Rezension Oriana Fallaci "Die Kraft der Vernunft"
Frau Fallaci und der Kreißsaal

von Max Brym

12/04

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Frau Oriana Fallaci aus New York hat neuerlich antiislamischen und antiarabischen Rassismus zu Papier gebracht. Der "List Verlag in Berlin" gab das neueste Werk der Dame unter dem Titel "Die Kraft der Vernunft" heraus. In dem Pamphlet wettert Frau Fallaci neuerlich gegen den Islam als solchen. Frau Fallaci tritt in dem Buch nicht als Religionskritikerin in Erscheinung, sondern sie stellt sich "als Atheistin" an die Seite des "christlichen Abendlandes". Frau Fallaci legt ein Bekenntnis ab, sie ist "von der Überlegenheit des abendländischen Denkens" überzeugt. Dabei beruft sich die Autorin nicht auf die Gedanken der Aufklärung, die mit der Barbarei des christlichen Feudalismus brachen. Nein, die selbsterklärte Atheistin bezeichnet sich als Christin wegen dem "christlichen Kern Europas", das Christentum bezeichnet sie nicht als Gottesglauben, sondern als Fundament "der europäischen Kultur". Diese Kultur will die Schreiberin gewahrt wissen, weil sie von einer Überlegenheit der Europäer gegenüber den Nichteuropäern ausgeht. Der Rassismus hat in dem Buch eine religiöse Maske erhalten, denn es scheint der Verfasserin nur darum zu gehen, ihren Rassismus religiös herzuleiten. Der "Kampf der Kulturen" ist angesagt, nur schlecht verbirgt sich unter dem Gewandt religiöser Spiegelfechterei rassenbiologischer Sozialdarwinismus. Menschen aus islamischen Ländern sind für Frau Fallaci eine unterlegene Spezies Mensch. Selbstverständlich arbeiten diese Menschen mit jeder Menge fieser Tricks, um den "abendländischen Volksgenossen" hinters Licht zu führen. Die Menschen aus islamischen Ländern haben nach der Darstellung von Fallaci kein anderes Interesse, als das "hochstehende Europa" unter ihre Fittiche zu bekommen. Weite Teile des Buches lesen sich fast wie antisemitische Schmöker. Die Autorin hat nur in einigen Passagen das Wort Jude durch Araber oder Judentum durch Islam ersetzt. In dem Buch wimmelt es vor leichtgläubigen rechtschaffenen Europäern, die einfach nicht begreifen wollen, dass der Islam ihnen ans Leder will. Gegen "diese Naivität" gilt es nach Fallaci vorzugehen. Fallaci behauptet, "dass der Islam die Eroberung Europas anhand des demographischen Faktors betreibt." Für Frau Fallaci ist der Kreißsaal das Problem. Für "die Mahnerin in letzter Stunde" gilt es hier einzugreifen und damit ist sie endgültig im Bereich der "Volkszucht" und der Auswahl der "Rassen" gelandet. Ihre Kultur entlarvt sich als das was sie ist, als rassistisches eurozentristisches Projekt. Mit gerechtfertigter Religionskritik am Islam hat das Buch nichts am Hut. Schon gar keine Kritik gibt es am Christentum und weiten Teilen der "christlichen" Geschichte. Die Hexenverfolgung und die Kreuzzüge erwähnt die Autorin mit keinem Wort. Der christliche Antijudaismus als Vorbote des modernen rassenbiologischen Antisemitismus wird als Kulturgut zurecht geschrieben. In dem Buch gibt es nur bösartige Moslems ohne jede Unterscheidung und Differenzierung. Ein besonderes Kapitel ist der islamischen Herrschaft in Spanien gewidmet. Das Buch geht speziell mit der "Legende von Cordoba" ins Gericht. Die Autorin beschreibt beschwörend die Schandtaten des westlichen Kalifats gegen "christliche und jüdische Einrichtungen". Der Ausflug in die Geschichte hat für Frau Fallaci nur den Zweck, das "höherwertige Europa" vor islamischen "Geschichtslegenden" in Schutz zu nehmen.

Fallaci und die " Junge Freiheit"

In dem rechtsextremen Blatt "Junge Freiheit" wurde am 19. November Frau Fallaci abgefeiert. Der JF Rezensent Ivan Denes schreibt: "Jedermann der nur einen Hauch von Wahlverwandtschaft mit unserem geistigen Vaterland Europa verbindet sollte dieses Buch lesen". Auf dieser Seite folgt dem Artikel von Denes Angebote des JF-Buchdienstes. Dort werden Bücher zur Verteidigung Martin Hohmanns, Biebersteins antisemitisches Machwerk "Jüdischer Bolschewismus sowie Schriften des Doktorvaters des europäischen Rechtsextremismus Alain de Benoist angeboten. Antiarabischer und antiislamischer Rassismus sind demzufolge grundsätzlich mit Antisemitismus vereinbar. Natürlich gibt es zwischen diesen beiden Seiten einer Medaille Unterschiede, aber auch verbindendes. Der Antisemitismus ist ein komplex ausgearbeitetes weltweites Phänomen. Das antisemitische Phänomen ermöglicht Gemeinsamkeiten zwischen dem Buchdienst der Jungen Freiheit und dem realen islamischen Fundamentalismus. In Wahrheit hat weder die "Junge Freiheit" noch Frau Fallaci mit dem islamistischen Fundamentalismus ein Problem. In ihrem millonenfach verkauften Buch, "Die Wut und der Stolz" schrieb Fallaci im Jahr 2002: "Der Gegner des Abendlandes ist nicht der islamische Fundamentalismus, sondern der Islam schlechthin". Die islamischen Fundamentalisten sehen es ebenso, nur anders herum. Die Methodik im "Kampf der Kulturen" ist bei den feindlichen Brüdern dieselbe. Der faschistoide Islamist sieht in jedem "Andersgläubigen" den Urfeind, genauso wie der christlich abendländische Rassist. Was beide verbindet, ist der Haß "auf die Juden". Über diese Brücke und das ist keine Prophetie, können die feindlichen Brüder offen zusammenfinden.
 

Editorische Anmerkungen

Max Brym stellte uns diesen Artikel am 02.12.2004 zur Veröffentlichung zur Verfügung. Er lebt als freier Journalist in München.