Frankreich Karrierepolitiker wartet in den Reihen der FN |
Es ist ein offenes Geheimnis, daß Jean-Marie Le Pen,
Führer der faschistischen Front National, langsam an Schwung verliert. Seine jüngsten Fernsehauftritte zeigten einen geschwächten und schnell alternden Mann, während eine Reihe interner Probleme in der FN seine Vorherrschaft in Frage stellen. Der einzige mögliche Nachfolger ist, so scheint es, Bruno Mégret. Lange Zeit hat Mégret für sich selber als "moderat" geworben, aber er hat in Vitrolles, wo seine Frau Bürgermeisterin ist, gezeigt, daß die Wahrheit anders aussieht. Mégret, der Le Pens Kampagne zur Präsidentschaftswahl leitete, hat für den Fall eines Kampfes um die Nachfolge Le Pens viele starke Trümpfe im Ärmel. 1985 trat der Reserve-Hauptmann einer Panzereinheit in die FN ein und ist heute stellvertretender Vorsitzender der Partei, Mitglied im Europäischen Parlament und Regionalabgeordneter in der Provence. Über Mégrets jüngere Vergangenheit ist viel bekannt aber um Mégrets wahre politische Natur zu erkennen, lohnt es sich, tiefer in seiner Vergangenheit zu graben. Mégret wurde am 4. April 1949 in einem der besten Stadtteile von Paris geboren. Sein Vater war Geheimrat und die Familie stand politisch dem Zentrum nahe. Während der Arbeiter- und Studentenrevolte ging Mégret noch zur Schule und war gleichzeitig überwältigt, aufgebracht und beschämt über die ideologische Vorherrschaft der Linken, die seine Mitschüler zum Streik aufriefen. Seit dieser Zeit hegt Mégret einen tiefen Hass auf die, die er Kommunisten nennt und ihren vermeintlich schlechten Einfluß auf die Jugend. Ungeachtet seiner Vorurteile konzentrierte sich Mégret auf sein Studium, welches er glänzend abslovierte, und besuchte die prestigeträchtige "École Polytechnique" und "Ponts-et- Chaussées", zwei der führenden akademischen Institutionen Frankreichs. Der junge Mégret amüsierte sich auch prächtig während seines Studienaufenthalts in Berkeley, California, wo er das Cannabis für sich entdeckte, sich jedoch von den Hasch- Rauch-Sessions, die damals fast obligatorisch waren, fernhielt. Diese Einstellung erklärt vielleicht ein wenig seinen schnellen Einstieg in die Politik [Anm.d.Ü: Wieso??] in die gaullistische "Rassemblement pour la République (RPR)". 1979 war er bereits Mitglied im Zentralkommittee der RPR und Schützling von Charles Pasqua, einem konservativen Hardliner, der später ein gefürchteter Innenminister werden sollte. Mégret blieb bis 1982 in dieser Position. Seine politische Karriere lief parallel zu seiner beruflichen Karriere in den höheren Rängen des französischen Staates. Zur gleichen Zeit wurde Mégret im "Club d'Horloge" aktiv, einem stramm rechten Think-Tank, welchem er 1971 beigetreten und in dem er bis 1981 als Funktionär aktiv war. Dort traf er Yvan Blot und Jean-Yves Gallou, die später in der FN zu Prominenz gelangten. Mégret begann, sich von der RPR zu entfernen, die ihm zu unklar und schwammig war, obwohl er noch an der Vorbereitung von Jaques Chiracs Kampagne zur Präsidentschaftswahl beteiligt war. Chiracs Niederlage gegen den Sozialisten Francois Mitterand stürzte Mégret in tiefe Verzweiflung und führte zu seinem entschiedenen Bruch mit dem gaullistischen Konservativismus. 1982 verließ er die RPR. Zu dieser Zeit war die FN unbedeutend. Bei den Wahlen 1981 lag sie bei 0,180nd beteiligte sich nicht am Präsidentschaftswahlkampf. Mégret fühlte sich zu keiner anderen Partei hingezogen und gründete daher 1982, zusammen mit Jean-Claude Bardet, einem ehemaligen Algerienkolonisten, das "Comité d'Action Republicain (CAR)". Das CAR erklärte als wichtigstes politisches Ziel, "Kampagnen einer permanenten Opposition zu führen und die Rückkehr einer nicht-marxistischen Regierung vorzubereiten." Eine der "Kampagnen", die das CAR durchführte und die in der rechten und rechtsextremen Presse viel Beachtung fand, richtete sich gegen die "Marxisierung" von Schulbüchern. Das CAR hatte nach eigenen Angaben rund 6000 Mitglieder in über hundert Ortsgruppen und organisierte hunderte von Veranstaltungen und einige Demonstrationen. Im Gegensatz zum "Club d'Horloge", der sich selbst eher als "Ideen-Labor" betrachtete, richteten sich die Kampagnen an ein weitreichenderes Publikum. Medienvereinfachungen über Mégret sind nicht korrekt. Er ist *nicht* der kühle Technokrat, der sich von der Welt abgewandt hat. Sogar er begenet der Masse mit Verachtung, ist sich aber zugleich der Tatsache bewußt, daß dieses sehr vitale Wählerstimmen sind und daß nichts so wichtig ist, wie diese Stimmen durch Kampagnen zu gewinnen. Mégrets aktive Zeit im CAR ist sehr erhellend, denn sie zeigt, wie tief die rassistischen und antisozialen Ideen bei ihm verwurzelt sind. Antikommunismus war ein Zugpferd des CAR, aber nicht das einzige. Tatsächlich wurden die wichtigsten Themen der "Neuen Rechten" im Allgemeinen und die des "Club d'Horloge" im Besonderen - der Kampf gegen Gleichheit, für die Durchsetzung rechter Prinzipien und gegen Marxismus - komplett von Mégret und seinen Verbündeten entwickelt. Die Vorstellung eines Kampfes zwischen "Identität" basierend auf Rasse, Nation und Familie einerseits und "Kosmopolitismus" andererseits ist eine der zentralen ideologischen Säulen der FN und dient zur Rechtfertigung ihrer Apartheid-Politik der "nationalen Präferenz". Durch das CAR, welches zu diesem Zeitpunkt keinerlei Kontakt zur FN hatte, aber zahlreiche zu der traditionellen Rechten, versuchte Mégret diese Ideen unabhängig weiterzuentwickeln. Das Programm des CAR zum Thema Einwanderung war erbaulich: sofortige Ausweisung aller "illegalen" MigrantInnen, Rückführung aller EinwanderInnen, die in den letzten zehn Jahren nach Frankreich kamen, und Assimilationsprogramme, um junge Migrantinnen zu zwingen, "die französische Identität, ihre Charakteristika und Traditionen zu erlernen" ... ein Programm, das nicht weit entfernt ist von den berüchtigten rassistischen "Fünf Punkten", die er zehn Jahre später im Namen der FN formulierte. Mégrets administrative Kompetenz und seine Erfahrung im Herz der RPR und der FN haben ihm gute Dienste geleistet und ihn in die Lage versetzt, seine eigenen Ideen perfekt mit den radikalsten Konzepten der FN zu verbinden. Quelle:Searchlight
9/98, Internationale Antifaschistische Monatszeitschrift, elektronische Verbreitung durch Antifa-West - Antifaschistische Initiative im
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