Wir sind Prekäre, ArbeiterInnen, Studierende oder
Arbeitslose, die zur Zeit in die Auseinandersetzung gegen die
Rentenreform der Sarkozy-Regierung verwickelt sind. Diese Reform
sieht eine Erhöhung des Rentenbeitrittsalters und den Anstieg
der Anzahl an Einzahlungspflichtigen Arbeitsjahren, um ein Recht
auf Rente zu haben, vor.
Diese
Massnahme wird eine Verschlechterung der Lebensbedingungen der
präkarisierten Gesellschaftsschichten mit sich bringen, sowie
ein deutliches Voranschreiten der Kapitalisierungs-Logiken. Ganz
im geradlinien Sinne einer Thatcher-Politik, wie sie seit vier
Jahren von der Sarkozy-Regierung und seit 20 Jahren der
neoliberalen-Orthodoxie in den meisten europäischen Staaten
praktiziert wird.Diese Politik des sozialen Rückschritts
(Privatisierungen, Lohnzurückhaltung, Rückbau der öffentlichen
Dienste und der Sozialleistungen) ist um so härter spürbar, als
dass die Rezession der Jahre 2008-2009 (und die mit ihr
verbundenen Massenentlassungen) alles andere als eine Umkehr der
liberalen Dogmen hervorgerufen hat. Anstatt dessen hat sie eine
neue Überbietung der Unerbittlichkeiten gegenüber den
Unterschichten gerechtfertigt.
In zahlreichen Ländern wie Griechenland oder England wird nicht
davor zurückgeschreckt brutale Lohn- und Rentenkürzungen
anzukündigen, während im gleichen Atemzug die Rettung von Banken
für hunderte von Milliarden angekündigt wird.
Überall nehmen die Massnahmen zugunsten der Bourgeoisie zu:
"Rettungsschirme", ultraprekäre Verträge ohne Abgaben,
Niedriglöhne, Auflockerung des Kündigungsschutzes,
Einschränkungen des Streikrechts und Kriminalisierung der
sozialen Bewegungen. Überall wird versucht die Wut auf einen
Sündenbock abzuleiten: Die Roma, die Araber, die "faulen
Arbeitslosen" - sie werden ausreichend
gute Schuldige abgeben.
Reihum ist dieses Europa, erbaut auf dem Mythos des
institutionell abgesicherten sozialen und kulturellen
Fortschritts, dabei, das unerwünschte Proletariat, dessen
Assimilierung vollendet zu sein schien, wieder aufzubauen. Der
Frieden zwischen den eurpäischen Staaten hat die doppelte
Kehrseite, die Konflikte zur optimalen Ressourcensicherung zu
exportieren und die Zusammenarbeit aller kleinen Meister der
europäischen Wirtschaft gegen alles was ihre Gesetze tangiert,
den Widerstand und die soziale Absicherung, auszuhölen. Während
sich vor MigrantInnen verbarrikadiert wird, wird weiterhin die
Arbeitskraft importiert, die die Menschen "europäischer
Herrkunft" nicht mehr erledigen wollen. Derweil wird die
Industrie, die in der Lage ist günstiger auszubeuten,
exportiert, um den anderen Teil der Arbeitskraft für die
Multinationalen Konzerne der Festung Europa "extern" zu binden
und zu verpflichten.
Als Antwort auf diese verzweifelte Situation, haben die
Ereignisse des vergangenen Frühlings in Griechenland den Weg
eines europaweiten Gegenangriffs bereitet. Aber die mehr als
zaghafte Strategie der gewerkschaftlichen Zentralen, und der
Stillstand der Revolte, der auf dem Drama der Marfins-Bank
folgte, haben bisher die Wideraufnahme des offenen Konfliktes
herausgezögert. Wir Untergeordneten des Frankreich-Konzerns,
sind seit 2003 (Zeitpunkt der letzten Bewegung gegen eine andere
"Reform" der Renten) SchülerInnen dieser aussichtslosen
Strategie zeitlich gebundener punktueller "Aktionstage".
Nach einem Monat der Auseinandersetzungen ist die Basis der
Gewerkschaftlichen Zentralen von der Idee eines erneuerbaren und
umfassenden Generalstreiks überzeugt. Laut einer kürzlich
erfolgten Umfrage, erhofft sich die Mehrheit der Bevölkerung
eine "Radikalisierung" der Bewegung gegenüber einer unflexiblen
Regierung. Wir alle erinnern uns an die teilweise erfolgreiche
SchülerInnen- und Studierenden-Bewegung gegen den CPE im
Frühjahr 2006, bei der sich neben Streiks und Demonstrationen,
auch die Widerstandsform der Blockade von Wirtschaftsflüssen
durchgesetzt hat.
Im großteil der Städte, in denen Universitäten wochenlang
bestreikt, blockiert und besetzt wurden und Großdemonstrationen
regelmäßig in Auseinandersetzungen endeten, blockierten
Streikende Hauptverkehrsstraßen, Einkaufszentren, Bahnhöfe und
Flughäfen, oder auch Briefzentren und Busdepots.
Am Ende bettelte die MEDEF ("Bewegung der Unternehmen
Frankreichs") eine andere "unflexible" Regierung an, Lockerheit
zu beweisen, um die normale ökonomische Aktivität wieder
herzustellen. Der CPE wurde zurück gezogen (aber nicht das
Gesetz, von dem er nur einen Artikel ausmachte).
Heute ist es kein Zufall, wenn die verwegenen Trümpfe der
Bewegung von 2006, als hauptsächlicher Ausdruck des Widerstandes
gegen das gegenwärtige Regierungsprojekt daherkommen.
In Rennes werden bei jeder Demonstration Einkaufszentren
angegriffen. Die entschlossensten Streiks betreffen unter
anderem die Raffinerien und Treibstoffdepots; die Streikenden
von Marseille, als wahrhaftige Avant-Garde der Bewegung, lähmen
den Hafen und flössen ihrer Stadt die Schwingungen der Bewegung
ein. Die EisenbahnerInnen sind auch ganz Vorne mit dabei und die
Fernfahrer mobilisieren. Wir wissen: Je mehr wir Vertrauen in
unserer Kraft haben, desto kommunikativer wird unsere fröhliche
Entschlossenheit. Die Bilder der Streikposten aus Barcelona, die
es am Tag des Generalstreiks im September geschafft haben,
sämtliche Läden zu schliessen, haben sicherlich zum Willen unser
Praxis zu systematisieren, beigetragen.
Wir wissen, dass die Einzige Möglichkeit zu gewinnen von der
Kapazität abhängt,der gegenwärtigen Regierungsstrategie der
Zerschlagung und Einschüchterung entgegenzutreten. Diese
Strategie zeigt sich unter anderem im nutzen von Polizeigewalt:
zahlreiche schwerverletzte Jugendliche, hunderte Verhaftungen
und irrsinnige Verurteilungen (zum Beispiel geschlossener Knast
für ein Mülltonnenfeuer), die Normalisierung des Einsatzes von
Schlagstöcken und Tränengas zur Auflösung einer Straßensperre.
Diese Gewalt wird von einem ad absurdum geführten Streikrecht
begleitet, (Arbeitszwang für ArbeiterInnen in der
Petrochemie-Branche, schwerwiegende Androhungen hoher Urteile
bei Ablehnung).
Wir sind der Meinung, dass die Zeit der massiven Nutzung der
Waffe der Wirtschaftsblockage gekommen ist. Mit diesem Mittel
können Arbeitslose und von Prekarität Betroffene, die keinen
Zugang zu einem sicheren Arbeitsplatz haben, gemeinsam mit den
"traditionellen" Streikenden, Druck auf die Führungsabteilungen
ausüben.
Das Blockieren der Wirtschaft, als Taktik der Streikerhärtung,
ist zumindest allen zugänglich. Wenn der Streik (von
Angestellten, Studierenden, SchülerInnen, der Streik der
gezwungenen Insertion Prekärer und Arbeitsloser) die Zeit frei
macht und ihre Aufmerksamkeit auf die Unterwerfung vor
Wirtschaftsflüssen lenkt. Wenn die Wirtschaftsblockage es
ermöglicht, diese Zeit voll und ganz zur Störung dieser Flüsse
der Mächte die wir bekämpfen, zu nutzen. Es geschafft wird sie
deutlich mehr zu stören, als mit der Latschdemo, die sie
selbstredent nicht tangiert (Erwähnen wir hier das Beispiel der
Spitzenaktionen der Restaurant-Belegschaften während den
"Aktionstagen").
Die Wirtschaftsblockage ermöglicht es so, die in einer
integrierten und in Kapitalflüssen verworrenen Ökonomie von
Information und Wahren, die Wirkung der bisher auf einige
Bereiche beschränkten Streiks zu verbreiten. Sie kann auch
Begegnungen von Streikenden und weiteren Angestellten der
gleichen Produktionsstätte generieren, die durch die Aktionen
ermutigt werden der Bewegung beizutreten. Der Streik selbst,
kann auch direkt als eine Wirtschaftsblockage anvisiert sein,
was der Bewegung Ausdauer verleiht. Dies muss nicht zwangsläufig
einen andauernden , bereichsumfassenden Streik bedeuten, der für
die Angestellten sehr schwer zu halten ist: geperlte Streiks,
Wechselstreiks, Streiks die bestimmte Bereiche behindern, oder
"Schlüsselposten", die von anderen finanziell unterstützt werden
können.
Der Sieg der Bewegung, und sei er nur symbolisch und teilweise,
kann sicher nur daher kommen, dass sich jedes
Widerstandskollektiv, jede lokale Gewerkschaft, jede formelle
oder informelle Gruppe von AktivistInnen, Freunde, Kollegen,
Eltern während sie sich mit anderen koordinieren, selbst das
Recht herausnehmen, den eigenen Streikposten zu erstellen.
Solche Formen der Bereitschaft zu kämpfen wären durchaus mit
Verlangsamungen zu verbinden, bei denen wir uns die Zeit für
materielle Organisierung nehmen, bei denen wir Ideen, Essen,
Gesang und Erfahrungen teilen können...
Es geht in Zeiten wie diesen, in denen die Regierung nicht davor
Zurückschreckt die Polizei und Haftandrohungen aufzufahren, um
mit Gewalt die Streikposten zu beenden und die Wiederaufnahme
der Arbeit zu erzwingen, darum, sich zur größten Mobilität zu
ermächtigen. Fähig zu sein sich schnellst möglich an einem Ort
zu versammeln, um eine unräumbare Masse zu sein, und sich zu
versreuen, um die Metropole an zehn Punkten zugleich zu
blockieren, ist in unseren Augen die einzig stimmige Methode
sich zu "mobilisieren", "die beste Tätigkeit in durch Streik
befreite Zeit zu verrichten", um die gewerkschaftliche Formel
aufzugreifen.
Während wir Schritt für Schritt auf eine Treibstoff-Knappheit
zulaufen, scheint die Frage nach den wichtigsten zu
blockierenden Zielen bereits geklärt: Raffinerien,
Treibstofflager, Verkehrsachsen,
Einkaufszentren, Verteilungspunkte... Erwähnen wir ebenfalls das
Interesse der Blockaden, die dazu beitragen, die Affäre aus dem
"nationalen Ghetto" treten lassen. An den Tourismus der eine der
wichtigsten "Wirtschaftslungen" unseres Museums-Kontinents ist:
Restaurants und Grand-Hotels, spektakuläre Veranstaltungen,
Luxusgüter...
Denken wir auch daran manche Medien zu ermutigen, die
Information zu öffnen und denen eine Stimme zu verleihen, die
sonst keine haben. Denken wir an "Geschäftsviertel" in unseren
Metropolen, die bis ans Ende der Welt vermitteln könnten, welch
schlechten Ruf ihre schlecht kolonisierten "Provinzen" haben...
Belgische Bahnangestellte, MetallarbeiterInnen Spaniens, Docker
von Marseille, griechische Geschäftsboten, ZeitarbeiterInnen,
Prekäre und Unerwünschte, unser Kampf ist der eure. Wir müssen
überall, solidarisch und koordiniert, auf jeden Angriff unserer
nationalen Oligarchen, die mehr oder minder im Klüngel mit den
europäischen BänkerInnen und KommissarInnen sind, antworten.
Für eine Ende der Gegenreformen und Härtefall-Pläne, für die
Verbesserung unserer Lebensbedinungen, für eine Politik der
Öffnung und der Solidarität gegenüber MigrantInnen und
ArbeiterInnen aller Länder. Bilden wir überall
Widerstands-Zusammenhänge, Berufsübergreifende
Vollversammlungen, Streikposten-Gruppen über Grenzen hinweg
(fett gedruckt).
Pour l’arrêt des contre-réformes et des plans de rigueur, pour
l’amélioration de nos conditions de vie, pour une politique
d’ouverture et de solidarité à l’égard des migrants et des
prolétaires de tous les pays, formons partout des comités de
lutte, des assemblées générales interprofessionnelles, des
brigades de piquets volants coordonnés de proche en proche par
delà les frontières (en gras).
Blockieren wir das Europa des Kapitals, deblockieren wir die
Festung Europa, werden wir die Sarkozys, Merkels, Barrosos,
Berlusconis und die anderen endlich los! Andauernder
Generalstreik! Wirtschaftsblockage!
TeilnehmerInnen der Generalversammlung der StudentInnen
von Rennes 2, der Bewegung der prekären Arbeitslosen und der
Berufsübergreifenden Vollversammlung von Rennes | 25. Oktober
2010
Des participants à l'assemblée générale des étudiants de Rennes
2, au mouvement des chomeurs précaires, et à l'Assemblée
générale nterprofessionelle de Rennes, le 25 octobre 2010.
Editorische Anmerkungen
Wir spiegelten von Indymedia.
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