trend spezial: Berichte aus Kosova redigiert von Max Brym

Offener Brief an die deutsche Linke -Bin ich als Albaner Nationalist ?

von Ismail C. Elbasan am 29.10.2012
 

11-2012

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Durch einen biologischen Zufall bin ich als Albaner geboren. Die albanische Sprache ist meine Sprache, selbstverständlich bin ich durch besondere Bindungen an meine albanische Umgebung gebunden, sowie durch mittelbare und unmittelbare Erfahrung geprägt.

Den Nationalismus lehne ich als Ideologie und Praxis ab. Dennoch will ich unterscheiden zwischen dem Nationalismus einer unterdrückenden und unterdrückten Nation. Die Albaner in Kosova waren durch den serbischen Nationalismus, besser Chauvinismus real einer furchtbaren Unterdrückung ausgesetzt. Heute versucht dieser Chauvinismus Kosova ethnisch zu teilen. Dies geschieht in Übereinstimmung mit den neuen Kolonialisten den USA und der EU- Mission. Dagegen Widerstand zu leisten ist völlig legitim. Der Widerstand ist der patriotische Akt einer nach wie vor unterdrückten Nation. Besonders Teile der deutschen Linken diffamieren diesen Widerstand als nationalistisch. Ihren Lenin haben diese Leute schlecht gelesen oder völlig aus den Gehirnwindungen verdrängt. Lenin war in der Frage des nationalen Selbstbestimmungsrechtes absoluter Demokrat. Nicht weil er die Trennung der Völker befürwortete sondern weil er davon ausging dass eine Ehe nur funktionieren kann wenn es auch das Recht auf Scheidung gibt. Das Scheidungsrecht stellen diese deutsch geprägten Linken in Frage. Ihr Horizont ist beschränkt deutsch geprägt.

In der Tat, wer in Deutschland das nationale Banner hisst ist absolut reaktionär. Die Deutschen werden nicht national unterdrückt, jede nationale Parole versucht Emigranten rassistisch zu behandeln und Privilegien zu sichern.Anders dagegen stellt sich die Lage in Kosova dar. Die Forderung nach Selbstbestimmung ist ein defensiver Akt, nationale Parolen in Kosova haben somit progressive Aspekte. Allerdings muss der Patriotismus mit dem Internationalismus verbunden werden.Die Erfahrung lehrt, dass je weiter Prishtina von Belgrad entfernt ist, um so besser funktioniert das Zusammenleben von Serben und Albanern. Nach der Einführung der sehr begrenzten Autonomie Kosovas im Jahr 1974 stieg die Zahl der Eheschließungen zwischen Serben und Albanern an. Seit der Aufhebung der Autonomie im Jahr 1989 durch Milosevic, gab es so gut wie keine Eheschließungen zwischen Serben und Albanern mehr. Dieser Zustand kann nur überwunden werden wenn den Albanern das Selbstbestimmungsrecht gewährt wird.

Jede Unterdrückung des Selbstbestimmungsrechtes fördert den reaktionären nationalen Konflikt zwischen Serben Albanern und Roma. Klar ist, dass die nationale Frage verschwinden muss und an ihre Stelle die Klassenfrage gehört. Es gibt eine serbische Mafia und eine albanische Mafia in Kosova. Beide arbeiten in Kosova eng zusammen, um sich in eine klassische Bourgeoisie zu verwandeln. Genauso müssen die armen serbischen Menschen und die unterdrückten und armen Albaner zusammenarbeiten.Die serbischen Arbeiter in Serbien müssen um ihre Armut und Ausbeutung zu überwinden, das Selbstbestimmungsrecht Kosovas unterstützen. Nur so ist der nationale Konflikt und damit die Bindung an bürgerliche Kräfte zu überwinden. Die Einheit der albanischen Nation ist ein uralter Wunsch. Diesen Wunsch kann man nicht ignorieren.Allerdings ist die Herstellung der Einheit der albanischen Nation eine Klassenfrage.

In Kosova und Albanien muss der Kampf um die nationale Einheit mit der Lösung der sozialen Frage in einem permanenten revolutionärem Prozess kombiniert werden.

Editorische Hinweise

Der Text wurde uns von Max Brym zur Verfügung gestellt.

Ismail C. Elbasan ergänzte seinen Artikel mit folgenden Zeilen: "Vielen Dank Herr Brym, dass Sie sich bemühen den Text von einem fast achtzigjährigen Albaner aus Elbasan zu übersetzen. Entschuldigung wenn ich relativ kurz schreibe. Das Alter fordert seinen Tribut. Tung"