Gegen Terror oder für Öl?
Über die niederen und höheren Motive des US-Kriegs gegen den Irak

ein Landplage-Kommentar
12/02
 
 
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Die USA erklären den Irak zum nächsten Objekt ihres "war on terrorism", bereiten zielstrebig den "Regimewechsel" und die "Entwaffnung" dieses Staates vor und lassen keinerlei Zweifel an ihrer Entschlossenheit aufkommen, zu diesem Zweck einen veritablen Krieg im Mittleren Osten anzuzetteln. Und was fällt dazu Kritikern hierzulande und anderswo ein? Sie sind sich (wieder mal) sicher, dass es den USA im Fall des Iraks um etwas ganz anderes geht:

"In der Debatte um den Krieg gegen den Irak verbergen die USA, aber auch die Europäer ihre wahren Absichten. Hier wird der Widerspruch zwischen Ideologie und Ökonomie thematisiert, der unausgesprochen die Gemengelage der Motive für einen Krieg gegen Saddam Hussein von Anfang an geprägt hat. "Die Regierung will nicht, dass Öl Teil der Kriegsdebatte wird. Würden die wahren Gründe genannt, dass hier Öl gesichert und die OPEC entmachtet werden sollen, würde das viel zu eigennützig erscheinen'. Immer, wenn es keine direkte Bedrohung des eigenen Territoriums gab, mussten die USA ihre militärische Macht als Instrument der moralischen Vorherrschaft verkaufen, nicht nur der Weltöffentlichkeit, sondern auch der eigenen Bevölkerung" (SZ 19./20.10.02).

Und woher kennen Leute wie dieser SZ-Journalist die "wahren Absichten" der US-Regierung, "aber auch der Europäer", wo diese doch alles tun, um sie zu"verbergen"? Können diese Kritiker ihre Behauptung begründen oder belegen, eigentlich ginge es um die Sicherung von Öl und die Entmachtung der OPEC? Fehlanzeige! Die ganze "Einsicht' in die "wahren Gründe" der Bush-Regierung für ihren geplanten Irak-Krieg basiert auf der Weigerung solcher Kritiker, der verbliebenen Weltmacht im Fall das Motiv Terrorismusbekämpfung zuzugestehen - und deshalb der Bush-Regierung das niedere Motiv "eigennützig" verfolgter Ölinteressen zu unterschieben.
Worum geht es nun diesen Kritikern mit ihrer Entlarvung der "wahren Gründe" der US-Regierung? Ginge für sie etwa der Krieg gegen den Irak dann in Ordnung, wenn die USA ihre "wahren Gründe" nicht "verbergen", sondern ihren Irak-Feldzug öffentlich als Krieg um die Ölvorkommen im Mittleren Osten ausrufen würden? Das wohl kaum. Eher schon geht es ihnen darum, die Weltmacht an ihrer eigenen Rechtfertigung für den Irak-Krieg als "weitere Etappe" im "war on terrorism" zu blamieren - indem man ihr kleinkrämerische und eigennützige Interessen wie die um Öl vorwirft. Der Vorwurf lautet: Die USA vergehen sich mit ihrem Irak-Krieg genau an dem Kriegsprogramm, das sie nach dem 11. September aufgelegt und dem Rest der Welt verordnet haben.

Gegen den "war on terrorism" haben diese Kritiker nämlich nichts einzuwenden. Ganz im Gegenteil: Für sie verfolgt der Einsatz der militärischen Macht der USA und ihrer Verbündeten samt dem damit einhergehenden Gemetzel in Afghanistan und anderswo ein unwidersprechliches Anliegen - die Ausmerzung des Terrorismus - und stellt daher so etwas wie ein "Instrument der moralischen Vorherrschaft" dar. Dieses moralische Gütezeichen wollen sie jedoch dem US-Feldzug gegen den Irak absprechen. Die öffentlich verkündeten Kriegsgründe der US-Regierung erklären sie daher zu einem reinen legitimatorischen Deckmäntelchen, mit dem diese ihren nächsten Krieg aus niederen und eigensüchtigen Beweggründen als moralisch hochstehendes Vorhaben "verkaufen" will.

Das ist dann auch schon die ganzen Quintessenz einer solchen Kritik: Der USA wird vorgehalten, sich mit dem Irak-Krieg eigennützig um ihre ökonomischen Interessen statt um einen gescheite Terrorismusbekämpfung zu kümmern.

P.S. Den USA in Sachen Irak unanständige, weil eigennützige Motive hinzureiben, ist in deutschen Tageszeitungen in letzter Zeit sehr beliebt geworden. Kein Wunder, hat doch die deutsche Führung ihre Distanz und Ablehnung zu diesem Krieg sehr deutlich heraushängen lassen. Damit ist der Anti-Amerikanismus hierzulande ein Stück weit ins Recht gesetzt worden - und nicht nur Journalisten haben das Bild vom weltweit Dollar scheffelnden Yankee wiederentdeckt.
 

Editorische Anmerkungen

Der Artikel ist eine Spiegelung von http://www.landplage.de/2002-11/oel-fs.html