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Wer ist die "Junge Landsmannschaft  
Ostpreußen" (JLO)

Infos aus einer Pressemitteilung des AK AntiFa/AntiRa vom 29. September 1999

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....In der Zeit vom 1. bis zum 3. Oktober 1999 tagt die "Junge Landsmannschaft  Ostpreußen" (JLO) in der Stadt Eisenach. Drei Tage lang wird sie  revanchistisches Gedankengut in der Jugendherberge der Wartburgstadt  pflegen können...

Wer ist die JLO?

Die Junge Landsmannschaft Ostpreußen (JLO) bildet einen  Schulungszusammenhang für die Herausbildung einer jüngeren  Nachfolgegeneration in der Landsmannschaft Ostpreußen (LO). Offen  revanchistisch bündelt sie junge Kräfte aus Burschenschaften und der  "Neuen Rechten". (...) Die Junge Landsmannschaft Ostpreußen (JLO) hat in der Mai-Ausgabe (1998)  ihrer unregelmäßig erscheinenden Mitgliederzeitung "Fritz" die Debatte um  eine Öffnung der Organisation an die "Basisgruppen" weitergegeben: Nach  einem Beschluß der JLO-Bundesversammlung sollen die Mitglieder über die  Zukunft des Jugendverbandes der Landsmannschaft Ostpreußen (LO)  entscheiden.

Die "beiden maßgeblichen Marschrouten", so der ehemalige JLO-Vorsitzende  Bernhard Knapstein, ließen sich unter "Aufbau einer Deutschland-Jugend -  für ein Deutschland mit Ostpreußen" und unter "Nutzung der Kernkompetenz -  von Ostpreußen aus für Deutschland" subsumieren. Die erste Variante geht von der Analyse aus, daß die "Bedeutungslosigkeit  auch der Ostpreußen", also derer, die tatsächlich noch von den Alliierten  umgesiedelt wurden, deutlich wird. Somit sei nur über die "Änderung der  allgemeinpolitischen Lage" auch "eine Wende für Ostpreußen zu  erreichen".Die Konsequenz: "Ein deutsches Ostpreußen könne es nur geben,  wenn ein deutsches Deutschland fortbestehe." Und um dieses zu fundieren,  müsse die JLO das "allgemeinpolitische Mandat, also das Recht zur  Mitsprache in allen Fragen", erstreben. Für den Fall, dass diese Variante  sich durchsetzen sollte, stünde auch eine Namensänderung in "Deutschland-Jugend / JLO" an.

Die zweite diskutierte Variante geht von der Prämisse aus, "daß keine  Organisation das Thema Ostpreußen besser belegen kann als die JLO". In  "allgemeinpolitischen Aktivitäten" wird die Gefahr gesehen, dass der  "landsmannschaftliche Segen" sowie die damit verbundenen Gelder verloren  gehen könnten. Die LO biete zudem "bisher den Schutz vor den Angriffen der  linksliberalen und internationalistischen Parteien und Gruppierungen". Ein Abweichen von der strikt an "Ostpreußen" orientierten Arbeit könne  außerdem zu Massenaustritten - die JLO zählt nach Eigenangaben derzeit  etwa 1200 Mitglieder, mit steigender Tendenz - führen. Deshalb sei es  erforderlich, das "Schützengrabensystem der Arbeitskreise" auszubauen. Zudem sei eine "Beteiligung an der Deutschlandbewegung" bereits vorhanden  und könne erweitert werden, "ohne den Schützengraben der Kernkompetenz Ostpreußen zu verlassen".

Besonders neu sind jedoch beide Modelle nicht. Anhand des Organs der  Landsmannschaft Ostpreußen, dem Ostpreußenblatt ist bereits detailliert  nachzuvollziehen, wie sich ein allgemeinpolitisches Mandat mit der  "Kernkompetenz Ostpreußen" vereinbaren läßt. Neben den für das  aussterbende Klientel der Aktivumgesiedelten - im LO / JLO-Jargon  "Erlebnisgeneration" genannt - bestimmten Berichten aus den  "Heimatkreisen", über die "landsmannschaftliche Arbeit" und den Such- und  Todesanzeigen, greift das Ostpreußenblatt tagespolitische Geschehnisse auf  und initiiert für die extreme Rechte wichtige Strategiedebatten. Außerdem  ist klar, daß die angebliche Vertreibung eines der zentralen Themen des  gesamten rechten Spektrums ist - stets verbunden mit Fragen nach Volkstum,  Nation, Kultur, Geschichte und Sprache.

"Einsatz für die deutsche Volksgruppe in der Heimat, intensives  Fahrtenleben und Mut zum politischen Bekenntnis zu Deutschland" wird  dieses Konzept in einem aktuellen JLO-Papier übersetzt. René Nehring, seit  November 1997 Bundesvorsitzender der Organisation, hat den Umgang mit den  beiden Strategiemodellen in einem internen Rundschreiben Anfang des Jahres 
auf den Punkt gebracht: "Sowohl Deutschland als Ganzes, als auch  Ostpreußen als Teil dieses Ganzen sind Erbe und damit Auftrag aller  Deutschen. Kein deutscher Stamm und keine gesellschaftliche Gruppierung  hat das Recht, sich aus dieser Verantwortung zu stehlen. Die JLO muß daher  im Gegenzug auch für alle politischen und landsmannschaftlichen Strömungen  gesprächsbereit bleiben." Der 22jährige weiß, wovon er spricht: 1996/97  studierte der Berliner zwei Semester an der Staatlichen Universität  Kaliningrad und ist somit mit dem Terrain vertraut. Sein zweites  Standbein: Er war erster Stipendiat der Deutschen Burschenschaft (DB) in  Kaliningrad und ist in der Burschenschaft Gothia Berlin aktiv. Diese Aktivitäten sind in der JLO beileibe kein Einzelfall - vielmehr ist  es charakterisierend, daß das Interesse an den ehemaligen deutschen  Ostgebieten das prägende Moment für das Engagement inner- und außerhalb  des Verbandes ist und nicht irgendeine "Vertreibung". Beispielsweise war Nehrings Amtsvorgänger Bernhard Knapstein als  Politischer Referent der Kölner Burschenschaft Germania tätig, in deren  Haus die JLO 1994 auch die Tagung "Der Deutsche Osten - Perspektiven im  neuen Jahrtausend" durchgeführt hatte.

Die JLO bleibt auch für die "Deutschland-Bewegung" von Alfred  Mechtersheimer attraktiv. Bei der letzten JLO-Bundesversammlung referierte  der Starnberger "Friedensforscher" und traf dabei laut JLO den "Nerv der  Delegierten": Das Ziel einer in der "Basis verwurzelten Deutschland-Bewegung" müsse es sein, das "Nationale" in den Mittelpunkt zu rücken. Und  das will auch die JLO: Wie hatte es der erste JLO-Vorsitzende Rüdiger  Stolle bei der Gründung des Jugendverbandes Anfang 1991 - die seinerzeit  ebenfalls in Würzburg stattfand - ausgedrückt? "Nicht als Zeichen  nationaler Überheblichkeit, sondern als Bekenntnis zu unserer Geschichte"  - - Stolle begründete seinerzeit mit diesem Satz, warum die Versammlung der  JLO alle Strophen des "Deutschlandliedes" gesungen hatte.

Wer ist Gerd Schulze-Rhonhof?

Schultze-Rhonhof ist Spezialist für die vaterländischen Sorgen der  rechtskonservativen und -extremen in und außerhalb der CDU. Der  Generalmajor, der 1996 aus Protest gegen die Wehrpflichtzeitverkürzung um  seine vorzeitige Entlassung aus dem "aktiven Dienst" nachsuchte, ist  stolzer Träger des Ehrenkreuzes der Bundeswehr in Gold und des  Bundesverdienstkreuzes   am   Bande.    Bis    zum    Befehlshaber   und     Kommandeur   des
Wehrbereichskommandos II / 1. Panzerdivision mit Sitz in der Kurt-Schumacher-Kaserne Hannover hatte er es gebracht. Vorher war er unter  anderem als Hilfsreferent im Bundesverteidigungsministerium, als  Oberstleutnant der Heeresgruppe Nord der Nato in Mitteleuropa und als  Dozent und Lehrgangsleiter an der Führungsakademie der Bundeswehr in 
Hamburg eingesetzt.

Schultze-Rhonhofs jüngstes Buch trägt den Titel: "Wozu noch tapfer sein?"  Dort schreibt er zum Beispiel über das Urteil des  Bundesverfassungsgerichts zur Verwendung des Tucholsky-Zitates "Soldaten  sind Mörder": "Die Bundesrepublik, vertreten durch das 
Bundesverfassungsgericht, hat ihre Treuepflicht gegenüber den Soldaten  verletzt und damit das auf Gegenseitigkeit beruhende Treu- und  Eidverhältnis zu den Soldaten von sich aus aufgelöst."
Schultze-Rhonhofs Buch enthalte "klare Anmerkungen zum Umgang mit dem  Soldatischen in der Öffentlichkeit", stellt Dieter Stein, Chefredakteur  der völkisch-nationalistischen Wochenzeitung "Junge Freiheit" (JF),  erfreut fest. Und die "Stimme" dieses Soldaten, so Stein, sei "gefragt" - gerade auch in Steins Zeitung: Anfang Januar gab Schultze-Rhonhof der  Jungen Freiheit ein zweiseitiges Interview. Nebenbei erklärte er dort, die  Wehrmacht habe "ihre guten und ihre schlechten Seiten" gehabt. Und weil  die JF nicht irgendein Provinzblättchen, sondern eines der zentralen  Periodika der extremen Rechten ist, fand Schultze-Rhonhofs Antritt zum  Interview auch Erwähnung in den "Tagesthemen". In Folge des "Tagesthemen"- Berichtes verbot der Heeresinspekteur Helmut Willmann dann die Auftritte  des pensionierten Militärs in Hannover.

Schultze-Rhonhof, der die "konservative Auffassung" vertritt, daß "der  Offizier, der Beamte und der Richter zuerst dem Lande gegenüber  verpflichtet ist", sorgt sich auch im Ruhestand weiter um das Ansehen der  deutschen Armeen. Die Bundeswehrführung habe nicht erkannt, "daß die Aktion ,Wehrmachtsausstellung' im Grunde gegen das deutsche Soldatentum an  sich gerichtet ist". Weil zahlreiche rechtsextreme "Einzelfälle" in der  Bundeswehr in der Presse "fast zeitgleich lanciert" worden seien, glaubt  Schultze-Rhonhof, "daß es eine gezielte Aktion von irgend jemand ist, der  über Jahre hinweg 'Munition' gesammelt hat und sie nun abschießt".

Neben solchen Verschwörungstheorien hat der Ex-Generalmajor auch  Aufklärung über die demokratischen Traditionen der Bundeswehr im Programm:  "Wir haben als Bundeswehr sehr viel aus der Wehrmacht übernommen. Wir sind  von Wehrmachtsoffizieren aufgebaut worden. Die Dinge, die wir übernommen  haben, sind vor allem die nicht sichtbaren - taktische Vorstellungen,  technische Vorstellungen, unser Wehrrecht, die Auftragstaktik und das Prinzip des Primats der Politik."

Bundeswehr stoppte zwei Veranstaltungen mit umstrittenem Ex-General. Zwei  Vortragsveranstaltungen der "Ost- und Mitteldeutsche Vereinigung der CDU/ CSU - Union der Vertriebenen und Flüchtlinge" (OMV) mit dem umstrittenen  Ex-General Gerd Schultze-Rhonhof durften nicht wie ursprünglich geplant in  Einrichtungen der Bundeswehr stattfinden. Das Verteidigungsministerium  bestätigte einen entsprechenden Bericht der "Braunschweiger Zeitung"  (Samstagsausgabe, 7.3.98). Nach Angaben eines Sprechers begründete  Heeresinspekteur Helmut Willmann diesen Schritt damit, daß die  Heeresoffiziersschule Hannover, in der ein Vortrag für den 11. März  geplant war, dadurch in eine kontroverse politische Diskussion  hineingezogen werden könne. Die andere Veranstaltung war diesen Angaben  zufolge für den 4. Mai in einer Braunschweiger Kaserne geplant. Schultze-Rhonhof wird von Kritikern vorgeworfen, er hänge rechtsextremem  Gedankengut an.

Eisenach, ein Wallfahrtsort der politisch Rechten?!

Die Wahl Eisenachs als Veranstaltungsort sei kein Zufall, sondern Folge  der den "Deutschen Burschenschaften" gewährten Gastfreundschaft durch den  OB der Stadt, so ein Sprecher des Arbeitskreises Antifaschismus/ Antirassismus - Für internationale Solidarität. Die JLO pflegt zu den DB enge Beziehungen.

Anläßlich der Proteste gegen das Treffen der "Deutschen Burschenschaften"  befürchtete Eisenachs Oberbürgermeister Brodhun, Eisenach könne zu einem  zweiten Saalfeld werden. Der Bürgermeister und Rat der Stadt hätten es in  der Hand eine solche Entwicklung zu verhindern. Es bedürfe "nur" ihrer  eindeutigen Stellungnahme gegen rechtsextreme Entwicklungen in der Stadt  und der Absage an Veranstaltungen wie dem "Deutschlandpolitischen  Seminar", so der Sprecher des Arbeitskreises. Äußerungen wie des  Ministerpräsidenten Dr. Vogel, daß "die Wartburg die deutscheste Burg  aller Burgen ist", würden die Anziehungskraft Eisenachs für ultrarechte  Kräfte zudem stärken.

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