Das etwas andere Resümee zum IWF Kongreß in Prag

"Smash the IMF" - Es war ein grandioser Erfolg!

von Karel & Andrej

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In der letzten ,interim' wurde eine lange Kritik von der Gruppe Landfriedensbruch an der Anti-IWF -Kampagne in Deutschland zu Prag und dem S 26 abgedruckt. Auf viele der Kritikpunkte wollen wir nicht eingehen, sondern wir wollen etwas nachholen, nämlich euch Daheimgebliebenen einige Eindrücke vermitteln, was in Prag zwischen dem 25. und 27. September los war.

Das vorweg: Aufgrund der mangelnden Resonanz der Vorbereitungsplena und der Aufteilung in zwei verschiedene Plena hier in Berlin (das war keine "Spaltung" wie Landfriedensbruch schreibt, sondern eher notwendig, denn wie soll mensch es aushalten mit orthodoxen Kommunisten der Gruppe ,Arbeitermacht' und ,Linksruck' in einem Raum zu sitzen und sich andauernd die Lobgesänge auf das Proletariat anhören zu müssen, da war es bei den Punks in der Köpi schon angenehmer) sind wir mit einigen GenossInnen ohne große vorherige Diskussion und Papierewälzen losgefahren. Kurz und gut, wir einige Autonome haben uns eher durch die Aufrufe im Internet mobilisieren lassen, und außerdem waren einige schon 1988 hier in Berlin dabei und mussten nicht groß aufgeklärt werden, was für ein Schweinverein der IWF ist.

In Prag angekommen, merkten wir sehr schnell wie klein die Zahl der "Hauptakteure" in der konkreten Vorbereitung der Aktionstage tatsächlich war und wie überlastet die Freund-Innen und GenossInnen waren. Am Sonntag vor Beginn des eigentlichen IWF-Spektakels waren wir nicht gerade guter Stimmung. Zwar wuselten unheimlich viele Leute von einem Deligiertentreffen zum nächsten, aber auf der Straße, in der Stadt war noch nichts von Widerstand zu spüren. Der Gegenkongreß fand am Rande der Stadt statt und die geringe Zahl von 1500, die dem Demoaufruf der Kommunisten am Samstag gefolgt war, baute unseren Optimismus auch nicht auf.

Das änderte sich dann im Laufe des Montags, nachdem besonders die Ya Basta Compani aus Italien endlich mit dem Zug ankamen und plötzlich auf dem Fabrikgelände am Stadtrand die Massen waren. In allen Ecken wurde in einem babylonischen Sprachgewirr diskutiert, Schilder, Transpis gemalt, die Deligiertentreffen mit über 500 Delis aus ganz Europa waren ein Erlebnis für sich.

Es wurden beschlossen in drei Zügen trotz Demoverbot nach der Kundgebung zum IWF-Konferenzsaal zu marschieren.

Am nächsten Morgen versuchen einige Hundert die IWF-Bonzen an der Abfahrt aus ihrem Hotel zu hindern, vereinzelt gelang dies auch. Zum Beispiel wurde der finnische Außenminister in einem Hotel beim Frühstück gesichtet und der durfte dann 3 Stunden vor seiner Kaffeetasse sitzen, weil ihn die DemonstantInnen nicht mehr rausließen.

Auf dem Weg zum Kundgebungsort begleiteten wir die YA-Basta-Leute, die zuvor eine McDonaldsfiliale besucht hatten, mit der Konsequenz das diese keine Burger mehr verkaufen konnten.

Nach der Kundgebung trennte sich dann die 3 Züge und begann ab 12 Uhr die Blockaden. Wie vorher in vielen Koordinationstreffen abgesprochen wurden nun mit den unterschiedlichsten Kampfformen von Sitzblockaden, Menschenketten, Durchbruchversuchen mit bzw. ohne Steine und Mollis die 11000 Prager Bullen beschäftigt. Der militärischen Überlegenheit setzten die 15000 IWF-GegnerInnen ihre Phantasie, Kreativität aber auch ihre Entschlossenheit entgegen.

So kam es zur der Blockade des Ya-Basta-Bündnisse auf der Brücke, hier standen sich mit Schaumstoff und Bauhelm "bewaffnete" Gruppen einer mit Panzern und Wasserwerfern schwer bewaffneten Römergarde gegenüber. An anderer Stelle war es wie zu besten Zeiten auf am 1. Mai in Kreuzberg. Dem blauen Zug war es recht schnell gelungen bis 100 Meter ans Kongressgebäude vorzudringen. Erst nach mehr als 1 Stunde schafften es die Bullen mit Wasserwerfern und massivem Tränengaseinssatz die 5000 ,blauen' Demonstranten, vorwiegend GenossInnen aus Spanien, Deutschland und Osteuropa wieder einige hundert Meter zurückzudrängen. In dem Stadtteil unterhalb des Kongreßgebäudes wurden dann Barris gebaut und es flogen reichlich Klamotten. Zwischendurch war es gelungen, einige Shuttle-Daimler mit IWF-Bonzen anzuhalten, einem hochrangigen japanischen Politiker wurde die Fresse poliert und sein Auto demoliert.

Derweil hatte der ,rote' Zug mit ebenfalls 5000 Menschen mit sogenannten "gewaltfreien Mitteln" die übrigen Zufahrten zum Kongressgebäude blockiert. Ab 16 Uhr ging für die IWF-Bonzen nix mehr. Es gelang sogar einer Gruppe von 50 Menschen in das Gebäude einzudringen!

Abends vor der Oper trafen sich mehr als 2000 Leute und blockierten ein geplantes Festessen. Unterdessen, was die meisten erst am nächsten tag in der Zeitung lasen, wurden die IWF-Bonzen mit der U-Bahn weggekarrt. Was für eine Pleite für die Bullen!

Als es dunkel auf dem Wenzelsplatz wurde klirrten plötzlich die Scheiben von McDonalds und binnen Minuten waren Hunderte in dem Laden und räumten dort mehr als gründlich auf. Danach gingen noch die Scheiben von Kentucky-Fried-Chicken zu Bruch und eine tschechischen Bank und ein Kaufhaus wurden noch besucht. Das wars. Entgegen der Hetze in den tschechischen Medien wurde an dem Abend auf dem Wenzelsplatz nicht mehr demoliert.

Am späteren Abend standen wir vor einem Edelpuff und warteten auf die Kundschaft aus den IWF-Hotels. Doch die kamen nicht. Wie sich dann in der Nacht heraus stellte, hatte die IWF-Security allen KongreßteilnehmerInnen ein Ausgehverbot erteilt! Alle großen Hotels waren mit hunderten von Bullen umstellt. Wann hats das schon mal bei internationalen Events dieser Größenordnung gegeben? Wir gingen mit dem Gefühl ins Bett, dass wir Ihnen gehörig die Suppe versalzen hatten.

So weit noch mal kurz ein paar Eindrücke. Die Bullen begannen sich ab Mittwochnachmittag für ihre Niederlage fürchterlich zu rächen und sackten über 800 Leute ein und mißhandelten etliche.

Am Donnerstag in Berlin rieben wir uns dann doch etwas verwundert die Augen, als wir in deutschen Zeitung lasen, dass der Kongreß "erfolgreich vorzeitig beendet" wurde. Die deutschen Medien haben mehr als verzerrend über die Massivität des Widerstandes in Prag berichtet. Im Gegensatz z.B. zur "International Herald Tribune", die von einem "Abbruch" des Kongresses schrieb oder vom englischen "Guardian", der von einem "vollen Erfolg" der Globalisierungsgegner schrieb, waren sich die deutschen Medien nicht zu blöde, entweder des Prager Global Action Day völlig totzuschweigen oder sie schrieben was über angereiste ,Chaoten, Maoisten und Trotzkisten'.

Die Prager Aktionstage war ein Treffen von GlobalisierungsgegnerInnen aus sehr vielen europäischen Ländern, besonders auch aus Osteuropa. Im Gegensatz zur IWF-Kampagne 1988 in Berlin war dies wirklich eine europaweit koordinierte Geschichte gewesen. Das ist neu und ungeheuer wichtig für die Zukunft. Im Unterschied zu Deutschland kamen besonders aus Spanien, Frankreich und Italien viele ältere GenossInnen, BäuerInnen und GewerkschafterInnen. Das zeigt uns, dass in diesen Ländern die Verankerung des Widerstandes gegen die Globalisierung viel breiter und die Zusammenarbeit zwischen Linksradikalen, Gewaltfreien und Gewerkschaftern und BäuerInnen dort viel selbstverständlicher ist.

Natürlich hat es hier bei uns im Vorfeld an einer breiten Diskussion über die neoliberale Politik von IWF und Weltbank gemangelt. Die Aussicht auf ein buntes Spektakel und Action besitzt jedoch genügend Anziehungskraft. Wobei kritisch anzumerken wäre, das die Gefahr dabei immer gegeben ist, das der Inhalt in den Hintergrund rückt Wir wollen aus diesem augenblicklichen Erfolg nun kein Sieg über den IWF herbeiphantasieren. Aber so schnell werden diese Herrn nicht wieder nach Europa kommen!

Und dass den Herrn Wolfensohn, Köhler und Konsorten Prag in den Knochen sitzt, davon können wir getrost ausgehen. Die einzigen die laut rumjaulen sind die NGO's von den Katzentischen des IWF-Kongresses: "Nicht jede Form von Protest ist dienlich, primitive Losungen wie ,revolution is the solution' werfen uns eher zurück", so eine NGO-Tante in der ,FR' vom 27.9. Sie beschuldigen uns, das ganze Porzellan der mühsam aufgebauten Gesprächskultur zwischen den Weltbankmanagern und den NGOs zerschlagen zu haben. Wir können darauf nur antworten, recht so. Denn mit diesen Herrn gibt's nichts zu verhandeln. IWF und Weltbank sind nicht reformierbar!

Karel & Andrej