutungsregime aufzuzwingen, die Produktion relativen Mehrwerts qualitativ zu steigern, um auf diesem Wege der Entwertung des Kapitals in der durchschnittlichen Bewegung des Kapitals im Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate zu entkommen. Die ”Corona-Krise” ist der Nebel, welcher diese reale Bewegung des Kapitals notwendig mystifiziert.

Während der ”Corona-Krise” ist es gelungen, die Arbeiterbewegung noch weiter als bisher abzudrängen und die Arbeiterbewegung hat sich auch so abdrängen lassen. Die Gewerkschaftsbürokratie ließ den 1. Mai ausfallen und agiert nur noch ganz verhalten. Bettelt um Kurzarbeit und Sozialpläne, bietet sogar eine Arbeitszeitverkürzung ohne vollen Lohnausgleich an. Die nun aufgestellten Tarifforderungen für einige Branchen sind deshalb scheinradikal, weil sie unter diesen gegenwärtigen Bedingungen der tiefsten Krise seit dem Ende des zweiten imperialistischen Weltkrieges nicht ansatzweise realisierbar sind. Formal kann ein guter Tarifabschluß erzielt werden, aber durch die ganzen freiwilligen Öffnungsklauseln in den Tarifverträgen wird real nur ein schlechter Tarifabschluß realisiert. Die DGB-Bürokratie enthält sich jeder Forderung nach einer keynesianischen Politik, welche zwar die Große Krise nicht aufheben kann, wohl aber läßt sich Zeit mit einer solchen Politik gewinnen, die Neuzusammensetzung des Kapitals abzufedern. Ebenfalls gibt es keine reformistischen Forderungen nach einer Vergesellschaftung von Teilen des Kapitals. Im Gegenteil, die DGB-Bürokratie unterstützt explizit den ”Corona-Notstand” und organisiert die Massenentlassungen zusammen mit dem Kapitalkommando, ausdrücklich bekennt sich auch die DGB-Bürokratie zum Kapital-Projekt ”Industrie 4.0”. Damit bewegt sich die DGB-Bürokratie genau auf der Linie des ”Corona-Notstandes” und trägt diesen aktiv mit, wie auch die Neuzusammensetzung des Kapitals gegen die Arbeiterklasse, agiert als innere Schiene der Repression innerhalb der Arbeiterklasse. Ebenso wie der DGB tragen die SPD, Grüne und die Linkspartei den Notstand des Kapitals gegen die Arbeiterklasse mit. Die Politik des kleineren Übels führt notwendig in das größere Übel, führt im Fall des DGB zum Einbau in den bürgerlichen Klassenstaat, zu einer Arbeitsfront. Diese defensive Position beschwichtigt nicht das Kapital, sondern fordert dieses heraus, noch mehr zu fordern.

Kommt kein proletarischer Widerstand gegen den ”Corona-Notstand” und vor allem gegen die „Corona-Krise“ auf, dann beginnt das Kleinbürgertum sich selbst zu organisieren und bindet sich objektiv fester an die Bourgeoisie. Das Kleinbürgertum steht der Bourgeoisie objektiv näher als dem Proletariat, sichert somit die Klassenherrschaft der Bourgeoisie ab. Nur in Ausnahmefällen kann es dem Proletariat gelingen, das Kleinbürgertum auf seine Seiten zu ziehen, d.h. in revolutionären Krisen kann das Kleinbürgertum durch die Arbeiterklasse organisiert werden; in diesem Bündnis hat dann die Arbeiterklasse die Hegemonie über das Kleinbürgertum. Die Inaktivität der Arbeiterklasse führt zur Selbstorganisation des Kleinbürgertums und damit gerät das Kleinbürgertum fester unter die Hegemonie der Bourgeoisie, unter diesen Umständen beginnt das Kleinbürgertum wild um sich zu schlagen. Dann wird es für die Arbeiterklasse gefährlich, denn die Bourgeoisie kann das Kleinbürgertum als politische und soziale Massenbasis gegen die Arbeiterklasse einsetzten, d.h. das Kleinbürgertum kann dann als soziale und politische Massenbasis für eine Form des bürgerlichen Ausnahmestaates (Bonapartismus, Diktatur, Faschismus) dienen.

Auf diese Weise entwickelt sich dann der Protest gegen den ”Corona-Notstand”. Dieser Protest artikuliert vor allem die materiellen Interessen der traditionellen Fraktion des Kleinbürgertums (abhängige Selbständige), unterstützt von dem kleineren und mittleren Kapital. Das traditionelle Kleinbürgertum in Form der abhängigen Selbständigen fällt mehr oder minder durch die Stützungsmaßnahmen des bürgerlichen Staates in der ”Corona-Krise” , denn diese sind zentral auf die Lohnarbeiterklasse ausgerichtet. Damit ist die Fraktion des traditionellen Kleinbürgertums gezwungen auf das Hartz IV-System zurückzugreifen, welches in der ”Corona-Krise” für das traditionelle Kleinbürgertum auf eine bestimmte Zeit entschärft wurde. Doch das Hartz IV-System tut sich schwer mit diesen Entschärfungen, denn es ist strukturell auf den maximalen Druck gegen die Arbeiterklasse fixiert. Nach Ablauf einer gewissen Zeit, welche die Bundesregierung vorgibt, gelten wieder die üblichen Regelungen im Hartz IV-System. Aus diesem Grunde wird das traditionelle Kleinbürgertum nervös und schlägt wild um sich, will ebenfalls ein Kurzarbeitergeld, wie die Lohnarbeiterklasse, hat aber niemals in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt und beginnt die Arbeiterklasse langsam als Feind zu betrachten, da diese angeblich ”privilegiert” ist. Das Kleinbürgertum und hier vor allem das traditionelle Kleinbürgertum, stellt die soziale und politische Massenbasis der ”Anti-Corona” Proteste dar.

Deshalb kommen auf den ”Anti-Corona” Demonstrationen auch keine sozialen Forderungen auf. Soziale Forderungen haben ihre materielle Basis in der Arbeiterklasse und sind egalitär, zielen auf soziale Gleichheit ab. Aus den sozialen Forderungen heraus entwickeln sich dann die politischen Forderungen. Bei den ”Anti-Corona” Demonstrationen kommen soziale Forderungen, Forderungen nach sozialer Gleichhalt, nicht vor, es werden hautsächlich politische Forderungen gestellt. Damit wird implizit die kapitalistischen Produktionsverhältnisse bejaht, d.h. die Kritik gegen den ”Corona-Notstand” richtet sich zentral dagegen, daß er die Akkumulation des Kapitals für das Kleinbürgertum negativ tangiert. Ein Notstand, der nicht das Kleinbürgertum, wohl aber die Arbeiterklasse negativ betrifft, wäre für das Kleinbürgertum akzeptabel. Die ”Anti-Corona”-Proteste sind nicht wesentlich gegen den Notstandsstaat gerichtet, sondern nur gegen einen konkreten Notstand, dem ”Corona-Notstand,” nicht gegen den Notstand überhaupt. Deshalb unterstützt die AfD auch diese Prostete, nicht weil sie die Liebe zu den Grundrechten entdeckt hat, sondern weil der Notstand nicht dem Kleinbürgertum und dem kleinen und mittleren Kapital zu Gute kommt. Der ”Corona-Notstand” ist deshalb der AfD noch zu schwach. Ein Notstand gegen die Arbeiterklasse kann der AfD nicht hart genug sein. Die AfD will einen anderen Notstand, nicht aber den ”Corona-Notstand”, d.h. die AfD ist an und für sich für den Notstandsstaat, nicht aber für jede Form des Notstands. Die Finanzierung der ”Anti-Corona-Proteste“ bleibt so auch im Dunkeln, aber wir können davon ausgehen, daß dort auch Fraktionen der herrschenden Klasse diese Proteste finanziell unterstützten.

Die Überbetonung der politischen Forderungen gegen den Notstand und die Vernachlässigung der sozialen Forderungen, welche sich in Richtung Egalität-sozialer Gleichheit bewegen, zeigt das innere Band des kleinbürgerlichen ”Anti-Corona”-Protests auf, das Band des Sozialdarwinismus, welches das Kleinbürgertum derzeit fest an das Kapital fesselt. Auf dieser Basis einer kapitalistischen Leistungsgemeinschaft-Volksgemeinschaft, welche in der sozialdarwinistischen Ideologie wurzelt, die vor allem der Neoliberalismus kultiviert hat, kann man dann auch zu einer Querfront kommen, d.h zu einem Bündnis auch mit dem Faschismus, unter dem gemeinsamen übergreifenden Ziel einer Beseitigung des ”Corona-Notstandes.” So akzeptieren der pragmatische, technokratische neoliberale Kleinbürger und auch der linksneoliberale Kleinbürger auch Faschisten auf den Demonstrationen, auch wenn er diese nicht liebt. Nach dem Motto: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Das innere materielle Band zwischen dem Neoliberalismus und dem Faschismus ist der Sozialdarwinismus und dies schweißt auch den ”Anti-Corona-Protest” zusammen.

Es ist der gleiche Stoff, aus denen die ”bunten Revolutionen” zum ”Regime-Change” bzw. Massenputsch gewebt werden. Die ”Zivilgesellschaft” Arm in Arm mit Faschisten oder Islamisten- Ukraine, Syrien und der wiederholte ”Regime-Change”- Versuch in Belarus stehen Pate dafür, Beispiele gibt es dafür weit mehr. Die Faschisten oder Islamisten bilden den paramilitärischen Kern, um denen sich herum die ”Zivilgesellschaft” mit ihren staatlich oder halbstaatlichen und direkt vom Kapital finanzierten Organisationen („NGO´s“) neoliberaler oder links-neoliberaler Form gruppiert und als soziale und politische Deckung dient. Zu dem paramilitärischen Kern gehören auch die Fan-Clubs von Fußballvereinen, nicht nur Hooligans. Auch dort ist ein unpolitisches sozialdarwinistisches Leistungsdenken präsent, welches anschlußfähig für faschistische Tendenzen ist. Hinter diesen Querfronten steht das Kapital, bzw. einige Kapitalfraktionen, welche diese Querfronten finanzieren, einheimisches Kapital und ausländisches Kapital, auch Metropolen der imperialistischen Kette, Weltmarktkonkurrenten in Form des bürgerlichen Staates, welche mit bestimmten Einzelkapitalien über ihre Geheimdienste die Querfronten steuern, denn diese bauen sich nicht von unten nach oben auf, sondern streng hierarchisch von oben nach unten und versuchen auf jeden Fall egalitäre Forderungen des Proletariats zu verhindern, denn dies würde die Querfronten sprengen, würde die Hierarchie, auch der faschistischen Organisationen, auflösen. Es ist Psychologische Kriegsführung für einen politischen Blitzkrieg. Scheitert dieser, weil der Sturm der Regierungsgebäude oder die Besetzung von strategischen Plätzen scheitert, wird meist über den individuellen Terror gegen Unterstützer der Regierung vorgegangen und damit landet man dann im offenen Bürgerkrieg. Diese Regime-Change- Querfronten geben vor gegen die ”Diktatur” aufzustehen, wollen aber keine Demokratisierung, sondern lediglich den ”Diktator” austauschen. Es ist eben keine Revolution, sondern ein Massenputsch für eine Neuausrichtung der Diktatur. Im Laufe des Regime-Change wird die ”Zivilgesellschaft” für die paramilitärischen Kerne Ballast und wird von ihnen kannibalisiert. Alle proletarischen Massenorganisationen, welche für eine Politik der sozialen Gleichheit stehen, werden von der Querfront entschieden bekämpft, diese sollen sich nur passiv anschließen und ihre egalitären sozialen Forderungen hinter den politischen Forderungen zurückstellen, was dann ebenfalls in den Einbau in den bürgerlichen Staat in Form einer Arbeitsfront führt. Auch wenn die kleinbürgerliche ”Zivilgesellschaft” die soziale und politische Massenbasis stellt, sind die dominante Fraktionen die faschistischen oder islamistischen Sturmtruppen, Stay behind, Gladio A oder Gladio B-Formationen, sie bestimmen konkret die Politik dieser Querfront, die immer in letzter Instanz unter der Hegemonie des Kapitals operiert, konkret einer bestimmten Kapitalfraktion. Die Bildung einer Querfront zeigt immer die Schwäche und Defensive der Arbeiterklasse an, nur dann kann sich das Kapital den Luxus leisten, die Fraktionskämpfe im Kapital in dieser massenhaften Form in aller Öffentlichkeit auszutragen, denn es steht Kapitalfraktion gegen Kapitalfraktion. Die Arbeiterklasse verliert immer, sie soll sich nur für eine Fraktion des Kapitals entscheiden, aber nicht für ihre historischen Klasseninteressen kämpfen, das vermeintlich kleinere Übel wählen.

Die Querfront und die Volksfront sind beides Formen bürgerlicher Klassenherrschaft, weisen also einen bürgerlichen Klassencharakter auf. Doch innerhalb der bürgerlichen Klassenherrschaft unterscheiden sie sich qualitativ. Die Volksfront ist ein Ausdruck relativer Arbeitermacht, ein Ausdruck der Offensive des Proletariats und stützt sich auf die Eroberungen der Arbeiterklasse im Kapitalismus. Das Ziel der Volksfront ist es, diese Eroberungen des Proletariats im Kapitalismus auszudehnen, d.h. das gesellschaftlich notwendige Reproduktionsniveau der Arbeiterklasse qualitativ anzuheben. Forderungen nach sozialer Gleichheit stehen im Vordergrund. Die Volksfront ist ein Grenzregime bürgerlicher Klassenherrschaft und eine Waffe der Bourgeoisie um die Diktatur des Proletariats zu verhindern und bezieht sich auf eine parlamentarisch-demokratische Form des bürgerlichen Staates.

Die Querfront ist ein Produkt der Defensive des Proletariats, das Ziel des Kapitals ist die qualitative Absenkung der gesellschaftlich notwendigen Reproduktion der Arbeiterklasse. Die Arbeiterklasse stützt sich nicht auf seine Eroberungen im Kapitalismus, sondern diese werden von der Bourgeoisie permanent angegriffen und zerstört. Die Forderung nach Egalität, nach sozialer Gleichheit, wird vom Kapital und vom Kleinbürgertum scharf zurückgewiesen und als Alternative abstrakt-politische Forderungen angeboten und zwar im Sinne des bürgerlichen Ausnahmestaates: ”Nation,” „nationale Sicherheit” und unter diesen beiden Begriffen subsumiert ”Demokratie”. Die Arbeiterklasse und ihre proletarischen Massenorganisationen sollen sich in die ”Nation”, in dem ”Volk” einreihen und auflösen, die Gewerkschaften sich in dem bürgerlichen Staat als Arbeitsfront einbauen lassen. Die Querfront bezieht sich auf den bürgerlichen Ausnahmestaat. Somit zeigt die Querfront die Schwäche des Proletariats an, es gelingt der Arbeiterklasse nicht, die Angriffe des Kapitals zurückzuweisen und damit die Grundlage für ein Bündnis mit dem Kleinbürgertum zu schaffen, während hingegen in der Volksfront die Arbeiterklasse in der Offensive ist, ihre relative Arbeitermacht im Kapitalismus entfaltet und auf diese Weise das Kleinbürgertum an sich bindet.

Der ”Corona-Notstand” gegen die Arbeiterklasse ist ebenso abzulehnen wie eine Querfront, welche sich nur auf den ”Corona-Notstand” bezieht, nicht aber auf den Notstand im Allgemeinen, sondern nur einen anderen Notstand will, der für die Akkumulation von Kapital erträglicher ist. Der Notstand kann nicht gestaltet, sondern nur zerstört werden, denn er richtet sich, in welcher Form auch immer, gegen die Arbeiterklasse. Mit dem Notstand, in welcher Form auch immer, werden die Arbeiterklasse und ihre proletarischen Massenorganisationen desorganisiert, noch weiter gespalten als bisher und möglichst atomisiert.

Im ”Corona-Notstand” wird die SARS-Corona-Pandemie an den Notstand gebunden. Die SARS-Corona-Pandemie kann nur über einen Notstand bekämpft werden. Diese Position wird als alternativlos dargestellt. Eine andere demokratische Form der Bekämpfung der SARS-Corona-Pandemie wird nicht in Erwägung gezogen.

Der bürgerliche Staat erklärt den zum Feind, der sich der Logik des Notstandes aufgrund der SARS-Corona-Pandemie verweigert. Wer sich dem Notstand verweigert, fördert die Ausbreitung der SARS-Corona-Pandemie und gefährdet damit sich und andere, gefährdet die ”nationale Sicherheit”, die ”Staatssicherheit” und ist ein Fall für den ”Staatsschutz”. Damit soll der SARS-Corona-Virus so gefährlich sein, daß er nicht mit demokratischen Methoden bekämpft werden kann, es bedarf einer Notstandsdiktatur. Es soll also dann Gefahren geben, die nur mit diktatorischen Maßnahmen bekämpft werden können. Zum Staatsfeind wird dann jeder, welcher meint, daß auch große Gefahren aller Art mit demokratischen Mitteln gebannt werden können. Alternativlosigkeit führt dann alternativlos in die Diktatur. Zur Notstandsdiktatur gibt es wegen der großen Gefahren der SARS-Corona-Pandemie keine Alternative. In dem „Corona-Notstand“ ist nur der „staatstreu“, wer dem Notstand gehorcht, diese Person nimmt dann „Verantwortung für sich und andere“ wahr. Um die Massen zum Gehorsam zu zwingen benutzt die Psychologische Kriegsführung des bürgerlichen Klassenstaates den Begriff „Verantwortung“ als zentrale ideologische Komponente. Die Beweislast wird umgekehrt: Nun soll jede Person nachweisen, daß sie keine „Gefahrenquelle“ ist und Kontrolle und Disziplinierung sind dann verantwortungsvolle Handlungen, um Gefahrenquelle für die Allgemeinheit bzw. real um die Staatssicherheit zu gewährleisten.

Das ist Psychologische Kriegsführung. Gefahren gibt es viele und damit viele Gründe für eine Notstandsdiktatur. Fällt eine Gefahr weg, kommt die Nächste. Das Besondere an dem „Corona-Notstand“ ist, daß von der Arbeiterbewegung mit Schweigen auf diesen konkreten Notstand reagiert wird und die Arbeiterklasse passiv bleibt, während das Kleinbürgertum in der Frage des „Corona-Notstandes“ gespalten ist. Ein Teil des Kleinbürgertums, vor allem das „traditionelle Kleinbürgertum,“ geht mit Massendemonstrationen gegen den „Corona-Notstand“ vor, während vor allem das „neue Kleinbürgertum“ diesen Corona-Notstand“ unterstützt. Besonders eifrig unterstützt die kleinbürgerliche Linke, links-neoliberale bzw. CIA-Linke, den „Corona-Notstand“ und wandelt sich dadurch immer vom „linken Neoliberalismus“ zum „linken Nationalliberalismus“. Dieser „Corona-Notstand“ verwirklicht die Tendenz zur opportunistischen Anpassung der kleinbürgerlichen Linken an den bürgerlichen Staat, welche nach der Etablierung des Hartz IV-Systems begann.

Im „Corona-Notstand“ beginnt auch die kleinbürgerliche Linke den bürgerlichen Staat zu lieben. Die Frage nach dem „Corona-Notstand“ ist in der Klassenrealität eine Frage nach der Loyalität gegenüber dem bürgerlichen Klassenstaat. Wer sich kritisch zum „Corona-Notstand“ verhält, verhält sich aus der Sicht des bürgerlichen Staates mindestens Illoyal, wenn nicht gar staatsfeindlich. Damit ist die „Corona-Frage“ ein Schwur und Treubekenntnis zum bürgerlichen Staat. Wer in der „Corona-Frage“ auf den bürgerlichen Staat schwört, ist „staatstreu“, wer sich dem Schwur verweigert, ist ein Staatsfeind und damit ein Fall für die Repression des bürgerlichen Staates. Aus diesem Grunde ist die „Corona-Frage“ auch so umkämpft. Vor dem Hintergrund der materiellen „Corona-Krise“ mit dem größten Einbruch in die Akkumulation seit dem Jahr 1945, ist die Nervosität der Bourgeoisie zu verstehen. Bei der SARS-Corona-Frage geht es nicht so sehr um die Frage der medizinischen Bekämpfung der SARS-Corona-Pandemie, sondern um das Verhältnis zum bürgerlichen Staat im Allgemeinen. Dabei geht die Linkspartei und mit ihr alle von ihr beeinflußten außerparlamentarischen Strukturen der kleinbürgerlichen linken Gruppen, welche konkrete Form sie auch immer haben, offen in das Lager der Bourgeoisie über und dient sich der Bourgeoise als glühende Verteidigerin des Notstandskapitalismus an. Die außerparlamentarischen Strukturen sind indirekt weitgehend unter Kontrolle der Linkspartei, was sich auch daran zeigt, daß viele politische Gruppen inoffiziell eine Doppelmitgliedschaft mit der Linkspartei haben und sich das Schwergewicht immer mehr auf die Seite der Linkspartei verlagert. Indem die Linkspartei hinter dem Notstandsstaat in Richtung Notstand marschiert, zieht sie die kleinbürgerliche Linke mit und demoralisiert die Arbeiterklasse. Der Rechtsschwenk der Linkspartei zum Notstandsstaat aus Angst vor der Repression läßt tiefe Spuren in der bürgerlichen Gesellschaft zurück, ebenso wie die stumme Zustimmung der Gewerkschaftsbürokratie zu dem Notstand. Eine tendenziell progressive parlamentarische, gewerkschaftliche und außerparlamentarische Opposition zum Notstandsstaat gibt es seit der Aktivierung des „übergesetzlichen“ (Corona)Notstandes nicht mehr, wohl aber eine tendenziell reaktionäre Opposition in Form einer graduellen Querfront bei den Anti-Corona-Protesten, welche nur den „Corona-Notstand“ an sich, nicht aber den Notstand selbst an und für sich ablehnt.

Die proletarische Opposition gegen den Notstand und gegen die Große Krise ist aus diesem Grunde marginalisiert. Der Bourgeoisie ist es mit ihrem Manöver gelungen, über den Notstand die übliche Opposition in einem Burgfrieden zu beseitigen. Wer jetzt noch gegen den Notstand und seine Krisenpolitik eine revolutionäre Position bezieht ist in den Augen der Bourgeoisie ein Staatsfeind der schlimmsten Sorte und muß mindestens politisch weitgehend isoliert werden. Dies Geschäft besorgt dann die Linkspartei, welche dafür sorgt, daß die außerparlamentarischen Strukturen sich der revolutionären Kritik am Notstand verschließen. Die außerparlamentarischen Gruppen sind um die Linkspartei gruppiert und von der Linkspartei abhängig. Dies erschwert eine Kritik an dem Notstandskapitalismus. Gegenwärtig zielt die Linkspartei auf eine Regierungsbeteiligung ab und zersetzt sich damit und auch die außerparlamentarische Opposition, denn vor allem die Linkspartei steht bis jetzt radikaler als andere Parteien der Bourgeoisie hinter dem „Corona-Notstand“. Nun steht die „Linke“, nicht nur als Partei, sondern als Ganzes, für ein Notstandsregime und die Partei die „Linke“ fungiert in der außerparlamentarischen Opposition als innere Schiene der Repression und spaltet die außerparlamentarische Opposition, versucht Kritiker des „Corona-Notstandes“ über Zensur zu isolieren. Über die radikale Unterstützung des „Corona-Notstandes“ signalisiert die Linkspartei ihre Bereitschaft, „Regierungsverantwortung“ zu übernehmen. Immer deutlicher akzeptiert die Linkspartei das Hartz IV-System und den NATO-Pakt. Es wundert dann auch nicht, daß die Hartz IV-Kritikerin Inge Hannemann aus der Linkspartei austrat. Dieser Rechtsruck der Linkspartei reißt die außerparlamentarische Opposition weitgehend mit, denn sie ist indirekt finanziell und nicht-finanziell, wohl aber materiell, mit der Linkspartei mittlerweile auf engste verwoben. Wenn die Linkspartei nach rechts rückt und sich der Bourgeoisie andient, den „Corona-Notstand“ am härtesten verteidigt, kann die kleinbürgerliche außerparlamentarische Opposition sich nicht gegen den „Corona-Notstand“ positionieren. Dazu bedürfte es eines Bruchs zwischen Linkspartei und kleinbürgerlicher außerparlamentarischer Opposition.

Die Aufrüstung des bürgerlichen Staates gegen den Inneren Feind richtet sich objektiv unter anderem gegen die Linkspartei, Grüne, SPD und DGB-Gewerkschaften. Doch deren Bürokratien organisieren keinen Widerstand gegen diese Repression, sondern kapitulieren. Der „übergesetzliche“ Notstand und dessen Akzeptanz durch diese oben genannten Organisationen ist die bedingungslose Kapitulation vor der Bourgeoisie. Auf konkreter Ebene läßt sich dies im angestrebten „Anti-Haßrede“-Gesetz zusammenfassen. Über dieses Gesetz soll das Internet im Sinne einer umfassenden Zensur organisiert werden. Internetseiten, welche „Haß-Propaganda“ dulden, erhalten hohe Strafen und/oder werden abgeschaltet. Da „Haß-Propaganda“ nicht konkret definiert werden kann, kann vieles dafür gelten. Auf diese Weise wird die Meinungsfreiheit im Internet zerschlagen und die Internetseiten gehen mit Zensurmaßnahmen präventiv vor. Damit soll die Organisierung proletarischen Widerstandes deutlich erschwert werden, denn es fällt damit die Scharnierfunktion in der offenen Diskussion weg. Es gibt derzeit keine nennenswerte Opposition gegen das „Haßrede-Gesetz“. Dies ist dann auch ganz auf der Linie der Arbeiterbürokratie und der Parteibürokratie der Grünen. Durch die gesellschaftliche Zerschlagung der Meinungsfreiheit kann die Linksparteibürokratie die Partei nach rechts führen und damit auch die außerparlamentarische Opposition, welche sie unter Kontrolle hat.

Eine bloß bürgerliche und damit tendenziell reaktionäre Kritik am „Corona-Notstand“ wird vom bürgerlichen Staat zugelassen, nicht aber eine revolutionäre Kritik. Die tendenziell reaktionäre Kritik am „Corona-Notstand“ führt maximal zur Forderung nach Wiederherstellung der bürgerlichen Rechte gemäß dem Grundgesetz, durchschnittlich jedoch zur Forderung nach einem Notstand, welches nicht das Kleinbürgertum betrifft, aber vor allem die Arbeiterklasse. Jedoch eine revolutionäre Kritik lehnt die Wiederherstellung des nichthaltbaren alten Status quo ab und zielt tendenziell auf den revolutionären Sturz in die Diktatur des Proletariats. Weder „neue Normalität“, noch alte „Normalität“, sondern „revolutionäre Normalität“ ist notwendig, wenn das bisherige gesellschaftlich notwendige Reproduktionsniveau der Arbeiterklasse verteidigt werden soll.

Der Notstand und auch die Querfront kann nur über die Forderungen nach sozialer Gleichheit zerstört werden. Mit egalitären Forderungen kann der Panzer der Klassenherrschaft gesprengt werden, d.h. Forderungen nach sozialer Gleichheit gegen „nationale Sicherheit“ des Notstandstaates, mit Forderungen nach sozialer Gleichheit gegen die Nazis auf den Anti-Corona-Demonstrationen, denn diese Forderung zersetzt auch die Hierarchien der faschistischen Organisationen und treibt sie aus diesen Demonstrationen, gibt den Anti-Corona-Protesten eine proletarische Ausrichtung, was zur wachsenden Unterstützung durch die Arbeiterklasse, zu einer Proletarisierung der Anti-Corona-Proteste führen würde. Nur über eine egalitäre Politik kann die Grundlage für eine erfolgreiche Bekämpfung der SARS-Corona-Pandemie gelegt werden.

Die massiven Warnstreiks im öffentlichen Nahverkehr im September zeigen an, welche Durchschlagskraft egalitäre Forderungen haben können. Die Gewerkschaftsbürokratie ist dazu genötigt, diese massiven Warnstreiks zu organisieren, damit die Gewerkschaftsbasis Dampf ablassen kann, denn die „Corona-Krise“ führt zu erheblichen Einbrüchen in der die gesellschaftlich notwendige Reproduktion der Arbeiterklasse. Doch ohne eine organisierte Gewerkschaftsopposition hat die Gewerkschaftsbürokratie alles unter Kontrolle und es bleibt beim Dampfablassen. Es wird der soziale Druck der Arbeiterklasse deutlich und die Gewerkschaftsbürokratie wird alles versuchen, damit sich der soziale Druck nicht unmittelbar in politischen Druck übersetzt.

Denn der soziale Druck wird ab dem Herbst steigen. Seit dem 1. Oktober ist das Moratorium in der Insolvenzgesetzgebung ausgelaufen. Bei Zahlungsunfähigkeit muß dann das Insolvenzverfahren eingeleitet werden, nicht jedoch bei Überschuldung. Das Moratorium für die Überschuldung läuft noch bis zum 31.12 2020. Jedoch ist die Frage der Zahlungsunfähigkeit die zentrale Achse der Insolvenzgesetzgebung. Damit beginnen dann die Insolvenzen und damit die Arbeitsplatzverluste ab dem 01.10 wieder zuzunehmen, vor allem im traditionellen Kleinbürgertum und im kleineren und mittleren Kapital. In den Medien jedoch wird dies verschwiegen, da stürzt man sich auf das Moratorium bei Überschuldung und Sonnenscheinpropaganda betrieben.

Gleichzeitig zum 1. Oktober dieses Jahres fällt die Vorzugsbehandlung der abhängigen Selbständigen in Hartz IV-Bezug weg. Nun wird Vermögen und Einkommen angerechnet und aus besonderen Hartz IV-Empfängern werden normale Hartz IV-Bezieher und unterliegen damit der üblichen Hartz IV-Repression. So wird das traditionelle Kleinbürgertum versuchen aus Hartz IV zu fliehen, doch es gibt nur eine Flucht ins Nichts. Der Einbruch der Akkumulation läßt eine große Flucht nicht zu, nur eine Flucht ins Elend. Und wieder keine ausführliche Berichterstattung in den Medien. Die soziale Absicherung, die im März und April überall verkündet wurde, wird im Oktober heimlich eingezogen.

Die Arbeitslosigkeit und Verelendung wird weiter zunehmen, denn der bürgerliche Staat löst seine „Corona-Sicherungen“ für die Arbeiterklasse und für das Kleinbürgertum klammheimlich auf. Gleichzeitig wird eine verstärkte Propaganda für den „Corona-Notstand“ betrieben. Umso mehr der soziale und politische Druck aus der Arbeiterklasse steigt, desto mehr wird mit dem „Corona-Notstand“ gedroht oder der „Corona-Notstand“ wieder deutlicher exekutiert.

3. Die proletarische Antwort

  • Radikale Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich, ansetzen an der alltäglichen Sabotage der Ausbeutung und international organisiert.

  • Arbeiterkontrolle über die Produktion

  • Aufbau proletarischer Hundertschaften gegen die Repression des bürgerlichen Staates und seiner neofaschistischen Organisationen

Hamburg im Oktober 2020 Maulwurf/Revolutionäre Sozialisten

Editorische Hinweise

Wir erhielten den Artikel vom Autor für diese Ausgabe.