http://www.vsp-vernetzt.de/NPD-Verb.htm

Zum Kampf 
gegen den Rechtsextremismus heute

Notizen für ein Referat

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746 Anschläge im Jahr 1999, darunter Morde und versuchte Morde, Verletzungen. Und im Jahr 2000 geht es weiter, Schwarze werden zu Tode gehetzt und Totgeschlagen, Flüchtlinge und Obdachlose mißhandelt, jüdische Grabstätten geschändet, "Erst nach dem Amoklauf und dem Tod dreier PolizistInnen durch einen rechtsradikalen Dortmunder und den feigen Mordanschlag in Düsseldorf, scheint die Öffentlichkeit für die Untaten der Neonazis sensibilisiert zu sein." (dg in Freies Denken, Humanistischer Verband NRW, Heft Oktober 2000).

Was heißt "die Öffentlichkeit"? In der Tat gibt es eine Wende. Man merkt es an der Berichterstattung in allen Medien. Die herrschenden politischen Kreise haben sich für diese Wende entschieden. Man kann sagen "die Bourgeoisie": alle sich öffentlichen äußernden Entscheidungsträger, nicht nur aus der Politik, auch aus den Unternehmerverbänden. Natürlich tun sie es aus ihren eigenen Interessen, und sie sagen es auch: Es geht um das Ansehen "im Ausland", bei den Verbündeten und "Partnern", es geht um Deutschland als "Investitionsstandort" (die Attraktivität für Kapitalanlagen aus dem Ausland) und um günstige Bedingungen für deutsche Kapitalanlagen im Ausland, vor allem in den USA. Plötzlich agitiert man in jeder Zeitung gegen rechte Schläger und Mörder, schildert die Schicksale von Opfern — vergißt bloß meistens die zu erwähnen, die sich in der Abschiebehaft selbst umgebracht haben oder die "aus Versehen" von Polizisten oder BGSlern getötet oder schwer verletzt wurden. Der Rassismus bleibt, aber der Rassismus der tumben Art ("Kinder statt Inder", wie CDU-Rüttgers reimte) ist offiziell ersetzt durch den pragmatischen Rassismus, der die Ausbeutung der Arbeitskraft der Greencard-Inder nicht versäumen will.

Sie haben aus eigenem Interesse eine neue Politik ins Rollen gebracht - zweifellos. Trotzdem haben sie damit ein Bresche geöffnet. Dieses Risiko sind sie bewußt eingegangen. Es ist unsere Sache dafür zu sorgen, daß sie wirklich etwas riskieren. Die Linke hat alles Interesse, diese Bresche auf ihre Weise für wirklichen antifaschistischen Kampf zu nutzen. >Warum kann man sagen, daß sie wirklich eine Wende eingeleitet haben, und zwar eine, die nicht so kurzfristig ist wie zur "Lichterketten-Zeit"? Wegen der Initiative für ein NPD-Verbot. Die scheint sich durchzusetzen; die rechtskonservativen Säcke, die halbherzig dagegen maulen, haben es nicht leicht. Mit dem NPD-Verbot geht die Bourgeoisie das Risiko ein, daß sich die Debatte zeitlich ausdehnt (geht vor das Verfassungsgericht, das Verfahren dürfte sich zwei Jahre lang hinziehen), vertieft, verbreitert. Sie geht sogar das Risiko ein, daß die Sache in die Hose geht (wenn dies auch wenig wahrscheinlich ist, denn die Richter in Karlsruhe sind Fleisch vom Fleisch der bürgerlichen Politikerkaste und teilen deren Stimmungen und Gefühle). Das Hauptrisiko aber ist, daß eine wirkliche Bewegung von unten entsteht, die den schreienden Widerspruch zum Thema macht: daß nämlich die offizielle bürgerliche Politik nicht erst von der Änderung des Grundrechts aufs Asyl an und bis heute einen Teil des Naziprogramms verwirklicht und mit vielem ihrer Politik und Rhetorik auf die Naziterroristen ermutigend wirkt. Wenn die Diskussion noch weiter geht, und immer mehr Menschen verstehen, daß die soziale Kälte der "neoliberalen Politik" rechtsextremistische Radikalisierung begünstigt, kann der Schuß für die Bürgerlichen sogar nach hinten losgehen. Es ist unsere Aufgabe, dazu beizutragen, daß sie den vollen Preis bezahlen.

Zur NPD

Mit der NPD ist eine Partei ins Visier geraten, die sowohl zeitgeschichtlich als auch aktuell eine ganz zentrale Rolle im rechtsextremistischen Spektrum spielt. Als die REPs ihren wahlpolitischen Aufschwung hatten, war das zeitweise verdeckt. Man konnte den Eindruck gewinnen, die NPD könnte im rechtsextremistischen Formierungsprozeß eine zweitrangige Rolle spielen. Aktuell sieht das wieder anders aus.

Als die NPD am 28.11.1964 (in Hannover) gegründet wurden, waren auf Führungsebene Mitglieder der 1952 verbotenen "Sozialistischen Reichspartei" dabei, die sich offen in die Kontinuität der NSDAP gestellt hatte. In den 60er Jahren stieg der Mitgliedsbestand auf 28.000, mit bis zu 9,8 Prozent der Stimmen eroberte die NPD Sitze in sieben Landesparlamenten. Die Inhalte ihrer Agitation waren vornehmlich vom Revanchismus bestimmt: Sie forderte nicht nur die Wiedervereinigung Deutschlands, sondern auch die Wiederherstellung Deutschlands "in den Grenzen von 1937". Der offiziellen bürgerlichen Politik warf sie vor, die offiziellen Ziele zu hintertreiben und den proklamierten Antikommunismus und Antisowjetismus nicht ernsthaft genug zu praktizieren. . In sozialer Hinsicht schürte sie die kleinbürgerlichen Ressentiments gegen das große Finanzkapital und "Brüssel". In den 70er Jahren ging der Einfluß der NPD langsam zurück. Dies dank der Jugendradikalisierung und ihrer längerfristigen Folgen. Die NPD wehrte sich geharnischt gegen die Ostpolitik, gegen die Reformen der SPD-geführten Regierungen im Bildungswesen, sah "die Apo", die DKP, die "Linksextremisten" überall am Werk, bezeichnete die ARD und die meisten dritten Regionalprogramme als "Rotfunk" usw. Sie wirkte zweitweilig wie eine rabiatere Ausgabe der CDU oder auch außer Mode, "ewig gestrig". Sie zerriß aber nie die Nabelschnur der von ihr offiziell (um Repressalien zu entgehen) geleugneten Kontinuität zum Faschismus und vor allem zum deutschen Nationalsozialismus. Dazu gehören die ständig wiederkehrenden Kampagnen zur "Holocaust-Leugnung", z.B. die "Esel-Aktionen" ("Nur Esel glauben, ..."). Dazu gehören die (manchmal als Antizionismus getarnten) antisemitischen Tiraden. Dazu gehört die schwarweißrote Identität und Symbolik.

Die 1969 gegründeten "Jungen Nationaldemokraten" (JN) dienten als Vehikel für öffentlichkeitswirksame und militante Aktionen, damit man nicht nur geifernde Rentner zu den Seinen zählt. Dies war, wie sich zeigt, ein wichtiger Schritt. In den 80er Jahren (Vorsitzender: der als "Holocaust-Leugner" verurteilte Günter Deckert) konzentrierte sich die NPD auf rassistische Kampagnen "gegen Asylanten" usw. Nach der "Wende" 1989/90 erhielt sie mächtige Schubkraft durch die offizielle Politik und das Entstehen eines breiteren gewaltbereiten rechtsextremistischen Jungmännermilieus. NPD-Mitglieder waren nachweislich an Anschlägen beteiligt. Die Zusammenarbeit mit rechten Skinhead-Schlägern (die bei NPD-Veranstaltungen als Saalschutz dienen und bei NPD- Demonstrationen mitmarschieren) ist notorisch.

Inzwischen ist Udo Voigt Vorsitzender. Die JN wird heute auf 350 Mitglieder geschätzt und gilt als größte, festeste, aktivste rechtsextremistische Jugendorganisation. Die Zahl der NPD-Mitglieder soll auf 6000 wiederangestiegen sein. Die NPD arbeitet (trotz gelegentlicher taktisch motivierter Verbaldistanzierungen) systematisch mit neonazistischen Organisationen und Verbänden zusammen (Skin-Bewegung "Blood and Honour", Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V. (HNG) usw.) Die Orientierungsprobleme der 90er Jahre scheinen gelöst worden zu sein. Wichtig war das Wegfallen des Wiedervereinigungsthemas und die Fähigkeit, die rassistischen Kampagnen durch eine systematische klassisch faschistische Sozialdemagogie zu ergänzen. Genauso wichtig die "Scharnierfunktion" der NPD zwischen Neonazi- und Skin-Szene (wird auf 9000 Anhänger geschätzt) bis hin zum rechtskonservativen Lager. Die NPD-Führung kombiniert bewußt Legalismus und Vorbereitung des Bürgerkriegs (wenn letzteres auch in der begrenzten Weise, die heute möglich ist). Es sollte nicht vergessen sein, daß in ihrem Umfeld Waffen gehortet, paramilitärische Übungen veranstaltet und Listen der "morgen" zu liquidierenden Feinde erstellt werden.

Verbotsforderung

Vor einigen Ausgaben hat Angela in der SoZ geschrieben, man könne schlecht gegen ein Verbot der NPD sein, es komme aber darauf an, wesentlich weiter zu gehen. Das ist richtig, aber warum diese etwas verlegen klingende Formel? Der Grund ist die in unserer politischen, auf Trotzki zurückgehenden Strömung sehr präsente Erfahrung, welche schlimme Rolle das Vertrauen auf staatliche Maßnahmen gegen faschistische Kräfte in der Weimarer Republik (und anderswo) gespielt hatte. Trotzki beschwor die deutsche Arbeiterbewegung, auf die eigene Kraft zu vertrauen, sich zusammenzutun gegen den nationalsozialistischen Feind (ebenso wie gegen Lohn- und Sozialkürzungen) und sich selbst zu verteidigen. Hieraus hätte ein Umschwung erwachsen können, aus den Einheitsfrontorganen hätte sogar von unten her eine Rätemacht hervorgehen und die sozialistische Revolution möglich machen können. Staatliche Repression wendete sich letzten Endes immer gegen die Linke und gegen "die da unten".
Die Lehren bleiben wertvoll, aber heute ist einiges anders. V.a. ist die BRD offiziell Nachfolgestaat des "3. Reichs" und mußte daher ausdrückliche Anti-Nazi-Bestimmungen in Gesetzesform verabschieden. Auch ist die Arbeiterbeweguing nicht im Zustand von damals (man vergleiche nur den Grad der Selbstorganisation einschließlich von Kampfverbänden) und die Spaltung in zwei Lager (die mit der Spaltung in Nocherwersarbeitende und Erwerbslose zusammenfiel) ist heute nicht das Problem Nr.1. Es ist richtig, wenn Revolutionäre heute das Einhalten der Anti-Nazi-Gesetze einklagen und zugleich alles tun, damit breite Anti-Nazi-Bewegungen entstehen. Es ist auch richtig: Was die Bürgerlichen tun, die nur Verbot sagen und vielleicht noch "mehr Aufklärung", reicht nicht. Aber was Autonome sagen ("stürmt die NPD-Zentrale") ist unpolitisch und sektiererisch. Man muß beides verbinden: das Wirken auf politischer Ebene und die Förderung von breiter Mobilisierung, Selbstverteidigung, Selbstorganisation von unten. Aber wie?

Es klingt nicht offensiv, wenn man etwas verlegen sagt, man sei nicht gegen das Verbot der NPD. So wird keine Schlacht gewonnen, nichtmal ein Scharmützel! Man muß, weil es heute im Zentrum steht, klar und deutlich sagen: "Verbot der NPD — aufgrund der Anti-Nazi- Gesetze!" Und man muß zugleich sagen, daß hierfür nicht dem Staat vertraut werden kann, alleine schon, weil seine Repressionsorgane mit Sympathisanten des Rechtsextremismus durchsetzt sind. Und man kann an eine jüngere Erfahrung aus der deutschen Geschichte anknüpfen: An die Stasi-Auflösungskomitees, die beim Sturz des SED-Regimes entstanden waren. Das ist es also: Breite Mobilisierung für das Verbot der NPD und aller Neonaziorganisation! Bildung von NPD-Auflösungskomitees aus Vertreterinnen und Vertretern von Antifa-Initiativen, Flüchtlings- und ImmigrantInnen-Organisationen, Gewerkschaften, politischen Organisationen, Kulturschaffenden und Bürgerinnen und Bürgern, die sich entsprechend engagieren wollen.

Diese Komitees stellen sich die Aufgabe während der ganzen Dauer der Debatte einschließlich der Verhandlung vor dem BVG die Realität der NPD, der JN und aller Neonazi-Organisationen an jedem Ort genau zu erkunden, deren Aktivität an den Pranger zu stellen, deren öffentliches Auftreten wo immer möglich zu verhindern, die Verteidigung aller ihrer potentiellen Opfer zu organisieren, ihnen ihre Schlupfwinkel (Treffpunkte, Kneipenhinterzimmer usw.) unbewohnbar zu machen und ihre wirkliche Auflösung nach dem Verbot zu kontrollieren und selbst sicherzustellen.

Wichtig bei der Schaffung der Komitees ist darauf zu achten, daß sie möglichst breit und repräsentativ und zugleich wirklich aktiv sind. Sie sollen das Tummelfeld aller militanten Antifaschisten werden, aber auch z.B. aller SPD- oder PDS- Anhängerinnen und —Anhänger, die wirklich etwas gegen die NPD und die Neonazis tun wollen.

Propaganda und Aktion

In der allgemeinen politischen Argumentation gibt es zwei Stränge: a) die ständige Aufklärung über die Rolle der Nazis und Nazideutschlands und die Notwendigkeit des völligen Bruchs mit aller Kontinuität damit b) der Zusammenhang von kapitalistischer Gesellschaftsordnung, ihrer strukturellen Krise und dem Aufkommen faschistischer Massenbewegungen, die ggf. die "letzte Karte" der Bourgeoisie werden können.

Zu beidem gehört dann auch die scharfe und unumwundene Kritik an der prokapitalistischen, imperialistischen und in vielerlei Hinsicht auch rassistischen Politik der SPD/Bündnis-Grünen-Regierung.

Das darf aber nicht heißen, die gemeinsame Aktion mit diesen Parteien sei nicht möglich. Die Welt ist nunmal widersprüchlich. Im offiziellen politischen Leben ist die SPD eine Art CDU, alle sind angeblich "Demokraten". Auf örtlicher Ebene werden immer Sozialdemokraten und Grüne bei breiten Aktionseinheiten mitmachen, oft sozialdemokratisch orientierte Verbände und ganze Parteigliederungen.

Je breiter, desto besser. Alle linken und antifaschistischen Gruppen und Grüppchen können das nicht ersetzen. DGB und Einzelgewerkschaften, SPD und Grüne sollten immer gefordert werden, mitzumachen, die PDS sollte immer Teil solcher Aktionseinheiten sein.

Aber man muß auf ernsthafte Aktivität drängen. Die in der SoZ 20/2000 (v. 28.9) geschilderten Vorgänge in Düsseldorf sind symptomatisch. Nazis greifen nicht mehr nur isolierte Opfer an, die in ihr krankes Feindbild passen. Sie greifen Versammlungen unter freiem Himmel an wie die des "Düsseldorfer Appells", die von 700 Leuten besucht und zu der SPD, DGB-Gewerkschaften, PDS, Grünen, Kirchen und Jüdischer Gemeinde mitaufgerufen hatten. Die Polizei greift nicht gegen die Nazi-Schläger durch, sondern gegen antifaschistische AktivistInnen. Das ist sie wieder, die alte Lehre! Kein Vertrauen in die staatlichen Repressionsorgane! Keine solche Versammlung, keine Veranstaltung mehr ohne gemeinsam von den aufrufenden Organisationen selbst organisierten Schutz! Untersuchungskomitee der Vorfälle, Alarmierung der Öffentlichkeit, bis die Täter überführt sind!

Man darf keine Scheu haben mit denselben politisch bürgerlichen Sozialdemokraten in einer breiten Aktionseinheit zu sitzen, deren Politik ansonsten viel Ermutigung für die Neonazis bringt. Im Gegenteil: Nur im Rahmen breiter Mobilisierung und Selbstaktivität von unten entstehen die Foren, in denen unsere Propaganda überhaupt Sinn macht, weil sie dort von vielen Menschen aufgegriffen und weitergetragen werden kann, die sich selbst aktiviert haben.
Nur die Passivität von unten sichert den Sozialdemokraten, den Reformisten und Olivgrünen ihre heute scheinbar so unangefochtene Hegemonie. In einem Klima der Mobilisierung, der Selbstaktivität von unten müssen sie an Einfluß verlieren, und zwar desto mehr, je breiter diese Selbstaktivität von Arbeiterinnen und Arbeitern, Erwerbslosen, Jugendlichen, Ausgegrenzten usw. aller Nationalität und Herkunft ist.

Soziale Fragen und Kampf gegen die Neonazis

Zahlen zeigen, daß es in den neuen Bundesländern gemessen an der Bevölkerungszahl deutlich mehr rassistische Anschläge und gewaltbereite rechtsextremistische Jugendliche gibt als in den alten. Es geht nicht darum, die Gefahr im Westen zu verniedlichen. Aber man bracht auch nicht schamhaft zu verschweigen, was ist. Wir haben schon 1990 davor gewarnt: Die Wiedervereinigung im schwarrotgoldenen DM-Taumel und die Schaffung eines ostdeutschen Mezzogiorno mußte solche Folgen haben. Vor allem, wenn die sozialistische Linke in die Knie geht und sich anpaßt.

Viele Zutaten der 20er und frühen 30er Jahre fehlen. Nicht nur die Kampfverbände der Arbeiterbewegung, sondern auch die vielen demobiliserten Offiziere und Unteroffiziere, die in der Nachkriegsgesellschaft keinen Platz fanden, die Nostalgie des Krieges pflegten, die voller Ressentiments und Rachdurst waren, die Angst hatten, völlig zu verarmen, und die gelernt haben, militärisch zu kämpfen und im Kommandoton zu sprechen. Wenn man das so sagt, dann merkt man, daß wenn es ähnlich fühlende Menschen mit ähnlichen Erfahrungen gibt, dann solche aus dem alten DDR-Staatsapparat....

Internationale Bewegungen wie (beispielsweise) die von Seattle zu Prag gegen MAI, WTO, IWF und Weltbank, wie der Frauenmarsch gegen Armut und Gewalt, wie die Euromärsche gegen Erwerbslosigkeit, Ausgrenzung und Rassismus sind die wirklichen gegenproportionalen Bewegungen zum Neofaschismus. Das muß sehr bewußt gemacht werden. Im Klima ihrer Ausdehnung können neofaschistische Bewegungen nur geschwächt werden.

Es ist richtig, daß wir revolutionäre Sozialistinnen und Sozialisten kein Gleichheitszeichen setzen sollen zwischen den sozialen Auswirkungen der kapitalistischen Strukturkrise (Erwerbslosigkeit, Sozialabbau, Reallohnabbau) und Nazismus und Rassismus. Einen mechanischen Zusammenhang gibt es nicht. Deshalb ist Kampf gegen Sozialabbau und für Arbeitszeitverkürzung noch kein antifaschistischer und antirassistischer Kampf. Aber einen Zusammenhang gibt es: Je schwächer die radikal linken, sozialistischen, revolutionären, internationalistischen Aktivitäten sind, je angepaßter und "gemäßigter" die Mainstream-Linke, desto eher wird der sozial bedingte Frust in rechte Radikalisierung umschlagen. Und je mehr die Linke die antinazistische Aufklärung, die Selbstverteidigung und das entschlossene politische Vorgehen gegen die Neonazis vernachlässigt, desto weniger wird es ihr nützen, die sozialen Probleme aufzugreifen.

Manuel, im September 2000