Der Prager Frühling

von Doris Kleber
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1. Einleitung:

  Als „Prager Frühling" bezeichnet man den tschechoslowakischen Versuch vom Frühjahr 1968, einen "Sozialismus mit menschlichem Antlitz" durchzusetzen. Es war der Versuch einer umfassenden friedlichen Systemreform eines kommunistischen Regimes sowjetischen Typs. Ziel war eine Staats- und Gesellschaftsordnung, die sich vom sowjetischen Modell des Sozialismus befreit hat und eine Synthese von Sozialismus und Demokratie herbeiführt.
Die Reformbewegung wurde getragen von leitenden Parteifunktionären der KPC (Kommunistische Partei der Tschechoslowakei) und einer Schicht von Intellektuellen. Mit der Aufhebung der Zensur im März 1968 wurde die breite Öffentlichkeit informiert und für die Ziele der Reformer, die vor allem politische, gesellschaftliche und ökonomische Umstrukturierungen und Neuordnungen forderten, gewonnen.
Die Sowjetunion, vornehmlich die KPdSU (Kommunistische Partei der Sowjetunion), sah in der tschechoslowakischen Entwicklung eine Gefahr für den Marxismus-Leninismus und für das Bündnis der sozialistischen Länder unter ihrer Führung. Die Reformer stellten die Führungsautorität der KPdSU ideologisch und politisch in Frage, der Sozialismus als Gesellschaftsalternative sollte nicht mehr russisch oder sowjetisch definiert werden, sondern europäische Leseart bekommen.
Die unüberbrückbaren Gegensätze in den Ansichten der Tschechoslowakei und der Sowjetunion und den Bruderparteien mußten eine gewaltsame Lösung finden, da beide Seiten aufgrund der jeweiligen Verstrickungen in ihre Denkmuster und Prinzipien verbal nicht mehr zueinander finden konnten.

2. Politische und gesellschaftliche Verhältnisse in der Tschechoslowakei von 1960 - 1967:

Die Tschechoslowakei war zu Beginn der 60er Jahre ein Bestandteil des mitteleuropäischen Blocks des Sowjetimperiums. Die Macht lag in den Händen der KPC unter der Führung von Antonin Novotny, der mit einigen gesellschaftlichen und ökonomischen Problemen zu kämpfen hatte. Ständige Schwierigkeiten im Bereich der Dienstleistungen und teilweise auch in der Versorgung, aufgrund des hohen Sozialisierungsgrades und den von Moskau befohlenen großen Ausgaben für Rüstungszwecke, erweckten die Unzufriedenheit der Bevölkerung. Dazu kam, daß ein erheblicher Teil der Bevölkerung vom Staat abhängig war, ein ständiger Mangel an bestimmten Waren und chronische Wohnungsnot herrschten. In der Industrie herrschte eine Überdimensionierung der Schwerindustrie, und die Volkswirtschaft wurde durch ein rigides Planungssystem gelenkt, das die Wirtschaft uneffektiv machte. Zur ökonomischen Kritik am Novotny-Regime kam auch noch eine politische Kritik, da 1963 Verbrechen der KPC in den 50er Jahren enthüllt wurden.
Für einige Mitglieder des Parteiapparates und Vertreter der kritischen Intelligenz wurde es immer offensichtlicher, daß die Tschechoslowakei dem Vergleich mit dem Westen nicht standhält. Ursache dafür sahen sie im bestehenden politischen und ökonomischen System. Das Regime bemühte sich um Lösungswege im Regime. Die führende Rolle der Partei und die dogmatischen Grundsätze des Marxismus-Leninismus blieben klarerweise unangetastet.
Eine positive Folge der Lösungsversuche der Partei war das in Mode kommen der Wissenschaft, deren Vertreter dadurch gewisse Einflußmöglichkeiten erlangten. Auch die Kultursphäre und die kritische und nach Unabhängigkeit strebende Publizistik erfuhren einen gewissen Aufschwung. Im Juni 1966 fand der XIII. Parteitag der KPC statt. Neben der Verhandlung von gesellschaftlichen und ökonomischen Problemen wurde auch verstärkt auf die Gefahr des rechten Revisionismus hingewiesen. Die führende Rolle der Partei und die Durchsetzung des Marxismus-Leninismus gegen feindliche Ideologien müssen als oberstes Prinzip gelten.
 Diese Forderung nach ideologischer Erziehungsarbeit wurde in der Folgezeit zu wenig konsequent durchgeführt und es entstand dadurch ein gewisser Freiraum für die Verbreitung verschiedenster, dem Sozialismus feindlich gesinnter Ansichten und Stimmungen. In der zweiten Hälfte der 60er Jahre entstanden mit Bewilligung der Parteiführung wissenschaftliche Teams. Das Zentrum des Geschehens bildete Prag. Die Teams beschäftigten sich mit der Wirtschaftsreform (Team um Ota Sik), mit Fragen der Weiterentwicklung des politischen und des Rechtssystems (Team um Mlynar) und mit Folgen des wissenschaftlich-technischen Fortschritts (Richta-Team). Das Team um Ota Sik bemühte sich um das Konzept einer tiefgreifenden ökonomischen Reform, so zum Beispiel um die Einführung einer rationalen, nicht dirigistischen Planung oder um die Akzeptanz des Marktes. Ein Projekt eines politischen Systems entwickelte das politologische Team um Zdenek Mlynar. Der Rechtsstaat sollte respektiert, die Bürgerrechte gesichert sein und ein gewisses Modell pluralistischer Demokratie sollte entstehen.
Beim vierten tschechoslowakischen Schriftstellerkongreß im Juni 1967 kam es zum ersten offenen Auftreten einer rechtsorientierten Gruppe. Die Mitglieder P. Kohout und L. Vaculic äußerten eine unverhüllte, harte Kritik an den Verhältnissen in der Tschechoslowakei und die Ablehnung der Parteipolitik. In ihrem Auftreten war ihre Linie klar erkennbar, sie wollten die Durchsetzung eines bürgerlichen Pluralismus, die Zerschlagung der sozialistischen Macht und die Liquidierung der KP (Kommunistische Partei). Die politische Plattform dieser Gruppe, die vom Schriftstellerkongreß abgelehnt wurde, war einerseits ein warnender Aufruf an die Partei, andererseits Ausdruck der wachsenden politischen Krise. In der Septembertagung des Zentralkomitees der KPC wurden zwar disziplinäre Maßnahmen gegen die parteifeindlich und antisozialistisch aufgetretenen Schriftsteller beschlossen, aber es wurde der Fehler gemacht, diese aus der Parteiperspektive unrichtigen Ansichten nicht ideologisch zu widerlegen.
Novotny war in der Folgezeit bestrebt, die in der Öffentlichkeit ausgetragene politische Diskussion wieder einzuschränken, da er erstens eine Gefährdung für das Regime durch die Emanzipation der kritischen Intelligenz erkannte und zweitens einem Experimentieren mit einem demokratischen Modell des Sozialismus vorbeugen wollte.
Um die Mitte des Jahres 1967 ergriff Novotny einige tiefgreifende Maßnahmen, um seinen Kurs zu verschärfen. Die Verbandzeitschrift der Schriftsteller „Literani Listy" wurde verboten, aufsässige kommunistische Schriftsteller erhielten Parteistrafen oder wurden aus der Partei ausgeschlossen, die Zensur wurde gestrafft, Gewerkschaften und der Jugendverband wurden direkt dem Zentralkomitee der KPC unterstellt, um nur einige neue Bestimmungen zu nennen.
Diese Reaktion Novotnys erzeugte den Widerstand der Intelligenz und auch einiger Parteispitzen. Auf einer Tagung des Zentralkomitees der KPC im Oktober 1967 kam es zu einem heftigen Zusammenstoß Novotnys mit dieser Opposition innerhalb der Partei. Alexander Dubcek trat als unerschrockener Sprecher der Novotny-Gegner auf und forderte die Erhöhung der Machtbefugnisse der slowakischen Organe und die Durchführung von demokratischen Reformschritten.
Die Auseinandersetzung zwischen Novotny und Dubcek zeugte von der Krisensituation in der Parteiführung. Novotny-Anhänger standen, als die konservierenden Kräfte, den Vertretern der Reformbestrebungen gegenüber. Auf der Tagung des Zentralkomitees der KPC im Dezember sollte es zu einer Lösung dieser Krise kommen. Novotny glaubte Dubcek absetzen zu können, aber dessen Rückendeckung war schon zu breit. Auf dieser Tagung des Plenums des Zentralkomitees im Dezember kam es zu einem scharfen Zweikampf zwischen Dubcek und Novotny, in der die Opposition das Übergewicht gewann und die Abberufung oder das Abtreten Novotnys forderte. Dieser stellte zumindest seine Funktion als Parteichef zur Verfügung, glaubte jedoch immer noch, das Blatt wenden zu können. Die Tagung des Zentralkomitees wurde unterbrochen und auf Jänner verschoben.

3. Nationalitätenpolitik - Nationalitätenproblem:

Im Jahr 1960 nahm die Tschechoslowakei die sozialistische Verfassung an. In dieser neuen Verfassung kam es zu einer wesentlichen Einengung der Kompetenzen der slowakischen nationalen Organe, die Vollmachten des Slowakischen Nationalrates wurden an die Ministerien in Prag übertragen. In der Folgezeit erfuhr die Slowakei durch die Integration in die kommunistisch regierte Tschechoslowakei zwar einen großen Modernisierungsschub, bezahlte diesen jedoch mit dem Fehlen politischer Partizipation. Beschlüsse der KSS (Kommunistische Partei der Slowakei) mußten vor der Verabschiedung in Prag genehmigt werden.
Seit 1963 hatte Alexander Dubcek das Amt des Ersten Sekretärs der KSS inne. Er setzte sich für die Rehabilitierung der in den 50er Jahren verurteilten slowakischen Kommunisten ein und schuf ein liberales Klima in der Slowakei, liberaler als in Prag, das vor allem die slowakischen Journalisten und Schriftsteller nützten.
In der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei stand Dubcek in Opposition zu Novotny, dem ersten Sekretär des Zentralkomitees der KPC und Präsidenten der CSSR (Tschechoslowakische Sowjetrepublik). Dubcek wollte unter anderem die Funktionen des Generalsekretärs der KPC und des Amts des Präsidenten der CSSR nicht mehr in einer Person vereinigt wissen und forderte außerdem die Erhöhung der Machtbefugnisse der slowakischen Organe. Novotny nannte Dubcek einen slowakischen Nationalisten, ein Terminus, der Dubcek in den fünfziger Jahren noch vor Gericht gebracht hätte, und plante dessen Absetzung. Die Auseinandersetzung Novotny - Dubcek erreichte ihren Höhepunkt im Dezember 1968. Am 5. Jänner 1967 stellte Novotny die Funktion als erster Sekretär zur Verfügung. Die slowakische nationale Bewegung war ein entscheidender Faktor für den Beginn des Prager Frühlings.

4. Aufbruch in die Reformbewegung:

4.1 Jänner-Plenum: 3.-5.1.1968:

Das Zentralkomitee der KPC führte die im Dezember unterbrochene Beratung fort und erkannte die Notwendigkeit, die führende Rolle der Partei weiter zu festigen und die brüderliche Verbundenheit der Nationalitäten und das Bündnis mit der UdSSR und den anderen sozialistischen Ländern herauszustreichen. Scharfe Kontroversen ergaben sich bei der Frage nach dem weiteren Weg der Entwicklung des Sozialismus. Der eine Teil des Zentralkomitees der KPC war für die Beibehaltung der bisherigen Arbeitsformen und -methoden in der Parteiführung, der größere Teil aber sprach sich für eine Veränderung aus, um die Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft voranzutreiben. Gefordert wurden die Schaffung einer Atmosphäre des Demokratismus und der Offenheit, um die gesellschaftliche Aktivität der Massen anzuregen und die wachsende Gleichgültigkeit zu überwinden. Die Partei sollte ideologisch gefestigt, ihre führende Rolle in der Gesellschaft gestärkt und der Leninsche Stil und die Normen im Leben der Partei konsequent erneuert werden. Die anstehenden ökonomischen und politischen Fragen brauchen Lösungen. Außerdem wurde die Notwendigkeit der Stärkung der Rechtsbefugnisse des Slowakischen Nationalrates erkannt und die Lösung der Nationalitätenfrage als Thema aufgenommen.
In der Diskussion um die Parteiführung ergab sich schließlich der Rücktritt Novotnys aus der Funktion des ersten Sekretärs, dem Dubcek nachfolgte. Das Zentralkomitee der KPC beschloß, die dringenden politischen, sozialen und ökonomischen Fragen beschleunigt zu lösen und betonte die Bereitschaft, das Bündnis mit der Sowjetunion weiterhin zu festigen. Besonders hervorgehoben wurde die Verurteilung der antisozialistischen Angriffe. Die neue Linie der Partei ist im Januarplenum erkennbar, beseitigen was veraltet ist, um der Entwicklung des Sozialismus den Weg zu öffnen.
Die große Chance zur Erneuerung des Sozialismus wurde aber schon im Jänner verspielt, da sich die Parteiführung nach dem Plenum nicht an die Spitze eines offensiven Kampfes für die Behebung der Mängel, und gleichzeitig eines Kampfes gegen den Revisionismus, rechten Opportunismus und antisozialistische Tendenzen stellte. Das Zentralkomitee der KPC machte den Fehler, das weitere Vorgehen nicht genau zu bestimmen und abzugrenzen und außerdem befand sich an der Spitze der Partei keine einheitliche, feste marxistisch-leninistische Führung. Schließlich versäumte die Parteiführung, gegen die rechtsopportunistische Gruppe in ihren eigenen Reihen rechtzeitig und konsequent vorzugehen.

4.2 Reaktionen auf das Jänner-Plenum:

Eine ungeschickte Verhaltensweise der KPC war, die tschechoslowakische Öffentlichkeit nicht ausreichend über die Beschlüsse des Januarplenums informiert zu haben, was einen zu großen Interpretationsspielraum offen ließ. Breschnew bemühte sich hinsichtlich der Abwahl Novotnys Neutralität und Nichteinmischung vorzutäuschen. Das Januarplenum brachte die Trennung von Parteiführung und Staatsmacht. In der Folgezeit wurde die Uneinheitlichkeit der Parteiführung von den antisozialistischen Kräften genutzt, um die Partei und das höchste Parteiorgan zu zersetzen. Zu den aktivsten Vertretern der Rechten gehörten Krieger, Smrkovsky, Spacek. Mit Hilfe der Massenmedien wurde bereits gegen die „konservativen Elemente" der KP in den Kampf gezogen. Konservativ hieß, die Prinzipien des Marxismus-Leninismus zu verteidigen und die Einhaltung der Beschlüsse des Januarplenums zu fordern.
Ende Jänner ließ Dubcek die von Novotny verbotene Wochenzeitung „Literani Listy" wieder zu, was faktisch eine Aufgabe des Parteimonopols über die Massenmedien bedeutete. Medien sind für alle Stimmen offen, das heißt nicht nur Reformbefürworter und Reformgegner, sondern auch Regime- und Systemkritiker erreichen breite Öffentlichkeit. In den folgenden publizistischen Auseinandersetzungen wurden besonders die Demokratisierung der sozialistischen Gesellschaft, die vollständige Trennung von Partei und Staat, die völlige Presse- und Meinungsfreiheit, eine Oppositionspartei im Parlament und die Rehabilitierung der Opfer politischer Prozesse gefordert.

5. Durchsetzung der konterrevolutionären Kräfte:

5.1 Massenmedien:

Die völlige Abschaffung der Zensur, beschlossen am 4. März auf Veranlassung Dubceks, war die folgenschwerste innenpolitische Entscheidung des Jahres 1968. Die Zensurbehörde sollte nur mehr im Falle des Geheimnisverrates aktiv werden, die Verantwortung wurde den Chefredakteuren überlassen. Die Redaktionen der großen Tageszeitungen und der Verbandszeitungen lösten sich davon, den Weisungen ihrer politischen Herausgeber zu folgen. In der CSSR gab es seit März faktisch eine freie Presse. Mit dem Fallen der Zensur ergab sich erstmals wieder die Möglichkeit von öffentlichen Diskussionen und Berichterstattungen über die aktuellen politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Probleme des Landes und die Verantwortung der KP in den tschechoslowakischen Medien. Der leninistische Grundsatz über die Aufgabe der Parteipresse als „kollektiver Organisator" der Massen und eine der „schärfsten Waffen der Partei" im Kampf für die Durchsetzung der eigenen „Linie" wurde aufgegeben.
Die krisenhafte Entwicklung in der Tschechoslowakei wurde besonders durch die Massenmedien vorangetrieben. Mit der Aufhebung der Zensur glitten Presse, Rundfunk und Fernsehen der Parteiführung mehr und mehr aus den Händen und entwickelten sich zu einer selbständigen „Großmacht". Der „Liberalismus" ließ viele medialen Einrichtungen zu „den allein berufenen Richtern" erstehen. Die Herausgeber verloren ihren großen Einfluß auf die Redaktionen.
Kommunisten und auch Parteilose verwiesen auf die Einseitigkeit der Information, da Arbeiter, Genossenschaftsbauern und Funktionäre und Mitglieder der Grundorganisation der KP sich meist nicht einbringen konnten. Die Massenmedien verwirklichten die Meinungsfreiheit nicht für alle Mitglieder der Gesellschaft, obwohl sie einen „Sozialismus mit menschlichem Antlitz" forderten. Die allmähliche Zersetzung der Grundprinzipien und Grundwerte des Sozialismus und die Desorientierung der Bevölkerung resultiert zum Teil aus der Beherrschung der Massenmedien durch die rechten Opportunisten und antisozialistischen Kräfte. Das politische Klima des Prager Frühlings wurde in entscheidendem Maße durch die Massenmedien geprägt. Der Großteil der Massenmedien entwickelte sich zu einem bedeutenden Instrument der konterrevolutionären Entwicklung.

5.2 Formierungen der konterrevolutionären Kräfte:

Im Frühjahr entstehen verschiedene Organisationen und „Klubs" wie zum Beispiel der Klub K-231, der Klub des engagierten Parteilosen (KAN) oder der Klub des engagierten Denkens. Diese wurden zum Zentrum der reaktionären konterrevolutionären Kräfte. Die Kirche und der Klerus gehörten auch zu den konterrevolutionären Kräften in der CSSR. Sie vertraten unter anderem Forderungen wie die Wiedereinsetzung der Kirche in frühere Rechte, Erneuerung der Orden und unbeschränkte Tätigkeit der Kirche im Staat.

6. Das erste Tribunal im Warschauer Pakt:

Vom Januarplenum bis zum Dresdner Treffen am 23. März kam es zu einem politischen Kurswechsel und Kaderveränderungen in der KPC. Viele „Vertreter des Novotny-Regimes" verloren ihren öffentlichen Einfluß. Es kam zur Ablösung von alten Führungskadern auf allen Parteiebenen.

6.1 Das Dresdner Treffen (23.3.):

Das Dresdner Treffen wurde als Treffen der Partei- und Regierungschefs der Warschauer-Pakt-Staaten zum Meinungsaustausch über Wirtschaftsfragen bezeichnet, es entpuppte sich jedoch bald als Warnung an die tschechoslowakischen Reformer. Die Delegation der KPC erhoffte sich vom Zusammentreffen mehr Verständnis und Unterstützung für die ökonomischen Reformen und einen erweiterten Spielraum für die außerwirtschaftlichen Beziehungen in Richtung Weltmarkt, sie stieß jedoch auf massive Kritik und wurde mit eindeutigen Forderungen konfrontiert. Die KPC sollte die führende Rolle der KPC in der Gesellschaft behaupten, die Redaktion der Massenmedien fest in den Händen halten und als Hauptanliegen das geplante Aktionsprogramm auf den Grundlagen des Marxismus-Leninismus ausarbeiten.
Bereits in Dresden wurde das Recht auf Einmischung der sozialistischen Staaten in der Tschechoslowakei aus sicherheitspolitischen Gründen und zur Abwehr einer Konterrevolution formuliert.

6.2 Reaktionen der KPC auf das Dresdner Treffen:

Dubcek und Cernik reagierten eher trotzig und enschieden sich, ihre Politik beizubehalten. Der eher „konservative" Flügel mit Lenart, Bil´ak und Kolder nahmen die sowjetische Kritik ernst. Reformpolitiker wie Smrkovsy, Cisar, Kriegel, Sik gaben sich der Illusion hin, einen relativ breiten politischen Freiraum für die Reformpolitik zur Verfügung zu haben.

7. Das Aktionsprogramm der KPC:

7.1 April-Plenum: 28.3. - 1.4.:

Das Zentralkomitee-Plenum traf eine Reihe personalpolitischer Entscheidungen und beschloß das Aktionsprogramm.

7.2 Das Aktionsprogramm der KPC vom 5. April 1968:

Das Aktionsprogramm mit dem Titel „Der Weg der Tschechoslowakei zum Sozialismus" beinhaltete den Entwurf eines komplexen Übergangs vom Sozialismus sowjetischen Typs zum demokratischen Sozialismus und bestätigte die Fortsetzung und Vertiefung des neuen politischen Kurses der KPC. Themen waren, um nur einige wenige zu nennen, die Rolle der Partei, das neue System der politischen Leitung der Gesellschaft, die Gleichberechtigung der Tschechen und Slowaken, Teilung und Kontrolle der Macht, Entwicklung der Wissenschaft, Bildung und Kultur. Die Reaktion der Bruderparteien auf das Aktionsprogramm war vorerst von einer bemerkenswerten Zurückhaltung geprägt.

8. Treffen der Bruderparteien:

8.1 Dubcek, Cernik, Smrkovsy, Bil´ak besuchen Moskau (4.5.):

Es kam zu einem Treffen mit Vertretern der KPdSU, die über die Entwicklung in der Tschechoslowakei beunruhigt waren, und daher genaue Informationen forderten, um zu erfahren, wie die KPdSU helfen könnte. Der Vorwurf wurde geäußert, es entfalte sich in der Tschechoslowakei eine Konterrevolution auf „schleichendem" Weg. Dubcek und die Reformer wurden von der heftigen Kritik des Kreml aufgerüttelt, glaubten jedoch, es handle sich lediglich um einen Meinungsaustausch. Breschnew hingegen war der Ansicht, Forderungen an die tschechoslowakische Partei- und Staatsführung gestellt zu haben.

8.2 Moskauer Treffen (8.5.):

Dies war ein Zusammentreffen der Bruderparteien (Sowjetunion, DDR, Ungarn, Polen, Bulgarien) in Moskau ohne die Teilnahme der KPC, bei dem eine Interventionskoalition gebildet wurde, um die Entwicklung zur Erneuerung des Sozialismus in der CSSR umzukehren. Die „gesunden Kräfte" in der KPC sollten unterstützt werden. Das Kommunique betrachtete man als eine Warnung an die Tschechoslowakei, der nicht gestattet werden sollte, alleine und unabhängig von den fünf Bruderparteien zu agieren. Weiters wurde im Rahmen dieses Treffens ein Militärmanöver auf tschechoslowakischem Gebiet vereinbart.

8.3 Tschechoslowakische Reaktionen auf das Moskauer Treffen:

Unter dem Druck der Fünferkoalition kam es zu einer gewissen Abschwächung des Reformschwungs durch die Führung der KPC, da die Reformen von den konservativen Kräften innerhalb der Partei hart attackiert wurden. Die Gründung einer Prager Plattform und die aktive Unterstützung der Reformen durch die Gesellschaft, es kam zu großen Manifestationen in den Maiwochen, erzeugten jedoch wieder eine gewisse Mobilisierung unter den Reformern der Partei, zudem Dubcek die Reformen verteidigte.

8.4 Maiplenum des Zentralkomitees der KPC (29.5. - 1.6.):

Erwartungen der „Fünf" (Sowjetunion, DDR, Ungarn, Polen, Bulgarien), es werde eine Rücknahme der Reformen geben, wurden nicht erfüllt. Da die Vorwärtsbewegung der tschechoslowakischen Gesellschaft nur gebremst und nicht verhindert worden waren, verstärkten die Fünf den politischen Druck auf die KPC.

9. Militärmanöver "Sumava":

Am 18. Juni starteten die Sowjetstreitkräfte das Militärmanöver „Sumava" (=Böhmerwald) unter anderem auf tschechoslowakischem Boden. Bei dieser Übung sollte das Abwehrverhalten im Falle einer Aktion der NATO-Streitkräfte eingeübt werden. Ob dies der wirkliche Grund war, oder ob es sich lediglich um eine praktische Einübung der im August folgenden Intervention handelte, ist unklar. Anzunehmen ist wahrscheinlich eher die zweite Version. Die sowjetischen Streitkräfte blieben auf tschechoslowakischem Boden bis zum 3. August.

10. Das Manifest der 2000 Worte (27.6.):

Das von Ludvik Vaculik verfaßte und in mehreren Zeitungen veröffentlichte Manifest wurde von siebzig Persönlichkeiten des geistig-kulurellen Lebens der CSSR unterschrieben. Das Manifest warnte davor, die Entwicklung umzukehren und bezeichnete die Rückkehr der „alten konservativen Kräfte" als die größte Gefahr. Die "2000 Worte" bildeten das Aktionsprogramm und die politische Basis der Konterrevolution. Die Partei war zwar gegen dieses Manifest, beließ es aber bei einer bloß verbalen Ablehung dieser konterrevolutionären Plattform.

11. Reaktionen der sozialistischen Staaten:

Anfang Juli erhielt der KPC Briefe von den Bruderparteien, die schwere Vorwürfe enthielten. Die KPC schlug die Einladung der KPdSU aus, an einem Tribunal in Moskau teilzunehmen. Einen Gehorsam wie zu Zeiten der kommunistischen Internationale gab es nicht mehr.

11.1 Das Warschauer Tribunal (14.7.):

Im Verlauf dieser Warschauer Beratung der „Fünf" wurde die bisher schärfste Kritik an der tschechoslowakischen Reformbewegung bei offizieller Gelegenheit geübt. Breschnew sah die Tschechoslowakei im Stadium der Konterrevolution und befürchtete einen Ausbruch aus dem sozialistischen Lager. Vor der „Anwendung extremer Mittel" durch die Bruderstaaten sollten noch Lösungsversuche durch „politische Mittel" ausgeschöpft werden. Während dieses Tribunals erfolgte die Erstellung eines gemeinsamen Briefes an das Zentralkomitee der KPC, der noch eine rettende Wende in der KPC herbeiführen sollte.

11.2 Der Warschauer Brief (16.7.):

Der Inhalt dieses Briefes hatte mehr warnenden als mahnenden Charakter. Unter der Anrede „Teure Genossen" hieß es darin:
"Die Entwicklung der Ereignisse in ihrem Lande beunruhigt uns zutiefst. . . Es war und ist nicht unsere Absicht, uns in solche Angelegenheiten einzumischen, die ausgesprochene innere Angelegenheiten ihrer Partei und ihres Staates sind. . .Wir können jedoch nicht damit einverstanden sein, daß feindliche Kräfte Ihr Land vom Weg des Sozialismus stoßen und die Gefahr einer Lostrennung der Tschechoslowakei von der sozialistischen Gemeinschaft heraufbeschwören. Das sind nicht mehr nur Ihre Angelegenheiten. . . Die Grenzen der sozialistischen Welt haben sich bis in das Herz Europas, bis zur Elbe und bis zum Böhmerwald vorgeschoben. Und wir werden niemals damit einverstanden sein, daß diese historischen Errungenschaften des Sozialismus, die Unabhängigkeit und die Sicherheit aller unserer Völker in Gefahr geraten. Wir werden niemals zulassen, daß der Imperialismus auf friedlichem oder unfriedlichem Wege, von innen oder von außen eine Bresche in das sozialistische System schlägt und das Kräfteverhältnis in Europa zu seinen Gunsten verändert. . ."

Der Brief schloß mit der Erwartung, daß die KPC die erforderlichen Maßnahmen treffen werde, und dem Angebot der Solidarität und jedweder Hilfe von den sozialistischen Bruderländern. Dieser Brief bildete die erste offizielle und öffentliche kollektive Stellungnahme aller Zentralkomitees der fünf Kommunistischen Parteien der Bruderländer zu den Reformen in der Tschechoslowakei. Dubcek wies den Drohbrief zurück und lehnte die „Hilfe" der Warschauer Fünf ab, denn er bevorzugte eine Problemlösung ohne die Einmischung von außen. Die Antwort der KPC auf den Warschauer Brief wurde am 19. Juli in den tschechoslowakischen Medien veröffentlicht.
Die sozialistischen Staaten, vor allem die Sowjetunion, starteten nach der Warschauer Tagung die Vorbereitungen für eine eventuelle Intervention gegen die CSSR. Am 26. Juli lagen bereits die Rahmendokumente für die Intervention vor. Zu diesem Zeitpunkt gab es von tschechoslowakischer Seite noch keinen Hilferuf oder Einladungsbrief für militärische Hilfe.

12. Verhandlungen in Cierna nad Tisou (29.7. - 1.8.):

Dieses war das letzte bilaterale Treffen der KPC mit der KPdSU und fand auf den Wunsch der KPC auf tschechoslowakischem Boden statt. Es ging als die „Zusammenkunft in Wagons" in die Geschichte ein. Von der sowjetischen Führung wurde gefordert:

- Wiederherstellung der Parteimacht über die Massenmedien

- Ein Gesetz für das Verbot von „antisozialistischen" Klubs und Organisationen

- Führende Rolle der KP uneingeschränkt wiederherstellen in allen Sphären des Staates und der Wirtschaft

- Festigung ihrer Führerrolle aufgrund des Leninschen Prinzips des demokratischen Zentralismus

- Die Entfernung der radikalen Reformer aus wichtigen politischen Funktionen.

Überraschend stark war der Widerstand der Reformkräfte in der tschechoslowakischen Regierung. Auch kaderpolitische Veränderungen wurden gefordert. Das Hauptziel der tschechoslowakischen Delegation betraf die Rettung des Zustandekommens des XIV. Außerordentlichen Parteitages.

13. Konferenz in Bratislava/Preßburg (3.8.) - Treffen der Warschauer Fünf und der KPC.:

Den Zweck dieser Zusammenkunft bildete ein gemeinsames Kommunique, das die KPC kollektiv mit den fünf Bruderländern verabschieden sollte, zur Demonstration einer gemeinsamen Position. Trotz stundenlanger Verhandlungen und Änderungsversuchen seitens der KPC wurde die Erklärung von Bratislava auf der Grundlage des sowjetischen Entwurfs verabschiedet. Es war das erste marxistisch-leninistische Dokument, das die tschechoslowakischen Genossen seit Jänner unterschrieben hatten. Dubcek glaubte, daß dieses Übereinkommen eindeutig den „weiteren notwendigen Spielraum" für die Reformen in der CSSR eröffnete. Die Fünf meinten jedoch, die KPC wieder in die Prinzipien des sozialistischen Internationalismus eingebunden zu haben. Das Dokument von Bratislava enthielt die gemeinsame internationale Pflicht aller sozialistischen Länder, die sozialistischen Errungenschaften zu festigen, zu unterstützen und zu verteidigen.

14. Entwicklungen nach der Konferenz von Bratislava:

Die KPC richtete am 6. August eine Appell an die Massenmedien, die Polemik gegen die Bruderländer weitgehendst einzustellen. Vom 9. bis zum 16. August fanden noch bilaterale Treffen zwischen der CSSR, Jugoslawien, Rumänien und der DDR statt. Für die Reformer und Dubcek bedeuteten die Treffen von Cierna und Bratislava eine Sicherung der Rahmenbedingungen für ihre bisherige Politik und sie konzentrierten sich voll auf die Organisation des Außerordentlichen XIV. Parteitags, der eine Stabilisierung ihrer Politik in der Partei und in der Gesellschaft bringen sollte. Die sowjetische Seite und die „gesunden Kräfte" innerhalb der KPC hingegen erwarteten eine baldige radikale Wendung im Sinne der Forderungen der fünf Bruderländer. 
Am 9. August und am 13. August setzte sich Breschnew jeweils telefonisch mit Dubcek in Verbindung und warf ihm vor, die Abmachungen von Cierna und Bratislava nicht einzuhalten. Dubcek versuchte auszuweichen und er wies darauf hin, daß Veränderungen Zeit brauchen. Er wollte Zeit gewinnen, um den Außerordentlichen XIV. Parteitag veranstalten zu können, der eine Wende bringen sollte.

14.1 Vorbereitung der Intervention:

Einen weiteren wichtigen Teil der Interventionsvorbereitungen bildete ein Einladungsbrief zwischen Mitgliedern des Zentralkomitees der KPC und der Sowjetunion, indem die tschechoslowakischen Brüder um wirksame Unterstützung und Hilfe mit allen Mitteln baten, um die Konterrevolution zu beenden. Die Unterzeichner dieses Briefes sollten in der Nacht vom 20. zum 21. August, der Nacht der Invasion, die Führung der Partei und der Regierung übernehmen. Am 17. August fand eine Tagung des vollzählig versammelten Politbüros der KPdSU statt. Die Lage in der Tschechoslowakei wurde als aussichtslos eingeschätzt, es gab keine Garantie mehr für die Rückkehr der KPC zum gemeinsamen politischen Kurs und Dubcek schien, ihrer Ansicht nach, mit der Führung der Partei überfordert. Dies war Grund genug, die Invasion der CSSR zu beschließen. Diese sollte, gemeinsam mit der Übernahme der Regierung durch die gesunden Kräfte am Außerordentlichen XIV. Parteitag der KPC, in der Nacht vom 20. zum 21. August stattfinden. Im Moskauer Treffen vom 18. August schlossen sich die sozialistischen Bruderländer bedingungslos den Maßnahmen der Sowjetunion an. Sie verpflichteten sich mit ihren Staaten und Armeen mit allen Anforderungen an der militärischen Aktion gegen die CSSR teilzunehmen.
Die Gruppe um Bil´ak, die die „gesunden Kräfte" in der Tschechoslowakei repräsentierten, wurde vom Beschluß der Fünf informiert, Dubcek und seine Anhänger wurden von den Vorgängen nicht in Kenntnis gesetzt. Am 19. August übergab Dobrynin, der Sowjetbotschafter in den USA, dem amerikanischen Präsidenten Johnson eine diplomatische Note, die versicherte, daß die Blockgrenzen in Europa, unabhängig von allen Truppenbewegungen in der Tschechoslowakei, nicht verletzt werden würden.

14.2 Die Nacht vom 20. zum 21. August:

Die Invasion der Bruderparteien war ein voller militärischer Erfolg, politisch gesehen aber eine Niederlage. Die "gesunden Kräfte" schafften es nicht, die Macht in der Partei an sich zu reißen, die Nationalversammlung verurteilte die Okkupation. Rundfunk, Fernsehen und Presse verbreiteten am 21. August die noch in der Nacht verfaßte Resolution des Parteipräsidiums, die die Intervention als Verletzung der Normen des Völkerrechts anprangerte.
Offensichtlich für alle war, daß die Reformbewegungen und der Prager Frühling in der Invasion ein jähes Ende gefunden hatten. Die Sowjetunion hatte ihre Oberherrschaft in der Tschechoslowakei nicht aufgeben wollen.

15. Schlußbetrachtungen:

Der Prager Frühling bildete den ersten Versuch eines kommunistischen Regimes, das sowjetische System auf einem friedlichen Weg umzuwandeln. Der Kurs der Dubcek-Führung war geprägt durch eine nichtkonfrontative Innenpolitik und einer Strategie der Konfliktvermeidung nach außen. Die Reformer glaubten bis zur Intervention an die Vereinbarkeit ihrer Ziele mit den sowjetischen Interessen und sahen in der Modernisierung, Rationalisierung und Demokratisierung des Systems, einen Entwicklungstrend, der in nächster Zeit auch die anderen sozialistischen Länder ergreifen werde. Die Bruderländer, allen voran die Sowjetunion, erkannten hingegen in den Reformbestrebungen eine Bedrohung der Grundlagen des gesamten Systems und der elementaren Sicherheitsinteressen des Warschauer Paktes.
 Die Unvereinbarkeit zwischen diesen beiden Ansichten und das Versagen aller diplomatischen Lösungswege fand schließlich in der Nacht vom 20. zum 21. August ihr Ende.

ANHANG:

Übersicht über die Ereignisse in der Tschechoslowakei:


1953-1968: NOVOTNY, Antonin Erster Sekretär des ZK der KPC

1957-1968: NOVOTNY, Antonin Präsident der CSSR

31.Oktober 1967: Prager Studentendemonstrationen - „Wir wollen mehr Licht!"

19.-21.Dezember 1967: Tagung des Plenums der ZK; scharfer Zweikampf: NOVOTNY vs. DUBCEK

Jänner:

5.1.1968: „Januarplenum": NOVOTNY ist gezwungen Funktion als 1. Sekretär aufzugeben; Dubcek wird sein Nachfolger

29./30.1.68: Antrittsbesuch DUBCEKS in Moskau

Februar:

innerparteiliche Aktivitäten: Grundfragen der Parteiarbeit

März:

 - stufenweise Abschaffung der Zensur

 - Ablösung von alten Führungskadern auf allen Parteiebenen

 - noch keine öffentliche Meinungsäußerung zur tschechoslowakischen Entwicklung von sowjetischer Seite

22.3.68: Rücktritt NOVOTNYS vom Amt des Präsidenten

23.3.68: Dresdner Treffen: Treffen der CSSR mit den Saaten des Warschauer Paktes => „Wirtschaftsgipfel"

30.3.68: Amtsgeneral Ludvig SVOBODA wird zum Präsidenten der CSSR gewählt

April:

28.3.-1.4.68:Tagung der ZK der KPC (Aprilplenum)

5.4.68: Aktionsprogramm - „Der Weg der Tschechoslowakei zum Sozialismus"

Regierungsumbildungen

Mai:

4./5.5.68: Delegation des Präsidiums der KPC in Moskau (Anschuldigungen)

8.5.68: Moskauer Beratung: Spitzen der Parteien der Sowjetuntion, DDR, Ungarn, Bulgarien und Polen beraten über tschechoslowakische Entwicklung

CSSR sucht trotz aller Warnungen der 5er-Koalition unbeirrt einen Weg zum "menschlichen" Sozialismus

29.5.-1.6.68: Tagung des ZK der KPC - Vorwärtsbewegung, Reformen werden beibehalten

Juni:

Sowjetunion und ihr Verbündeten verstärken den politischen Druck

18.6.68: Militärmanöver „Sumava" der Sowjetstreitkräfte auf tschechoslowakischem Boden  (Abzug dieser: 3.August)

25.6.68: Zensur in der CSSR endgültig abgeschafft

Weigerung der KPC an einem Tribunal in Moskau teilzunehmen

Juli:

14.7.68: Warschauer Tribunal: bislang schärfste Kritik der 5 „Bruderparteien" an den tschechoslowakischen Reformen

16.7.68: Warschauer Brief: bemüht, Wende in der KPC zu bewirken

==> Hinweis auf das Interventionsrecht des Warschauer Paktes

Reaktionen der KPC: Beharren auf eigenen Entscheidungen

Ende Juli: Geheimdienstoperationen der Bruderparteien in der Tschechoslowakei

29.7.-1.8.68: Konferenz in Cierna/Schwarzau: Treffen der Parteipräsidien der KPdSU und der KPC auf ts. Boden

August: 

3.8.68: Konferenz in Bratislava/Preßburg: KPC und die 5 Bruderparteien

17.8.68: vollzählig versammeltes Politbüro der KPdSU entscheidet, definitiv eine militärische Intervention in der CSSR in der Nacht vom 20. zum 21. August durchzuführen

18.8.68: Moskauer Treffen: Koalitionsparteien der KPdSU schließen sich bedingungslos den Maßnahmen der Sowjetunion an

20.-21.8.68: Invasion in den Nachtstunden - Intervention militärisch ein Erfolg, politisch eine Niederlage

21.8.68: Vormittag: Mitglieder der Dubcek Regierung werden verhaftet

Bibliographie:


BOLLINGER
, Stefan: Dritter Weg zwischen den Blöcken?: Prager Frühling 1968: Hoffnung ohne Chance; mit einem Anhang bisher nicht veröffentlichter Dokumente zur Haltung der SED - Führung zum Prager Frühling.- Berlin 1995.

DUBCEK, A.: Leben für die Freiheit.- München 1993.

HAEFS, H.: Die Ereignisse in der Tschechoslowakei vom 27.6.1967 bis 18.10.1968. Ein dokumentarischer Bericht.- Bonn, Wien, Zürich 1969.

HRIBEK, MEJSNAR, CHUCHMAK: Tschechoslowakei 1968. Prager Frühling?.- Düsseldorf 1988.

KAHN, Helmut Wolfgang: Der Kalte Krieg, Bd. 2, Alibi für Rüstungsgeschäfte 1955-1973.- Köln 1987.

PAUER, Jan: Prag 1968. Der Einmarsch des Warschauer Paktes.- Bremen 1995.

PRIESS L., KURAL V., WILKE M.: Die SED und der „Prager Frühling" 1968. Politik gegen einen "Sozialismus mit menschlichem Antlitz".- Berlin 1996.

Lehrveranstaltung: SE: Mythos und Realität der Sechzigerjahre
Lehrveranstaltungsleiter:
Reinhold Wagnleitner / Reinhard Krammer
Universität:
Universität Salzburg, Institut für Geschichte
Semester:
WS 1996/97


Editoriale Anmerkung:
Der Text wurde als Referat für die Lehrveranstaltung: "Mythos und Realität der Sechzigerjahre" im WS 1996/97 an der Universität Salzburg erstellt. Die Seite wurde gespiegelt von: http://www.aurora-magazin.at/wissenschaft/kleber.htm