Aufstand der Anständigen?

Erklärung des Antifaschistischen Plenums & der Jugend Antifa Aktion (JAA) Braunschweig

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Tagtäglich wird in den Medien und von Politikern gefordert Zivilcourage gegen die Gewalt der Nazis zu zeigen. Bundeskanzler Gerhard Schröder sprach anläßlich eines Anschlages auf eine Synagoge in Düsseldorf gar von einem notwendigen "Aufstand der Anständigen". Seit Jahren sind es jedoch vor allem linke, antirassistische und antifaschistische Gruppen, die Demonstrationen und Aktionen gegen Nazis organisieren, Flüchtlinge unterstützen und gegen die rassistische Hetze der "anständigen" Bürger, Politiker, Medien und des Mobs auf der Straße vorgehen. Es war schon immer Teil linker, antifaschistischer Politik, die Zusammenhänge zwischen den Nazis auf der Straße, dem "normalen" Rassismus der "anständigen" Durchschnittsbürger und der rassistischen Hetze der Schreibtischtäter und geistigen Brandstifter aus der demokratisch-bürgerlichen Mitte gegen Flüchtlinge und MigrantInnen aufzuzeigen und anzugreifen. Dafür gibt es dann auch fast immer Schläge: antifaschistische Demonstrationen werden behindert, angegriffen und die TeilnehmerInnen oftmals von der Polizei verprügelt und anschließend kriminalisiert. Daran wird sich auch nichts ändern, wenn der Staat jetzt mal vorübergehend auch die Nazis etwas härter angeht. Die "Zivilcourage" und der "Aufstand der Anständigen" sollen vor allem bunt, friedlich und moralisch sein. Nicht wirklich die Nazis und ihre rassistische und faschistische Ideologie der Selektion und Ausgrenzung von Menschen sollen grundlegend kritisiert werden, sondern, daß sie sich nicht an die "Spielregeln" halten und auch diejenigen Flüchtlinge verprügeln, die der "deutschen Wirtschaft" nutzen. Kurz: "Zivilcourage" soll aller Welt das "anständige" und "saubere Deutschland" vor Augen führen. Faschisten morden - der Staat schiebt ab ... Probleme damit, Menschen in "nützlich" und "unnütz", in "deutsch" und "nicht-deutsch" zu selektieren haben die bürgerlichen "Staatsantifaschisten" nicht. Um im internationalen Konkurrenzkampf der Nationen um Kapital, Investoren und Absatzmärkte an der Spitze zu bleiben, will die BRD auf die fähigen, qualifizierten, leistungsstarken und anpassungsfähigen Arbeitskräfte und Spezialisten in aller Welt zugreifen können. Die sollen in Zukunft dank der "Green-Card" hier ihr Wissen und ihre Arbeitskraft für das Wohl der deutschen Wirtschaft einbringen. Allerdings nur befristet für zunächst fünf Jahre. Dann haben sie ihre Schuldigkeit getan und dürfen wieder gehen. Denn auch die SPD und die Grünen hätten lieber "Kinder statt Inder", wie es Teile der CDU/CSU in altbekannter rassistischer Manier fordern. Und so fordern alle bürgerlichen Parteien in einem Atemzug "Härte gegen Rechts", die endgültige Abschaffung des "Asylrechts", eine geregelte Einwanderung und mehr Bildung für den Nachwuchs. Gleichzeitig knüpft die CDU/CSU an die Bevölkerungs- und Geburtenpolitik der Nazis an und will für mehr "deutsche Kinder" sorgen. Der Zustimmung und dem Beifall der Stammtischrassisten und der Nazis kann sich die CDU - wie schon bei ihrer Kampagne gegen die Wehrmachtsausstellung und gegen die "Green-Card" - da wieder einmal sicher sein.

Rassistische Selektion ohne Springerstiefel

Es sind die selben Politiker, die zur "Zivilcourage" aufrufen, die Anfang der 90er Jahre Verständnis für die pogromartigen Ausschreitungen gegen Flüchtlinge z.B. in Rostock und Hoyerswerda zeigten und mit ihrer rassistischen Hetze selbst mit dazu beigetragen hatten. Mit ihrem anhaltendem Gerede, daß das "Boot voll" sei und die Bevölkerung zu "belastet" durch die vielen Flüchtlinge und "Ausländer" schaffen sie den Nährboden für die rassistischen Gewalttaten. Und es sind die selben Politiker die kontinuierlich in "nützliche" - sprich für die Wirtschaft profitable - und "unnütze Ausländer" selektieren. Die staatliche Kampagne gegen Rechts soll nicht nur das Ansehen Deutschlands im Ausland verbessern, sondern auch Zustimmung schaffen zum "modernen" Rassismus der "Neuen Mitte". Lernen sollen die "anständigen" Bürger, daß es nicht angeht, "Ausländer" durch die Straßen zu jagen, die der Wirtschaft nutzen. Lernen sollen sie, daß nur der Staat entscheidet, wer als verwertbares Menschenmaterial angesehen und reingelassen und wer rausgeschmissen wird.

Antifaschismus statt "Zivilcourage"

Die staatlich geforderte "Zivilcourage gegen Rechts" ist nichts anderes als die Zustimmung und die Forderung nach Staatstreue für ein "sauberes" und "anständiges" Deutschland. Es ist die Zustimmung für einen Staat, in dem Arme, Obdachlose, Junkies aus den Innenstädten und Konsummeilen vertrieben werden. Es ist die Zustimmung zu einer Gesellschaft, die tagtäglich unermeßliche Profite und Gewinne auf der einen Seite und auf der anderen Seite Armut und Elend weltweit produziert und dann diejenigen fernhalten will, die vor diesen schlechten Bedingungen fliehen und hier ihr Wohl in den Metropolen suchen. Antifaschismus ist keine "Zivilcourage" die sich darauf beschränkt, die Polizei zu rufen und moralisch empört zu sein, wenn wieder mal Nazis jemanden totgeprügelt haben und ansonsten kein Problem damit zu haben, daß Menschen die vor Armut, Krieg, Not, Verfolgung und Folter oder aus welchen Gründen auch immer hierher fliehen, in Lager gesteckt, eingesperrt und unter Inkaufnahme des Todes abgeschoben werden. Antifaschismus ist ein Kampf gegen die herrschenden Verhältnisse, die tagtäglich rassistische und faschistische Ideologien produzieren.

Deshalb gilt es nicht nur gegen die Nazis auf der Straße aktiv zu werden, sondern auch gegen den Rassismus der bürgerlichen Mitte und die herrschenden kapitalistischen Verhältnisse. Antifaschismus erschöpft sich nicht in Appellen und moralischer Entrüstung, sondern ist das konkrete Vorgehen gegen die Nazis, die diese Verhältnisse als naturgegeben ansehen und für alle, die in der kapitalistischen Logik nicht verwertbar und damit nichts "Wert" sind nur eins übrig haben: Schläge, Tritte, dumpfe Parolen und in letzter Konsequenz Vernichtung und Auslöschung der von ihnen als "unwert" bezeichneten Menschen. Es sind die herrschenden Verhältnisse des realexistierenden Kapitalismus, die die Grundlage schaffen für die Ideologie der Nazis. Es ist der kapitalistische Konkurrenzkampf untereinander, in dem sich nur der Beste, Stärkste und Anpassungsfähigste durchsetzen soll. Es sind die bürgerlichen Politiker und der Staatsapparat die tagtäglich Menschen nach Kriterien ihrer Herkunft und ihrer Verwertbarkeit für das Kapital sortieren, selektieren und dementsprechend behandeln.

Antifaschistisches Plenum & Jugend Antifa Aktion (JAA)
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