Zunehmend wird deutlich, dass das Kapital
an Grenzen stößt, die Arbeiterklasse mit den
herkömmlichen Mitteln zu erpressen und und zu disziplinieren.
Der drohende Zeigefinger der
ökonomischen Krise, die Argumentation mit der
Konkurrenzfähigkeit der Unternehmen auf dem
Weltmarkt, verlieren ihre Integrationsfähigkeit, mit
der sich die Belegschaften hinter die Rezepte
ihres Managements und der politische Bourgeoisie
einreihen. Die ritualisierten Tarifverhandlungen
reichen immer weniger aus um das gestörte
Gerechtigkeitsempfinden und die materielle
Unzufriedenheit der Werktätigen zu dämpfen. Das Gefühl
einen Arbeitsplatz zu haben und ihn
mittels Schulterschluss mit der Geschäftsleitung gegen die
Marktkonkurrenten verteidigen zu
müssen, weicht immer mehr der Erkenntnis, dass man vorgeführt
wird. War man durchaus massenhaft
bereit reale Einkommensverluste und Ausdehnung unbezahlter
Arbeit zur Sicherung des eigenen
Arbeitsplatzes hin zu nehmen, und schenkte der Propaganda der
politischen Bourgeoisie Glauben,
beweist die Realität der Werktätigen das genaue Gegenteil und
es macht sich die Erkenntnis breit, das
Glauben-Warten-Hoffen zu einer immer größeren Verschlechterung
der eigenen
Situation führt. Die durchaus realen und steigenden
Unternehmensprofite sind nicht Ausdruck
wachsender Prosperität der Warenproduktion in ihrer
Gesamtheit, sondern vor allem durch
massive Ausdehnung der unbezahlten Arbeit, Lohnverzicht und
Verfügbarkeit für die
Unternehmensinteressen erzielt.
Die steigenden Unternehmensprofite
erhöhen eben nicht den Wohlstand der Werktätigen, sondern
fördern lediglich die weitere Forcierung der nationalen
und weltweiten Konkurrenzsituation unter
den Lohnabhängigen selber. Dass die wachsenden Profite
der Konzerne auch gar nicht dafür
vorgesehen sind, den allgemeinen Wohlstand der Arbeiterschaft
zu erhöhen, sondern lediglich dazu
dienen in der Konkurrenzwirtschaft die Ausgangsposition für
die eigene Akkumulation zu erhöhen,
beweist sich durch die permanenten Mahnungen seitens des
Staates und Kapitals, das zarte
Pflänzchen ihres Aufschwungs nicht durch überzogene
Lohnforderungen zu zerstören. Die
Profite von heute sind eben die Investitionen von morgen.
Genau so argumentieren die Vertreter der
Bahn AG. Stolz erklären sie uns ihre
Sanierungserfolge der Vergangenheit, um
gleichzeitig mahnend an zu heben, welche
überlebensnotwendigen, riesigen
Investitionssummen im internationalen Konkurrenzkampf,
unmittelbar auf sie zu kommt. So
begründen sie die Unverantwortlichkeit der Forderungen der
Bahnarbeiter, nach mehr Lohn und
Verkürzung der Arbeitszeit, die über die GDL in den
Spielregeln des bürgerlichen Tarifkonflikts
transformiert werden.
Kapital benötigt eben mehr Kapital,
um den nächsten Akkumaltionszyklus zu finanzieren.
Die Bahn AG ist nicht fähig das notwendige
Investitionskapital für ihre strategischen Ziele aus der
Unternehmenskasse zu finanzieren, sondern bedarf der
Finanzierung durch Fremdkapital, das
man aus einer Umwandlung in eine offene
AG erzielen möchte. Da Aktien Vorschusslorbeeren auf
gelungene Geschäfte in der Zukunft sind, muss man bei
den Investoren natürlich das Vertrauen in
die Rentabilität ihrer Investition erzeugen. Dies
funktioniert nur mit einer folgsamen und
zugerichteten Belegschaft, die, die strategischen Ziele
und Interessen der Geschäftsleitung
verinnerlicht hat und bereit ist sich weiter zu opfern.
Das Überraschende, bzw. das Besondere an
diesem Konflikt ist allerdings, wie wenig sich die
Arbeiter auf Argumentation und Szenario der
Unternehmensleitung einlassen, und die Militanz, mit
der eine konkrete Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen
gefordert wird. War die GDL bisher
fähig, das ganze als einen Konflikt für
ihre Anerkennung als eigenständiger
Tarifpartner darzustellen und zu kanalisieren, wird im
Verlaufe des Konflikts immer
deutlicher, dass diese Forderung eigentlich ein Klotz am Bein
der kämpferischen Arbeiter ist.
Verhindert sie doch eine Solidarisierung unter der
Gesamtbelegschaft der Bahn AG und der
Werktätigen im Allgemeinen.
Die GDL fokussiert auf ihre Anerkennung
als Tarifpartner mit der Argumention, dass die
spartenübergreifenden
Konkurrenzgewerkschaften des DGB nicht fähig oder willens
sind, die Interessen der
Lokführern/Zugbegleiter in angemessenen Maße zu vertreten. Sei
ihre Anerkennung als tariflicher
Ansprechpartner erst einmal durchgesetzt, werde man der
Verbesserung der Arbeitsbedingungen,
als spezielle Gewerkschaft schon den richtigen Ausdruck
verleihen können. Diese Argumentation
ist ein trojanisches Pferd, dass die Kampfbereitschaft der
Arbeiter von innen angreift. Denn für
die Anerkennung der GDL als Tarifpartner, wird die
unmittelbare Verbesserung der Lebens.-
und Arbeitsbedingungen der Bahnarbeiter geopfert. Sie dienen
der GDL Führung lediglich als
Druckmittel und Verhandlungsmasse im Kampf um ihre Anerkennung
als Tarifpartner und spaltet die die
Gesamtinteressen der Arbeiterklasse in Berufsgruppen auf.
Das Interesse der Arbeiter kann aber nicht eine weitere
wie auch immer geartete Gewerkschaft sein,
sondern eben nur eine wirkliche Verbesserung ihrer
Arbeits.- und Lebensbedingungen. In der GDL
sehen sie momentan nur das realistische Instrument zur
Durchsetzung dafür. Der Grund der
Auseinandersetzung, (die Last der ständigen Angriffe auf ihre
Arbeits.- und
Lebensbedingungen durch die Lohnarbeit), ist in der gesamten
Arbeiterklasse sozialisiert. Es geht
nicht, um Einzelinteressen der Bahnarbeiter, sondern, um das
Interesse der lohnabhängigen Klasse.
Die Empörung isolierter Einzelner,
gewinnt erst im kollektiven Kampf der Arbeiter Kraft. Die
Bahnarbeiter sind ein Ausdruck davon.
Die GDL, dient der Bourgeoisie in dieser Auseinandersetzung
als Kontrollinstrument des
Arbeitskampfes, dass die Wut der Bahnarbeiter isoliert bleibt,
nicht auf andere Bereiche/Belegschaften
überspringt und die Kämpfe sich spontan ausdehnen, oder gar
einen internationalen Bezug auf die
Situation in Frankreich erhalten.
Dieses Szenario ist nicht abwegig, wenn
man die Gleichzeitigkeit des Kampfes der französischen
und deutschen Transportarbeiter bedenkt. Die politische
Bourgeoisie wird mittels der Gewerkschaft
dagegen steuern, um einen gleichzeitigen Streik zu
verhindern. Die politische Gefahr wäre für sie
groß, wenn man die direkten Auswirkungen eines
erfolgreichen Streiks bedenkt. Der
Kampf der Bahnarbeiter misst sich nicht nur an den Prozenten
der Lohnerhöhung, sondern, ob er dazu
beiträgt, der Arbeiterschaft als gesamte Klasse eine
kämpferische Perspektive zu eröffnen,
die, die Argumentationsketten der Bourgeoisie durchbricht und
die autonomen Interessen der
Arbeiterschaft als Klasse wieder in den Fokus der
gesellschaftlichen Auseinandersetzung bringt.
Die Herrschenden
verpacken dies zwar vorsorglich, propagandistisch mit den
negativen Folgen auf die
gesamtwirtschaftliche Situation und erklären die Streikenden
schon mal präventiv als Schuldige für
die nächsten Angriffe auf unsere Lebensbedingungen. Ihnen ist
allerdings auch nur zu bewusst, dass
die Bahnarbeiter nicht ohne Sympathie und unter genauster
Beobachtung der gesamten Arbeiterklasse
kämpfen. Eine aktive Solidarisierung muss unter allen
Umständen verhindert werden. Deswegen
wächst der politische Druck auf Tiefensee, Mehdorn und GDL, am
Verhandlungstisch rasch eine Lösung zu finden.
Ob die Bahnarbeiter auf den Leim der GDL gehen und sich
mit der Anerkennung der Gewerkschaft,
zufrieden geben, sich ihre Kampfkraft erschöpft und sie
gedemütigt und geschlagen werden, oder
einen neuen Zyklus des Kampfes einläuten, ist abhängig von der
Solidarität und Unterstützung der
gesamten Arbeiterschaft, die erkennen muss, dass dieser
Konflikt weit über das Niveau der üblichen
Tarifkonflikte hinausgeht. Konkret heißt dies, die
Forderungen der Bahnarbeiter aufzugreifen und
sich mit den eigenen Tageslosung einreihen.
Werden die Bahnarbeiter geschlagen, hat
dies unmittelbare Auswirkungen auf uns alle. Denn dafür
hat dieser Arbeitskampf schon viel zu große politische
Kreise gezogen und an Gesamtbedeutung
auf das Bewusstsein der Arbeiterklasse
gewonnen. Die Wechselwirkung der
Solidarität unter der Arbeiterschaft ist der Kern dieses
Konflikts und der wirkliche Gradmesser
des Erfolgs. Hier zeigen sich auch die direkten Aufgaben der
Kommunisten, genau dies zu unterstützen
und von den Werktätigen einzufordern.
Editorische
Anmerkungen
Bruno schrieb den Artikel
am 18.11.07 und stellte ihn uns am
24.11.07 zur Verfügung.