Betrieb & Gewerkschaft
Spaniens Automobilarbeiter im Kampf

von Ralf Streck

12/08

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Auch Spaniens Automobilindustrie ist in der Krise und derzeit sind Demonstrationen, das Blockieren von Strassen oder auch Angriffe auf Firmenzentralen an der Tagesordnung. Vor allem sind es derzeit die Arbeiter von Nissan, die auf die Barrikaden gehen, doch auch bei Pirelli... radikalisieren sich die Proteste, die auch auf andere Sektoren übergreifen.

Die Neuzulassungen gingen in den letzten Monaten fast um die Hälfte zurück. Überall werden bei den Behörden die gefürchteten "Regulierungen" beantragt, die hier "ERE" heißen. Denn massive Kündigungen, Kurzarbeit oder Werksferien benötigen die Genehmigung der zuständigen Behörde. Auch hier debattiert Zentral- und Regionalregierungen über mögliche Hilfen für den Sektor. Vor allem die Beschäftigten des japanischen Autobauers Nissan sorgen in Barcelona für Schlagzeilen. Täglich weisen sie mit Demonstrationen und Straßenblockaden auf die geplanten 1680 Kündigungen hin. Nissan will sich nicht mit Kurzarbeit und Produktionsstopps begnügen, wie sie meist beantragt werden. Von der katalanischen Regionalregierung wird gefordert, den Antrag abzulehnen. 140 Zeitverträge hat Nissan nicht verlängert und zunächst sollen 1.288 Personen entlassen werden, weitere 392 sollen 2009 folgen, womit fast die Hälfte der Belegschaft den Job verlieren würde.

Die Beschäftigten sind sauer und einige ließen ihrer Wut bei einer Demonstration freien Lauf. Letzte Wochen griffen sie mit Farbeiern, Steinen und Absperrgittern das Nissan-Verwaltungsgebäude an . Sie erklären, das Werk mache Gewinne und die Krise soll für eine Umstrukturierung genutzt werden. Sie haben Angst vor dem Verlust ihrer Existenz. Da Spanien schon die höchste Arbeitslosigkeit in der EU aufweist und auch bei Zulieferern gekündigt wird, ist es schwer, schnell eine neue Stelle zu finden. Schon beim Ausfall eines Lohns droht vielen Familien oft der Verlust der Wohnung. Viele sind mit Hypotheken hoch verschuldet und die Zinsen in den letzten zwei Jahren extrem gestiegenen. In einem Jahr haben sich die Kreditausfälle bei den Banken verdreifacht.

Die Gewerkschaften, denen "vertrauliche" Dokumente der Firma vorliegen, lehnen Verhandlungen ab, da der Antrag "unbegründet" sei. Die Firma begründet ihn öffentlich damit, die "Arbeitskosten" und der "Absentismus" in Katalonien seien zu hoch. Nissan droht, Spanien ganz zu verlassen, wenn die Pläne nicht akzeptiert werden, wovon auch andere Standorte betroffen wären. Doch der katalanische Regierungschef José Montilla will "nicht zulassen", dass Nissan die Krise nutze, um radikal Stellen zu streichen. Der Arbeitsminister Mar Serna zeigt sich aber nach bisherigen Gesprächen pessimistisch. Es werde schwierig "irgendein Abkommen" zu erreichen. "Wir können so viele Kündigungen nicht zulassen" sagte er, denn darunter litten auch Zulieferer.

Bei einigen, wie der Reifenfirma Pirelli, gehen die Beschäftigten ebenfalls auf die Barrikaden. Pirelli will 280 Jobs im katalanischen Manresa streichen, 30 Prozent der Belegschaft, und sichere nicht die nötigen Investitionen, um die übrigen Stellen zu erhalten. kritisieren die Gewerkschaften. 500 Beschäftigte blockierten am Dienstag Straßen im Umfeld der Firma und kampieren nun vor den Werkstoren. Massive Proteste weiten sich über ganz Spanien und in andere Sektoren aus. Im nordspanischen Gijón errichteten Werftarbeiter gestern (heute) brennende Barrikaden, um gegen die Schließung der Werft zu protestieren.

Editorische Anmerkungen
Der Artikel erschien erstmals am 20.11.2008  bei Indymedia.