Betrieb & Gewerkschaft
Alle für Oberschöneweide
Politiker bekunden Solidarität für kämpfende Samsung-Mitarbeiter

von Peter Nowak

12/05

trend
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Am Mittwochabend (23.11.05) lud das Solidaritätskomitee »Samsung muss bleiben« Politiker von SPD, CDU und Linkspartei zur Podiumsdiskussion mit anschließendem Konzert nach Oberschöneweide.

Muss die Politik ohnmächtig zuschauen, wenn Fabriken schließen und damit über das Schicksal von Tausenden Menschen entscheidet, lautete das Thema. Diese Frage wird im Berliner Stadtteil Oberschöneweide zur Zeit viel diskutiert. Hier will Samsung zum Jahresende sein Bildröhrenwerk schließen und die Produktion nach Ungarn verlagern. 750 der 800 Beschäftigte sollen in die Arbeitslosigkeit entlassen werden. Seit Wochen wehren sich die Beschäftigen gegen die Pläne der koreanischen Firmenleitung und erhalten mittlerweile auch über Berlin hinaus Solidarität – etwa von der Montagsdemonstration in Dresden.

Geht es nach den Lippenbekenntnissen dieses Abends, haben die Arbeiter auch die uneingeschränkte Unterstützung der Politik. Sowohl der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Nicolas Zimmer, als auch sein sozialdemokratischer Kollege Michael Müller und Gregor Gysi, Chef der Bundestagsfraktion der Linkspartei.PDS, beteuerten, sie stünden hinter den Forderungen der Samsung-Arbeiter. Dafür gab es von den etwa 300 Zuhörern Applaus – allerdings unterschiedlich dosiert. Eher höflichen Beifall erhielt
Zimmer für seine Bekundung, man sei sich parteiübergreifend einig, dass der Standort Oberschöneweide erhalten bleiben müsse. Lauter wurde die Zustimmung für die Bemerkung, es ginge nicht an, dass mit deutschen Steuergeldern die Verlagerung von Arbeitsplätzen finanziert würden.

Deutlich mehr Zustimmung erhielt der Sozialdemokrat Müller für sein Lob auf den Standort Berlin. Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und sein Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei.PDS) würden um die Welt jetten, um Investoren den Roten Teppich auszulegen. Auch die Gewerkschaften hätten dies mit maßvoller Tarifpolitik unterstützt. Jetzt sei es an den Unternehmen, ihren Anteil zur Standortsicherung beizutragen. Auch Gregor Gysi erhielt großen Applaus für sein Plädoyer, dass die Politik Vorrang vor der Wirtschaft haben müsse. Er brandmarkte die Heuchelei der Unternehmen, die immer wieder einen Rückzug des Staates aus der Wirtschaft fordern, wenn es um Abbau von Sozialleistungen gehe, die aber bei staatlichen Subventionen gar nicht schnell genug zugreifen könnten.

Gysi sprach sich indirekt auch für einen Boykott von Samsung-Produkten aus, wenn der Standort Berlin nicht erhalten werde. In dieser Frage gab es den einzigen Dissens in der Runde. So hält Zimmer nichts von Boykottdrohungen.

Der Vizepräsident der in Oberschöneweide angesiedelten Fachhochschule für Technik und Wirtschaft (FHTW), Professor Klaus Semlinger, sprach den Arbeitern von Samsung ebenfalls seine Solidarität aus. »Wer kämpft, kann verlieren«, variierte er ein Brecht-Zitat. Dass allerdings Nicolas Zimmer darauf erwiderte, seine Partei kämpfe bis zum Schluss für den Erhalt des Standorts, war für manchen Zuhörer dann doch zu viel. »Wir kämpfen immer noch selber«, sagte ein Samsung-Mitarbeiter.

Editorische Anmerkungen

Dieser Artikel wurde uns vom Autor am 27. November 2005 zur Veröffentlichung gegeben.