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Vor 20 Jahren


Anläßlich der Gründung der AL am 5.10.1978

Thesen des "Weiberplenums" zum Charakter einer "Alternativen Liste" in West-Berlin

-Auszüge-

Aus: Die Alternative Liste Berlin, hrsg.v. Bühnemann, Wendt und Wituschek, Westberlin November 1984, S. 73f


al510.jpg (26621 Byte)
aus: Radikal Nr. 45/1978

 

1.Für uns bedeutet eine Alternative Liste in Berlin die Möglichkeit, unsere Forderungen durch den Wahlkampf und eine eventuelle Vertretung im Parlament einer breiteren Öffentlichkeit als bisher bekannt zu machen. Wir betrachten eine mögliche Arbeit von Vertretern der "AL" im Parlament als Unterstützung und Ergänzung unserer außerparlamentarischen Arbeit. Die Beteiligung an einer "AL" ist für uns eine Form des politischen Handelns, unser Schwergewicht wird weiter auf dem außerparlamentarischen Sektor liegen. Von daher begreifen wir die "AL" als Bündnis der arbeitenden Initiativen und Basisgruppen, politische Organisationen können als Unterstützer auftreten. Wir glauben, daß es nicht darum gehen kann, die bestehenden Arbeitszusammenhänge aufzulösen und völlig neue Organisationsformen zu schaffen (siehe Papier von Michael/Mario). Nur auf der Grundlage der Gruppen kann der Gefahr eines Programms "von oben" begegnet werden. Nur durch die Verbindung eventueller Abgeordneter mit den Initiativen und der Verpflichtung ihnen gegenüber ist ihre Kontrolle am ehesten möglich.

2. Eine "AL" sollte den gebündelten Protest aller, die sich an irgendeinem Punkt gegen Unterdrückung wehren, ausdrücken. Es würde an der Realität vorbeigehen, jeden auf das Ziel "Sozialismus" verpflichten zu wollen. Angesichts der heutigen politischen Situation, in der unsere Rechte zunehmend eingeschränkt werden und die gekennzeichnet ist durch die Zersplitterung der linken und fortschrittlichen Bewegung, bedeutet es bereits einen großen Schritt vorwärts, wenn sich sämtliche demokratischen und linken Kräfte auf ihre Gemeinsamkeiten besinnen.

3. Ein Zusammenschluß kann nicht durch ein "akademisches" Programm von "oben" erstellt werden, sondern nur von "unten" auf Grundlage konkreter Zusammenarbeit. Diese konkrete Zusammenarbeit be- und entsteht vor allem zwischen Initiativen und Gruppen, die im gleichen gesellschaftlichen Bereich arbeiten (wie z. B. Mieter etc.). Wir schlagen deshalb vor, daß die Initiativen und Gruppen folgende Möglichkeiten gemeinsamer Öffentlichkeitsarbeit diskutieren: Frauen, Mieterinitiativen, Betriebsgruppen, Kinderläden, Schüler- und Jugendgruppen, Schwule, Knastgruppen, Gesundheitsbereich, Umweltschutz (vielleicht getrennt nach Energie- und Verkehrsproblematik), Ausländer, Gruppen zur Verteidigung demokratischer Grundrechte, Hochschulbereich, Medien-und Kulturbereich.

Wenn wir auch erwarten, daß sich die anderen Bereiche z. B. mit unseren Forderungen auseinandersetzen, so meinen wir doch, daß jeder Bereich so weit autonom sein sollte, daß er seinen^Wahlkampf selber bestimmt und seine zentralen Forderungen in einer gemeinsamen Plattform enthalten sind. Innerhalb dieser Bereiche wäre dann auch die Mitarbeit von Einzelpersonen gewährleistet.

4. Allerdings reicht die einfache Summierung der Forderungen aus den einzelnen Bereichen für ein gemeinsames Programm nicht aus. Es müßten gemeinsame zentrale Forderungen entwickelt werden, die gleichzeitig den Mimmalkonsens der beteiligten Gruppen darstellen. [ ... ]

7. Nach geltendem Recht sind die Abgeordneten nur ihrem Gewissen verpflichtet. Wir verlangen jedoch von den Kandidaten(innen), daß sie uns politisch verpflichtet sind. Anzustreben wäre eine Regelung, die vorsieht:

  • Imperatives Mandat
  • Abgabe der Gelder, die über das bisherige Monatseinkommen hinausgehen
  • Keine Koalition mit den bürgerlichen Parteien
  • Keine inhaltlichen Zugeständnisse an die bürgerlichen Parteien
  • Bedingung ist, daß die Abgeordneten weiterhin in ihren Basisbereichen/ Gruppen arbeiten.

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