Betrieb & Gewerkschaft
Kontroverse Diskussion zu den Unvereinbarkeitsbeschlüssen
Am 12. Oktober endete der 24. ordentliche Gewerkschaftstag der IG Metall in Nürnberg.

von "gp" (RF-news)

11/2019

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In den Diskussionen und Beratungen ging es um die Frage, wie sich die IG Metall den Herausforderungen durch die Rechtsentwicklung von Regierung und bürgerlichen Parteien, durch die bereits eingeleitete neue Weltwirtschaftskrise und die verschiedenen Arten von Strukturkrisen stellt. Bei der Frage, welchen Weg dabei die IG Metall geht – den Weg des Co-Managements oder den Weg der Kampforganisation – spielen die Unvereinbarkeitsbeschlüsse gegen die MLPD eine wesentliche Rolle.

Zwei Anträge gegen die Unvereinbarkeitsbeschlüsse

Die seit 40 Jahren in der IG Metall bestehenden Unvereinbarkeitsbeschlüsse gegen die MLPD „widersprechen dem Gedanken der Einheitsgewerkschaft“, wie es in einem Antrag zu ihrer Aufhebung heißt. Aus zwei Geschäftsstellen (Esslingen und Ludwigsburg) lagen Anträge dazu vor.

Die Antragsberatungskommission sprach sich gegen diese Anträge aus. Die MLPD verfolge als „grundlegendes Ziel die Errichtung der Diktatur des Proletariats“ und die „Unterordnung des Einzelnen unter die Partei“. Beides sei mit den Werten und dem demokratischen Aufbau der IG Metall nicht vereinbar.

Die Diktatur des Proletariats bedeutet aber nichts anderes, als dass die Arbeiterinnen und Arbeiter ihre Macht gegenüber alten wie neuen Ausbeutern bzw. Karrieristen ausüben und verteidigen. Sie bedeutet zugleich breiteste Demokratie für die Arbeiterinnen, Arbeiter und breiten Massen.

Antragsberatungskommission verfälscht MLPD-Position

Das verfälscht die Antragsberatungskommission, indem sie behauptet, die MLPD wolle die Diktatur einer Partei - ein völliger Unsinn, den die MLPD seit jeher klipp und klar ablehnt. Zugleich leugnet die Antragsberatungskommission, dass hinter der sogenannten freiheitlich-demokratischen Grundordnung in Wirklichkeit die Diktatur des allein herrschenden internationalen Finanzkapitals steht. Die bewusst kriminellen Machenschaften der Autokonzerne und die systematische Zerstörung unserer Umwelt im Verein mit der Regierung sind Belege dafür.

Warum die Unterordnung der Minderheit unter die Mehrheit in den Organisationsprinzipien der MLPD ein Grund für Unvereinbarkeitsbeschlüsse sein soll, bleibt das Geheimnis der IG-Metall-Führung. Was passiert denn anderes bei jeder Abstimmung von Anträgen auf dem Gewerkschaftstag, als dass sich die Minderheit der Mehrheit unterordnet? Ohne solche Prinzipien wäre jede Organisation, die auch nur einigermaßen schlagkräftig sein will, schlicht arbeitsunfähig.

Der Demokratische Zentralismus der MLPD ist die mit Abstand demokratischste Organisationsstruktur in der deutschen Parteienlandschaft. Die führenden IG-Metall-Funktionäre könnten sich davon eine Scheibe abschneiden - was die Verwirklichung der Demokratie für die Masse der Mitglieder genauso wie die organisatorische Schlagkraft betrifft.

Delegierte sprachen für Aufhebung der Beschlüsse

Für die Aufhebung der Unvereinbarkeitsbeschlüsse sprachen zwei Delegierte. Ein Delegierter aus Hamburg sagte laut der veröffentlichten Protokolle des Gewerkschaftstags unter anderem: „Ein sozialer Kapitalismus ist nicht möglich. Das heißt, wir sollten öfter darüber reden, was es für Alternativen gibt, und zwar auch mit Menschen, die alternative Theorien vertreten. Die sollten wir nicht kategorisch ausschließen.“

Ein Redebeitrag aus Esslingen griff die Diskussion zu den Anträgen auf, die Unvereinbarkeitsbeschlüsse gegenüber der AfD gefordert hatten. „Warum die ganzen Argumente, die die Antragsberatungskommission dafür vorgebracht hat, warum man in Bezug auf die AfD keinen Unvereinbarkeitsbeschluss macht, ... nicht auch in Bezug auf die MLPD gelten sollen, ist für mich unlogisch. … Die Kolleginnen und Kollegen … waren uns in den ganzen Jahren wertvoll, ... die sich engagiert ... haben, und zwar für die IG Metall.“

Skandalöse Verharmlosung der AfD

Entlarvend, wie Vorstandsmitglied Volker Stahmann die unterschiedliche Behandlung von AfD-Mitgliedern und MLPD-Mitgliedern begründet. „Bei der AfD müssen wir einzeln gucken. ... Wer benimmt sich wie?“ Bei der MLPD spielt für ihn das konkrete Verhalten keine Rolle, ja er warnte sogar davor. „Ich halte es für gefährlich, das auf dieser 'Netter-Kollege-Ebene' zu machen. Das verwässert den Grundsatz.“

Während die Rolle der AfD als Wegbereiterin des Faschismus und ihre explizit gewerkschaftsfeindliche Haltung offenbar kein Grund sind, sie zur gegnerischen Organisation zu erklären, gilt dies nach dem Gusto der rechten IG-Metall-Führung aber für die MLPD. Es ist ein Skandal, wie sich Stahmann damit zum Verteidiger der faschistoiden, rassistischen AfD macht. Mit solchen Aussagen beteiligt er sich an den unsäglichen Versuchen, faschistoide Kräfte zu verharmlosen bzw. aufzuwerten und gleichzeitig die wachsende antikommunistische Repression zu rechtfertigen.

Die angebliche "Gegnerschaft" der MLPD zur IG Metall wird einzig und allein damit begründet, dass sie für die Abschaffung kapitalistischer Ausbeutung und Unterdrückung in einer sozialistischen Gesellschaft eintritt. Ein Ziel, das in keiner Weise der Aufgabenstellung der Gewerkschaften widerspricht, sondern nur den kapitalistischen Missständen an die Wurzel geht.

Parteimitglieder gehören in die IG Metall - mit Ausnahme von Faschisten

Die Gewerkschaften haben die Aufgabe, den Kampf zur Verteidigung und Verbesserung der Lage der Arbeiterklasse zu führen. Es ist selbstverständlich, dass Mitglieder politischer Parteien darüber hinausgehende politische Ziele verfolgen. Die Mitgliedschaft in einer Partei - ob in CDU, SPD oder MLPD - steht deshalb doch nicht im Widerspruch zur Mitgliedschaft in der IG Metall. In die IG Metall gehören Kolleginnen und Kollegen unterschiedlichster Weltanschauung - mit Ausnahme von Mitgliedern faschistischer Parteien.

Absurd und demagogisch behauptete der IG-Metall-Geschäftsführer aus Recklinghausen, Rainer Matz, die MLPD wolle mit Waffengewalt die Kapitalisten erschießen. Als "Beweis" dafür führt er wahrheitswidrig an, ihm seien Schläge bei einem Warnstreik der IG Metall angedroht worden. Was ihn tatsächlich in Wallung bringt, ist ein Plakat der MLPD gegen das Co-Management und für Gewerkschaften als Kampforganisationen! Gegen solche unverschämten Lügen werden auch rechtliche Schritte geprüft.

Benjamin Gruschka aus Köln passte nicht, dass im Parteiprogramm der MLPD die "sogenannte Stellvertreterpolitik" abgelehnt wird und dass darin gefordert wird, die "Klassenzusammenarbeitspolitik“ müsse "bekämpft werden". Für ihn ein weiterer Grund, die Unvereinbarkeitsbeschlüsse gegen die MLPD zu verteidigen. Dabei ist es genau diese Politik, die in der Konsequenz die Gewerkschaften als Kampforganisationen zerstört und deshalb im Zentrum einer wachsenden Kritikbewegung unter den Mitgliedern der IG Metall steht.

Anträge abgelehnt - Kampf gegen Unvereinbarkeitsbeschlüsse geht weiter

Die Anträge zur Aufhebung der Unvereinbarkeitsbeschlüsse gegen die MLPD wurden bei wenigen Gegenstimmen abgelehnt. Dazu muss man sagen, dass diese Mehrheitsverhältnisse auf einem vorwiegend mit örtlichen, regionalen und zentralen Funktionären besetzten Gewerkschaftstag nicht der mehrheitlichen Stimmungs- und Bewusstseinslage an der Basis entsprechen. Umso wichtiger ist es, mit der Diskussion um die Abschaffung der Unvereinbarkeitsbeschlüsse beharrlich am Ball zu bleiben.

Quelle: https://www.rf-news.de/2019/kw42/kontroverse-diskussion-zu-den-unvereinbarkeitsbeschluessen-1