Betrieb und Gewerkschaft

Die DKP und Einheitsgewerkschaften
 
Redebeitrag von Volker Metzroth auf  dem 19. Parteitag der DKP

11/10

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Liebe Genossinnen und Genossen,

die Mitarbeit von Kommunistinnen und Kommunisten in den Gewerkschaften war und ist ein zentrales Anliegen von KPD und DKP. "Der DGB und seine Einzelgewerkschaften sind die umfassendste Klassenorganisation der Arbeiter, Angestellten und Beamten, der organisierte Ausdruck ihrer gemeinsamen Klasseninteressen". An der Schaffung der Einheitsgewerkschaften waren unsere Vorgänger beteiligt. Sie hatten die Lehren aus den Fehlern von vor 1933 gezogen, zu denen u.a. die RGO-Politik gehörte. Das bewahrte sie leider nicht immer vor sektiererischen Fehlern wie in den frühen 50er Jahren, rund um die These 37. Durch diese büßte die KPD damals ihren Einfluß in den Gewerkschaften großteils ein.

Für die DKP war seit ihrer Gründung das Bekenntnis zur Einheitsgewerkschaft kein Lippenbekenntnis, sondern reale Politik. Davon wich sie auch nicht ab, wenn andere das Prinzip verletzten, indem sie z.B. die Gewerkschaften als sozialdemokratischen Wahlverein zu mißbrauchen suchten. Wie viel Kraft, nicht selten auch persönliche Gemeinheit, immer wieder mal darauf verwendet wurde, DKP-Mitglieder in der Gewerkschaft zu diskriminieren, habe ich über lange Zeit bis in die 90er Jahre am eigenen Leib erfahren müssen. Aber auch die Solidarität von sozialdemokratischen und christlichen Gewerkschaftern, denen die Einheitsgewerkschaft wichtig war und ist.

Es war für mich aber selbstverständlich, mich nicht an Spalterlisten zu beteiligen, als ich aus dem Personalrat gedrängt wurde. Abgesehen davon, daß ich damals aus der Partei geflogen wäre, hätte ich mich anders verhalten, ich hätte mich auch von meinen Kolleginnen und Kollegen isoliert. So konnte ich inhaltlich weiter die Diskussion beeinflussen und mich bei Aktionen einbringen. Hätte ich damals auf einer Gegenliste kandidiert, die Kolleginnen und Kollegen der Industriegewerkschaften hätten mich wohl kaum fast zeitgleich zum DGB-Ortskartellvorsitzenden gewählt.

Im Laufe dieses Jahres wurde ich in meinen gewerkschaftlichen Funktionen bestätigt, obwohl ich seit Ende 2008 Vorruheständler bin. Ich war letztes Jahr auch wieder Streikleiter wie schon 2007, als ich mit 200 Kolleginnen und Kollegen bei der Telekom 6 ½ Wochen streikte.

Gerade im Streik stellte ich erneut fest, daß die Frage Sozialpartnerschaft oder kämpferische Interessenvertretung keine Frage des Oben und Unten, keine von Führung und Basis ist, sondern daß sich beide Positionen mit all ihren Zwischentönen auf allen Ebenen der Gewerkschaften finden lassen. Zudem sind die Grenzen zwischen ihnen fließend. Bei der jüngsten Jahreskonferenz der Gewerkschaftslinken wurde von unseren Genossinnen und Genossen an Beispielen wie Alstom in Mannheim und KBA in Stuttgart beschrieben, daß die jahrelange kontinuierliche Arbeit, z.B. im Vertrauensleutekörper, ein Schlüssel zum Erfolg ist. Erfolg dahingehend, daß gemeinsam mit anderen nicht nur die Notwendigkeit von Kämpfen aufgezeigt, sondern auch Kampfkraft geschaffen und eingesetzt wird.

Da helfen verbalradikale Formulierungen nicht weiter. Zitat: "Dann wird sie selbstbewußt die Ziele ihrer Kämpfe bestimmen und sich nicht mehr von den Gewerkschaftsführungen am Nasenring herum ziehen lassen". Gemeint mit "sie" ist hier die Arbeiterklasse. Das Zitat stammt aus dem 84er-Papier. Der Antrag der Landesorganisation Berlin, der hier als einer der Gegenanträge zu den Hauptanträgen des PV vorliegt, habe das 84er-Papier und das Krisenaktionsprogramm weiterentwickelt. Das lese ich in in der T & P vom September. Wenn ich mir durchlese, was jetzt im genannten Antrag zu den Gewerkschaften steht, dann wurden die Formulierungen "entschärft". Wenn ich mir aber die Unterstützung einer zur IGM-Liste gegnerischen Liste bei Daimler durch den Berliner Landesvorstand betrachte befürchte ich, daß das reale Beispiel deutlicher als Worte zeigt, was wirklich gemeint sein könnte. Nämlich der Bruch mit unserer bisherigen Gewerkschaftspolitik.

Ich denke, daß klare Aussagen zur Einheitsgewerkschaft, wie sie in den Anträgen des PV, aber auch im Antrag der Betriebsgruppe Metall Hanau gemacht werden, nötig sind. Wenn ein Bezirksvorsitzender der DKP sich in einem Leserbrief in der UZ dahingehend versteigt, daß er die Unterstützung einer Gegenliste als Erfüllung des Auftrages unseres Programms bezeichnet zeigt das, wie wichtig eine deutliche Positionierung dieses Parteitages zugunsten der Einheitsgewerkschaft ist. Nach innen wie nach außen.

Für die Einheitsgewerkschaft eintreten heißt nicht, die Parteifahne einzurollen. Am 29. September z.B. haben wir in Brüssel gemeinsam mit unseren Genossinnen und Genossen aus Luxemburg, Belgien und den Niederlanden Flagge gezeigt, als 100.000 Gewerkschaftsmitglieder aus allen Ländern der EU dort gegen Sozialabbau demonstrierten. Wir waren gut sichtbar mit unseren Fahnen und unserem gemeinsamen dreisprachigen Flugblatt. Wir wären noch sichtbarer gewesen, wären wir mehr gewesen und nicht nur aus Rheinland-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz und von der Saar. Das ist keine Kritik an jenen Genossinnen und Genossen, die gemeinsam mit ihren mit ihnen angereisten Kolleginnen und Kollegen demonstrierten.

Der DGB habe zu wenig organisiert, kritisierten da einige. Das stimmt. Die Kritik allein hilft aber nicht weiter. In Südhessen forderten ver.di-KollegInnen, darunter auch DKP-Mitglieder, einen Bus für Brüssel. Als der nicht voll wurde, bezahlte die Gewerkschaft ihnen aber die Bahnfahrt. Es geht also manches, wenn man sich dahinter klemmt und nicht aufs Kritisieren beschränkt.

Genossinnen und Genossen,

der Weg hin zu kämpferischeren Gewerkschaften führt nicht über den Angiff von außen, schon gar nicht über gegnerische oder sogenannte alternative Listen. Er führt nur über die Mitarbeit in den Gewerkschaften, über die geduldige Diskussion mit den Kolleginnen und Kollegen über die betriebliche Politik sowie über gesellschaftliche Alternativen, auch über Inkonsequenzen und Widersprüchliches, und über die gemeinsame Aktion. Alle Versuche, linksradikale Abkürzungen zu nehmen, werden wie früher auch scheitern.

Es wurde von Kritikern des Parteivorstandes kolportiert, man wolle sie aus der Partei drängen. Ich sehe aber viel mehr die Gefahr daß dann, wenn Positionen wie die des Berliner Landesvorstandes zur Gewerkschaftsfrage nicht zurückgewiesen werden, sehr viele Genossinnen und Genossen, die teils seit Jahrzehnten in Gewerkschaften sowie Betriebs- und Personalräten tätig sind, an den Rand der Partei gedrängt würden. Zudem würde das jenen Kräften Munition liefern, denen Kommunistinnen und Kommunisten in den Gewerkschaften nach wie vor ein Dorn im Auge sind.

Liebe Genossinnen und Genossen,

wir haben als Parteitag hier und heute - natürlich auch morgen - die Verantwortung dafür, unser Bekenntnis zur Einheitsgewerkschaft als eine der wichtigsten Errungenschaften der deutschen Arbeiterklasse nach dem Faschismus in Theorie und Praxis als alternativlos zu unterstreichen.

Editorische Anmerkungen

Der 19. Parteitag fand am 9./10.10.2010 in Frankfurt/M. statt. Die Rede spiegelten wird von www.kommunisten.de

Weitere Infos vom Parteitag: http://www.dkp-online.de/Parteitage/19pt/