Berlin: Antifaschisten fordern erneut Umbenennung der Treitschkestraße     

von Antonín Dick

11/08

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Berlin. Aus Anlaß des 70. Jahrestages der Reichspogromnacht am 9. November hat die Initiative »Treitschkestraße umbenennen!« der Berliner VVN-BdA eine Kundgebung in Berlin-Steglitz organisiert.

Die Antifaschisten treten seit Jahren dafür ein, daß der Name des Historikers Heinrich von Treitschke, einer der geistigen Wegbereiter des Antisemitismus, aus dem Berliner Stadtbild verschwindet. Von ihm stammt der Satz »Die Juden sind unser Unglück«, der später das Schlagwort des Hetzblattes Der Stürmer wurde. »Wer Treitschke mit einem Straßennamen ehrt, der ehrt den Antisemitismus«, so eine Rednerin am vergangenen Samstag in Steglitz an der Schloßstraße Ecke Treitschkestraße (Foto Titelseite).

Eine Musikgruppe eröffnete die kleine Kundgebung einfühlsam mit einem Klezmerstück, es folgte Jazz- und Swingmusik. Mit Schautafeln und Flugblättern wurden die Passanten über den »Reichshistoriographen« des Kaiserreichs aufgeklärt. Über der Szenerie prangte der Name des traditionsreichen jüdischen Kaufhauses Wertheim, das in jener Novembernacht zu den Hauptangriffszielen der Horden von SA und SS gehörte.

Bald soll, wie bereits am Kurfürstendamm, aus Kostengründen der Name Wertheim auf Karstadt »umgeflaggt« werden, wie es aus Kreisen der neuen Eigentümer heißt. Dadurch würde nach jahrelangem Rechtsstreit um Rückgabeansprüche der Erben der vertriebenen Familie Wertheim jede Erinnerung an sie aus dem öffentlichen Stadtbild verschwinden.

Editorische Anmerkungen

Der Autor stellte uns seinen Artikel und das Foto auf der Titelseite für diese Ausgabe zur Verfügung. Erstveröffentlicht wurde der Artikel in der JUNGEN WELT ( http://www.jungewelt.de/2008/11-12/017.php  )