Karl Popper: Der Anti-Dialektiker

von
Suphi Toprak

12/09

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"Es gibt nichts, das wir uns vorstellen könnten, so absurd und unglaublich es auch sein mag es ist doch von diesem oder jenem Philosophen behauptet worden." Diesen Leitsatz stellte Karl Popper von Descartes als den Ausgang für seine anti-dialektische Haltung in seiner Schrift "Was ist die Dialektik"(1) auf. Obwohl der Mensch sich tatsächlich viele Dinge vorstellen kann, ist sein Vorstellungsvermögen gesellschaftlich bedingt und bestimmt. Der Traum vom Fliegen ist ein Urtraum von Menschen. Bevor die Menschen die technischen Möglichkeiten hatten, hat der Mensch davon geträumt, irgendwann und irgendwie zu fliegen. Es gab unzählige Variationen, wie man fliegen könnte. In der Gedankenwelt ist der Mensch geflogen, sowie die Götter, Vögel, auf einem fliegenden Teppich oder Pegasus usw. bevor es technisch möglich war. Niemand konnte in der Antike, nicht einmal das für seine Voraussagen bekannte Orakel von Delphi, felsenfest behaupten, zwischen London und Berlin in der vorderen Reihe eines Flugzeugs mit einem Online-Ticket zu fliegen. Der Grund dafür ist nicht, dass die Antiken weniger Vorstellungskraft besaßen als die heutigen Menschen, die sich durchaus so etwas ohne großen Aufwand vorstellen können. Es liegt an den historischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten und nicht an der Fähigkeit des Menschen das Absurdeste zu denken. Wie wir unten sehen werden, spiegeln die absurden und unglaublichen Ideen von Karl Popper nur die Bedürfnisse der kapitalistischen Gesellschaft wider.

Karl Popper hält eine alternative Methode zur dialektischen Methode parat; die Trial-and-error-Methode (Versuch und Fehler Methode). Popper meint, diese Methode sei in der Entwicklung des menschlichen Denkens - und besonders in der Philosophie angewendet. Kritisieren und Testen sind die Hauptmomente dieser Theorie. Es werden verschiedene Theorien in der Wissenschaft erprobt, bis sich eine Theorie als richtig erweist. Popper sieht hier die Annäherung zwischen seiner Theorie und der Dialektik.

Die dialektische Triade, Thesis, Antithesis und Synthesis hat nur mit der Übereinstimmung, so Popper, mit der Trial-Error Methode ihre Gültigkeit, die sie durchaus bei der Beschreibung der gewissen Entwicklungen von Ideen und Theorien hätte. Die Trial-Error Methode kann am Anfang auch mit vielen Theorien arbeiten, die der Dialektik unzulänglich sind, weil sie für den Anfang nur eine Thesis sucht. Popper meint dazu: "Aber zugegebenerweise geschieht es sehr häufig - vielleicht ist es die Regel -, dass die Entwicklung eines Bereiches des menschlichen Denken mit einer einzigen Idee beginnt.

Ein weiterer Unterschied sei das dialektische Aufheben der Thesis, in der die positiven Seiten des Alten im Neuen bewahrt werden. Eine derartige dialektische Interpretation der Geistesgeschichte, so räumt Popper ein, recht befriedigend sein könnte und "dass die wertvolle Details zur Interpretation mit Hilfe von "Trial and error“ beisteuern kann(2). Popper gesteht auch ein, dass das"dialektisches Schema" z.B. in der Physik sein Dienst leisten kann.“beispielsweise die Korpuskulartheorie des Lichtes, die zunächst von der Wellentheorie ersetzt wurde und dennoch »bewahrt« bleibt in der neuen Theorie, die beide ersetzt. Um es genauer zu formulieren: Die alten Formeln können vom Standpunkt der neuen aus in der Regel als Annäherungen bezeichnet werden, d.h. sie erweisen sich als nahezu korrekt, so dass wir sie anwenden können, wenn wir keine sehr hohen Anforderungen an die Exaktheit stellen, oder als völlig exakte Formeln, wenn wir in einem bestimmten begrenzten Anwendungsgebiet arbeiten. " Popper beschränkt seine Anerkennung sogleich: "All dies kann zugunsten der dialektischen Ansicht angeführt werden. Wir müssen uns jedoch hüten, zu viel zuzugestehen."

Wie ernst er mit seiner Meinung ist, zeigt er dadurch, dass er die folgende Behauptung aufgestellt hat:" Ein Beispiel dafür bietet die dialektische Redewendung, dass die Thesis ihrer Antithesis "hervorbringt". Tatsächlich ist es lediglich unsere kritische Attitüde, die die Antithesis hervorbringt." Ohne Kritik und Widerspruch gäbe es in der geistigen Entwicklung keinen geistigen Fortschritt. Solange wir keinen Widerspruch akzeptieren, so Popper, wird es nicht zur Synthese kommen. Die Kritik an der Dialektik lautet, "dass der Ansatz, zwei kontradiktorische Aussagen niemals beide zugleich wahr sein können" So sie die traditionelle Logik durch die dialektische Logik ersetzt, die auch eine Allgemeine Theorie der Welt sei.

Es ist sehr markant für die bürgerliche Philosophie nach Hegel bis heute, dass sie ihre Kritik erst einmal an Hegels Dialektik richtet. Auch Adorno stand skeptisch gegenüber Hegels Dialektik. Auch ihm ist der Gedanke eines Fortschritts durch die 3 Triade feindlich. Die Synthese sollte nach ihm nicht existieren. Ein Karl Popper ist auch ein Adorno, auch wenn sie völlig verschieden scheinen und sich auseinandergesetzt haben. Der Angriff der beiden auf die Dialektik ist nicht zufällig. Instinktiv und bewusst hassen alle Bürgerlichen den Gedanken, dass eine andere Gesellschaft über die Grenzen des Kapitalismus möglich ist, die eben durch die dialektische Überwindung der bestehenden Gesellschaft entstehen könnte. Deshalb sehen die bürgerlichen Philosophen die Dialektik als die Grundlage solcher Idee, die sie immer wieder angreifen. Karl Popper verteidigt die offene Gesellschaft alias Kapitalismus, der Millionen Menschen in den Tod geschickt hat. Seine Verteidigung des Kapitalismus heißt die Grundlage des Marxismus anzugreifen.

Es gibt ein dialektisches Verhältnis zwischen Theorie und Praxis. Jegliche Theorien sind der Prüfung und der Praxis unterworfen. Daraus gewinnt der Mensch neue Erkenntnisse. Es ist aber keine wissenschaftliche Attitüde, wenn die Dialektik für alles verantwortlich erklärt wird und daraus ihre Widerlegung dargelegt werden sollte.Nicht alle Widerlegungen sind die dialektischen Widerlegungen. Um dies zu verdeutlichen, nehmen wir an, dass ich jetzt eine Tasche auf dem Boden habe, die ich aufheben möchte, damit der Weg zum meinem Arbeitstisch frei wird. Nur will ich vorsichtig sein, sodass ich keinen Hexenschuss bekomme. Also muss ich auch ungefähr schätzen können, wie schwer die Tasche ist. Nach dem ersten Blick scheint mir die Tasche eine volle Tasche zu sein, also ist sie schwer. Ich nehme aber an, dass Bücher in der Tasche sind, die daher nicht so schwer sein sollten, wie ich angenommen habe. Aber einige Bücher können doch dick und schwer sein, also ist die Tasche, so denke ich, halb so schwer. Ich habe 3 Thesen aufgestellt habe, von deren Richtigkeit ich mich dann vergewissern kann, wenn ich die Tasche abhebe. Der Begriff "schwer" ist auch relativ, weil ich diesen Begriff nicht für einen Elefanten, sondern für eine Tasche, die im meinem Arbeitszimmer liegt, benutzt habe. Für den Elefanten wäre der Begriff schwer gewiss anders. Es gibt 3 Vermutungen, Thesen, die sich erst als wahr zeigen müssen. Die Tasche ist für mich halb schwer. Mit einer richtigen Einschätzung (dass ich vorsichtig sein musste, weil ich nicht wusste, wie schwer die Tasche tatsächlich war) und der vorsichtigen Körperhaltung habe ich mich vielleicht vor einem Hexenschuss bewahrt. Also ist die dritte These die richtige These, die aber nicht die dialektische Aufhebung der Anderen in sich hat. Es ist genauso wie wenn wir vor einer Tür mit 10 Schlüssel stehen und nicht wissen würden, welcher Schlüssel der richtige Schlüssel ist. Wir würden einen nach dem anderen ausprobieren, bis wir den richtigen gefunden und die Tür aufgeschlossen haben. Der richtige Schlüssel ist nicht die dialektische Negation der anderen Schlüssel oder Synthese von den anderen 9 Schlüsseln. Popper beschreibt nur uns mit 10 Schlüsseln vor der Tür, das hat weder mit Dialektik zu tun noch mit der Ergänzung der Dialektik, es sei denn man heißt Popper und kann sich solche dummen Behauptungen erlauben.

Um glaubwürdig zu bleiben, muss Popper die Existenz des Widerspruchs akzeptieren, gleichermaßen stellt er aber den Widerspruch zum Dienste der Kritik. Die Kritik kann den Widerspruch aufheben oder nicht. Die bestimmende Funktion hat hier die Kritik. Hat man den Kapitalismus kritisiert und so aufgehoben? Wo Millionen im Zweiten Weltkrieg die Herrschenden, die sie oder ihre Söhne in den Krieg gesendet haben, kritisiert sogar heftig geflucht haben, aber es trotzdem nicht zu einem Aufheben des Kapitalismus kam. Haben die Millionen nicht genug kritisiert? Oder hat man den Feudalismus durch die Kritik überwunden? Sicherlich ist es so, dass die kritische Haltung der Anfang der vielen Änderungen ist. Aber warum sind die Millionen auf einmal kritisch? Ist es willkürlich? Spielt es nur in dem Bewusstsein des Menschen eine Rolle, dass dieser kritisch geworden ist. Die rein subjektivistische Haltung von Popper ist kennzeichnend für die bürgerliche Philosophie, die offensichtlich nicht in der Lage ist, zu erklären, warum Menschen kritisch werden.

Der Kapitalismus, der seine ökonomische Grundlage schon im 11., 12. Jahrhundert herauszubilden versucht, kommt in Widerspruch mit den feudalistischen Kräften. Die ökonomische Entwicklung ist nicht durch das Bewusstsein der Gesellschaft formiert, so hätte kein vernünftiger König und Adel dem zugestimmt, was seinen Untergang früher und später bedeutet hätte. Die ökonomischen Schranken des Feudalismus, die sich in politischen, religiösen und kulturellen Bereichen auch niedergeschlagen hat, verengten und unterdrückten die kapitalistische Entwicklung. Instinktiv wussten die Kapitalisten, dass der Feudalismus nicht ihre ökonomische Gesellschaftsstruktur anbietet. Sie haben den Widerspruch trotzdem akzeptiert, weil sie ihn akzeptieren mussten. Sie waren nicht so weit entwickelt, um die Gesellschaft umzuwälzen. Kritisch waren sie trotzdem. Die ganzen Schriften der aufklärerischen Philosophen richteten sich gegen den Feudalismus und für die Französische Revolution. Das Bewusstsein des Bürgertums wurde revolutionärer, je stärker seine ökonomische Macht wurde und nicht umgekehrt. Natürlich hätte das Bürgertum die Alternative gehabt, diesen Widerspruch zu ignorieren und nicht kritisch zu sein. Es hat es aber nicht getan, weil es keine andere Alternative gesehen hatte. Um zu existieren, müssten sie die damalige Gesellschaft überwinden, sonst wäre es als Klasse dem Untergang geweiht gewesen. Auch in der Antike waren die Menschen kritisch gegenüber der Gesellschaft, aber trotzdem haben sie nicht den Kapitalismus oder gar den Sozialismus eingeführt, sondern das, was durch die gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse erlaubt war. Ob das Bürgertum will oder nicht will, also unabhängig von seinem Bewusstsein, schafft es durch seine Produktionsweise die Grundlage einer anderen Gesellschaft. Mit den jetzigen Produktionsmöglichkeiten kann in einer sozialistischen Gesellschaft die ganze Menschheit sehr gut versorgt werden. Die Realität der jetzigen Gesellschaft und die Möglichkeit einer sozialistischen Gesellschaft ist auch ein Widerspruch.

Die Dialektik wird von Popper nur auf die Geisteswissenschaften beschränkt. Ihre Gültigkeit in der Natur wird ignoriert. Klar ist es auch, dass die Dialektik der Schlüssel zum Verständnis der Natur ist, wenn Popper von uns die völlige Ignorierung der Naturdialektik fordert. Das kann nur eins heißen, dass wir die Gesetzmäßigkeiten in der Natur ignorieren und damit zusammenhängend auch das Verstehen und Erklären der Natur. Die Naturwissenschaft ist dialektisch, trotz den Behauptungen der bürgerlichen Philosophen. Einstein hat den Fehler, die Natur nicht dialektisch zu betrachten, als seine größte Dummheit bezeichnet. Er ging ursprünglich von einem konstanten, statischen Universum aus. Er fügt 1917 sogar das so genannte "kosmologische Glied" in seine Theorie ein. Dies bezeichnet er später als seine größte Dummheit. Er war befangen in einer antidialektischen, statischen Anschauung. Eine rechtzeitige Schulung über die Dialektik hätte auch den genialen Einstein vor diesem Fehler bewahrt. Dass alles sich ändert und die Größe des Dinges nicht immer dieselbe bleibt, ist der Grundsatz der Dialektik, die in den Antiken der dialektischen Philosophen schon bekannt war. Einstein hat seine späteren Theorien dialektisch aufgebaut, um sich solche Fehler nicht wieder zu erlauben, sonst hätte er sich immer wieder im Lichte der neueren Erkenntnisse blamiert.

Nachdem Popper den Widerspruch als die Folge vom subjektivistischen Bewusstsein degradiert hat, geht er auf eine höhere Ebene weiter: "Eine Theorie, die einen Widerspruch enthält, ist deshalb als Theorie völlig nutzlos." Dieser Satz ist nicht mit dem Satz identisch, dass eine Theorie völlig nutzlos ist, wenn sie falsch ist. Der Kern der Aussage ist, dass eine Welt ohne Widerspruch möglich ist und daher die Theorie auch keinen Widerspruch enthalten sollte. Wenn die Theorie wahr sein sollte, sollte sie die Widersprüche enthalten. Durch die Theorie sollte der Widerspruch erkannt und die Grundlage dafür geschaffen werden, dass der Widerspruch aufgehoben wird. Der Marxismus hat den Widerspruch im Kapitalismus erkannt und gezeigt, wie er durch die Arbeiterklasse aufzuheben ist. Daher ist der Marxismus richtig. Die bürgerlichen Philosophen erkennen den Widerspruch im Kapitalismus nicht und versuchen eine utopische kapitalistische Gesellschaft ohne Widerspruch (harmonischer Kapitalismus) zu entwerfen. Um den Kapitalismus politisch zu verteidigen, müssen die Bürgerlichen die dialektische Philosophie vernichten.

Nachdem Popper versucht hat, den objektiven Widerspruch zu leugnen und ihn für die Theorie überflüssig zu erklären, stellt er auch die dialektische Logik in Frage. Um seine Positionen zu bestärken, verzerrt er den Marxismus. Der klassischen Logik spricht er die Deduktion zu. Die Dialektik wäre aber nur eine empirisch-deskriptive Theorie, daher wäre sie für die Logik unbrauchbar. Das hat aber mit der Realität wenig zu tun. Sowohl Deduktion als auch die Induktion sind die Methoden der Dialektik. Methoden der Dialektik sind nicht einseitig. Die Krisen des Kapitalismus wie die Arbeitslosigkeit, kann man vom Allgemeinen zum Besonderen (Deduktion) erklären, indem man die gesetzmäßige Erscheinung der Arbeitslosigkeit im Kapitalismus darstellt. Die Methode der Induktion ist, dass es anhand eines reichen empirischen Materials nachzuweisen gilt, dass die Arbeitslosigkeit im Kapitalismus eine allgegenwärtige Erscheinung ist, die in manchen Perioden sehr schwach auftreten könnte, trotzdem den allgemeinen Satz nicht umstößt. Der Marxismus kombiniert die beiden Methoden.

Das Beispiel mit der Pflanze findet Popper auch anstößig. "Wenn man jedoch diese Entwicklung dahingehen interpretiert, dass das Keimen der Pflanze zu wachsen beginnt, und dass die Hervorbringung einer Menge neuer Saatkörner durch die Pflanze die Negation der Negation ist “ ein neuer Anfang auf einem höheren Niveau-, So ist das offensichtlich ein bloßes Wortspiel. (Ist dies der Grund dafür, weshalb Engels von dem angeführten Beispiel sagte, dass jedes Kind es verstehen könne?)" Die Pflanzen haben sich in der Evolution vielfältig entwickelt. Die Pflanzen haben sich an die Umwelt angepasst. Die Umwelt änderte sich aber auch. Diese Anpassung war aber ein langwieriger Prozess. Von heute auf morgen konnten die Pflanzen sich nicht an die Umwelt anpassen. Im diesem Prozess hat sich die Pflanze so entwickelt, dass sie sich jedes Mal, wenn sie von neuem wächst, von der ursprünglichen Pflanze unterschieden hat. Diese Unterschiede sind die Grundlage für die optimale Anpassung der Pflanzen an die Umwelt. Daher ist der neue Anfang eine Negation der Negation, die auf einem höheren Niveau endet als der Ursprung. Es ist kein Wortspiel von Engels, es ist die Gesetzmäßigkeit der Natur.

Die Hegelsche Dialektik

Popper wirft der Dialektik vor, dass sie das Gesetz vom Widerspruch nicht verstanden hätte. Die dialektische Logik sei die Negation des Gesetzes vom Widerspruch. Das Gesetz vom Widerspruch hat seine Gültigkeit in einigen alltäglichen Bereichen. Die dialektische Logik ist eine Entwicklung der klassischen Logik. "Und es ist gerade diese Tatsache, dass die Welt voller Widersprüche ist, die uns von einem anderen Blickpunkt her zeigt, dass das Gesetz vom Widerspruch aufgegeben werden muss. Denn dieses Gesetz besagt, dass kein in sich widerspruchsvoller Satz oder kein Paar kontradiktorischer Sätze wahr sein, d.h. mit den Fakten übereinstimmen können. Mit anderen Worten: Das Gesetz impliziert, dass in der Natur, d.h. in der Welt der Fakten, niemals Widersprüche vorkommen können und dass Fakten sich niemals widersprechen können."
Peter lebt oder Peter stirbt sind kontradiktorische Sätze, die nicht nach dem Gesetz des Widerspruchs zugleich wahr sein können. Aber jeder Mensch, der lebt, der stirbt auch. Also sind zwei kontradiktorische Sätze gleichzeitig richtig. Marx wendet diese dialektische Logik im "Kapital! an.:"Alle Waren sind Nicht Gebrauchswerte für ihre Besitzer, Gebrauchswerte für ihre Nicht-Besitzer." Die Ware (A) ist Nicht-Gebrauchtwert (B) und Die Ware (A ) ist Gebrauchswert (C), A ist daher B und A ist C, A ist nicht C und A ist nicht B.

Der Angriff auf die Dialektik ist von Popper so begründet, dass wenn man die Dialektik aufgrund der Widersprüchlichkeit kritisieren sollte, der Dialektiker sehr leicht darauf hinweisen könne, dass diese Widersprüchlichkeiten zur Welt gehören. Die Interpretation der neueren Erkenntnisse für eigenen Zweck erklären zu vermögen, sei auch das Zeichen vom Dogmatismus. Also sei dem Dialektiker geraten, die Dialektik nicht anzuwenden oder sie so zu zerteilen, dass sie nicht mehr die Dialektik ist. Nachdem wir bisher gesehen haben, dass die absurden Behauptungen von Popper keine Grundlage außer des Klasseninstinktes bietet, erübrigt sich die Diskussion eigentlich. Die Diskussion sollte aber weitergeführt werden, um noch klarer die Klassenstandpunkte eines Bürgerlichen gegen den Marxismus zu verdeutlichen.

Der Marxismus ist eine Theorie, die kein Ende hat. Was heißt das? Der Marxismus muss sich offen zeigen, um die neueren Erkenntnisse zu integrieren. Diese Integration ist aber nicht willkürlich und eklektizistisch. Der Marxismus ist der ständigen Prüfung und Kritik unterworfen. Der Marxismus ist in einem Prozess. Darin sieht Popper den Dogmatismus. Er hätte sich mit einer Theorie der fertigen Antworten zufrieden gegeben, die sich nicht weiterzuentwickeln vermag. Als subjektiver Idealist sieht er auch nicht gerne ein, dass es zwischen der objektiven Welt und des subjektiven Denkens keine unüberwindbaren Grenzen gibt. Der Marxismus sieht die Gesetzmäßigkeiten in der Natur, Gesellschaft und im Denken vorhanden. Für Popper gibt es die objektiven Wahrheiten eben nicht. Das verdeutlicht sich mit seinem Beispiel, in dem er die objektiven Widersprüche zu einem Anhängsel vom subjektiven Bewusstsein gemacht hat.

"Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft ist die Geschichte von Klassenkämpfen" Der Widerspruch zwischen Klassen ist der Motor der Geschichte gewesen. Das zu akzeptieren, heißt für einen Bürgerlichen, wie Popper, ein Schuss ins Knie. Daher beginnt er nicht damit, die Geschichte zu verzerren, sondern beginnt mit der Dialektik, die eben die Grundlage für solche Erkenntnisse bildet. Der Klassenkampf zwischen Feudalismus und Kapitalismus ist noch in den Lehrbüchern der Kapitalisten aktuell. Er hat wenige Möglichkeiten, die Weltgeschichte total zu ändern, er ist an einige Tatsachen gebunden. Ich will nicht die Behauptung aufstellen, dass die Bürgerlichen die Geschichte, wie sie ist, erklären und weitergeben. Es gibt genug Beispiele, wo das Bürgertum die Geschichte vertuscht. Trotzdem sind sie an manche Tatsachen gebunden, so wie die Französische Revolution eine bürgerliche Revolution sei. Wenn es glaubwürdig bleiben will, muss es einige Tatsachen akzeptieren, so wie sie sind. Die Absurdität kann in der Philosophie unbegrenzt ausgelebt werden. Der Mensch kann in der bürgerlichen Philosophie die Welt, sich, die Wahrheit usw. ohne weiteres leugnen und dass sei kein Dogmatismus. Das ist der Dogmatismus der Irrationalität. Der Dogmatismus von Popper einen Kapitalismus ohne Widerspruch zu schaffen, sei kein Dogmatismus. Die Geschichte des Kapitalismus ist die Geschichte der Kriegen und Krisen. Solche Widersprüche nach Popper existieren, weil wir sie in den Ideen zugelassen hätten. Schade dass 60 Millionen Opfer allein im Zweiten Weltkrieg nicht davon gewusst hätten. Dass ihr Tod deshalb geschah, weil sie diesen Widerspruch (Widerspruch zum eigenen Leben) zugelassen hätten. Popper will die Philosophie der Geschichte entwerfen, womit er die Manipulationsmöglichkeiten am besten hat. In den Schriften wie "Das Elend des Historizismus" und "die offene Gesellschaft und ihre Feinde" kann man die Spuren dieser Philosophie sehr leicht erkennen.

Popper hat seine Alternative zur wissenschaftlichen Methode parat:
"Jeans hatte ein ungutes Gefühl angesichts der Tatsache, dass unsere Welt zu mathematischen Formeln passt, die ursprünglich von reinen Mathematikern erfunden wurden, welche keinerlei Absicht hatten, ihre Formeln auf die Welt anzuwenden." Der Pragmatismus von Popper wird hier auf Anhieb sehr deutlich. Dass die Ansichten von Popper nicht neu sind, beweist die Antwort von Hegel in "Logik der Wissenschaft.:"Die Philosophie, indem sie Wissenschaft sein soll, kann, wie ich anderwärts erinnert habe, hierzu ihre Methode nicht von einer untergeordneten Wissenschaft, wie die Mathematik ist, borgen, sowenig als es bei kategorischen Versicherungen innerer Anschauung bewenden lassen oder sich des Räsonnements aus Gründen der äußeren Reflexion bedienen. Sondern es kann nur die Natur des Inhalts sein, welche sich im wissenschaftlichen Erkennen bewegt, indem zugleich diese eigene Reflexion des Inhalts es ist, welche seine Bestimmung selbst erst setzt und erzeugt." Durch die Mathematisierung der Philosophie zielen Popper und der Rest der Positivisten und Neopositivisten erstens darauf, den Anschein der Wissenschaftlichkeit zu gewinnen. Zweitens sollten auf der abstrakten Ebene die Dinge nicht mehr widerspruchsvoll erscheinen. Das heißt, das ein Baum nicht mehr als ein Baum behandelt werden sollte, der in ständigem Wandel ist und Änderungen erfährt, sondern als eine Zahl, die von qualitativen Eigenschaften eines Baumes gereinigt ist, also der konkrete Baum soll durch die abstrakte Zahl ersetzt werden.

Dialektik nach Hegel

Karl Popper, der sich auf einmal unsicher fühlt, stellt die Behauptungen auf, ohne etwas beweisen zu müssen.:"Die Verfechter dieses Materialismus würden argumentieren, dass die Wirklichkeit in ihrem Wesen materiell oder physisch ist, wie es dem ungeschulten Denken entspricht; und mit der Aussage, dass sie mit der Vernunft oder dem Geist identisch ist, würde man implizieren, dass der Geist ebenfalls ein materielles oder physisches Phänomen ist “ oder, um weniger radikal zu sein, dass, falls der Geist sich als irgendwie unterschiedlich von der materiellen Wirklichkeit erweisen sollte, dieser Unterschied nicht von großer Bedeutung sein könne." An dieser Stelle ist es angebracht Lenin zu zitieren, der Bogdanow dafür kritisiert, dass Bogdanow in seinen Schriften aus dem idealistischen Standpunkt das Folgende behauptet hat: "Das gesellschaftliche Sein und das gesellschaftliche Bewusstsein sind im genauen Sinn dieser Worte identisch" Was Popper für den dialektischen Materialismus charakteristisch hält, ist gar nicht der dialektischer Materialismus, sondern subjektiver Idealismus von Bogdanow. Also widerlegt ein subjektiver Idealist Popper einen anderen subjektiven Idealisten Bogdanow mit der Gewissheit, der dialektische Materialismus sei hier widerlegt. Wie antwortet Lenin darauf? "Das gesellschaftliche Sein und das gesellschaftliche Bewusstsein sind nicht identisch, ebenso wenig wie Sein überhaupt und Bewusstsein überhaupt identisch sind." Popper wollte auf eine Nummer sicher gehen, wenn er sich in Unsicherheit fühlt, und seine zweite Behauptung lautet, "wenn doch, sei dieser Unterschied nicht bedeutend". Ist es tatsächlich so, dass der Mensch keinen freien Raum im dialektischen Materialismus hätte? Marx antwortet auf diesen Vorwurf: "Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kömmt drauf an, sie zu verändern." Der Mensch kann die Welt verändern, er soll sie sogar verändern. Die bekannte 11. These von Karl Marx bestätigt nicht das Bild von Popper, das er gerne vom dialektischen Materialismus hätte. Pech für ihn. Er teilt nur das Schicksal von allen bürgerlichen Philosophen, die sich lächerlich machen, weil sie angeblich die materialistische Dialektik widerlegen würden.

Nachdem Popper die große Bedeutung der Bedingungen (ökonomischer Aspekt) der Ideen der Gesellschaft anerkannt hat, unterstellt er dem Marxismus folgendes,: "Dennoch bin ich persönlich der Ansicht, dass der Marxsche Ökonomismus seine “ Betonung des ökonomischen Hintergrundes als letzte Grundlage jeder Art von Entwicklung “ einen Irrtum darstellt und tatsächlich unhaltbar ist. Ich glaube, dass die gesellschaftliche Erfahrung eindeutig beweist, wie unter bestimmten Umständen der Einfluss von Ideen (vielleicht von Propaganda unterstützt) die ökonomischen Kräfte kompensieren und sogar überkompensieren kann. Und selbst wenn wir zugeben, dass es unmöglich ist, geistige Bewegungen ohne ihren ökonomischen Hintergrund voll zu verstehen, so ist es wenigstens ebenso unmöglich, ökonomische Entwicklungen zu verstehen ohne Verständnis beispielsweise der wissenschaftlichen oder religiösen Ideen." Nur ein bürgerlicher kann behaupten, dass die europäischen Mächten Afrika und Südamerika kolonisiert haben, um dort die Aufklärung zu bringen. Die ökonomischen Interessen trieben die europäischen Mächte dazu Kolonialmächte zu werden. Die christliche Religion und Gesetze in den kolonialen Ländern zielten auf die Perfektion der kolonialen Ausbeutung, wie es damals durch die Produktionsweise möglich war. Die christliche Religion lehrte die koloniale Ausbeutung zu dulden, statt geschlossen gegen den Kolonialismus aufzustehen. Daher ergänzte die christliche Religion eher die Kolonisation als sie zu beschränken.


Nur ein Bürgerlicher wie Max Weber kann behaupten, dass der Evangelismus oder ein kapitalistischer Geist den Kapitalismus hervorgebracht hätte. Es ist eher umgekehrt, die kapitalistische Ökonomie zwang die Kaufleute und Handwerker sich geistig an den ökonomischen Unterbau angepasst zu haben. Ein Kapitalist kann nicht auf Dauer erfolgreich kapitalistisch sein und bleiben, wenn er die Spielregeln von Kapitalismus nicht versteht und umsetzt. Mit einem anderen klaren Beispiel kann auch die Sache verdeutlicht werden. Keine bürgerlichen Gesetze, Moral, Philosophien und Kunst können auf die Überwindung des Privateigentums oder eine sozialistische Gesellschaft zielen. Das ist ihre praktische Grenze. Eine proletarische Philosophie kann aber, bevor die politische revolutionäre Umwälzung der Gesellschaft angefangen hat, mit deren ausführlicher Vorbereitung beginnen. Hier liegt die Kraft des Überbaus. Das kommunistische Manifest wurde 1847/48 lange vor der Pariser Kommune und der russischen Revolution geschrieben. Das konnte der Marxismus deshalb voraussehen, weil er den ökonomischen Unterbau im Sinne des dialektischen und historischen Materialismus verstanden hat.

"Aber die Dialektik ist verschwommen und elastisch genug, um diese unvorhergesehene Situation ebenso zu interpretieren und zu erklären, wie sie jene Situation interpretiert und erklärt hatte, die sie vorausgesagt hatte und die nicht eingetreten war. Jede beliebige Entwicklung passt in das dialektische Schema; der Dialektiker braucht eine Widerlegung durch zukünftige Erfahrung niemals zu fürchten. Wie bereits erwähnt, ist es weniger die dialektische Schauweise als vielmehr die eigentliche Idee von einer Soziologie als Theorie der geschichtlichen Entwicklung “ die Vorstellung, dass historische Voraussagen großen Stils das Ziel der wissenschaftlichen Soziologie darstellen, die falsch ist." Es ist nicht die Schuld der Dialektik, wenn Popper sich weigert, die Welt so sehen, wie sie ist. Alles hat 2 Seiten. Indem die Menschen neue Wege bauen, sorgen Sie dafür, dass die Verbindungen schneller werden, aber gleichzeitig stören sie in verschiedenen Abstufungen die Umwelt. Das Beispiel von Marx zeigt diese 2 Seiten in der Geschichte: "Auch die feudale Produktion hatte zwei antagonistische Elemente, die man gleichfalls als gute und schlechte Seite des Feudalismus bezeichnen kann, ohne zu berücksichtigen, dass es stets die schlechte Seite ist, welche schließlich den Sieg über die gute Seite davon trägt. Die schlechte Seite ist es, welche die Bewegung ins Leben ruft, welche die Geschichte macht, dadurch, dass sie den Kampf zeitigt.
Hätten zur Zeit der Herrschaft des Feudalismus die Ökonomen, begeistert von den ritterlichen Tugenden, von der schönen Harmonie zwischen Rechten und Pflichten, von dem patriarchalischen Leben der Städte, von dem Blühen der Hausindustrie auf dem Lande, von der Entwicklung der in Korporationen, Zünften, Innungen organisierten Industrie, mit einem Wort von allem, was die schöne Seite des Feudalismus bildet, sich das Problem gestellt, alles auszumerzen, was einen Schatten auf dieses Bild wirft Leibeigenschaft, Privilegien, Anarchie, wohin wären sie damit gekommen? Man hätte alle Elemente vernichtet, welche den Kampf hervorriefen, man hätte die Entwicklung der Bourgeosie im Keime erstickt. Man hätte sich das absurde Problem gestellt, die Geschichte auszustreichen."

Popper nimmt als Kritik am Marxismus den Hegelschen Leitsatz: "Was vernünftig ist, das ist wirklich; und was wirklich ist, das ist vernünftig" Mit dem Satz will Popper dem Marxismus unterstellen, dass durch den Marxismus die Rechtfertigung jeglichen Totalitarismus bedient sei. Weil der Totalitarismus wirklich ist, sei er gleichsam vernünftig. Marx hat den preußischen Staat nicht als vernünftig angenommen, weil er existiert, sondern ihn als eine vorübergehende Erscheinung in der Gesellschaft betrachtet. Auch der sozialistische Staat nach der Sozialistischen Revolution ist nicht der Vernünftige, sondern auch er muss verschwinden. Lenins Werk Staat und Revolution ist mit diesem Leitgedanken gefüllt.

Popper lässt seine Absichten deutlich zeigen: "Es kann keine wissenschaftliche Entwicklung ohne freie Konkurrenz der Gedanken geben “ dies ist der harte Kern der von Marx und Engels einst so stark vertretenen antidogmatischen Attitüde, und im allgemeinen kann es keine freie Konkurrenz wissenschaftlicher Gedanken geben ohne Freiheit für alles Denken." Der Leser stößt auf die Behauptung, dass gerade Konkurrenz für Freiheit alles Denken die Voraussetzung sei. Die wirtschaftliche Konkurrenz des Kapitalismus soll auch eigentlich in der Wissenschaft wurzeln schlagen. Der Zutritt in die Wissenschaft soll dem Marxismus verweigert werden. Die Konkurrenz heißt nicht anderes, als dass der Kapitalismus die herrschende Macht in der Wissenschaft sein und die Wissenschaft der kapitalistischen Profitgier untergeordnet werden soll. Marx erklärte die Konkurrenz als Folgendes:"Begrifflich ist die Konkurrenz nichts als die innere Natur des Kapitals, seine wesentliche Bestimmung, erscheinend und realisiert als Wechselwirkung der vielen Kapitalien aufeinander, die innere Tendenz als äußerliche Notwendigkeit" Folglich sollte die materialistische Dialektik nach Popper aus der Wissenschaft verschwinden, dafür sollen die kapitalistischen Regeln dort herrschen. Das ist der wahre Charakter seiner Philosophie, die durch die Entstellung des dialektischen Materialismus volle Geltung in der Wissenschaft bekommen sollte. Der dialektische Materialismus kann dann sehr leicht widerlegt werden, falls er vorher entstellt wird. Popper ist ein Meister darin. Das ist der Kern, warum Popper so beliebt in unzähligen Hörsälen, Büchern und Sendungen ist.

Fußnoten

1)  http://www.vordenker.de/ggphilosophy/popper_was-ist-dialektik.pdf

2) Ebd.
 

Editorische Anmerkungen

Den Artikel erhielten wir vom Autor für diese Ausgabe.