„Die Bekämpfung
von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung geht uns alle an!“
heißt es auf der Homepage der Berliner Senatsverwaltung für
Wirtschaft, Arbeit und Frauen. Vorgestellt wird eine zentrale
Anlaufstelle zur Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler
Beschäftigung. Auf einer Hotline können sich Interessierte
informieren, Materialien zum Thema werden erstellt und
Gesetzesinitiativen erarbeitet, um weitere Schlupflöcher zu
schließen. Der Berliner Senat will sich schließlich nicht
Untätigkeit beim Kampf gegen die Schwarzarbeit vorwerfen lassen,
die immer wieder Gegenstand öffentlicher Kampagnen ist.
„Nirgends ist die
Diskrepanz zwischen der öffentlichen Meinung und praktischen
Handeln, meinte Norbert Cyrus von der Universität Oldenburg.
Während die Schwarzarbeit zum Grundübel der Gesellschaft
hochstilisiert werde, greifen nicht nur Privatleute sondern auch
staatliche Arbeitgeber gern darauf zurück.
Cyrus hielt am
Donnerstag auf einen vom DGB-Bildungswerk veranstalteten
Workshop zum Thema illegale Beschäftigung ein Impulsreferat.
Das es sich um ein heikles Thema handelt, war den Veranstaltern
klar. Antirassistische Gruppen haben Einzelgewerkschaften immer
wieder vorgeworfen, vorrangig die Interessen der deutschen
Arbeitnehmer zu vertreten und Beschäftigte ohne deutschen Pass
auszugrenzen. Diesen Eindruck mochte Norbert Cyrus in seinem
kritisch-solidarischen Referat nicht ganz zerstreuen. In seiner
sehr differenzierten Analyse gewerkschaftlicher Medien und
Internetseiten zum Thema illegale Beschäftigung stellte der
Wissenschaftler drei unterschiedliche Diskursweisen fest. Der
illegale Arbeiter kann als Kollege Opfer oder Gegner betrachtet
werden. Alle drei Verhaltensweisen kommen in der
gewerkschaftlichen Theorie und Praxis vor, so Cyrus. So werde
bei der IG-Bau der Schwerpunkt auf Kontrolle und
Kriminalisierung gelegt. Insgesamt attestierte Cyrus dem DGB,
sich eher an Gesetzen und deren Einhaltung als an Rechten und
deren Erkämpfung orientiere.
Darin sieht er
die Gefahr einer autoritären Entwicklung. Mit Verweis auf den
von dem Zukunftsforscher Robert Jungk kreierten Begriff des
Atomstaates prägte Cyrus den Begriff es
Schwarzarbeiterbekämpfungsstaates. Diese ausdrücklich als
solidarische Kritik bezeichneter Beitrag bestimmte auch die
nachfolgende Diskussion. Frank Schmidt-Hullmann vom IG-Bau
Vorstand sieht in der Kritik an seiner Gewerkschaft vor allem
Missverständnisse. So habe es bei der von antirassistischen
Gruppen bekämpften Kampagne „Ohne Regeln geht es nicht“ um eine
Aktion gegen illegale Beschäftigungspraktiken von Unternehmern
und nicht um den Kampf gegen illegal Beschäftigte gehandelt.
Allerdings räumte Schmidt-Hullmann ein, dass als Folge der von
seiner Gewerkschaft geforderten Kontrollen die Abschiebung von
Arbeitern ohne Papiere sein kann. Trotzdem könne man aus seiner
Sicht nicht auf diese Kontrollen verzichten. Trotzdem könne man
aus gewerkschaftlicher Sicht dafür sorgen, dass auch den
abgeschobenen Arbeitern der Lohn für ihre Arbeit nicht
vorenthalten wird.
Inzwischen hatten
sich aber die Betroffenen selbst zu Wort gemeldet. Eine Gruppe
von Haushaltsarbeiterinnen, die in dem europäischen Netzwerk
Respect und der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi organisiert
sind, forderten in Flugblättern und einen kurzen Redebeitrag
Arbeitsrechte für alle unabhängig vom Aufenthaltsstatut. Verdi
solle sich dafür einsetzen, dass auch die Haushaltsarbeiterinnen
in den Genuss gesetzlicher Standards wie Mindestlohn,
Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sowie Kündigungsfristen
kommen. Außerdem forderten die Frauen kompetente Beratung von
der Gewerkschaft. Dabei verwiesen sie aus Beispiele aus
Südkorea, wo die Gewerkschaften migrantischen Arbeitern die
Infrastruktur für ihre Arbeit zur Verfügung stellt.
Diese
Intervention wurde von den Teilnehmern des Workshops überwiegend
positiv aufgenommen. Sonja Marko von der Verdi-Hauptverwaltung
betonte, dass Gewerkschaften kein Selbstzweck sind und auch für
neue Entwicklungen offen sein müssen. Sie verwies auf das
Beispiel der Buchdruckerinnen, die von ihren männlichen Kollegen
in der Frühphase der Arbeiterbewegung als Konkurrentinnen
bekämpft worden waren. Die Mitgliedschaft in der
Gewerkschaft war ihnen verwehrt worden. So gründeten die Frauen
eine eigene Gewerkschaft und erst Jahrzehnte später kam es zu
einer Vereinigung.
Editorische Anmerkungen
Der Autor schickte uns seinen Artikel am
3.12.2005 zur
Veröffentlichung.
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