Joachim Rücker, die Firma Alferon und Thyssen Krupp

von Max Brym
11/05

trend onlinezeitung
Joachim Rücker (Spitzname Jogi) vom bundesdeutschen Auswärtigen Amt ist eine der unbeliebtesten Gestalten in Kosova. Der Grund ist in der Stellung Rückers im Land zu suchen. „Jogi“ Rücker ist Chef des vierten Büros der UNMIK in Prishtina. Dieses Büro ist verantwortlich für die Ökonomie und den Privatisierungsprozeß in Kosova. Das Instrument der Privatisierung ist die AKM (Kosova-Treuhandagentur), der wesentliche Entscheidungsträger in der AKM ist wiederum der deutsche Spitzendiplomat Rücker.

Bekanntlich liegt die Ökonomie Kosovas am Boden, rund 70% der erwerbsfähigen Bevölkerung sind ohne Arbeit. Die wenigsten von ihnen erhalten finanzielle Unterstützung. Nur wer nachweisen kann, dass er keine Verwandten im westlichen Ausland und keinen Esel hat, bekommt bis zu 30 Euro im Monat Unterstützung. Das kosovarische Institut „Riinverst“ kommt in Übereinstimmung mit der „Weltbank“ zu dem Schluß: „In Kosova leben 11% der Menschen in extremer lebensbedrohender Armut und 50% der Bevölkerung gelten als sehr arm.“ Der Lebensstandard in Kosova läßt sich nach dem neuesten Fischer Weltalmanach mit den ökonomischen Kennziffern im südlichen Kaukasus vergleichen. In Europa ist Kosova mit weitem Abstand das ärmste Gebiet. Dennoch werden Leute wie Joachim Rücker nicht müde vom Erfolg ihrer Arbeit zu schwärmen. Ein noch beschäftigter Arbeiter erhält in Kosova einen Lohn von durchschnittlich 130 Euro. Der Euro ist gleichzeitig Landeswährung mit einer gegebenen Preislage, die sich mit den Lebenshaltungskosten in Deutschland vergleichen läßt. Das Heil soll für die Menschen in der Privatisierung der Wirtschaft liegen. Dabei werden momentan die Filetstücke Kosovas für einen Apfel und ein Ei an das internationale Kapital feilgeboten. Die Wünsche der Arbeiter z.B. in dem Kombinat Trepca, die Produktion in Eigenregie mittels Krediten aufzunehmen, wurden schon im Jahr 1999 von den Vorgängern Rückers brüsk abgelehnt. Viele Arbeiter sind in Kosova der Meinung, dass ihre Rechte unter dem UNMIK Regime genauso ignoriert werden, wie unter der Herrschaft des serbischen Chauvinismus. Der Name UNMIK wird von den meisten Albanern mit der Bezeichnung Armik versehen. Armik heißt in Albanisch Feind. Als besonderer Feind wird der durchtriebene Rücker benannt. Herr Rücker leitet jetzt die vierte Runde des Privatisierungsprozesses, der Protest gegen ihn und seine Treuhandagentur manifestiert sich seit Monaten im Drenica-Gebiet, am konkretesten bei den Arbeitern des Industriegiganten Ferronikel. Ferronikel soll gegen den Widerstand der Menschen an die dubiose Firma Alferon verhökert werden. 

Warum steht Rücker auf die Firma Alferon? 

Ferronikel gilt als der modernste Betrieb Kosovas. Erst Anfang der achziger Jahre wurde der Gigant in Betrieb genommen um den Rohstoffreich tum Kosovas mitzuverarbeiten. Vor einigen Monaten verkündete die AKM den Sieger der Ausschreibung, es war die Firma Alferon. Alferon siegte gegenüber dem Mitbewerber Adi Nikel, obwohl letztere um 16 Millionen mehr für das Objekt bot. Der Erlös beim Verkauf ist für die Arbeiter nicht ganz unwichtig, denn sie gelten zu 20% als Eigentümer der Produktionsanlagen. Allerdings sprachen sich die meisten Arbeiter gegen jeglichen Verkauf von Ferronikel aus. Sie sprachen vom „Herz Kosovas, das nicht verkauft werden dürfe“. Andere störten sich an dem Ausschreibungsmechanismus und sprachen von „ Korruption“. Vertreter der Firma Alferon konnten mehrmals die Firma nicht besuchen, da die Arbeiter Barrikaden errichteten. Zudem gilt die Firma Alferon als dubios, weil gegen sie in einigen Staaten wegen Wirtschaftskriminalität ermittelt wird. Besonders in Aserbeidschan viel die Firma, deren genannte Eigentümer russische Namen haben, durch kriminelle Delikte auf. Der Protest gegen Alferon hatte bei einigen auch eine antirussische Motivationsgrundlage. Die Arbeiter argumentierten vorwiegend sozial, sie wiesen auf die Tatsache hin, dass Alferon in Mazedonien Werke kaufte, Personal abbaute und die Löhne einfror. Joachim Rücker mußte pro Forma eine Untersuchung gegen Alferon einleiten. Das Ergebnis wurde vor einigen Tagen bekanntgegeben, für Rücker ist alles in Ordnung. In den Wochen vorher wurde der Direktor in Ferronikel auf Befehl Rückers entlassen. Zwischendurch schlich sich Rücker heimlich zur Familie Jashari im Drenica- Gebiet, um von dieser Familie die Zustimmung zu seinen Plänen zu erhalten. Dabei holte sich Joachim Rücker eine krasse Abfuhr. Jetzt gab die Firma Alferon und die AKM bekannt, dass an der Firma Alferon die deutsche Firma Thyssen-Krupp beteiligt sei. Dies wird als Indiz für die Seriosität der Bewerbung von Alferon ausgegeben. Damit ist aber höchstens klar, woher das rustikale Engagement des deutschen Diplomaten Rücker für die Firma Alferon kam und kommt. Deutsche Diplomaten vergessen nie ihr nationales Heimatbiotop, ihr deutsches Kapital. Die Arbeiter haben weder von russischen noch von deutschen Kapitalisten etwas zu erwarten. Wenn Kapital in Kosova investiert wird, dann nur zu dem Zweck die entsprechende Profitrate zu realisieren. Kein Kapital ist daran interessiert, die Entwicklung Kosovas voranzubringen. Im Gegenteil, es locken die Rohstoffe des Landes und die billige Arbeitskraft. Dagegen müssen sich die Arbeiter organisieren und eine Bewegung für nationale Selbstbestimmung erfüllt nur dann ihre Mission, wenn sie die Wirtschaft im Interesse der Allgemeinheit gestalten will. Herr Rücker ist ein typischer Kolonialherr, der mit dem Reichtum des Landes nach seinem Gutdünken und besonders zum Nutzen des deutschen Kapitals verfahren will.

Quellen-Lajm 28.10.05 http://www.kosovapress.com
Nähere Infos zu Ferronikel unter
http://www.Kosova-Aktuell.de
 

 

Editorische Anmerkungen

Der Autor übergab uns seinen Artikel am 1.11.2005 zur Veröffentlichung.