Solidarität mit Heike Schrader!
Freilassung von Savvas Xiros!

12/07

trend
onlinezeitung

Wir haben die Journalistin zur Vorstellung des von ihr übersetzten Buches „Guantanamo auf griechisch – Zeitgenössische Folter im Rechtsstaat“ eingeladen.  Es handelt von den Bruch aller bürgerlichen Rechte bei der Behandlung und Aburteilung von antagonistischen Linken in Griechenland. So wurden Aussagen des schwerverletzten und unter Einfluss bewusstseinsverändernder Medikamente stehenden Gefangenen Savvas Xiros zu Grundlage der Verurteilung von ihn und anderen militanten Linken zu hohen Haftstrafen.

Dass wir bei staatlicher Repression nicht weit schauen müssen, musste Heike Schrader am 9.12. erfahren. Sie wurde am Flughafen Köln-Bonn von BKA-Beamten erwartet, musste eine Nacht in einer Einzelzelle zubringen und wurde dann  zur Bundesanwaltschaft nach Karlsruhe gebracht. Grund soll ein internationaler Haftbefehl gegen Heike Schrader von 2001 wegen angeblicher Mitgliedschaft in einer linken türkischen Organisation sein. Der Haftbefehl ist zwar gegen Kaution ausgesetzt worden, Heike Schrader darf aber vorerst Deutschland nicht verlassen, ihr Handy und andere Unterlagen wurden beschlagnahmt.

  • Wir fordern die Einstellung aller Verfahren gegen Heike Schrader und ihre freie Ein- und Ausreise.

  • Repression und Staatsterror hier und weltweit bekämpfen!

Hoch die internationale Solidarität
Freiheit für Savvas Xiros

Internationale KommunistInnen, Berlin 12.12.07
www.interkomm.tk


Weitere Informationen von der Website der Onlinezeitung TELEPOLIS

129a: Lesereise hinter Gitter
Wie die Telepolis-Autorin Heike Schrader ins Visier des Staatsschutzes geriet

von Harald Neuber 13.12.2007

Es sollte eine gewöhnliche Lesereise werden. Ein halbes Dutzend Termine hatte Heike Schrader, die auch für Telepolis schreibt (1), vor den Weihnachtsfeiertagen vereinbart. Am Montag traf sie aus der griechischen Hauptstadt Athen auf dem Flughafen Köln-Bonn an, um unter anderem in Berlin und Nürnberg ein Sachbuch vorzustellen. Doch der Routineeinsatz begann mit einer unangenehmen Überraschung. Noch auf der Gangway wurde die 42-jährige Publizistin von Beamten des Bundeskriminalamtes festgenommen. Schrader, die mit ihrem griechischen Ehemann seit Jahren in Athen wohnt und für zahlreiche deutsche Medien tätig ist, wird vorgeworfen, an der "Bildung terroristischer Vereinigungen" beteiligt und "flüchtig" gewesen zu sein. Wenige Wochen, nachdem die Bundesanwaltschaft im Fall der "militanten gruppe" ( Richter prüfen Terrorvorwurf (2)) ein rechtswidriges Vorgehen bescheinigt wurde, zeichnet sich ein neuer Justizskandal ab.

Die Maschine der German Wings war auf dem rheinischen Flughafen gelandet, als eine ungewöhnliche Durchsage kam. "Wir wurden aufgefordert, unsere Ausweisdokumente bereit zu halten", erinnert sich Schrader. Polizeibeamte, hieß es, hätten über Funk eine Kontrolle der Passagiere angemeldet. Dann ging alles ganz schnell.

Namentlich wurde die Journalistin noch auf der Gangway von Zivilbeamten des Bundeskriminalamtes im Empfang genommen und in eine Haftanstalt nach Bonn gebracht, wo sie über Nacht festgehalten wurde. Einblick in den Haftbefehl bekam die Journalistin erst am Abend. 129a Abs. 1. Nr. 1 (3) stand dort. Sie soll demnach an der Bildung terroristischer Vereinigungen mit dem Ziel beteiligt gewesen sein, "Mord", "Totschlag", "Völkermord", "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" oder "Kriegsverbrechen" zu begehen.

Die Anklage schockierte nicht nur die Journalistin. Als ihr am Abend erstmals ein Telefonat erlaubt wurde, rief sie ihren Ehemann in Athen an. "Er war völlig erschüttert", schilderte sie im Gespräch mit Telepolis am Mittwoch. Ändern konnte weder er noch die benachrichtigte Anwältin zunächst nichts. Am nächsten Vormittag erst wurde die deutsche Publizistin dem Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof in Karlsruhe vorgeführt. Er entschied, den Haftbefehl auszusetzen. Der Pahl-Rugenstein Verlag, auf dessen Einladung sie nach Deutschland gekommen ist, hinterlegte 5000 Euro Kaution. Schrader darf die Bundesrepublik nicht verlassen, musste ihren Pass abgeben und ist angehalten, sich wöchentlich bei der Polizei melden.

"Beschuldigte war flüchtig"

Nach Angaben der Generalbundesanwaltschaft (4) wird der Frau vorgeworfen, "von Frühjahr 1996 bis 1998 Mitglied der im Inland innerhalb der (türkischen Organisation) DHKP-C (5) bestehenden terroristischen Vereinigung gewesen zu sein". Die linke Gruppe "Revolutionäre Volksbefreiungspartei/-front", die in der türkischen Gemeinschaft eine stabile Anhängerschaft hat, wurde im August 1998 vom Innenministerium verboten (6). Die Generalbundesanwaltschaft wiederholt in ihrer Erklärung zur Festnahme Schraders die alten Vorwürfe. Die Gruppe versuche, "den türkischen Staat mittels eines 'bewaffneten Kampfes' zu beseitigen und durch ein marxistisch-leninistisches Regime unter seiner Kontrolle zu ersetzen". Schrader sei Teil dieser Verschwörung gewesen, heißt es in der dramatischen Erklärung des Bundesanwalts.

Für die Beschuldigte ist schon dieser Vorwurf ein Skandal. Sie sei im angegebenen Zeitraum in einem Menschenrechtszentrum in Köln aktiv gewesen, berichtet sie. Auch habe sie Kontakt zur DHKP-C gehabt. Ihre Arbeit habe aber unter anderem darin bestanden, eine Zeitschrift herauszugeben. Die Bundesanwaltschaft schlussfolgert daraus, dass die 42-jährige "mehrfach an Treffen hochrangiger Funktionäre" der DHKP-C teilnahm, bei denen "Planung und Vorbereitung von Brandstiftungs- und Tötungsdelikten" im Zentrum gestanden hätten. Seit 2001 sei Schrader deswegen mit einem Haftbefehl gesucht worden, der im Jahr 2005 neu gefasst worden sei.

Spätestens an diesem Punkt beginnt der Skandal. Die Journalistin hat sich einer Strafverfolgung mitnichten entzogen - schon alleine, weil sie nichts von einem Haftbefehl wusste. "Im März dieses Jahres war ich erst auf Veranstaltungen in Deutschland zu Gast", sagt sie. Ihr Name sei in Medien publiziert und auf Plakaten gedruckt worden.

Während die Betroffene sich über die Bezichtigungen nun erst einmal mit ihrer Anwältin beraten will, finden andere klarere Worte. "Die Generalbundesanwaltschaft lügt", sagt Rüdiger Göbel, stellvertretender Chefredakteur der Tageszeitung junge Welt. Neben Telepolis und anderen Medien schreibt Schrader seit Jahren für das linke Blatt. "Eine einfache Recherche beim Internetsuchdienst Google bzw. direkt über unsere Homepage ergibt: Heike Schrader berichtet in der jungen Welt regelmäßig aus Griechenland", so Göbel.

Politische Motivation vermutet

Der Pahl-Rugenstein Verlag und die Autorin vermuten daher Vorsatz bei den Staatsschutzbehörden. In Deutschland wollte Schrader das gerade erschienene Buch "Guantánamo auf Griechisch. Zeitgenössische Folter im Rechtsstaat" präsentieren. Sie hatte die Arbeit des Griechen Savvas Xiros, Mitglied der Stadtguerilla "17. November", ins Deutsche übertragen. Xiros, der seit 2002 in Griechenland inhaftiert ist, berichtet in dem Buch unter anderem, wie er nach seiner Festnahme schwer verletzt auf der Intensivstation von den Sicherheitsbehörden gefoltert und zu Aussagen gezwungen wurde.

"Offensichtlich soll eine Debatte über Folter in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union erschwert werden", vermutet Schrader, die immer wieder darauf verweist, dass sie sich seit Jahren frei innerhalb der EU bewegt. Dass sie ausgerechnet vor der Lesereise mit "konstruierten" Vorwürfen der Bundesanwaltschaft konfrontiert werde, könne kein Zufall sein.

Es ist nicht die einzige Unstimmigkeit in dem Fall. Die Beschuldigte unterhielt Kontakte zur DHKP-C in einer Zeit, zu der die Gruppe zum legalen linken Spektrum der türkischen Gemeinde gehörte. Was bleibt, ist der Vorwurf, sie hätte wahrscheinlich an Treffen einer mutmaßlichen terroristischen Vereinigung innerhalb der DHKP-C teilgenommen, die vermutlich für Gewalttaten verantwortlich war. Der so ersonnene Vorwurf erinnert an das rüde Vorgehen des Staatsschutzes im Fall der "militanten Gruppe". Auch hier waren mehrere Journalisten ins Visier von Geheimdienst und Polizei geraten ( BGH formuliert strenge Auflagen für 129a-Verfahren (7)). Im Oktober und November wies der Bundesgerichtshof die Ermittlungsbehörden deswegen mehrfach zurecht.

Auch der Fall Schrader wirft Fragen auf und lässt zunächst zwei Interpretationsmöglichkeiten: Entweder trifft der Vorwurf der politischen Justiz zu oder die Ermittler haben in unglaublicher Weise geschlampt. Wenn eine vermeintliche Guerillera über Jahre hinweg ein- und ausreisen kann - wie ist es dann um den Schutz vor wirklichen Terroristen bestellt?

Am Mittwoch präsentierte Schrader das von ihr übersetzte Buch von Savvas Xiros im Deutschen Bundestag, eingeladen (8) hatte sie die Linksfraktion. Am Wochenende wird sie den Band auf der linken Buchmesse (9) in Nürnberg vorstellen. Unter anderem dieser Termin war im Internet, in Zeitungen und auf Plakaten mit dem Namen der Übersetzerin beworben worden. Eine Flüchtige verhält sich anders.

Links

(1) http://www.heise.de/tp/r4/html/such.html?T=heike+schrader
(2) http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26462/1.html
(3) http://www.dejure.org/gesetze/StGB/129a.html
(4) http://www.generalbundesanwalt.de/de/showpress.php?themenid=9&newsid=296
(5) http://www.dhkc.net
(6) http://www.verfassungsschutz-bw.de/ausl/ausl_tuerken_dhkpc.htm
(7) http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26711/1.html
(8) http://www.linksfraktion.de/pressemitteilung.php?artikel=1250080101
(9) http://www.linke-literaturmesse.org

Telepolis Artikel-URL: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26843/1.html


Ein Soli-Brief von Hartmut Barth-Engelbart

Aufruf zu einem Aufruf
für die sofortige Beendigung der Ermittlungsverfahren
gegen die Journalistin Heike Schrader !

Ich habe Schwierigkeiten mit dem Verfassen von Aufrufen, das soll jemand machen, der es besser kann, aber es muss jemand anfangen. Heike Schrader hat ein Buch über die Verfolgung und Folterumg von Mitgliedern der linken griechischen Stadtguerilla 16N geschrieben und geht damitauf Vorstellungsreise durch Deutschland (ausführlicher Artikel dazu in den jungenWelt vom heute 12.12.2007 ich weiß nicht, ob er online zu lesen ist ohne Abo). Ich habe dazu ein Gedicht geschrieben, das nur indirekt die obige Forderung beinhaltet. Aber es thematisiert schon die Situation, in der Heike Schrader gerade in der sogenannten Wiege der demokratie den Finger auf die offenen Geschwüre legt. Wer die Folter in einem - dem symbolischen - Kernland der EU öffentlich macht und anprangert, wer eine Kontiuität im Staatsapparat von Patakos bis heute damit belegt, deder hat die Blutzollunion Europa empfindlich getroffen und das gerade in einer sehr diffizilen Situation, wo offen auf der Hand liegt, dass die EU-Reform gegen die Völker Europas, gegen die Lohnabhängigen durchexekutiert wird. Und spätestens nach de EU-Afrika-Konferenz in Lissabon ist es ebenso offensichtlich, dass diese EU-Reform gegen die Völker der Welt executiert wird. Jugoslawien und der Irak waren nur ein Vorgeschmack.

"Damit Europa demokratischer wird"
(O-Ton von der Ersatzbirne in Frauenkleidern)

Pressefreiheit auf Kaution
das ist höchstrichterlicher Hohn
auf Menschenrechte und Verfassung
die Justiz übt Voranpassung
Wir spüren schon was uns erwartet
Demokratie wird abgechartet
der Moloch namens EURO-Charta
die Mischung aus Athen und Sparta
Kein Recht für Sklaven, Mägde, Knechte
nur Reiche haben Bürgerrechte
ein Bund die Welt zu unterwerfen,
zeigt bei Kritik die blanken Nerven
der foltert, unterdrückt, sperrt ein
EURO-Kratie - so wird sie sein
Kanonenfutter, Hungerlohn
in einer Raubkriegsunion
wenn wir da nicht dagegenstehn
sie werden weiter über Leichen gehn
und ihren Krieg um Höchstprofit gewinnen
nach Außen grad so wie nach Innen
und eure Kinder sind den Herrn egal
die zählen nur als Billignachschubmaterial
ihr meint, wenn ihr euch wehrt,
dann müssten eure Kinder drunter leiden
Ihr wartet ab
ihr könnt euch nicht entscheiden ?
Der lange Marsch dagegen hat begonnen
Italien ! Frankreich! Reiht euch ein
der Kampf dagegen ist schon halb gewonnen
sagt ihr nur dieses eine Wort
ich bitt euch drum
für euch und eure Kinder
Sagt NEIN

www.barth-engelbart.de.vu

Editorische Anmerkungen

Die Soli-Erklärung erhielten wir von INTERKOMM. Den Aritkel spiegelten wir bei Telepolis. Den Brief von Hartmut Barth-Engelbart erhielten wir am 13.12.07.