Stadtumbau & Stadtteilkämpfe
Die BuGa und der Wohnungsbau

von Steven Kunz

11/2015

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MANNHEIM. Die BuGa ist keine stadtplanerische Konzeption zur Gestaltung von 300 Hektar (mit Coleman 500 Hektar) Konversionsfläche, sondern nur ein Wohnungsbauprogramm für Reiche, für das auch noch eine totale Landschaftszerstörung hingenommen wird. Das behaupten BuGa-Gegner. Ist das so? Eine Betrachtung:

Wir konzentrieren uns bei der Betrachtung auf den Wohnungsbau und lassen die etwas abwegige Behauptung der Landschaftszerstörung hier außer Acht. Am nördlichen Rand des BuGa-Geländes, an der ehemaligen Spinelli-Kaserne, sollen in zwei Bereichen größere Wohnsiedlungen entstehen. So ist es im Siegerentwurf des Ideen- und Realisierungswettbewerbs vorgesehen. Wer diese Siedlungen finanzieren und bauen soll, ist derzeit noch nicht bekannt, man kann aber davon ausgehen, dass die Stadtverwaltung nur private Investoren hierfür im Auge hat. Wenn dem so ist, so muss hier konsequent darauf gedrungen werden, dass eine vernünftige Balance zwischen höherpreisigen und sozialpflichtigem Wohnraum entsteht. Auf der einen Seite brauchen wir Wohnraum für sogenannte Besserverdienende, um sie in der Stadt zu halten oder anzulocken, auf der anderen Seite brauchen wir aber auch dringend Wohnraum, dessen Quadratmeterkaltmiete sich um die sieben Euro oder eventuell auch darunter bewegt.

Aus den veröffentlichten Entwürfen ist nicht zu entnehmen, für wie viele Personen der noch zu bauende Wohnraum ausgelegt sein soll. Einige Tausend könnten es schon werden.

Wie aber kann man es schaffen, dort einige hundert Sozialwohnungen zu errichten, deren Mietpreisbindung nicht nach 20 oder 30 Jahren ausläuft, sondern auf Dauer existiert?

Eine erste notwendige Voraussetzung bestünde bereits darin, dass die Stadt Eigentümerin der Bauflächen ist und bleibt, so dass eine Grundstücksfinanzierung nicht erforderlich ist. Für Konversionsflächen hat die Stadt jedoch an die Bundesimmobilienanstalt BIMA kräftig bezahlen müssen. So weit so schlecht. Eine weitere unumgängliche Voraussetzung wäre ein staatlich gefördertes Wohnungsbauprogramm, das den Namen auch verdient, welches als „verlorener Zuschuss“ den über Mieten zu refinanzierenden Erschließungs- und Baukostenanateil reduziert. Ein weiterer Zuschuss könnte durch Quersubventionierung erwirtschaftet werden: durch profitablen Verkauf von Bauland an private Investoren, die den höherpreisigen Wohnraum errichten. Bauherr der Sozialwohnungen muss jedoch eine nicht profitorientierte Baugesellschaft, wie z. B. die GBG sein.

Der Druck auf Bund und Länder, schnellstmöglich ein Wohnungsbauprogramm aufzulegen, steigt derzeit kräftig und es ist davon auszugehen, dass da etwas kommen wird. Wenn die derzeitigen Regierungsparteien aus Union und SPD rätseln, wie sie das Programm finanzieren sollen, empfiehlt der Autor, die seit Jahrzehnten geförderte Reichtumspflege aufzugeben, eine Erbschaftsund Vermögenssteuer einzuführen, die auch etwas bringt, Steuerschlupflöcher zu schließen, unnötige Steuersubventionen abzuschaffen und dergleichen mehr. Dann wäre ein wirkungsvolles Wohnungsbauprogramm gleich mehrfach finanziert.

Die BuGa-Gegner forderten im Vorfeld der Haushaltsberatungen, die BuGa solle aus den eingangs erwähnten Gründen abgesagt und die eingesparten 65 Millionen Euro (70 minus 5 für die bereits entstandenen Planungskosten) in den Sozialwohnungsbau gesteckt werden. Das klingt logisch. Keine BuGa und wir haben viel Geld. Nur: wenn die 65 Millionen Euro in den sozialen Wohnungsbau gesteckt werden, hat sich dann die Konversion von 300 oder 500 Hektar ehemaligem Militärgelände und die Entwicklung des Grünzugs Nordost ebenfalls erledigt? Natürlich nicht. Die Kosten hierfür müssen auf jeden Fall aufgebracht werden: Es sei jedem empfohlen, sich nur einmal vorzustellen, was der Abriss der zahlreichen Lagerhallen und der Rückbau der Verkehrsflächen auf Spinelli kostet, um zu merken, dass hier ein Milchmädchen rechnet und agiert.

Am 6. Oktober 2015 war nun die Forderung zu hören, der OB solle in seiner Haushaltsrede ankündigen, in den nächsten Jahren 5 000 Sozialwohnungen zu bauen (besser: bauen zu lassen). Es wurde allerdings nicht erläutert, wo in Mannheim die 5000 Wohnungen gebaut werden können (der Wohnungsbau auf Spinelli wird ja kritisiert) und woher die mindestens eine Milliarde Euro kommen sollen, die für den Grunderwerb, die Erschließung und den Bau der 5000 Sozialwohnungen notwendig wären. Vielleicht hat man sich mit der Forderung auch nicht genau genug ausgedrückt und meint, dass ein großer Teil der rund 2.500 ehemaligen US-Wohnungen auf Franklin renoviert werden und 2.500 weitere Sozialwohnungen neu gebaut werden sollen, am besten gleich nebenan auf Franklin? Eine städtebaulich und sozialpolitisch ziemlich abstoßende Ghetto-Vorstellung. Die Kosten lägen trotzdem weit über einer halben Milliarde Euro. Aus den gleichen Kreisen wird übrigens immer die hohe Verschuldung Mannheims von – je nach Sichtweise – 1,1 oder 2 Mrd. Euro angeprangert.

Der Vorwurf, man plane (bisher) am BuGa-Gelände nur für „Reiche“, hört sich kämpferisch und links an. Es ist jedoch niemand deshalb gleich „reich“, wenn er oder sie ein Arbeitseinkommen erzielt, das es möglich macht, zehn bis zwölf Euro Kaltmiete zu bezahlen. Wenn Die Linke und andere von der „Reichensteuer“ reden, meinen sie andere Reiche.

Genauso wie dringend die Voraussetzungen geschaffen werden müssen, für einkommensschwache Menschen einschließlich der Flüchtlinge ausreichend bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen, wäre es politisch unklug, sich nicht auch um die Mittelschicht zu kümmern. Seit den 1960er Jahren wanderten viele dieser Leute in das Umland ab. Mit abgewandert sind dadurch Kauf- und Steuerkraft. Soziale Kommunalpolitik benötigt jedoch als Basis auch solche Wirtschaftskraft. Das funktioniert nur, wenn der dafür benötigte Wohnraum zur Verfügung steht. Trotz aller gegenteiliger Behauptungen ist das nämlich noch immer nicht der Fall. Insbesondere deshalb nicht, weil es wieder einen tendenziellen Zuzug in die großen Städte gibt und die Nachfrage nach Wohnraum aller Preislagen zusätzlich angeheizt wird.

Editorische Hinweise

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