Sexismus-Debatte, Arbeitskämpfe und neue Transnationale: Antira voran!
Zum Buch WiderstandsBewegungen.

Antirassismus zwischen Alltag & Aktion der Gruppe Interface
12/05

trend
onlinezeitung

Seit vier Monaten gibt es ein neues Bewegungs-Buch: Ein Ein- und Ausblick in und zur antirassistischen Bewegung. Es glänzt mit einem wirklich coolen Layout (bis auf das unlesbare Inhaltsverzeichnis) , vielen tollen Bildern und einer umfassenden Sammlung an Positionen, Debatten und Berichten über Aktionen und Initiativen. Hut ab! Berichte von Autonomen Fluchthelferinnen, die für sichere Grenzübertritte sorgten und so schon mal anfingen mit der praktischen Umsetzung für freies Fluten, finden sich im Buch genauso, wie die Diskussion zwischen Kanak Attak und der Karawane über das Konzept der „Autonomie der Migration". Gruppen, die Fluchtwohnungen organisierten, die Initiative gegen das Chipkartensystem, Mitglieder von The Voice, der FIB, die ARI, Amplitude/kein mensch ist illegal sowie viele einzelne Aktivistinnen berichten über Probleme, Konflikte und Erfolge in ihrer politischen Arbeit. Die Anticolonial Africa Conference und die Grenzcamps sind genauso Thema wie das Leben als Sans Papiers, migrantische Bildproduktion steht neben dem Lohnkampf ohne Aufenthaltsstatus, und hier und da findet sich ein Rückblick auf die Geschichte antirassistischer Kämpfe oder eine allgemeinere Analyse wie zum bundesdeutschen Lagersystem. Zentral für die antirassistische Bewegung in den letzten Jahren war und ist die Entstehung und Zusammenarbeit mit Flüchtlingsselbstorganisationen wie The Voice, die Karawane, die FiB und anderen migrantischen Zusammenhängen. Das Buch bemüht sich, diese Entwicklung einzufangen und dabei die Aktivistinnen der Gruppen selbst zu Wort kommen zu lassen. Deutlich wird, dass es ein langer und steiniger Weg zur „Intensivierten Kooperation" zwischen den Selbstorganisationen und biodeutschen Antira-Gruppen ist. Die mega-reflektierten Herausgeberinnen sind sich der bestehenden Trennlinien und Hierarchien bewusst: Das Scheitern, die Annäherung auch in dem Buchprojekt weiterzuführen, in der Form, dass Aktivistinnen aus Flüchtlingsgruppen Teil der Herausgeberinnengruppe werden sollten, wird lang und breit von ihnen im Vorwort thematisiert.

Diese ausführliche Thematisierung und Selbstdarstellung sehen wir als Reaktion auf die Diskussion um Rassismus und rassistische Ausgrenzungsstrukturen in der Linken selbst. Im Buch werden diese selten direkt benannt. Zwei konkrete Beispiele aber finden sich: Zum einen thematisieren die autonomen Fluchthelferinnen in ihrem Beitrag, wie die „extrem aggressive 'antiterroristische' und 'anti-islamische' Stigmatisierung" „auch von (ehemaligen) Linken mitgetragen wird". Zum anderen beschreibt der AK Asyl aus Göttingen, wie in der Debatte um die Konstruktion einer Gruppe Kurdinnen als „Schein-Libanesen", die eigentlich aus der Türkei kämen und sich mit der Angabe einer falschen Herkunft (Libanon) Asyl erschlichen hätten, die Jungle World negativ hervortat: „Ausgerechnet die Wochenzeitung Jungle World schreibt, was die übrige Presse bewusst als Interpretationsspielraum lässt: Unter der Überschrift 'Krasser Betrug1 heißt es, 'durch Verbergen ihrer türkischen Staatsangehörigkeit' sei es den 'Personen1 gelungen, sogar 'doppelt Asylhilfe zu beziehen' (Jungle World vom 08.03.2000)." Darüber hinaus berichtet Kanak Attak von den Kontroversen und Gegen-Reaktionen auf die Filme und den Ansatz von Kanak TV auch in linkem Publikum. Ihr Fazit ist grob zusammengefasst: Weil der Ansatz, zu provozieren, um was zu bewegen, immer für die meiste Auseinandersetzung sorgte, scheint „Aufkündigung der Dialogkultur für die Nutznießer des Rassismus die größte Bedrohung darzustellen". Wir hatten an dieser Stelle ein kleines Problem mit der Allgemeinheit dieser Aussage. So treffend sie für den Multikulti-Rassismus ist, so unerklärt bleibt, dass die Aufrechterhaltung rassistischer Strukturen doch gerade über Ausschluss funktioniert, es im Grunde nicht um Dialog geht, besonders nicht auf Augenhöhe.

Eine Frage stellte sich uns, zu der wir gerne etwas in dem langen Vorwort gelesen hätten: Warum ist die Mehrzahl der Veröffentlichungen mit eigenem Namen versehen? Die Frage stellt sich natürlich nur aufgrund unseres eigenen politischen Backgrounds, der sich ganz kurz (und damit auch etwas verkürzt) als „autonomer Antirassismus" bezeichnen lässt. Für uns riecht dieses „Namen nennen" nach Profilierung auf dem Rücken der Bewegung, die doch eigentlich nicht nötig und auch nicht üblich ist. Und wenn das namentliche Kennzeichnen der Politik in der Antira-Szene entspricht - zwischen der Kritik von Kanak Attak am „identitären Szene-Habitus", nicht für die eigene Politik mit dem eigenen Gesicht einzustehen, und dem Politikum aus Flüchtlings- und Sans Papiers-Perspektive, gegen alle staatliche und neonazistische Repression trotzdem von der eigenen diskriminierenden, entrechteten, von Rassismus geprägten Situation offen mit dem eigenen Namen zu berichten (hier wurden aus diesen Gründen einige Namen im Buch explizit geändert) -, wäre eine Positionierung in dem sonst ja so voll von Reflektiertheit strotzenden Vorwort schon gut gewesen. Gerade weil sich die Herausgeberinnen selbst im „linksradikalen autonomen Antirassismus" (Vorwort) verorten.

Über solche Antira spezifischen Beiträge hinaus, gibt es viel Interessantes auch für die anderen „Teilbereichskämpfe". So zum Beispiel die Ausführungen zu Bündisarbeit in dem Text zur Verschränkung von Rassismus und Sexismus von Behshid Najafi. Hier wird aufgezeigt, dass Antira sich immer auch der Strategie bedient, auf die Ebene der Menschenrechte und der internationalen Abkommen gegen Diskriminierung zurückzugreifen, ja sogar auf die Zusammenarbeit mit NGOs und Kirchen (wie mit dem Kirchenasyl im Beitrag zu den Fluchtwohnungen). Etwas, was ja in anderen „autonomen" Politikfeldern eher verpönt ist. Um so mehr lässt sich aus den Erfahrungen mit Bündnisarbeit, die bei Antira gemacht wurden, doch vielleicht lernen. Dafür und für ähnliches gibt es viele spannende Stellen im Buch. Wir greifen im Folgenden drei Themen heraus, die uns am meisten interessierten und zu denen wir Diskussionsbedarf sehen: die Verschränkung von Rassismus und Sexismus, migrantische Arbeitskämpfe und die Suche nach der antikapitalistischen Transnationalen. Das Buch steht hier weniger selbst zur Debatte, als dass es diese, zumindest unter uns, gerade angeregt hat. In diesem Sinne hoffen wir mit dem Nachstehenden, auch andere neugierig zu machen, den ein oder anderen Blick in den Wälzer und sich ansonsten auch heftigst in die weiter nötigen Debatten zu werfen.

Not aware enough? - Zur Verschränkung von Rassismus und Sexismus

Nirgends anders ist es so leicht wie in der Antira-Szene, Sexismus innerhalb der eigenen Strukturen zu thematisieren, ja, Zusammenhängen eine Sexismus-Debatte aufzudrücken. Viel viel leichter als in der FrauenLesben(Transgender)-Szene selbst, die doch immerhin auf ihren eigenen Anspruch verwiesen werden kann. Der Grund hierfür liegt nicht allein darin, dass, wie die ARI in ihrem Beitrag im Buch berichtet, in Antira-Kreisen besonders viele Frauen aktiv sind, ja Antira und damit die in diesem Feld aktiven Gruppen, so eine Erfahrung der ARI-Aktivistinnen, im Vergleich mit anderen Bereichen linksradikaler, autonomer Politik als weicher gilt und deutlich weiblich besetzt ist. Die Eskalation zu Sexismus auf den Antirassistischen Grenzcamps zeigt, dass es hier noch um mehr geht: Weil es dieses rassistische Konstrukt vom gegen weiße Frauen sexuell-aggressiven, übergriffigen Schwarzen gibt, können, entgegen aller sonstigen Erfahrungen, weiße Frauen bei der Thematisierung von sexueller Gewalt, wenn sie von Flüchtlingen und besonders von schwarzen Flüchtlingen ausgeht, mit der Unterstützung weißer Männer rechnen. Hinzu kommt noch die gesichertere rechtliche Position der Frau gegenüber dem Täter. Auch wenn, wie dissens3 in ihrem Text im Buch beschreibt, in den (Männer-) Plenums runden auf den Grenzcamps wiedermal sexistische Rechtfertigungen von Tätern reproduziert wurden, wie das Bild vom sich extra aufreizend anziehenden Opfer, konnte die Sexismus-Debatte aufgrund der Verschränkung mit rassistischen Strukturen überhaupt soviel Raum einnehmen. Denn das Bild vom „übergriffigen Schwarzen" beinhaltet auch die Aufforderung an den weißen Mann, die Ehre der weißen Frau durch sofortiges und gnadenloses Vorgehen gegen den Täter zu verteidigen. Und diese gesellschaftlich im Rassismus eingeschriebene Aufforderung erleichtert es den Betroffenen auch in linken Kreisen, sexuelle Übergriffe öffentlich zu machen. Läuft die Sexismus-Debatte dann erstmal, lässt sich oft nur mit Hartnäckigkeit anfügen, dass ja Vergewaltiger hierzulande mehrheitlich weiße Männer sind. Wehren sich Flüchtlinge gegen diese Debatte aufgrund der ihr zugrunde liegenden rassistischen Struktur, stehen sie einmal mehr als Sexisten da. Es ist ein wichtiger Erfolg, dass diese rassistische Dimension der Sexismus-Debatte in den Grenzcamp-Diskussionen mit der Zeit thematisiert werden konnte (so dissens3 in ihrem Text be aware of it, in dem sie auch die verschiedenen Versuche, Strukturen zum Umgang mit sexuellen Übergriffen auf dem Camp aufzubauen, die diese berücksichtigen, nachzeichnet). Dass sie nicht überwunden ist, zeigt sich im Interview mit Flore Kwenja im Buch: Auf die Frage hin, welche ihre „eigenen Erfahrungen hier in der BRD als schwarze Flüchtlingsfrau" in Bezug auf Rassismus und Sexismus sind, beschreibt sie zum Punkt Sexismus, dass sie es ein großes Problem findet, dass Flüchtlingsmänner, besonders wenn sie schwarz sind, Angst haben, Umgang mit weißen deutschen Frauen zu haben, statt, wie zum Punkt Rassismus, von eigenen oder den Gewalterfahrungen anderer Flüchtlingsfrauen zu berichten, worauf die Frage abzielte. Also: Was ist mit Übergriffen von weißen deutschen Männern gegen schwarze (Flüchtlings)Frauen? Und was mit denen von schwarzen (Flüchtlings)Männern gegen schwarze (Flüchtlings)Frauen? Diese werden aufgrund der Verschränkung von Rassismus und Sexismus gerade nicht thematisierbar, trotz bzw. gerade wegen einer lebhaften Sexismus-Debatte. Der Weg ist weit und der Klippen gibt es noch viele, die zu umschiffen sind, wollen wir nicht en ihnen zerschellen. Die „awareness" (Achtsamkeit), die in der Diskussion auf den Camps eingefordert wurde, ist nach wie vor geboten. Was noch nicht ausgiebig Bestandteil der Sexismus-Debatte in Antira-Kreisen' war, zumindest wenn mensch das Buch als Indikator dafür sieht, ist die sexistische Arbeitsteilung innerhalb der politischen Gruppen selbst. Nur im Interview mit den Autonomen Fluchthelferinnen findet sich explizit der Hinweis, dass der Aufbau alltäglicher Strukturen der Solidarität (für Flüchtlinge oder Menschen ohne Papier) eher von FrauenLesben-Zusammenhängen getragen wird. Als Ausdruck der zur weiblichen Rolle gehörenden Sorge um andere?

Schlaglöcher migrantischer Arbeitskämpfe... mit und ohne Gewerkschaften

Die Herausgeberinnen weisen schon in ihrer „Gebrauchsanleitung" (Vorwort) zum Buch darauf hin, dass es in letzter Zeit verstärkt um Arbeitskämpfe von Migrantinnen mit und ohne deutschen Pass und gesicherten Aufenthaltsstatus in der Antira-Szene ging. Es ist die Rede von einer „Reökonomisierung der antirassistischen Linken". Auch wenn der Begriff „Reökonomisierung" nicht so glücklich gewählt ist, er erinnert mehr an die (Wieder-) Einführung von betriebswirtschafItichem Denken wie Kosten-Nutzen-Analysen, so ist schon klar, dass damit der Zusammenhang von Rassismus und Kapitalismus angesprochen ist. In den Texten geht es aber nicht nur um diesen großen Zusammenhang, Thema ist auch der ganz normale Arbeitstag. Wie im Interview mit Leon deutlich wird, sind rassistische Kontrollen der „Ausländerbehörden", Lohnbetrug und rassistische Schikane durch die Chefs bestimmend für den migrantischen ' Arbeitsalltag und in besonderem Maße für den von Arbeiterinnen ohne Papiere. Die Möglichkeiten, sich zu wehren, sind unterschiedlich in den einzelnen Branchen. Ist es auf Baustellen möglich, durch „Pfändung" der Werkzeuge und Maschinen, oder üblich, durch Arbeitsniederlegung und Androhung von körperlicher Gewalt gegenüber dem Chef, kollektiv Lohnzahlung oder Arbeitsschutzmaßnahmen einzufordern, so scheinen Arbeitskämpfe im Bereich der Zimmerreinigung im Hotelgewerbe nur als öffentlicher Protest möglich. Er ist .zudem weniger üblich, womöglich, weil die Arbeiterinnen vereinzelter sind, ihre Zimmer alleine reinigen und so gehetzt sind, um die Arbeit zu schaffen, dass Kontakt mit Kolleginnen nicht oder wenig stattfindet. Leon berichtet, dass zudem Arbeitskämpfe oft in der Zeit nach der Arbeit stattfinden, besonders dann, wenn die einzelnen auf das Geld extrem angewiesen sind und sich einen Lohnausfall schlichtweg nicht leisten können.

Eines der größten Organisierungshindernisse ist, so wird aus den Berichten von Leon aber auch den Aktivistinnen von respect deutlich, die Schwierigkeit sprachlicher Verständigung zwischen den verschiedenen Gruppen migrantischer Arbeiterinnen. Die Sprachbarrieren blockieren z.B. die Möglichkeit, sich über die schlechten Arbeitsbedingungen zu verständigen und verhindern letztlich so die gemeinsame Organisierung. Die Sprachprobleme erleichtern zudem die ethnische Spaltung der Belegschaften, was gezielt bei Widerstand gegen schlechte Arbeitsbedingungen von Chefs und Chefinnen eingesetzt wird. Ein weiteres Problem ist, dass die Einzelnen nicht oder zuwenig über ihre Rechte informiert sind. So wird im Bericht zur Lohnbetrugs-Kampagne von FIB, ARI und Elixir-a, aber auch im Interview mit Leon deutlich, wie wichtig die Aussicht auf Erfolg bei Lohnklagen vor dem Arbeits-I' gericht in Berlin waren, auch für die Fälle, in denen durch Verhandlungen und Öffentlichkeitsarbeit die Lohnauszahlung erreicht wurde. Wichtig ist anscheinend, dass ein Bewusstsein geschaffen wird, m dass „Arbeitnehmerinnenschutzrechte" auch für Menschen ohne Papiere gelten und sogar teilweise vor dem Arbeitsgericht einklagbar sind, ohne dass dieses den Klägerinnen die „Ausländerbullen" auf den Hals hetzt. Zumindest ist dies noch in Berlin der Fall, wo sich das Arbeitsgericht bisher so positioniert hat, dass es für die Prüfung der Aufenthaltsberechtigung nicht zuständig ist, da es ja das ARBEITSgericht ist. Zudem gibt es Möglichkeiten, sich vor Gericht, z.B. durch die Gewerkschaften, vertreten zu lassen, die Adresse der Gewerkschaft kann als gültige Adresse vor Gericht gelten etc.

Gerade aber das Verhältnis zu den Gewerkschaften ist mehr als ambivalent. Respect berichten, dass allein die Mitgliedschaft bei ver.di für einige Hausarbeiterinnen die Beziehungen zu ihren Chefinnen und Chefs verändert hat, in dem Sinne, dass ihnen mit mehr Respekt begegnet wird. Ihre Position sei durch die Mitgliedschaft gestärkt, da mit ver.di eine Organisation verbunden wird, die schlechte Arbeitsbedingungen in die Medienöffentlichkeit zu bringen in der Lage ist, die sich mit Arbeitsrecht auskennt und ihre Mitglieder in juristischen Auseinandersetzungen unterstützt. In dem im Buch abgedruckten Gespräch mit Aktivistinnen von respect blieb aber letztlich offen, was über diesen Gewinn auf der symbolischen Ebene hinaus die Mitgliedschaft bei ver.di an Möglichkeiten der Verbesserung der Arbeitsbedingungen von, wie in diesem Fall, Hausarbeiterinnen ohne Papiere bietet. Unklar ist, ob und welches Interesse und Potenzial von Seiten der Gewerkschaften es gibt, z.B. für eine Kampagne zu Möglichkeiten der Krankenversicherung für Menschen ohne Papiere, für entsprechende Unterstützung im Arbeitskampf etwa durch ein Recht auf Streikgeld, und für Unterstützung mit finanziellen Mittel für Öffentlichkeitsarbeit und spezielle Beratungsstellen (z.B. einer Wiedereröffnung von ZAPO in Berlin). Hier war die von Leon gezogene Konsequenz für uns so eine Art Quintessenz: „Die Zusammenarbeit mit Gewerkschaften sollte auf jeden Fall nicht am Anfang unseres Widerstands stehen. Lieber versuchen wir das selber." Grundsätzlich gilt wohl für jede Form von Arbeitskampf in einem kapitalistischen Staat, in dem die Gewerkschaften in Strategien zur Befriedung im Sinne einer reibungslosen Mehrwertproduktion systematisch eingebunden sind, dass wir uns zunächst immer erst selbst organisieren müssen.

Dass und wie sehr die eigene Organisierung notwendig ist, wird nicht zufällig ausgerechnet bei migrantischen Arbeitskämpfen besonders deutlich. Zeigt sich doch bei diesen, wie sehr die Gewerkschaften den rassistischen Spaltungsstrategien, auf die Unternehmensleitungen und Arbeitgeberver- ^ bände bei der Zerschlagung von Arbeitskämpfen oder zum Lohndumping zurückgreifen, teilweise selbst verhaftet sind, js über diese versuchen, Punkte im Standort Deutschland zu machen, wie die „Schwarzarbeit"-Kampagne der IG BAU zeigte. Diese Spaltungsrassismen docken am Alltagsrassismus der deutschen Facharbeiterinnen an und nutzen die Konkurrenz mit den sog. „Gastarbeiterinnen", „GreenCard-Indern", „Polen" oder „Schwarzarbeitern" für eine Erhöhung der Arbeitsintensität und] eine Entsolidarisierung mit den Forderungen migrantischer Arbeiterinnen, insbesondere denen ohne Papiere, unter den deutschen (Fach-)Arbeiterinnen.

Ein Problem in der Debatte um den „Arbeit zuerst für Deutsche"-Rassismus, spiegelt sich aber auch im Buch wider: Es wird in Antira-Debatten dazu oft ausgeblendet, dass es sich dabei nicht einfach] nur um ein „Vorurteil" (wie es z.B. Titus Engelschall und auch Mag Wompel im Buch formulieren) handelt, sondern dass hier für eine reale Konkurrenzsituation von Arbeiterinnen mit den rassis-; tischen Parolen eine „Lösung" geboten wird. Mit Forderungen nach besseren Arbeitsbedingungen sind migrantische Arbeiterinnen (und übrigens ähnlich Frauen), nicht eine fiktive Konkurrenz, die sich ijf, allein aus der Eigendynamik von Rassismus (oder Sexismus) erklärt und dem Bedürfnis nach Selbstaufwertung des weißen deutschen Mannes entspringt, sondern eine reale Konkurrenz für die deutschen Facharbeiter(Innen), von der die Unternehmen profitieren. Die migrantischen Arbeiterinnen werden l dadurch geschwächt in ihren Arbeitskämpfen, dass sie auch den Rassismus der deutschen Facharbeiter (Innen) gegen sich haben, während die deutschen Facharbeiter(Innen) mit Verweis auf die migrantischen Arbeiterinnen ruhig gestellt werden, was eigene Forderungen betrifft. Da ist es wenig] weiterbringend, wenn die rassistischen Spaltungsstrategien der Unternehmen bei Mag Wompel als „berechtigte Angst der Gewerkschaften" bezeichnet werden. Schließlich geht es dabei nicht um Ängste, die es zu überwinden gelte. Besonders schräg wird es, wenn sie fordert, dass die Gewerkschaften (und auch die Arbeiterinnen selbst) ihre „Arbeitsplatzfixierung" aufgeben sollen. D.h. dann wohl: Alle helfen mit beim Abriss der Produktionsanlagen zur Verlagerung statt wilder Streiks bei Opel und anderswo? In dem schwierigen Versuch, gegen das Mitmachen in der Standortlogik bei den Gewerkschaften zu argumentieren und insbesondere dem Bedienen an rassistischen Parolen dabei, läuft Mag Wompels Argumentation auf ein „Deutscher Arbeiter, löse dich freiwillig von deinem Arbeitsplatz, damit auch andere, zu billigeren Löhnen an der kapitalistischen Ausbeutung teilhaben können" hinaus. Genau aber das ist doch gerade das Interesse der Unternehmen, eben des Kapitals.

Richtig und wichtig ist dagegen Mag Wompels Forderung, den Spaltungsstrategien damit zu begegnen, sich gemeinsam zu organisieren, deutsche und migrantische Arbeiterinnen zusammen. Aus dem Standortdilemma hilft das nicht ganz raus. Dafür, auch das formuliert sie, bedarf es einer „Internationalisierung der Kämpfe" und einer weltweiten antikapitalistischen Bewegung oder zumindest der Perspektive auf eine solche. Denn solange der Kapitalismus besteht, gibt es real keinen Ausweg aus der gegenseitigen Konkurrenz um Standorte und Arbeitsplätze, da über diese die individuelle Lebenssicherung organisiert ist. Die Spaltungsstrategien zu erkennen, muss darauf hinauslaufen, gegen ihre rassistische Unterfütterung vorzugehen, aber ohne ein sozial-revolutionäres Projekt hat die Linke auch nur Verzichtsargumente als Antwort auf das Problem der Konkurrenz. Gemeinsame Organisierung kann hier nur immer wieder ein Versuch sein, dieser nicht vollständig ausgeliefert zu sein. Doch jede Lohnsteigerung an dem einen Standort wird an dem anderen Standort eingespart werden. Ohne eine große Bewegung mit dem Ziel auf eine gesamtgesellschaftliche Umwälzung wird eine gemeinsame Organisierung daher immer prekär bleiben. Sie muss dennoch immer wieder versucht werden, vorzugsweise außerhalb der Gewerkschaften, um effektiv gegen den etablierten Rassismus in diesen vorzugehen, ohne sie aber aus der Pflicht zu nehmen, wie Mag Wompel schreibt. Die rassistischen und ethnischen Spaltungen werden im Beitrag von Amplitude/kein mensch ist illegal deutlich als Strategien zur Gewinnmaximierung gefasst. Aus dieser Perspektive wird zudem die Migrationsregulierung durch IOM & Co in den Blick genommen, die eben nicht die vollständige Abschottung des Arbeitsmarktes, auch nicht in „Schengenland" zum Ziel hat (die Festung ist löchrig wie ein schweizer Käse, und das ist besser fürs Kapital, als wenn es nicht so wäre). Fazit: Antikapitalistischer und antirassistischer Kampf können nur zusammen und eigentlich auch nur internationalistisch (und antisexistisch, auch wenn das hier jetzt nicht Thema war) geführt werden. So gewendet braucht es keine Verzichtsargumentationen und die Kritik am Rassismus der etablierten Gewerkschaften gründet sich nicht auf Humanismus, sondern auf der Analyse des Zusammenhangs von Rassismus und kapitalistischer Ausbeutung. Diese Erkenntnis löst nicht, wie gesagt, das reale Problem der Konkurrenz auf. Hierzu bedarf es praktischer Versuche gemeinsamer Organisierung. Ein wichtiger Impuls der konkreten praktischen Umsetzung in diese Richtung ist hier sicherlich der Versuch von Amplitude/kein mensch ist illegal, Orte gemeinsamer Organisierung zu schaffen, z.B. nach dem Vorbild der Workers Centers in den USA oder als „soziales Zentrum" wie in Italien.

Eine „antikapitalistische Transnationale" ist nötig...

... und wir könnten einfach damit anfangen, uns als eine solche zu organisieren. Die Kooperation von Flüchtlingsselbstorganisationen, Migrantinnen- und biodeutschen Antira-Gruppen kann ein zentraler Kern für eine solche Organisierung sein, gerade auch, um den Rassismen in der Standortkonkurrenz und dem Wohlstandschauvinismus der Metropole etwas entgegenzusetzen. Eine wichtige Voraussetzung für eine solche Kooperation ist der Bruch mit paternalistischen Politik-Konzepten. Die Diskussion um die Paternalismusfalle in der Antira-Bewegung und Möglichkeiten gemeinsamer Organisierung hat angemessen einigen Raum im Buch eingenommen. Sogar ein ganzes Kapitel spielt mit Titel und Intro darauf an. Ihm wird ein Satz von Lilly Watson, „einer australischen Aborigini Künstlerin und Aktivistin" vorangestellt: „If you have come to help me, you are wasting your time. But if you have come because your liberation is bound up with mine, then let's work together."
Demnach scheint doch alles extrem simpel, es kommt nur auf die Einstellung der Aktivistinnen an. Doch so einfach ist es genau nicht, nicht zuletzt weil die Aktivitäten für den gemeinsamen Kampf oft die gleichen sind, wie humanistische Hilfen - und dies um so mehr, je größer die strukturellen Differenzen unter den gemeinsam Kämpfenden sind. Immer wieder (auch in dem Buch) weisen migrantische und Flüchtlingsaktivistinnen darauf hin, dass das Misstrauen gegen biodeutsche Aktivistinnen, die strukturellen Unterschiede für sich auszunutzen z.B. Bündnisse zu dominieren oder mit den ganzen Aktivitäten nur das eigene schlechte Gewissen beruhigen zu wollen, mehr als berechtigt ist. Doch wie dem Paternalismus entkommen, ohne die strukturellen Differenzen zu negieren?

In seinem Text zur Geschichte der Antirassistischen Grenzcamps meint Gregor Samsa im Buch, dass eine wichtige Bedingung dafür sei, aus dem karikativen Paternalismus herauszukommen, „dass Flüchtlinge und Nicht-Flüchtlinge Genossinnen werden". Gemeint ist damit auch, wenn wir das jetzt richtig verstanden haben, dass sie sich in gemeinsamen Aktionen als Genossinnen konkret erfahren, kennenlernen und so Vertrauen entstehen kann. Dazu gehöre auch, Abschiebungen als Verhinderung der gemeinsamen Organisierung wahrzunehmen und dem Kampf gegen diese entsprechende Priorität einzuräumen. Schön gesprochen! Gerade an dem Beispiel Abschiebungen, aber auch an der Frage von Solidarität mit denen, die im Abschiebeknast sitzen müssen, zeigt sich jedoch am deutlichsten, wie groß der Unterschied ist zwischen „den Genossinnen" und „den Flüchtlingen". Abschiebungen, zuletzt z.B. während der Gipfelproteste, werden selbstverständlich als Verhinderung der gemeinsamen Organisierung und von Widerstand wahrgenommen, sobald sie unmittelbar die „eigenen Leute" betreffen.

Immer mal wieder gab und gibt es Kampagnen für die Freiheit politischer Gefangener weltweit, die von deutschen Linksradikalen unterstützt wurden und werden. Es gibt eine lange Geschichte von Knast-Soliarbeit und der Dokumentation von Widerstand im Knast. Im Artikel zu Kämpfen im Abschiebeknast im Buch werden diese aber gerade nicht, wie bei „Genossinnen" nahe liegen würde, als Teil von diesen Knastkämpfen der Linken gedacht. Dies geschieht eben aus der Perspektive, dass diese Form von Repression immer nur die Anderen trifft, mit meiner Realität nichts zu tun hat.

Sicher - es wird immer wieder eine Kluft in der gemeinsamen Organisierung auftauchen, denn die Einschränkung von Bewegungsfreiheit und das Grenzregime unterscheiden real und zielen damit ja gerade auf die Spaltung von gemeinsamem Widerstand gegen dieses System. Die Initiative gegen das Chipkartensystem formuliert zur Paternalismusfalle treffend, dass es wichtig ist, sie als Ergebnis der „staatlichen Entrechtung und dem gesetzlich forcierten Ausschluss von gesellschaftlichen Ressourcen" zu denken. Sich gegenseitig als
Genossinnen wahrzunehmen ist erst dann für beide Seiten möglich, wenn deutlich werden kann, dass Gegnerinnen und Ziele im Kampf gemeinsame sind oder zumindest punktuell Gemeinsamkeiten da sind. In puncto Grenzen könnte die Perspektive auf deren Funktion der Behinderung von Flucht (z.B. vor staatlicher Repression) oder das Interesse an (staatlich) unkontrollierter Bewegung, die der Widerstand gegen dieses Ausbeutungssystem nötig braucht, ein sehr konkreter gemeinsamer Bezugspunkt von Linken und Migrierenden sein. Auch die Erfahrungen von Knast und „Illegalität" sind der Linken nicht äußerlich. Hier gibt es Verbindungslinien, Anknüpfungspunkte für Erfahrungsaustausch, Partnerlnnenschaften, Solidarität und gemeinsame Interessen für Kampagnen und Kämpfe gegen Staat und Kapital. Oder hat die (Antira-)Linke diesen Teil ihrer Geschichte, ihre Leute auf der Flucht und im Knast ganz vergessen? Warum die mögliche Gemeinsamkeit der Erfahrungen nicht so einfach auf die Zusammenarbeit mit Flüchtlingsselbstorganisationen oder auch sonstigen migrantischen Gruppen übertragbar ist, ist auch in der Geschichte der deutschen Linken begründet. Die Antirassistische Linke, diese Teilbereichsszene hat sich teilweise aus dem „Sozialrevolutionären" Spektrum entwickelt, der sich über die Kritik am antiimperialistischen Teil definiert(e) (auch wenn die Trennung nicht immer so eindeutig zu ziehen ist) . Und: ein Teil der autonomen Linken hat eine Geschichte der kritischen Auseinandersetzung und Distanzierung zu nationalen Befreiungsbewegungen hinter sich. Die Antira-Szene hat sich in einer Situation zusammengefunden, wo Internationalismus schon einen negativen Beigeschmack bekommen hatte (siehe das Kapitel zum „Autonomen Antirassismus" im Buch Autonome in Bewegung der AG Grauwacke). Erinnert sei daran, wie der Demospruch „Hoch die internationale Solidarität!" mit „antinationale Solidarität" überschrien wurde. Gründe dafür waren die Erfahrungen und Enttäuschungen in den Solibewegungen und gemeinsamen Organisierungsversuchen mit nationalen Befreiungsbewegungen seit den 60er Jahren und eine Aktualisierung der Kritik am Nationen-Konzept und an Nationalismus nach 1990 und angesichts brennender Asylbewerberinnenheime.

Diese Punkte scheinen in der Antira-Szene nicht (mehr?) Thema zu sein, zumindest dem Buch nach. Die konfliktreiche Geschichte von „Internationaler Solidarität" und „Antiimperialismus" in die Diskussion zu holen, hieße jedoch, sich auch zu ihr zu positionieren. Stattdessen wird in Teilen diese „Vergangenheit" ganz verschwiegen oder - in „unproblematischen" Fällen - als „erste antirassistische Aktionen" umgedeutet, wie bei den Protesten gegen den Film Africa Addio (einem Film, der die antikolonialen Befreiungsbewegungen als Aufstand der „Wilden" gegen die „Zivilisation" darstellte) im Buch. Durch den ganz im positivsten Sinne von Bewegungsgeschichtsschreibung gemeinten Blick auf die „Spuren antirassistischer Bewegung" wird die internationalistische Perspektive der damaligen Proteste gegen den Film einfach ausgeblendet. Aber: Ist das so problematisch?

Die antikolonialen Kämpfe wurden damals aus der internationalistischen und antiimperialistischen Perspektive als Teil des gemeinsamen weltweiten Kampfes gegen den Kapitalismus gedacht. Besonders deutlich macht das folgendes Zitat von Rudi Dutschke aus dem April 1965, nach den Erfahrungen der Anti-Tschombe-Demonstration (dem Text zu den Protesten Africa Addio im Buch entnommen): „Die Internationalisierung der Strategie der revolutionären Kräfte scheint mir immer dringlicher zu werden. Unsere Mikrozellen haben umgehend Kontakt und Zusammenarbeit mit amerikanischen, anderen europäischen, lateinamerikanischen und auch afro-asiatischen Studenten und Nichtstudenten [...] aufzunehmen. Diese Kontakte sind allen anderen Kontakten mit pseudorevolutionären deutschen Gruppen vorzuziehen." Die berechtigte Kritik an den Hoffnungen auf ein neues „revolutionäres Subjekt" nach den Enttäuschungen mit der „Arbeiterbewegung" auf der einen Seite und an dem in der realen praktischen Zusammenarbeit dennoch vorhandenen Paternalismus und der Instrumentalisierung durch die verschiedenen politischen Gruppen darf nicht blind machen dafür, dass „aus den gemeinsamen Diskussionen über die antikolonialen Befreiungsbewegungen und die westlichen Interventionen in der Dritten Welt sich weitgehend übereinstimmende politische Positionen" ergaben (laut dem Artikel im Buch). Was will mensch mehr? Das ist doch eine Basis für gemeinsamen Kampf, oder? Ihre Grundlage ist aber eben der so umstrittene Internationalismus in seiner Perspektive auf die gemeinsamen Ziele im Kampf für die weltweite Revolution. Und deshalb finden wir es wichtig, sich mit diesem und seinen Grenzen auseinanderzusetzen. Das kann helfen zu klären, was heute die Gemeinsamkeiten von Kämpfen ausmacht.

Inhaltliche Beziehungen zu den Kämpfen der jeweils anderen heute machen im Buch jedoch nur die Flüchtlinge in den Interviews auf: Sunny Omwunyeke stellt über Hartz4 eine Verbindung zur Lebenssituation und permanenten Entrechtung von Flüchtlingen her; Flore Kwenja spricht den Kampf für die Menschenrechte an; andere treten für einen gemeinsamen Kampf für globale Rechte, für Reisefreiheit/das Recht auf Bewegungsfreiheit ein. Von (vermutlich) biodeutscher Antira-Seite kommen stattdessen Äußerungen wie: „Es geht darum, einfach zu merken, dass es genauso wie unter den weißen Deutschen natürlich auch unter den Flüchtlingen Menschen gibt, mit denen ich mich seelenverwandt fühle." Oder: „In dem Moment, in dem du dich mit Asylsuchenden anfreundest, werden ihre Problem zu deinen eigenen". In gemeinsamer politischer Organisierung geht es unserer Meinung nach nicht um J;H Freundschaft oder auch nur, dass wir uns mögen, sondern um gemeinsame politische Perspektiven. Sicher ist der Prozess der Organisierung auch ein sozialer. Aber „sich anfreunden" und „seelenverwandt fühlen" statt gemeinsame politische Perspektiven ausloten und um diese streiten? Statt Freundschaft bedarf es unserer Ansicht nach viel mehr einer Streitkultur - und der Strukturen, von denen aus sich alle Beteiligten den Streit, die Differenz auch leisten können. Hierbei helfen auch psychologisierende Interpretationen wie die von dissens3, dass „große Teile der weiß-deutschen Aktivistinnen" scheinbar „unter sich bleiben wollen und Angst haben, dass eine stärkere Beteiligung von Flüchtlingsaktivistinnen ihren altbekannten Politikstil verändern könnte", nicht wirklich weiter. Statt als Angst zu vereindeutigen, was auch eine Mischung aus auch die Linke prägende rassistische Ausgrenzungsstrukturen und der mit diesen verschränkten Skepsis gegenüber den politischen Positionen der Flüchtlings- und Migrant Innengruppen nach den Erfahrungen mit nationalen Befreiungsbewegungen und in der internationalen Solidaritätsarbeit sein kann, ist uns zu einfach. Wie war das mit der Palästina- oder PKK-Solidarität? Viel interessanter wäre doch dagegen die Frage mal wirklich zu stellen, was die politischen Hintergründe sind, warum einzelne eine Zusammenarbeit mit Flüchtlings- und Migrantinnen-Gruppen für nicht so notwendig halten, wie andere, und welche Differenzen es entlang der verschiedenen Gruppen gibt bzw. wo Ansätze für Bündnisse sind. Konkrete Streitpunkte und inwieweit eine Diskussion hierüber geführt wird, sind in dem Buch jedoch leider nur angedeutet. Dass dies überhaupt Thema ist, ist nicht zuletzt Erfolg der Flüchtlingsselbstorganisationen und der „intensivierten Kooperation" zwischen diesen und kleinen Teilen der biodeutschen Antira-Szene. Was aber noch zu fehlen scheint ist die inhaltliche Basis für die gemeinsame Organisierung. Diese könnte der immer mal wieder beschworene neue Internationalismus sein, der Kampf gegen den weltweiten Neoliberalismus oder für Rechte - ob als Menschenrechte oder globale Rechte formuliert -, aber auf jeden-fall geht es um ein gutes Leben für ALLE! Die unterschiedlichen Erfahrung mit nationalen Befreiungsbewegungen sind hierfür genauso aktiv miteinander zu diskutieren wie Rassismen oder die Kontinuität kolonialer Repräsentationstrukturen. Lets Start! Antira heißt Angriff!!!

AG Transnationaler Widerstand
 

Editorische Anmerkungen

Der Text erschien in der INTERIM Nr. 625 vom 27.10.2005, S. 23-29
OCR-Scan by Red. trend