Betrieb & Gewerkschaft
Wieder Streiks
Tarifauseinandersetzungen im Einzelhandel

von csk

12/07

trend
onlinezeitung

Mehr als 1.000 Beschäftigte im Hamburger Einzelhandel haben am 12. November aus Protest gegen die drohende Streichung von Spät- und Nachtzuschlägen ihre Arbeit niedergelegt. Sie folgten damit einem Aufruf der Gewerkschaft ver.di zur Fortsetzung der Streiks der Vorwoche. Nach einer Andacht um 11.00 Uhr in der Petri-Kirche in der Hamburger Innenstadt gab es am Mittag eine Kundgebung auf dem Gerhart-
Hauptmann-Platz, auf der auch die stellvertretende Bundsvorsitzende von ver.di, Margret Mönig-Raane, sprach. Es folgte ein Protestmarsch zur Geschäftsstelle des Hamburger Einzelhandelsverbandes am Hafen und zum Jungfernstieg.

Einschränkungen für Kunden - Mönig-Raane erneuerte in Hamburg die Forderung ihrer Gewerkschaft nach 5,0 Prozent Lohnerhöhung, Verzicht auf Zulagenstreichungen sowie einem Tarifvertrag und mehr Sicher-
heit für alle Arbeitnehmer der Branche. Zum ersten Mal gingen nach ver.di-Angaben die Beschäftigten all jener Betriebe gemeinsam auf die Straße, die bereits an Arbeitsniederlegungen teilgenommen hatten. Bei den betroffenen Arbeitgebern handelt es sich unter anderem um Handelsketten und große Warenhäuser wie Real, Toom, Karstadt oder Kaufhof. In ihren Filialen mussten die Kunden auch am Folgetag Einschränkungen in Kauf nehmen. Dann fand in Berlin eine bundesweite Protestkundgebung mit gut 4.000 KollegInnen statt. Zu dieser kamen aus Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein Busse mit ver.di-Mitgliedern. Insgesamt sind rund 195.000 Menschen im norddeutschen Einzelhandel beschäftigt.

Arbeitsniederlegungen auch in Niedersachsen und Schleswig-Holstein - Anlass für die verschäften Proteste sind die seit Sommer stockenden bundesweiten Tarifverhandlungen. Auch in anderen Teilen Norddeutschlands wurde deshalb gestreikt.

Bei der Unternehmensgruppe Rewe in Schleswig-Holstein legten rund 300 Arbeitnehmer das Zentrallager in Norderstedt lahm. Von dort werden Märkte in ganz Schleswig-Holstein sowie in Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern beliefert. In Niedersachsen befanden sich nach ver.di-Angaben rund 650 Beschäftigte im Ausstand. Betroffen von den Aktionen waren unter anderem die Rewe-Lager in Lehrte bei Hannover und Stelle (Landkreis Harburg). Auch Beschäftigte der Märkte extra, Plus, Schlecker, Penny sowie von H&M legten nach Gewerkschaftsangaben die Arbeit nieder.

Unbefristeter Streik in Schleswig-Holstein - Erstmals rief ver.di die Beschäftigten im schleswig-
holsteinischen Einzelhandel zu unbefristeten Arbeitsniederlegungen auf. „Wir starten nun die nächste Eskalationsstufe im Einzelhandel. Wenn die Arbeitgeber meinen, diese Tarifrunde aussitzen zu können, dann haben sie sich verrechnet. Die Beschäftigten der Firmen, die Hauptinteressenten an einer Streichung der Spät- und einer Senkung der Nachtzuschläge sind, beginnen nun mit zeitlich unbegrenzten Arbeitsniederlegungen, was es unmöglich machen wird, voraus zu planen oder Streikbrechertätigkeiten zu organisieren“, so der Sprecher der Gewerkschaft ver.di, Frank Schischefsky. Am 13. November wurde in Schleswig-Holstein das Rewe-Zentrallager in Norderstedt bestreikt.

Im schleswig-holsteinischen Einzelhandel verweigern die Arbeitgeber faire Verhandlungen. - Die Beschäftigten werden nicht, wie von den Arbeitgebern gefordert, die verlängerten Öffnungszeiten finanzieren, indem sie auf die Spät-Öffnungszuschläge verzichten. Während in vielen Branchen zwischenzeitlich Tarifabschlüsse oberhalb der Inflationsrate vorliegen, gibt es für die rund 90.000 Einzelhandelsbeschäftigten in Schleswig-Holstein nicht einmal ein Angebot. ver.di fordert neben einer Erhöhung der Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen um 5,5 Prozent einen Mindeststundenlohn von 8,00 Euro.

Streiks in Vorweihnachtszeit, an Heiligabend und Silvester möglich. - ver.di schloss nicht aus, das für den Einzelhandel wichtige Weihnachtsgeschäft zu bestreiken. „Wenn wir im November keinen Durchbruch im Tarifstreit erzielen, sind wir bereit und in der Lage, gezielt im Weihnachtsgeschäft zu streiken", sagte der Hamburger ver.di-Fachbereichsleiter Ulrich Meinecke der Zeitung. Dann könne es zu erheblichen Beeinträchtigungen kommen. „Ein Arbeitskampf ist auch an Heiligabend und Silvester möglich", sagte Meinecke.

Editorische Anmerkungen

Der Artikel erschien am 27.11.2007 bei LinX.
Wir spiegelten von http://www.sozialismus-jetzt.de/LinX-2007/LinX-23-2007/Einzelhandel.html