Annäherung an eine andere Aneignung

von Red. arranca!

12/03
 
 
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Es ist eigentlich verwunderlich, dass das Thema Aneignung in den vergangenen Jahren von den meisten radikalen Linken in Deutschland als Form der politischen Intervention wenig beachtet wurde, während Aneignungskämpfe in anderen Regionen der Welt, sei es in Brasilien oder Chiapas, stets auf großes Interesse stießen. Das war nicht immer so. Aneignungskämpfe wie zum Beispiel Hausbesetzungen in der linksradikalen und autonomen Bewegung der 80er Jahre waren durchaus zentral.

Für arranca! und FelS steht Aneignung als Praxis im Vordergrund. Wir wollen praktische Offensiven und politisch-strategische Konzepte von Aneignung als kollektive Praxis aufzeigen und weiter entwickeln, um konkrete Ansatzpunkte für soziale Kämpfe zu finden. Diese sollen Möglichkeiten zur Verschiebung hegemonialer Diskurse enthalten, gesellschaftliche Alternativen denk- und greifbar machen und (hoffentlich) zur Umwälzung der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse beitragen.

Es geht uns nicht darum, fertige Konzepte zu präsentieren. Unsere Diskussionen sind kontrovers und keineswegs abgeschlossen. Der Streit darum, was denn Aneignung nun genau sein kann und welche Praxen damit konkret gemeint sein können, ist auch bei uns in vollem Gange. Doch wir sind uns sicher: ein sprachliches Einigungselement dessen zu präsentieren, was ohnehin geschieht, funktioniert nicht. „Aneignung“ als Thema macht nur Sinn, wenn es ein konkretes politisches und praktisches Ausprobieren bezüglich der in Gang kommenden Prozesse gibt. Wir begreifen die Auseinandersetzung darum als einen offenen Prozess und hoffen, dass möglichst viele dazu beitragen.

Politik & Alltag

Das Thema Aneignung ist für uns keineswegs neu. FelS hat sich stets darum bemüht, eine kontinuierliche gesellschaftliche Intervention zu entwickeln, die sich an konkreten sozialen Problematiken orientiert und Herrschaftskritik nicht abstrakt fasst. Wir haben immer wieder, wenn auch häufig nicht explizit, versucht, Strategien für strategische soziale Aneignungskämpfe zu entwickeln oder zu unterstützen. Das vermutlich bekannteste Beispiel ist die von FelS initiierte Existenzgelddebatte (siehe arranca! Nr. 16 und 17) und der Kongress „Her mit dem schönen Leben“, der 1999 in Berlin stattfand. Wir sahen das Thema Existenzgeld als eine Möglichkeit, unterschiedliche Kämpfe zusammenzuführen, sehr konkret anzusetzen, herrschende Diskurse zu hinterfragen und weiter gehende Perspektiven denkbar zu machen. Mit diesem konkreten Projekt sind wir letztlich gescheitert. Dennoch folgten weitere Ansätze im „sozialen Bereich“. Wir versuchten uns in Sozialforen zu vernetzen, steckten gemeinsam mit anderen Gruppen Zeit und Energien in die Neuformierung eines Sozialen Zentrums und wollten soziale Kämpfe publik machen. Auch diese Strategien waren nicht immer von Erfolg gekrönt, doch bedeutet das nicht, dass das Thema falsch war. Ganz im Gegenteil: Im Rahmen der Kampagne „Berlin Umsonst“, die es inzwischen auch in anderen Städten gibt, versuchen wir nun seit dem Sommer 2003 mit einem direkten Bezug zu „Aneignung“ Interventionsmöglichkeiten zu entwickeln.

Als Gruppe haben wir in den vergangenen Jahren immer wieder mit Formen der politischen Repräsentation und Artikulation experimentiert. Dabei stand im Vordergrund, neue Aktions- und Interventionsformen zu finden und Kritik medienwirksam zu inszenieren.

Dabei haben wir die Notwendigkeit, sowohl unsere Interessen als auch unsere Lebens- und Reproduktionsweisen zu reflektieren und mit unserer politischen Arbeit daran anzuknüpfen, häufiger artikuliert als tatsächlich umgesetzt. Trotz dieses Mangels gehen wir aber weiterhin davon aus, dass versucht werden muss, die Spaltung zwischen Alltag, „Freizeit“, (Lohn-)Arbeit und politischer Betätigung zu überwinden. Bescheidene Ansätze, unsere verschiedenen Lebensrealitäten mit der politischen Arbeit zu vereinbaren, gab es bei uns beispielsweise durch abwechselnde Kinderbetreuung während der Plenumszeiten oder die Beteiligung einzelner FelS-Mitglieder an der Callcenteroffensive (mehrere von uns arbeiteten in Callcentern). Dennoch: ein Großteil der linken AktivistInnen – uns eingeschlossen – setzt nach wie vor die eigenen Arbeits- und Lebensverhältnisse nicht in Bezug zu den bearbeiteten politischen Themen.

Ebenen der Intervention

Viele der Aktionen und Initiativen der „Antiglobalisierungsbewegung“ der vergangenen Jahre waren relativ erfolgreich. Sie schafften es, Millionen von Menschen zu mobilisieren, gewisse Verbindungen zwischen Kämpfen in unterschiedlichen Ländern und Regionen zu schaffen, Diskurse zu verschieben (wie z.B. bezüglich Krieg, Neoliberalismus, G8, IWF oder WTO) und neue Netzwerke zu bilden. Während diese Mobilisierungen in vielen Ländern und Regionen jedoch auch Ausdruck konkreter Kämpfe auf der lokalen oder nationalen Ebene waren, fehlt diese Verbindung für die radikale Linke in Deutschland nahezu völlig. Die potenziell unkonformen und kritischen Menschen, die sich zu verschiedenen großen Demonstrationen und Ereignissen mobilisieren ließen, zu ermutigen, selbst aktiv zu werden, ist hier kaum gelungen. Um diesem Dilemma entgegen zu wirken, hat Fels in der Vergangenheit immer wieder Initiativen entwickelt, die einen transnationalen Bezug herstellen und ihn gleichzeitig lokal bearbeiten. Die Erfahrungen nach Genua hatten zur Folge, dass wir mit einem „Ratschlag“ in Berlin versuchten, ein Forum gemeinsamer Diskussionen für die globalisierungskritische Linke vor Ort schaffen. Auch die Bemühungen um eine in verschiedenen Ländern geführte Diskussion über Militarisierung und Krieg entsprangen der Idee, Strategien für eine vernetzte Intervention außerhalb des nationalstaatlichen Rahmens zu entwickeln.

Auf Grund dieser Erfahrungen scheint es uns wichtig, die Machtverhältnisse, die auf globaler Ebene „ungerecht“, „repressiv“, „undemokratisch“ sind und vor allem von vielen auch so erlebt werden, auf greifbare Situationen und Probleme zu übertragen. Verschiedene Praxen und Ideen, die sich unter dem Begriff „Aneignung“ zusammenfassen lassen, bieten dafür auch im persönlichen politischen Umfeld gute Ansatzpunkte. Das reicht von Aktionen für kostenlosen Zugang zu den Berliner Schwimmbädern („Was ist cool? Reclaim the pool!“), über die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln ohne zu zahlen, Besetzungen von Zügen, um zu Demonstrationen zu gelangen, Aktionen im öffentlichen Raum bis hin zu Besetzungen von Sozialen Zentren. Diese Aktionen sind in ihrem Ausdruck und ihrer Reichweite sehr unterschiedlich. Die einen verändern tatsächlich Alltag und Umfeld, andere stellen zunächst nur symbolische Aktionen dar.

Masse und Klasse

Der Begriff Aneignung hat unserer Ansicht nach verschiedene Dimensionen: Zum Einen ist die Stärke einer Auseinandersetzung mit „Aneignung“ unserer Ansicht nach der Bruch mit dem scheinbar alles beherrschenden neoliberalen Diskurs, den Margaret Thatcher mit ihrem Ausspruch „There is no alternative!“ auf den Punkt gebracht hat. Im Falle der Forderung nach kostenlosem Zugang zu Ressourcen brechen wir mit dem vermeintlichen ständigen „Sparzwang“ und stellen dem „Wer soll das denn bezahlen?“ die Frage entgegen, wer denn darüber entscheidet, was sich vermeintlich „selbst tragen muss“ und was gesellschaftlich finanziert wird. Kapitalismus ist kein Naturverhältnis und Verteilung von unten nach oben kein Sachzwang.

Des Weiteren ist Aneignung in vielen Aspekten eng mit den Begriffen „Ungehorsam“ und „Autonomie“ verknüpft. Nicht von ungefähr haben wir uns zum Beispiel in den kontroversen Debatten um die italienischen Disobbedienti im Laufe der vergangenen Jahre Anregungen geholt und Bezüge aufgebaut (vgl. auch arranca! Nr.17 und 23). Dabei ist es uns wichtig, das positive Moment von verschiedenen Praxisformen zu betonen. Geschichte selbst zu machen kann nicht heißen, lediglich eine Form für die glückselig machende zu halten. Es beruht vielmehr auf der Fähigkeit, verschiedene Praxisformen solidarisch zu unterstützen und in einem hegemonialen Projekt zusammenzuführen – wie wir es z.B. mit der Existenzgeldforderung als „Klammer“ unterschiedlicher linker Teilbereichskämpfe versucht haben. Wir streben nach einer Form der politischen Intervention, die mit dem Kapitalismus nicht kompatibel ist. Hierzu müssen wir die Multipolarität von Kämpfen akzeptieren und politisch-strategische Konzepte entwickeln, die diesen gerecht werden. Wir wollen nicht statt eines „anderen“ revolutionären Subjektes (in der Geschichte wechselweise ArbeiterInnen, Schwarze, Indígenas etc.) uns selbst in diese Position setzen und die aus unseren spezifischen sozialen Verhältnissen resultierenden Bedürfnisse und Forderungen verallgemeinern. Uns geht es darum, die langjährige linksradikale Strategie fundamentaler Kritik aus der gesellschaftlichen Nische zu holen und durch eine neue Ordnung zu ersetzen.

Die Praxis der Demonstrationen

Im Streit um eben diese neue Ordnung stellt sich die Frage nach sinnvollen Formen der Intervention. Demonstrationen sind für uns zwar ein probates Mittel, um in unserer Möglichkeit der politischen Artikulation nicht auf die Wahlen genannten parlamentarisch-repräsentativen Veranstaltungen im Vorfeld von Regierungsbildungen beschränkt zu sein. Mittels Demonstrationen ist es möglich, Interessen oder Meinungen kundzutun, die von den gewählten Regierenden nicht vertreten werden. Allerdings haben wir immer wieder die Erfahrung gemacht, dass bei Demonstrationen, die über eine mobilisierbare „Masse“ an Linksradikalen hinausgehen, eigene Inhalte kaum hörbar gemacht werden können: Im so genannten Staats-Antifa-Sommer ließ sich zwar regierungsamtlich aufgerufen anständig-aufständisch gegen „Rechts“ demonstrieren, unsere Proteste gegen den staatlichen Abschiebungsrassismus waren jedoch kaum wahrnehmbar. Das gleiche gilt für die letzten Friedensdemonstrationen, bei denen eine breite Masse darüber einig werden konnte (vermutlich ob der damaligen Entscheidung der Bundesregierung gegen diesen Krieg), den Angriff der USA auf den Irak abzulehnen, Hinweise auf eine voranschreitende Militarisierung der Politik in einer neuen Weltordnung aber kaum jemand interessiert haben. Massendemonstrationen wirken in dem Sinne „homogenisierend“, als dass die Vielfalt von Positionen zu einer Thematik darin unter geht. Obwohl wir auf einer Friedensdemonstration mit dem Motto „Weiter so, Gerhard!“ nichts verloren haben, halten wir es für falsch, dem politischen Mittel der Massendemonstrationen eine Absage zu erteilen da Kräfte gebündelt und Interessen gemeinsam lauter vertreten werden können. Für differenzierte Analysen oder Betrachtungen stehen andere Mittel – ob nun Diskussionsveranstaltungen, Vorträge oder linke Medien – zur Verfügung. Massendemonstrationen sind also ein begrenztes, aber keinesfalls überflüssiges Mittel. Ähnliches gilt auch für Versuche, eine Art „Gegenöffentlichkeit“ zu schaffen. Weder den Demo- noch den Aufklärungsalltag wollen wir aufgeben – aber sie sind, wie seit Jahren immer wieder auch von uns festgestellt, erweiterungsbedürftig.

Wir behaupten, dass ein radikaldemokratisches Konzept der Aneignung geeignet ist dazu beizutragen, Handlungsmöglichkeiten zu erweitern, ohne uns von den bestehenden „demokratischen Spielregeln“ vorgeben zu lassen, worauf sich unsere demokratische Bestimmung dessen, was passieren soll, beziehen muss.

Von der individuellen zur kollektiven Aneignung

Es gehört zur täglichen individuellen Erfahrung fast aller, sich bestimmten Regeln des „warenförmigen Miteinanders“ zu widersetzen. Ein Beispiel sind alltägliche, individuelle „Regelbrüche“, etwa Klauen, Markenraub, das illegale Herunterladen von Musik aus dem Netz oder das Brennen von CDs. Diese Praxen zeigen Nischen auf, in denen geltende Gesetze individuell bewusst überschritten werden. Diese Handlungen können mehrfach motiviert sein: Sie befriedigen unmittelbare Konsumwünsche und ermöglichen eine Teilhabe, die auf Grund zu hoher Kosten sonst nicht möglich wäre; sie können aber auch schlicht das Prinzip der privaten Inbesitznahme auf die Spitze treiben. Wo sich also die kostenlose individuelle Teilhabe am kapitalistischen Konsumangebot ergibt, wird die Gelegenheit genutzt. Solch „abweichendes Verhalten“ ist faktisch subversiv, doch zeigt es zunächst nur, dass kapitalistische Gesellschaften zwar als eine Totalität begriffen werden können, die sich jedoch nicht totalitär auf jede einzelne Regung auswirkt. Politisch subversiv werden diese Formen der Aneignung für uns erst unter zwei Bedingungen: Zum einen durch den Übergang von der individuellen zur kollektiven Aneignung und zum anderen mit der Integration in ein hegemoniebestrebtes linkes Projekt, also als Teil einer kollektiven Perspektive gesellschaftlicher Umwälzung.

Wir machen das kollektive Moment vor allem deshalb stark, weil erst die gemeinsamen Forderungen nach Zugang zu Ressourcen, verbunden mit der konkreten Handlung des sich Nehmens und Gestaltens unserer Meinung nach geeignet sind, Herrschafts- und Besitzverhältnisse in Frage zu stellen. Dieser Prozess versetzt somit in die Lage, zwei gemeinhin immer getrennt gedachte Ebenen zu verbinden: Die unmittelbare Forderung nach Verbesserung der eigenen Situation und die radikale Infragestellung der herrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse.

Die zweite Notwendigkeit für einen radikalen Begriff von Aneignung sehen wir in der diskursiven Integration in ein linksradikales Projekt. Es ist nicht egal, wie sich eine Aneignungsbewegung gibt, von welcher Seite sie vereinnahmt und von wem ihre Aktionen mit Bedeutung besetzt werden. Das hat die "Aneignung von oben", der Mainstream der Minderheiten und die Eingliederung einst subkultureller Codes in die kapitalistische Maschinerie gezeigt. Die radikaldemokratischen Aneignungskämpfe können ihr Potenzial nur in dem Maße entfalten, wie sie von links hegemonial besetzt werden können. Die Aufgabe der Linken liegt deshalb unserer Ansicht nach auch darin, die oben genannten individuellen und teilweise unbewussten Aneignungshandlungen zu politisieren und zusammenzuführen.

Grundsätzliche Forderungen und lokale Prioritäten

Die Forderung nach dem freiem Zugang zu öffentlichen Gütern und Ressourcen, verstanden als Rechte eines und einer jeden auf Grundversorgung und auf eine selbstbestimmte individuelle oder kollektive Gestaltung des Lebens, stellt eine Perspektive auf neue soziale Kämpfe dar. Unsere Grundforderung dabei ist - so banal es klingen mag - das Recht eines jeden Menschen auf ein selbstbestimmtes Leben in Autonomie und Freiheit. Wir meinen damit weder den liberalen Freiheitsbegriff, der sich auf eine marktbezogene Vertragsfreiheit beschränkt, noch meinen wir damit die sozialreformistischen Versuche, mit Mitteln von Chancengleichheit und Verteilungsgerechtigkeit die Marktprozesse zu „korrigieren“. Wenn wir hier von (Menschen)Rechten sprechen, so geht es nicht nur um das Recht auf das individuelle ökonomische Überleben, sondern um das Recht, über das physische Überleben hinaus, sich soziale und ökonomische Strukturen zu eigen zu machen und sie demokratisch zu gestalten.

Die Formierung einer „neuen Weltordnung“ geht zur Zeit mit neuen Kriegen (arranca! Nr. 18 und 27) sowie mit Nationalstaaten und Regionen übergreifenden Privatisierungsprozessen im Sinne von kapitalistischer Aneignung und zwangsläufig mit einer Enteignung von zuvor kollektiven oder öffentlichen Gütern einher. Strukturelle Ungleichheit und Unterdrückung als Auswirkungen dessen, was schönfärbend unter wirtschaftlicher, politischer und kultureller „Globalisierung“ diskutiert wird, zeigen jedoch regional spezifische Ausformungen und haben vor allem unterschiedliche Auswirkungen. Demzufolge werden in Aneignungskämpfen bzw. Kämpfen gegen Enteignung lokale Prioritäten gesetzt. Wir verstehen darunter, je nach Situation Forderungen zu formulieren und eigene Nahziele zu benennen. Diese Ziele müssen und können folglich nicht überall auf der Welt die gleichen sein. Welche Ziele das sind, stellt sich in Peru anders dar als in Holland, für Frauen im Süden anders als für Frauen im Norden, jeweils anders für verschiedene Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund am selben Ort etc. Einen universellen Maßstab für Emanzipation und Freiheit nach eigenen urban geprägten Bedürfnissen zu formulieren hieße, einem allzu linearen Entwicklungsbegriff Raum zu geben und spezifische Bedürfnisse runterzubügeln. Zentral an Aneignungsbewegungen weltweit ist für uns deshalb die Grundforderung nach einem gesicherten Leben in Autonomie und Freiheit.

Diese Forderung muss auch als Klammer der unterschiedlichen Kämpfe verstanden werden, da darin gleichzeitig die Möglichkeit angelegt ist, Leben jenseits ökonomischer Notwendigkeiten zu thematisieren. Die eigene Sexualität und den Körper selbst neu und anders zu leben, soziale Beziehungen und Alltag selbst zu konstituieren und kollektiv zu gestalten, um gemeinsam Utopien für zukünftige Organisierung zu suchen, kann mit der Eroberung des Rechtes auf Zugang zu Lebensgrundlagen einhergehen. Aneignung und damit konsequenterweise die Kritik bestehender Aneignungsweisen ist für uns ein Weg, das jeweils eigene Leben gemeinsam mit anderen zurück zu gewinnen, ohne zwingend deckungsgleiche Forderungen zu erheben. Es geht uns letztlich darum, den Zugriff auf jene Bereiche (zurück)zuerobern, den die heute dominanten ökonomischen oder kulturellen Aneignungsweisen uns entzogen und/ oder verunmöglicht haben. Gerade deshalb ist es notwendig, Kräfte zu bündeln und eine strategische Debatte um Anknüpfungspunkte der Forderungen zu führen.

Editorische Anmerkungen:

Der Artikel stammt aus der ARRANCA Nr. 28-2003 und ist eine Spiegelung von http://arranca.nadir.org/artikel.php3?nr=28&id=242 

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