TREND Serie zum 200. Geburtstag

Zur Arbeitsteilung von Marx und Engels

von Gottfried Mergner

11/2020

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Ende August/Anfang September 1844 besucht Engels auf seiner Rück­reise von England nach Deutschland Marx in Paris. Während dieses Besu­ches stellen sich Übereinstimmungen auf allen theoretischen Gebieten, aber auch in der Lebensauffassung heraus. Es ist der Beginn einer intensi­ven Freundschaft, die das Schaffen und die Lebensgestaltung der beiden wesentlich geprägt hat. Drei Momente intensivierten die Beziehung von Anfang an:

1) die gemeinsame politische Einstellung zur bürgerlichen und zur pro­letarischen Sozialbewegung;

2) auf dieser Grundlage eine intensive theoretische Kommunikation;

3) eine auf Arbeitsteilung angelegte, sich ergänzende, nicht konkurrie­rende Arbeits- und Lebensweise.

Der erste uns überlieferte Brief von Engels an Marx von Anfang Okto­ber 1844 endet: «Nun lebe wohl, lieber Karl, und schreibe recht bald. Ich bin seitdem doch nicht wieder so heiter und menschlich gestimmt gewe­sen, als ich die zehn Tage war, die ich bei Dir zubrachte.» (2)

Die Ursache dieser Zuneigung hat objektive Ursachen. Marx und Engels beide waren eng mit der liberalen bürgerlichen Emanzipations­bewegung verbunden — stießen recht früh an die ideologischen Grenzen dieser Bewegung. Beide standen der idealistischen und zur politischen Handlungsfähigkeit führenden Gruppenmentalität der liberalen Vereine ihrer Zeit kritisch gegenüber, konnten sich in ihnen nur schwer integrieren und bildeten durch ihre intellektuellen Kritiken die Ursache für viele Kon­flikte in diesen Organisationen.

Engels formuliert dies in seinem Brief an Marx vom 19. November 1844 anläßlich der Auseinandersetzung von Karl Marx mit Arnold Rüge, dem Mitherausgeber der <Deutsch-Französischen Jahrbücher> fol­gendermaßen: «Und einer von uns muß doch hier sein [in Deutschland], weil die Leute alle nötig haben, gestachelt zu werden, um in der gehörigen Tätigkeit zu bleiben und nicht auf allerhand Flausen und Abwege zu geraten. So ist z. B. Jung und eine Menge andrer nicht zu überreden, daß zwi­schen uns und Rüge ein prinzipieller Unterschied obwaltet, und noch immer der Meinung, es sei lediglich persönlicher Skandal. Wenn man ihnen sagt, R [uge] sei kein Kommunist, so glauben sie das nicht recht und meinen, es sei immer schade, daß eine solche diterarische Autorität) wie R [uge] unbedachtsam weggeworfen sei! Was soll man da sagen? Man muß warten, bis R [uge] sich einmal wieder mit einer kolossalen Dumm­heit losläßt, damit es den Leuten ad oculus demonstriert werden kann. Ich weiß nicht, es ist mit dem J [ung] doch nichts Rechtes, der Kerl hat nicht Entschiedenheit genug.

Wir haben jetzt überall öffentliche Versammlungen, um Vereine zur Hebung der Arbeiter zu stiften; das bringt famos Bewegung unter die Ger­manen und lenkt die Aufmerksamkeit des Philisteriums auf soziale Fra­gen.» (3)

Zwei Dinge werden hier schon deutlich. Engels sieht sich als Parteigän­ger von Karl Marx in Deutschland; Gegner sind vor allem die Ideologen der liberalen-politischen Bewegung. Das Kampffeld sind Zeitschriften und Versammlungen. Beide - Marx und Engels - verstehen sich als intel­lektuelle Interessenvertreter der proletarischen Sozialbewegung.

Engels vertritt - stärker als es bei Marx zutage tritt — den Hang zur aktiven, realistischen und radikalen Tagespolitik: «Übrigens langweilt mich all dies theoretische Getratsch alle Tage mehr, und jedes Wort, das man noch über <den Menschern verlieren, jede Zeile, die man gegen die Theologie und Abstraktion wie gegen den krassen Materialismus schrei­ben oder lesen muß, ärgert mich. Es ist doch etwas ganz anders, wenn man sich statt all dieser Luftgebilde - denn selbst der noch nicht realisierte Mensch bleibt bis zu seiner Realisierung ein solches — mit wirklichen, lebendigen Dingen, mit historischen Entwicklungen und Resultaten be­schäftigt. Das ist wenigstens das Beste, solange wir noch allein auf den Gebrauch der Schreibfeder angewiesen sind und unsre Gedanken nicht unmittelbar mit den Händen oder, wenn es sein muß, mit den Fäusten rea­lisieren können.» (4)

Engels schrieb dies, bevor er zusammen mit Marx in den Kampf mit der linkshegelianischen Schule um den <Menschen> eintrat - in der Kampf­schrift <Die Deutsche Ideologie) (1845-1846).

Es läßt sich vermuten, daß Marx eher von der Notwendigkeit überzeugt war, diese Auseinandersetzung zu führen. So schreibt Engels am 20. Januar 1845 über <Die Heilige Familie) (verfaßt von Sept.-Nov. 1844): «Daß Du die <Kritische Kritik) bis auf 20 Bogen ausgedehnt, ist mir aller­dings verwunderlich genug gewesen. Es ist aber ganz gut, es kommt so vie­les schon jetzt an den Mann, was sonst wer weiß wie lang noch in Deinem Sekretär gelegen hätte. Wenn Du aber meinen Namen auf dem Titel hast stehenlassen, so wird das sich kurios ausnehmen, wo ich kaum 1/2 Bogen geschrieben habe.» (5)

Engels stand vielmehr die dringliche Notwendigkeit einer realistischen Untermauerung der gemeinsamen politischen Position vor Augen: «Mach, daß Du mit Deinem nationalökonomischen Buch fertig wirst, wenn Du selbst auch mit vielem unzufrieden bleiben solltest, es ist einerlei, die Gemüter sind reif, und wir müssen das Eisen schmieden, weil es warm ist. Meine englischen Sachen [<Die Lage der arbeitenden Klasse in Eng­land)] werden zwar auch ihre Wirkung nicht verfehlen, die Tatsachen sind zu schlagend, aber trotzdem wollt' ich, daß ich die Hände freier hätte, um manches auszuführen, was für den jetzigen Augenblick und die deutsche Bourgeoisie schlagender und wirksamer wäre.» (6)

Und es finden sich schon jetzt zahlreiche Andeutungen, daß Engels die Teilung ihrer gemeinsamen Arbeit so versteht, wie sie sich später heraus­entwickelt hatte; so schreibt er über sein politisches Selbstverständnis in einem Brief an Marx vom 22.-26. Febr. und 7. März 1845: «Der Wupper­taler Kommunismus ist eine Wahrheit, ja beinahe schon eine Macht. Was das für ein günstiger Boden hier ist, davon hast Du keine Vorstellung. Das dümmste, indolenteste, philisterhafteste Volk, das sich für nichts in der Welt interessiert hat, fängt an, beinahe zu schwärmen für den Kommunis­mus. [. . .] Es ist übrigens doch ein ganz anderes Ding, da vor wirklichen leibhaftigen Menschen zu stehen und ihnen direkt, sinnlich, unverhohlen zu predigen, als dies verfluchte abstrakte Schreibertum mit seinem abstrakten Publikum vor den <Augen des Geistes) zu treiben.» (7)

Und über die Arbeitsteilung (Brief an Marx vom 17. März 1845): «Es ist merkwürdig, wie ich [.. .] noch in einem andren Plan mit Dir zusam­mengekommen bin. Auch ich wollte für Püttm [ann] eine Kritik Lists schreiben — glücklicherweise erfuhr ich durch P [üttmann] Deine Absicht früh genug. Da ich den List praktisch fassen wollte, die praktischen Folgen seines Systems entwickeln, so werde ich eine meiner Elberfelder Re­den [...], worin ich dies unter andern in kurzem tat, etwas weiter ausar­beiten - ich vermute ohnehin nach dem Bürgersschen Brief an Heß und nach Deiner Persönlichkeit, daß Du Dich mehr auf seine Voraussetzungen als auf seine Konsequenzen einlassen wirst.» (8)

Marx also arbeitet nach Engels' Vorstellungen mehr an der Klärung der Voraussetzungen, an der Klärung der politischen und ökonomischen Bedingungen, während Engels an der politischen und ideologischen Front die Klärung der Konsequenzen voranzutreiben bemüht ist. Dazu kommt noch, daß Engels schon zu dieser Zeit als seine zusätzliche Aufgabe ansieht, durch Geldzuwendungen Marx ein möglichst ungestörtes Arbei­ten zu ermöglichen: « Da ich übrigens nicht weiß, ob das genügen wird, um Dir Deine Einrichtung in Brüssel zustande zu bringen, so versteht es sich von selbst, daß mein Honorar für das erste englische Ding [<Die Lage der arbeitenden Klasse in England)], was ich hoffentlich bald wenigstens teil­weise ausbezahlt bekomme und für den Augenblick entbehren kann, da mein Alter mir pumpen muß, Dir mit dem größten Vergnügen zur Disposition steht. Die Hunde sollen wenigstens das Pläsier nicht haben, Dich durch ihre Infamie in pekuniäre Verlegenheit zu bringen.»(9)

In einem Brief an Marx vom Dezember 1846 kennzeichnet Engels aber auch schon die Schwierigkeit, vor der sie mit ihren politischen Vorstellun­gen stehen: Ein großer Teil der Basis in den Keimzellen einer Arbeiterorga­nisation in Deutschland bestand aus kleinen Handwerkern, von Marx und Engels <Straubinger> genannt. Sie schlössen sich in Arbeiterbildungsver­einen zusammen. Ein typischer Vertreter dieser Richtung war z. B. Joseph Dietzgen (1828-1888). Marx und Engels kamen zu Auseinandersetzun­gen mit diesen Gruppen, weil die <Straubinger> ihre radikale politische Position in den praktischen Konsequenzen nicht teilen wollten. Über die Auseinandersetzung schreibt Engels: «Ein direkter Bruch mit den Kerls bringt uns keinen Gewinn und keine gloire ein. Theoretische Differenzen sind mit den Kerls kaum möglich, da sie keine Theorie haben und, ausge­nommen ihre stillen etwaigen Bedenken, von uns belehrt sein wollen: for­mulieren können sie ihre Bedenken auch nicht, daher ist keine Diskussion mit ihnen möglich, außer etwa mündlich. Bei einem offnen Bruch würden sie diesen allgemeinen lernbegierigen kommunistischen Dusel gegen uns geltend machen: wir haben von den gelehrten Herren gerne lernen wollen, wenn sie etwas Ordentliches hatten usw. [....] Gegen Literaten können wir als Partei auftreten, gegen Straubinger nicht. [.-.-.] Wir haben eben aus dieser Geschichte gelernt, daß mit den Straubingern, solange nicht in Deutschland eine ordentliche Bewegung existiert, nichts anzufangen ist, selbst mit den besten nicht. Es ist immer besser, sie nun ruhig laufen zu las­sen, sie nur in Masse, en bloc anzugreifen, als einen Streit hervorzurufen, bei dem wir uns nur schmutzige Stiefel holen können. Uns gegenüber erklären sich diese Jungens für <das Volk>, <die Proletarien, und wir können nur an ein kommunistisches Proletariat appellieren, das sich in Deutsch­land erst bilden soll.»(10)

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Direktes Ergebnis dieses Antagonismus von theoretischer Position und geschichtlicher Realität der <Unreife> ihrer Anhänger war eine wachsende Isolierung von Marx und Engels, die nach der mißglückten Revolution von 1848/49 vorerst ihren Höhepunkt erreichte. Engels hatte selbst an der badisch-pfälzischen Revolution teilgenommen. Marx schreibt an En­gels am 1. August 1849 über die Folgen für ihre politische Situation: «Ich habe sehr viele Unruhe für Dich ausgestanden und war wirklich erfreut, gestern einen Brief von Deiner Hand zu empfangen. [..-.»] Du hast jetzt die schönste Gelegenheit, eine Geschichte oder ein Pamphlet über die badisch-pfälzische Revolution zu schreiben. Ohne Deine Teilnahme an dem Krieg selbst hätten wir mit unsern Ansichten über diesen Ulk nicht hervortreten können. Du kannst dabei die Stellung der <N [euen] Rheini-schen] Z [eitung] > zur demokratischen Partei überhaupt glänzend her­ausbeißen. Ich bin überzeugt, daß die Sache ziehn und Dir Geld einbringen wird. Ich habe Unterhandlungen eingeleitet, um eine politisch-ökonomi­sche Zeit (Monats-)schrift zu Berlin zustande zu bringen, die hauptsäch­lich von uns beiden geschrieben werden müßte.»(11)

Marx intensiviert darauf seine ökonomische Untersuchungsarbeit, was sich auch im Briefwechsel mit Engels niederschlägt.(12) Marx akzeptiert auch diese Form relativer Isolation. So schreibt er z. B. am 11. Febr. 1851 an Engels, daß die «öffentliche, authentische Isolation, worin wir zwei, Du und ich, uns jetzt befinden», ihm gefalle. «Sie entspricht ganz unsrer Stellung und unsern Prinzipien. Das System wechselseitiger Konzessio­nen, aus Anstand geduldeter Halbheiten, und die Pflicht, vor dem Publi­kum seinen Teil Lächerlichkeit in der Partei mit all diesen Eseln zu nehmen, das hat jetzt aufgehört. Nun, auch auf diese Zeilen bitte ich Dich, bald zu antworten. Ich komme hier fast nur mit Pieper zusammen und lebe ganz zurückgezogen. Du begreifst also, wie ich Dich um so mehr hier vermisse und das Bedürfnis habe, mich mit Dir auszusprechen.»(13)

Engels formuliert in seiner Antwort vom 13. Feb. scharf und pointiert die politischen Konsequenzen für die Funktionsbestimmung ihrer gemein­samen Arbeit: «Wir haben jetzt wieder einmal - seit langer Zeit zum erstenmal - Gelegenheit zu zeigen, daß wir keine Popularität, keine Unter­stützung von irgendeiner Partei irgendwelches Landes brauchen und daß unsre Position von dergleichen Lumpereien total unabhängig ist. Wir sind von jetzt an nur noch für uns selbst verantwortlich, und wenn der Moment kommt, wo die Herren uns nötig haben, sind wir in der Lage, unsre eignen Bedingungen diktieren zu können. Bis dahin haben wir wenigstens Ruhe. Freilich auch eine gewisse Einsamkeit - mon Dieu, die habe ich hier in Manchester seit 3 Monaten bereits genossen und mich dran gewöhnt, und dazu als reiner Junggeselle, was jedenfalls hier sehr langweilig ist. Wir können uns übrigens im Grund nicht einmal sehr beklagen, daß die kleinen Gernegrosse uns scheuen; haben wir nicht seit soundsoviel Jahren getan, als wären Krethi Plethi unsre Partei, wo wir gar keine Partei hatten und wo die Leute, die wir als zu unsrer Partei gehörig rechneten, wenigstens offi­ziell, mit dem Vorbehalt, sie unter uns unverbesserliche Dummköpfe zu nennen, auch nicht die Anfangsgründe unsrer Sache verstanden ? Wie pas­sen Leute wie wir, die offizielle Stellungen fliehen wie die Pest, in eine <Par-tei>? Was soll uns, die wir auf die Popularität spucken, die wir an uns selbst irre werden, wenn wir populär zu werden anfangen, eine <Partei>, d. h. eine Bande von Eseln, die auf uns schwört, weil sie uns für ihresgleichen hält? Wahrhaftig, es ist kein Verlust, wenn wir nicht mehr für den (richtigen und adäquaten Ausdruck> der bornierten Hunde gelten, mit denen uns die letz­ten Jahre zusammengeworfen hatten.

Eine Revolution ist ein reines Naturphänomen, das mehr nach physikalischen Gesetzen geleitet wird als nach den Regeln, die in ordinären Zeiten die Entwicklung der Gesellschaft bestimmen. Oder vielmehr, diese Regeln nehmen in der Revolution einen viel physikalischeren Charakter an, die materielle Gewalt der Notwendigkeit tritt heftiger hervor. Und sowie man als der Repräsentant einer Partei auftritt, wird man in den Strudel der unaufhaltsamen Naturnotwendigkeit hereingerissen. Bloß dadurch, daß man sich unabhängig hält, indem man der Sache nach revolutionärer ist als die andern, kann man wenigstens eine Zeitlang seine Selbstständigkeit gegenüber diesem Strudel behalten, schließlich wird man freilich auch hineingerissen.

Diese Stellung können und müssen wir bei der nächsten Geschichte ein­nehmen. Nicht nur keine offizielle Staatsstellung, auch solange wie mög­lich keine offizielle Parfeistellung, kein Sitz in Komitees pp., keine Verant­wortlichkeit für Esel, unbarmherzige Kritik für alle, und dazu jene Heiter­keit, die sämtliche Konspirationen von Schafsköpfen uns doch nicht neh­men werden. Und das können wir. Wir können der Sache nach immer revo­lutionärer sein als die Phrasenmacher, weil wir etwas gelernt haben, und sie nicht, weil wir wissen, was wir wollen, und sie nicht, und weil wir, nach allem, was wir während der letzten drei Jahre gesehen haben, es sehr viel kühler aufnehmen werden als irgendjemand, der an dem Geschäft interes­siert ist.

Die Hauptsache für den Moment ist: die Möglichkeit, unsre Sachen zum Druck zu bringen; entweder in einer 1/4Jahrsschrift, wo wir direkt attackie­ren und uns den Personen gegenüber unsre Position sichern [was mehr Engels Aufgabe wurde] ; oder in dicken Büchern, wo wir dasselbe tun, ohne nötig zu haben, irgendeinen dieser Spinner auch nur zu erwähnen [das blieb eher Marx' Aufgabe]. Mir ist beides recht; auf die Dauer und bei der zunehmenden Reaktion scheint mir die Möglichkeit für ersteres abzunehmen und letzteres mehr und mehr unsre Ressource zu werden, worauf wir uns werfen müssen. Was wird aus allem Klatsch und Tratsch, den der gesamte Emigrationspöbel auf Deine Rechnung machen kann, wenn Du mit der Ökonomie darauf antwortest?»(14)

Und noch deutlicher wird die Grundlage, auf die sich die Hoffnung auf die eigene politische Funktion stützte, in einem Brief Engels' an Marx vom 20. Juli 1851: «[...] daß sich überall, wie ich voraussetzte, kleine kommu­nistische Cliquen auf Grundlage des <Manifests> [Manifest der kommuni­stischen Partei] bilden, hat mich sehr gefreut. Das fehlte uns grade bei der Schwachheit des bisherigen Generalstabs. Die Soldaten finden sich von selbst, wenn die Verhältnisse so weit sind, aber die Aussicht auf einen Generalstab, der nicht aus Straubingerelementen besteht und größere Auswahl zuläßt als der bisherige von 25 Mann, die irgendwelche Bildung besitzen, ist sehr angenehm.»(15)

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Wir werden im folgenden an der Entstehungsgeschichte des <Anti-Düh-ring> zeigen, wie sich in den späteren Jahren diese Arbeitsteilung auf der Basis der gemeinsamen Grundposition darstellte. Am 1. Juli 1874 schreibt Engels zur dritten Auflage seines Buchs <Der deutsche Bauernkrieg>(16) über die deutsche Arbeiterbewegung: Die deutschen Arbeiter gehörten dem «theoretischsten Volk Europas» an und hätten «sich den theoreti­schen Sinn bewahrt, [. ..] der den sogenannten <Gebildeten> Deutsch­lands so gänzlich abhanden gekommen ist. Ohne Vorausgang der deut­schen Philosophie, namentlich Hegels, wäre der deutsche wissenschaftli­che Sozialismus — der einzige wissenschaftliche Sozialismus, der je exi­stiert hat - nie zustande gekommen. Ohne theoretischen Sinn unter den Arbeitern wäre dieser wissenschaftliche Sozialismus nie so sehr in ihr Fleisch und Blut übergegangen, wie dies der Fall ist.»(17)

Und: «Man muß den deutschen Arbeitern nachsagen, daß sie die Vorteile ihrer Lage mit seltnem Verständnis ausgebeutet haben. Zum erstenmal, seit eine Arbei­terbewegung besteht, wird der Kampf nach seinen drei Seiten hin - nach der theoretischen, der politischen und der praktisch-ökonomischen (Wi­derstand gegen die Kapitalisten) - im Einklang und Zusammenhang und planmäßig geführt. In diesem sozusagen konzentrischen Angriffe liegt gerade die Stärke und Unbesiegbarkeit der deutschen Bewegung.»(18)

Die Erhaltung dieser Einheit von Theorie und'Praxis, die für Marx und Engels identisch war mit der Erhaltung ihrer Autorität in der deutschen Arbeiterbewegung, ist die politische Begründung für Engels' Eingreifen in die ideologische Auseinandersetzung um den Berliner Privatgelehrten Eugen Dühring.

So schreibt Engels an Marx am 24. Mai 1876: « Der Fluch der bezahlten Agitatoren, der Halbgebildeten, fällt schwer auf unsre Partei in Deutsch­land. Wenn das so fortgeht, so werden die Lassalleaner die klarsten Köpfe sein, weil sie am wenigsten Unsinn aufnehmen und Lassalles Schriften die am wenigsten schädlichen Agitationsmittel. Ich möchte wissen, was die­ser Most eigentlich von uns will, und wie wir verfahren sollen, um es ihm recht zu machen. Es ist klar: in der Vorstellung dieser Leute hat sich Düh­ring durch seine hundskommunen Angriffe gegen Dich uns gegenüber unverletzlich gemacht, denn wenn wir seinen theoretischen Blödsinn lächerlich machen, so ist das Rache gegenüber jenen Personalien! [. ..] Dieser Mensch, Most meine ich, hat es fertiggebracht, das ganze <Kapital> zu exzerpieren und doch nichts draus zu kapieren. [. ..] All dergleichen Blödsinn wäre unmöglich, wenn statt Wilhelms [Liebknecht] ein Mann von nur einiger theoretischer Einsicht an der Spitze stände, jemand, der nicht jeden nur möglichen Blödsinn-je toller, desto besser-mit Wollust drucken ließe und den Arbeitern mit der ganzen Autorität des <Volks-staats> empföhle. Kurz, die Geschichte hat mich wütend geärgert, und es fragt sich, ob es nicht an der Zeit sein wird, unsre Stellung vis-ä-vis diesen Herren in ernstliche Erwähnung zu ziehn.

Für den dummen Wilhelm ist das alles nur ein erwünschter Vorwand, auf Manuskript zu pressen. Welch ein Parteiführer!»(19)

Marx antwortet darauf am 25. Mai:

«Meine Ansicht ist, daß <Stellung vis-ä-vis diesen Herrn> nur genom­men werden kann, indem ohne alle Rücksicht Dühring kritisiert wird. Er hat offenbar unter den ihm zugetanen literarischen Knoten-Strebern gewühlt, um solche Kritik zu verhindern; sie ihrerseits rechneten auf Lieb­knechts ihnen wohlbekannte Schwäche. Liebknecht hatte, nebenbei be­merkt, und dies muß ihm gesagt werden, die Pflicht, diesen Burschen zu erklären, daß er wiederholt solche Kritik verlangt und wir jahrelang (denn die Geschieht beginnt seit meiner ersten Rückreise von Karlsbad [Sept. 1874]) dies als eine zu subalterne Arbeit abgelehnt. Die Sache, wie er weiß und wie seine Briefe an uns beweisen, schien erst der Mühe wert, als er durch wiederholte Zusendung von Knotenbriefen uns auf die Gefahr einer Verflachungspropaganda unter der Partei aufmerksam gemacht.

Was Herrn Most im besonderen betrifft, so muß er naturgemäß den Dühring für einen gediegenen Denker halten, weil selbiger nicht nur in Vorlesung vor Arbeitern in Berlin, sondern später auch schwarz auf weiß gedruckt die Entdeckung verbreitet hat, daß Most erst etwas Vernünftiges aus dem <Kapital> gemacht hat. Dühring schmeichelt systematisch diesen Knoten, als wessen sie sich unsrerseits nicht zu beklagen haben. Der Ärger von Most und Comp. über die Art, wie Du den schwäbischen Proudhonia-ner mundstill gemacht(20), ist charakteristisch. Es ist ein warnendes Exem-pel, wovor ihnen grauet, und sie wollen solch Verfahren ein für allemal auf dem Weg des Klatschs, gesinnungstüchtiger Bonhomie und entrüsteter Bruderliebe verunmöglichen.»(21)

Engels erklärt sich am 28. Mai 1876 bereit, das Pamphlet gegen Dühring zu verfassen: «Du hast gut sprechen. Du kannst im warmen Bett liegen - russische Bodenverhältnisse im besonderen und Grundrente im allgemeinen treiben, und nichts unterbricht Dich -, ich aber soll auf der harten Bank sitzen und den kalten Wein saufen, plötzlich wieder alles unterbrechen (22) und dem langweiligen Dühring auf den Pelz rücken. Indes, es wird wohl nicht anders gehn, wenn ich mich auch in eine Polemik einlasse, deren Ende gar nicht abzusehn ist; ich bekomme sonst doch keine Ruhe, und dann hat mir Freund Mosts Lobrede auf den <Cursus der Philosophie) von Dühring genau gezeigt, von wo und wie der Angriff zu führen ist. Das Buch muß mit hineingenommen werden, weil es in vie­len entscheidenden Punkten die schwachen Seiten und Grundlagen des in der <Ökonomie> geführten Räsonnements besser enthüllt. Ich bestelle es sogleich. Nämlich von eigentlicher Philosophie - formelle Logik, Dialek­tik, Metaphysik etc. ist gar nichts drin, es soll vielmehr eine allgemeine Wissenschaftslehre darstellen, worin Natur, Geschichte, Gesellschaft, Staat, Recht etc. in einem vorgeblich innern Zusammenhang abgehandelt werden. So ist wieder ein ganzer Abschnitt da, worin die Zukunfts- oder sog. <freie> Gesellschaft nach den weniger ökonomischen Seiten hin beschrieben und u. a. bereits der Schulplan für die Primär- und Sekundär­schulen der Zukunft festgestellt wird. Man bekommt also hier die Gemein­plätze in einer noch simpleren Form als in dem ökonomischen Buch und kann, beide Schriften zusammennehmend, den Kerl gleichzeitig auch nach dieser Seite hin aufdecken. Für die Geschichtsauffassung des Edlen - daß alles Schund war bis auf D [ühring] - hat das Buch noch den Vorteil, daß man hier seine eignen krassen Worte zitieren kann. Jedenfalls habe ich ihn jetzt gefaßt. Mein Plan ist fertig - ich habe meinen Plan. Anfangs gehe ich rein sachlich und scheinbar ernsthaft auf den Kram ein, und die Behand­lung verschärft sich in dem Maß, wie der Nachweis des Unsinns auf der einen Seite, der Gemeinplätzlichkeit auf der andren sich häuft, und zuletzt regnet's dann hageldick. Auf diese Weise ist den Most und Co. der Vor­wand der <Lieblosigkeit> etc. entzogen, und D [ühring] bekommt doch sein Fett weg. Die Herren sollen doch sehn, daß man mehr als eine Manier hat, mit dergleichen Volk fertig zu werden. [....]

Es ist W [ilhelm] s Sucht, dem Mangel unsrer Theorie abzuhelfen, auf jeden Philistereinwand eine Antwort zu haben und von der zukünftigen Gesellschaft ein Bild zu haben, weil doch auch der Philister sie darüber interpelliert; und daneben, auch theoretisch möglichst unabhängig von uns zu sein, was ihm bei seinem totalen Mangel aller Theorie von jeher weit besser gelungen ist, als er selbst weiß. Dadurch versetzt er mich aber in eine Position, daß ich mir sagen muß, daß D [ühring] noch immer ein gebildeter Mann ist gegenüber den theoretischen Pfuschern im <Volks-staat), und seine Werke immer noch besser, als die jener subjektiv und objektiv dunkeln Herren [. . .]

Für den Dühring tun mir mein Repetitorium der alten Geschichte und meine naturwissenschaftlichen Studien große Dienste und erleichtern mir die Sache in vieler Beziehung. Besonders im Naturwissenschaftlichen finde ich, daß mir das Terrain bedeutend vertrauter geworden und ich mich darauf, wenn auch mit großer Vorsicht, doch auch mit einiger Frei­heit und Sicherheit bewegen kann.»(23)

Die wiederholte Erwähnung Mosts im Zusammenhang der politischen Begründung des <Anti-Dühring) stellt die Frage, welche Bedeutung Marx und Engels Most und seinen Anhängern zumaßen: Most wird zu einem Nachfolger der oben erwähnten <Straubinger>, den Arbeitern außerhalb der fortschrittlichen Arbeiterbewegung. So schreibt Marx an F. A. Sorge aml9. Okt. 1877: «Engels' Zeit ist für den Augenblick in der verschieden­sten Weise beansprucht, erstens Arbeit für den <VorwärtS) [d. h. für den <Anti-Dühring)], zweitens Überflutung von Philisterbesuchen aus Deutschland [. . .] In Deutschland macht sich in unsrer Partei, nicht so sehr in der Masse, als unter den Führern (höherklassigen und <Arbeitern>) ein fauler Geist geltend. Der Kompromiß mit den Lassaleanern hat zu Kompromiß auch mit andern Halbheiten geführt, in Berlin (via Most) mit Dühring und seinen <Bewunderern>, außerdem aber mit einer ganzen Bande halbreifer Studiosen und überweiser Doktoren, die dem Sozialis­mus eine <höhere, ideale> Wendung geben wollen, d. h. die materialistische Basis (die ernstes, objektives Studium erheischt, wenn man auf ihr operie­ren will) zu ersetzen durch moderne Mythologie mit ihren Göttinnen der Gerechtigkeit, Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. [. . .]

Die Arbeiter selbst, wenn sie wie Herr Most et Cons. das Arbeiten aufge­ben und Literaten von Profession werden, stiften stets <theoretisch> Unheil an und sind stets bereit, sich an Wirrköpfe aus der angeblich <gelehrten> Kaste anzuschließen. Namentlich, was wir seit Jahrzehnten mit so viel Arbeit und Mühe aus den Köpfen der deutschen Arbeiter gefegt und was selben das theoretische Übergewicht (daher auch das praktische) über Franzosen und Engländer gab — der utopistische Sozialismus, das Phanta­sierespiel über den künftigen Gesellschaftsbau — grassiert wieder und in einer viel nichtigeren Form, nicht nur verglichen mit den großen französi­schen und englischen Utopisten, sondern mit - Weitling. Es ist natürlich, daß der Utopismus, der vor der Zeit des materialistisch-kritischen Sozia­lismus letzteren in nuce in sich barg, jetzt wo er post festum kommt, nur noch albern sein kann, albern, fad und von Grund aus reaktionär.»(24)

Hier und an anderen Stellen und vor allem in der Art der Antwort im «Anti-Dühring» auf diese ideologischen Erscheinungen wird heute (post festum) deutlich, daß Engels die Aufgabe hatte, die politische Funktion von Marx und Engels als Lehrmeistern der deutschen Arbeiterbewegung gegen andere Ideologen zu verteidigen, ohne daß der Versuch gemacht worden wäre, Ideologie, politisches Verhalten der <Massen> und die geschichtliche Aufgabe der Intellektuellen <dialektisch-materialistisch> zu verbinden. Die Vermutung liegt nahe, daß Marx und Engels dies schon deswegen nicht konnten, weil sie dann über ihre eigene Stellung und Funk­tion in der Arbeiterbewegung hätten nachdenken müssen, was zumindest den Glauben an ihre eigene Arbeit verunsichert hätte. Die Fortsetzung die­ser ihrer eigentlichen Aufgabe war mit zunehmendem Alter für beide mehr und mehr ihr einziges Anliegen.

Marx hatte sich von vornherein geweigert, sich in den ideologischen Tageskampf zu involvieren. So schreibt er z. B. am 7. Okt. 1876 an Wil­helm Liebknecht : « Nach einem Brief, den Du an Engels geschrieben, hat­test Du dem Kongreß erklärt, Engels werde den Dühring abhandeln. Statt dessen fand er - und zeigte mir gleich bei meiner Ankunft in Karlsbad — zu großer Befremdung- den <Volksstaat>-Bericht, wonach Du erklärt hast, ich (was mir im Traum nicht einfällt) werde mich mit Dühring auseinan­dersetzen. [. . .] Engels ist mit der Dühring-Arbeit beschäftigt. Es ist ein großes Opfer seinerseits, da er zu diesem Behuf eine ungleich wichti­gere Arbeit unterbrechen muß.»(25)

Und Engels schreibt am 25. Juli 1877 an Franz Wiede: «Was nun meine Mitarbeiterschaft an der von Ihnen beabsichtigten Zeitschrift betrifft, so kann ich Ihnen augenblicklich leider keine bestimmten Ver­sprechungen machen. Sobald ich mit der Kritik Dührings für den <V [or] -w [är] ts> fertig bin, werde ich genötigt sein, alle meine Kräfte auf eine seit Jahren geplante größere selbstständige Arbeit zu konzentrieren, an deren Vollendung mich - neben äußeren Umständen - auch meine Mitar­beiterschaft an sozialistischen Organen bisher verhindert hat. Wenn man seine 56 Jahre auf dem Nacken hat, so muß man sich endlich entschließen, mit seiner Zeit Rat zu halten, damit aus den Vorarbeiten schließlich noch etwas wird.»(26)

Zur Vollständigkeit sei noch folgendes nachgetragen:

Marx steuerte aus seinen Vorarbeiten für den II. Band des <Kapitals> das Kapitel über die <kritische Geschichte) zum <Anti-Dühring> bei.(27) Die poli­tische Reaktion in Deutschland bekräftigte die Illusion der These von Marx und Engels, daß richtige Theorie die gewaltigste Waffe im Kampf um die proletarische Emanzipation sei. So schreibt Engels an Johann Ph. Becker am 12. Dezember 1878: «Den <Dühring> haben mir die Preußen jetzt glücklich auch verboten. Es darf nichts mehr in Deutschland verkauft werden, was gegen sozialistisch tuende Krakeeler gerichtet ist. So sind alle gegen die Bakunisten gerichteten Schriften von Greulich, von mir usw. verboten worden. Anarchistische und Dühringsche Klüngelei, rechnet Bismarck, sollen den Zusammenhang unsrer Leute lockern und das herbei­führen, wonach er sich vor allem sehnt — einen Putschversuch, damit er schießen kann. Trotz alledem benehmen sich unsre Arbeiter in Deutsch­land ganz famos, und ich hoffe, das ganze preußische Reich wird an ihnen zuschanden. Das aber erreicht Herr Bismarck: Wenn der Tanz in Rußland losgeht - und das dauert nicht lange mehr -, wird die Sache auch in Deutschland so ziemlich reif sein.»(28)

Endnoten

2) MEW Bd. 27, S. 8.
3) Ebd. S. 9 f.
4) Ebd. S. 12.
5) Ebd. S. 16.
6) Ebd.
7) Ebd. S. 20 f.
8) Ebd. S. 26.
9) Engels an Marx vom 22.-26. Febr. und 7. März 1845, ebd. S. 19.
10) Engels an Marx vom Dezember 1846, ebd. S. 70f.
11) Ebd. S. 139.
12) Briefe aus den Jahren 1850 und 1851, vor allem Marx an Engels vom 7. Jan. 1851 (ebd. S. 157-162), Engels an Marx vom 29. Jan. 1851 (ebd. S. 170-172) und Marx an Engels vom 3. Febr. 1851 (ebd. S. 173-177).
13) Ebd. S. 184f.
14) Ebd. S. 189 ff.
15) Ebd. S. 288f.
16) MEW Bd. 7 und Textbd. 3.
17) Friedrich Engels, Nachtrag von 1874 zur Vorbemerkung von 1870 von «Der , deutsche Bauernkrieg», MEW Bd. 18, S. 516, und Textbd. 3.
18) Ebd. S. 516f.
19) MEW Bd. 34, S. 12f.
20) Gemeint ist Engels' Schrift «Zur Wohnungsfrage», MEW Bd. 18, S. 209 ff, (s. auch Textbd. 4), eine scharfe Kritik an dem Proudhonisten A. Mülberger.
21) MEW Bd. 34, S. 14f.
22) Gemeint ist die Arbeit Engels' an der «Dialektik der Natur».
23) Engels an Marx, MEW Bd. 34, S. 17 ff.
24) Ebd. S. 302 f.
25) Ebd. S. 209.
26) Ebd. S. 283.
27) Vgl. Brief Engels' an Marx vom 6. März 1877, ebd. S. 37 f.
28) Ebd. S. 366.

Textquelle:

Debatte um Engels Band 1, Weltanschauung, Naturerkenntnis, Erkenntnistheorie, hrg. v. Hartmut Mehringer und Gottfried Mergner, Hamburg 1973, S. 11-20

Gottfried Mergner wurde 1940 in Würzburg geboren und studierte Öffentliches Recht, Politik und Geschichte in Erlangen, Frankfurt und Amsterdam. Während seiner Studienzeit gehörte er als Mitglied des Sozialistischen Deutschen Stundenbundes (SDS) der außerparlamentarischen Opposition an. Nach seiner Promotion und Tätigkeit als Lektor beim Rowohlt-Verlag begann er 1972 seine Lehrtätigkeit an der Pädagogischen Hochschule Bielefeld. Ein Jahr später setzte er seine wissenschaftliche Laufbahn an der neu gegründeten Universität Oldenburg fort, wo er sich 1978 mit einer Arbeit über Erziehungstheorien und -konzepte in der Weimarer Republik habilitierte. Anfang der 80er Jahre wandte sich Mergner mit der Einführung der Studienganges Interkulturelle Pädagogik den Sozialbewegungen der sogenannten Dritten Welt zu. Mehrere Forschungsaufenthalte führten ihn nach Indonesien, Tansania, Kenia, Simbabwe, Eritrea und Südafrika. Maßgeblich war er an der ergfolgreichen Kooperation mit der Universität von Port Elizabeth (Südafrika) beteiligt. Etliche seiner vielen Veröffentlichungen zu sozialen Bewegungen, zu Beziehungen zwischen Herrschaftskulturen und kolonisierten Regionen, zu Kommunikationsformen mit Fremden u.a. sind kürzlich in zwei Sammelbänden im Argument-Verlag erschienen. (Quelle: https://www.presse.uni-oldenburg.de)