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Zur Lage in den türkischen Knästen

Erklärung des Rechtsbüro des Volkes in Istanbul
weitergeleitete Nachricht von "prison watch"* pwibelgium@hotmail.com 
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HALKIN HUKUK BÜROSU
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Datum: 30. September 1999

DIE POLITISCHE MACHT LÜGT!
VERANTWORTLICH FÜR DAS MASSAKER IM GEFÄNGNIS IST DER STAAT.
ER MUSS RECHENSCHAFT ABLEGEN.

Die Verantwortung für das im Ankara Gefängnis am 26. September 1999 verübte Massaker, bei dem 10 politische Gefangene und Verurteilte ermordet wurden, trägt die Regierung und allen voran der Justizminister. Diese Tatsache läßt sich durch keinerlei Lügen und Demagogien verstecken.

1. Die Behauptungen, daß sich die politischen Gefangenen, während des Angriffs gegenseitig ermordet oder die Organisationen ihre Verräter getötet hätten, sind nicht ernstzunehmen. Viele der getöteten Gefangenen standen schon vor ihrer Ermordung im Visier der Gefängnisleitung, welche ihre Namen schon vor dem Angriff bekanntgab, während sie sagte: "Wir wollen speziell diese haben". Mehrere der 10 bei dem Massaker getöteten Personen, standen also auf der Liste der Gefängnisleitung. Darüberhinaus waren diese Personen Vertreter für verschiedene Organisationen im Gefängnis. Bei Aktionen zur Erlangung ihrer Rechte standen sie immer in den vordersten Reihen, wodurch die Behauptung, daß sich die Gefangenen gegenseitig ermordeten ihre Glaubwürdigkeit verliert. In diesem Gefängnis befinden sich keine Verräter.

2. Alle Ermordeten wurden durch Schüsse auf empfindliche Körperbereiche getötet. Es wurde speziell auf Kopf- und Brustbereich der Gefangenen geschossen. Die Erschossenen wurden außerdem mit schweren Gegenständen angegriffen und ihre Knochen gebrochen. Man wartete, während sie laufend Blut verloren. Das Massaker war also geplant, und dementsprechend kamen sie auch mit Waffen und Bomben. Das Massaker wurde durchgeführt, indem besonders auf die Personen, deren Namen die Gefängnisverwaltung vorher bekanntgegeben hatte, gezielt wurde.

3. Die Behauptung über das Auffinden eines Tunnels ist nicht ernstzunehmen. Später wurde sogar vom Ministerium persönlich geäußert, daß es keinen Tunnel gibt.

4. Auch die Behauptung, daß bei den Durchsuchungen Waffen gefunden wurden ist nicht ernsthaft. Alle Zeugen geben an, daß in die Zellen in hohen Mengen Tränengas gesprüht, daß danach mit schweren Waffen und in Richtung Zellen das Feuer eröffnet und lediglich von draußen in die Zellen hineingeschossen wurde. Deshalb erweist sich auch die Behauptung, daß Waffen gefunden wurden, als unrichtig.

5. Darüberhinaus kann die Behauptung, eine Waffe gefunden zu haben nicht als Vorwand für ein Massaker dienen. Vor einer Woche wurden im Sagmalcilar Gefängnis bei einer Auseinandersetzung innerhalb der Mafia tausende Kugeln abgefeuert und schwere Waffen eingesetzt. Die Gefängnisverwaltung wurde von den Mafiabanden besetzt. Wenn das Ministerium den Einsatz von Waffen für eine Operation als ausreichend betrachtet, warum hat es dann nicht im Sagmalcilar Gefängnis eine auf die Mafiabanden gerichtete Operation durchgeführt?

6. Nach dem Massaker versuchte man alles vor dem Volk zu verheimlichen. Der Beisein der Anwälte während der Autopsie, wie auch der Besuch der verletzten Gefangenen von seiten der Anwälte und Familienangehörigen im Krankenhaus wurde verhindert. Was verheimlicht man, was versteckt man vor dem Volk?

7. Nach dem Massaker ließ das Justizministerium 33 Gefangene in verschiedene Gefängnisse verlegen. Wie schnell doch hat das Justizministerium diesen Beschluß gefaßt? Wie schnell hat es Transportmittel, Soldaten und Personal für die Verlegung von 33 Gefangenen in 20 verschiedene Gefängnisse bereitgestellt? Von wem und wie schnell wurde dieser Beschluß gefaßt? Wie konnten 33 Gefangene in 20 Gefängnisse verlegt werden, wo heute die Verlegung nur eines Gefangenen mit dem Vorwand "Es stehen keine Transportmittel, Soldaten und Personal zur Verfügung" nicht durchgeführt wird, und unter gleichem Vorwand die kranken Gefangenen und Verurteilten nicht ins Krankenhaus transportiert werden?

Die Verantwortlichen für das Massaker, jene, die es geplant und umgesetzt haben, sind die Zuständigen des Ministeriums. Die Mörder wurden bloßgestellt. Keine Demagogie oder Lüge kann dieses Massaker verheimlichen. Nun präsentieren die Zuständigen des Justizministeriums die Lösung als "GEFÄNGNISSE DES NEUEN ZELLENTYPS", also Isolationsgefängnisse. Sie lügen. Angesichts dessen, daß die Lebenssicherheit der Gefangenen selbst in den Gemeinschaftszellen nicht gewährleistet ist, kann die Verlegung der Gefangenen in Einzelzellen ganz eindeutig keine Lösung darstellen.

 Die Isolationsgefängnisse sind lediglich ein Mittel dazu, daß die Regierung noch bequemer, noch mehr Massaker verüben kann. Die Haltung des Justizministeriums bei den Lösungsgesprächen im Anschluß auf das Massaker, ist im Grunde ebenfalls Teil des Mordplanes. Das Ministerium ist geradezu darum bemüht, Spannungen im Gefängnis zu erzeugen, versucht Provokationen herbeizuführen. Während noch vor drei Tagen bei den Gesprächsverhandlungen die Hauptforderung der Gefangenen und Verurteilten auf eine Rückverlegung in ihre Gefängnisse akzeptiert wurden, gerieten die gestrigen Gespräche in eine Sackgasse, indem das Ministerium erklärte: "...Eine Rückverlegung der verlegten Gefangenen wird unter keinen Umständen durchgeführt werden, sie werden dort bleiben wo sie sich befinden...". Die sich für Gesprächsverhandlung zur Verfügung stellenden, der Vorsitzende der Istanbuler Anwaltskammer, Yücel Sayman, sowie der Vorsitzende der Istanbul Branche des Zeitgenössischen Juristinnen und Juristenverbandes CHD, Murat Celik und andere Anwälte können bezeugen, daß das Ministerium eine Rückverlegung akzeptiert hat.

Auf diese Weise legte das Ministerium seinen wahren Charakter offen. Zuerst wurde ein geplantes Massaker verübt, danach die Verletzten in diverse Gefängnisse verlegt und in Einzelzellen gesteckt, dann Waffen, die sich zu keiner Zeit in den Gemeinschaftszellen befunden haben der Presse präsentiert, und zuguterletzt wurde bei den Lösungsgesprächen die Forderung, welche das Justizministerium davor anerkannt hatte abgelehnt, und die Lösung somit in eine Sackgasse geführt. Das Justizministerium plant noch größere Massaker und ist daher auf jede Art von Provokation aus.

Deshalb ist es notwendig, die politischen Gefangenen und Verurteilten in den Gefängnissen zu unterstützen. Auf diese Weise können wir die von seiten des Justizministeriums erstellten Massakerpläne durchkreuzen.

RECHTSBÜRO DES VOLKES
aktuelle Infos können Sie unter folgender Nummer erhalten: (GSM): +32- 476- 610.678

*) People's Rights Watch
p/a Manu Leclercq Avenue Louisa 112 1050 Bruxelles tel: 02/644.59.04 fax: 02/647.70.28

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