trend spezial: Berichte aus Kosova redigiert von Max Brym
"Prishtina benötigt öffentlichen Verkehr statt London-Taxis"
Interview mit Ruzhdiye Murati (VV) über Kindergärten - Wasser -Entwicklung -Selbstbestimmung

von Max Brym

11-2013

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Am 3. November sind Kommunalwahlen in Kosova. Mit der Stadtratskandidatin Frau Ruzhdiye Murati von VV ( Bewegung für Selbstbestimmung) machte dazu Max Brym ein Interview für Kosova- Aktuell in Prishtina . Frau Murati ist ausgebildete Technologin. Frau Murati wurde in Durres in Albanien geboren. Ihre Mutter nahm am antifaschistischen Befreiungskampf in Albanien teil. Der Vater von Frau Murati war ein Albaner aus Dibar in Mazedonien. Zwischen 1957 und 1963 durfte die Familie ein Dorf in Albanien nicht verlassen. Im Jahr 1963 wurde die Familie, Vater, Mutter und 5 Geschwister gegen ihren Willen nach Mazedonien abgeschoben. Dort sperrte die jugoslawische Polizei, die Familie drei Monate ins Gefängnis. Während des verehrenden Erdbebens in der mazedonischen Hauptstadt Skopje im Jahr 1963 wurde die Familie aus der Haft entlassen. Frau Murati behielt in Jugoslawien ihren albanischen Pass und studierte ab den siebziger Jahren an der Universität in Prishtina.

Max Brym : Frau Murati warum kandidieren Sie für VV zum Stadtrat in Prishtina ?

Ruzhdiye Murati: Nur VV hat ein Programm welches die Interessen der großen Mehrheit der Bevölkerung widerspiegelt.

Max Brym: Ich habe gehört, dass die Wasserversorgung in Prishtina ein Problem ist. Können Sie mir dazu etwas sagen.

Ruzhdiye Murati: Eigentlich hat jeder Bürger Prishtinas genug Wasser zur Verfügung. Pro Kopf gibt es eine Wassermenge von 300 Litern pro Person am Tag. Aber bei vielen Bürgern kommt das Wasser nicht an. In vielen Stadtteilen gibt es oft stundenlang kein Wasser. Knapp 150 Liter Wasser versickern in der defekten Kanalisation oder es wird Wasser gestohlen. Die Stadt Prishtina investierte nichts in die Kanalisation was die ärmeren Viertel der Stadt angeht. Dafür haben die Hotels und die Renummerierbrunnen im Zentrum rund um die Uhr Wasser. Diesen Zustand wollen wir radikal verändern. Wasser ist ein elementares menschliches Bedürfnis.

Max Brym: Ein wichtiger Punkt ist auch die Verkehrsplanung in Prishtina.

Ruzhdiye Murati: Ja der Verkehr in Prishtina ist katastrophal. Nur noch die Linie 4 im Bußverkehr ist in öffentlicher Hand. Alle anderen Busslinien sind privatisiert. Die Busse fahren unregelmäßig ungeplant und nur zu rentablen Zeiten. Wir fordern einen öffentlichen Nahverkehr mit mehr und besserer Anbindung der einzelnen Stadtteile. Die Busse müssen pünktlich fahren und die Preise sollten gesenkt werden. Für Rentner Invaliden Arme und Schüler und Studenten fordern wir einen Nulltarif. Bürgermeister Isa Mustafa lässt den öffentlichen Verkehr verkommen. Der Grund ist wahrscheinlich dass seine Söhne und die Söhne von Fatmir Sejdiu das größte Taxiunternehmen Kosovas die Firma „ London Taxi“ unterhalten. Ansonsten bauen die Stadtherren nur Parkplätze für ihre Luxuslimousinen.

Max Brym:
Wie viele öffentliche Kindergärten gibt es in Prishtina

Ruzhdiye Murati : ( lacht) Seit 1999 wurde kein einziger öffentlicher Kindergarten errichtet. Insgesamt gibt es in Prishtina mit real gerechnet 400000 Einwohnern nur 8 öffentliche Kindergärten. Diese kosten aber auch Geld. Daneben schießen jede Menge private Kindergärten aus dem Boden. Offiziell gibt es 40 private Kindergärten. Nach unseren Erkenntnissen aber 120. Monatlich kostet ein Kindergartenplatz 120 Euro und mehr. Wir treten für ein kostenloses öffentliches System von Kindergärten ein welches den Bedarf deckt. Vorläufig wollen wir leerstehende Schulgebäude und andere Einrichtungen in öffentliche Kindergärten umwandeln.


Max Brym : Vielen Dank für das Gespräch Frau Murati und viel Erfolg im Wahlkampf.