Eines der letzten "Konfettis" des einst so
mächtigen französischen Kolonialreichs ist ein Archipel
im Pafizik mit der Hauptinsel Tahiti. In
Französisch-Polynesien herrschte bisher lange Jahre, beinahe unumschränkt
und wie ein Kolonialherrscher, der Regionalpräsident Gaston Flosse, den
Frankreichs Staatschef Jacques Chirac vorige Woche unumwunden seinen
"Männerfreund" nannte. Der notorisch korrupte Gaston Flosse ist in
insgesamt
15 Ermittlungsverfahren wegen Unterschlagung und Bereicherung verstrickt.
Seit längerem bekannt ist, dass Flosse öffentliche Gelder für mehrere
hundert "Scheinarbeitsplätze" in seiner Verwaltung kassierte, auf denen
in Wirklichkeit niemand arbeitete. Erst kürzlich
rechtfertigte er das mit insularen "Traditionen". Und
nach Informationen der Pariser Wochenzeitung "Le Canard
enchaîné" vom vorigen Mittwoch (27. Oktober) hat er gar
unliebsame Kritiker mittels zweier Auftragsmorde aus dem Weg räumen lassen;
ein lästiger Zeuge wurde demnach wegen "missbräuchlicher Strafanzeige"
für ein Jahr hinter Gitter verbannt.
Seit dem 23. Mai dieses Jahres müsste Gaston Flosse eigentlich weg vom
Fenster sein: Damals gewann eine Koalition aus Befürwortern der
polynesischen Unabhängigkeit und Autonomie-Anhägern unter Führung von
Oscar Temaru die Regionalparlamentswahlen. Doch am 9.
Oktober stürzte eine knappe Mehrheit im
Regionalparlament in Tahitis Hauptstadt Papeete überraschend die
neue Regierung, die erst seit 14 Tagen amtierte. Beobachter sprechen
vom Ergebnis von "Manövern" aus Paris. Anfang voriger
Woche sollte das Regionalparlament erneut
zusammentreten, war aber wegen abwesender
Mitglieder nicht beschlussfähig. Seitdem hat Gaston Flosse sich einfach
selbst zum alt-neuen Regionalpräsidenten ernannt, wurde jedoch sogleich
von Jacques Chirac anerkannt. Die AnhängerInnen der
gestürzten Koalition besetzen seitdem den Palast des
Regionalpräsidenten. Da die meisten Inselbewohner sehr
gläubige Christen sind, geht es dabei aber betont
friedfertig zu. Seit Anfang voriger Woche führt Oscar Temaru einen
Hungerstreik an. Am 8. November soll der Oberste Gerichthof in Paris
entscheiden.
Editorische Anmerkungen
Diesen Artikel schickte uns
der Autor am 28.10.2004 in der vorliegenden Fassung zur Veröffentlichung.
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