Schießt nicht auf Amnesty International – oder die Ratschläge eines Alex Feuerherdt an Israel

von Peter Nowak

12/09

trend
onlinezeitung

Zum Glück kümmert sich in Israel kaum jemand, was Linke in Deutschland so an Vorschlägen für den Nahostkonflikt zu bieten haben. Wäre es anders, müsste man in Sorge sein. Und das gilt auch für das, was die Freunde Israels so an Ratschlägen zu Papier bringen. Als solcher kann der Kölner Journalist Alex Feuerherdt sicherlich gelten. In der Konkret vom November 2009 setzte er sich auf zwei Seiten mit einem seiner Meinung nach besonders gefährlichen Gegnern oder sollte man sagen, Feinden Israels auseinander.

Sie haben keine Waffen, aber viel Moral: es handelt sich um Nichtregierungsorganisationen, die Israel immer wieder vorwerfen würden Menschenrechtsverletzungen oder im letzten Gazakrieg Kriegsverbrechen begangen zu haben. Anlass für seinen Artikel war denn auch ein Bericht des UN-Menschenrechtsrates, der unter Federführung des Südafrikaners Richard Goldstone verfasst worden ist, der sich seit Längerem einen guten Ruf erworben hat, weil er sich in weltpolitischen Konflikten nicht scheut, alle Seiten hart zu kritisieren, wenn es um die Einhaltung von Menschenrechten und internationalen Standards geht. So wird auch bei dem Gaza-Bericht gerne kleingeredet, dass dort keineswegs nur Israel sondern auch die Kriegsführung der Hamas analysiert und kritisiert wurde.

Nur ist genau das scheinbar für die Kritiker des Goldstone-Berichts schon ein Problem, weil damit angeblich der demokratische Staat Israel und islamistische Gruppen in einen Topf geworfen werden. Ein seltsames Argument, wenn es um die Untersuchung eines Konflikts geht, an dem eben diese beiden Seiten beteiligt waren. Es müsste doch eigentlich gerade ein Vorzug der „demokratischen Seite“ in dem Konflikt sein, mit den NGOs dann auch entspannt umzugehen. Schließlich spielen sie mit ihrer Kritik doch eigentlich eine wichtige Rolle bei der Stabilisierung, aber auch der Selbstreinigung von demokratischen Systemen. Man braucht hier nur die Rolle des Monatmagazins "Der Spiegel" für die westdeutsche Herrschaft zu betrachten und versteht, dass er mehr zur Stabilisierung beigetragen hat, als viele andere Institutionen. Dass es da auch mal ganz schön krachen kann, siehe Spiegel-Affäre, ist dabei kein Widerspruch.

Viele israelische Demokraten dürften das Wirken vieler NGO ähnlich betrachten. Man ärgert sich über manche zugespitzte Äußerung, aber man weiß auch, dass sie eben ihre Rolle zu spielen haben. So könnte die Folge des Goldstone-Berichts , der wegen seiner Zuspitzung auch vom Namensgeber kritisiert wurde, sein, dass in Israel eine eigene Kommission eingerichtet wird, die die Vorwürfe der Menschenrechtsverletzungen untersucht. In diese Richtung gingen auch die Kommentare in der Jüdischen Allgemeinen Zeitung.

Feindbild - Menschenrechtler

Doch Alex Feuerherdt hält von einen solchen demokratischen Prozedere scheinbar wenig, wenn man seinen Artikel ernst nimmt. Er rät dazu, die NGO selber zur Konfliktpartei zu erklärten. Würde das jemand ernst nehmen, wäre es ein schwerer Verstoß sämtlicher UN-Regeln und könnte sogar ein Kriegsverbrechen sein.

Aber lassen wir Feuerherdt selber zu Wort kommen:

„Es ist höchste Zeit, dass sowohl die UNO – insbesondere ihr Menschenrechtsrat – als auch NGO wie Human Rights Watch, Amnesty International und das Palestinian Center for Human Rights nicht länger als den Menschenrechten verpflichtete Institutionen angesehen werden, denen an einer Beilegung des Nahostkonflikts gelegen ist, sondern als Konfliktparteien, die an der Perpetuierung des Krieges gegen Israel schon deshalb interessiert sind, weil diese ihre Existenz und ihre Pfründe sichert“.

Nun stellt sich natürlich sofort die Frage nach der praktischen Konsequenz dieses Vorschlags. Es gibt genügend Beispiele von Konflikten, in denen Feuerherdts Vorschlag sehr ernst genommen wird und Menschenrechtsorganisationen zu Konfliktparteien erklärt werden: in Südmexiko, in Kolumbien, in Tschetschenien, im Iran ….“. Das ist oft mit schweren Repressionen bis hin zum Tod für die Menschenrechtler verbunden und es ist vor allem mit massiven Repressionen der betroffenen BewohnerInnen in der Region verbunden.

Hinzu kommt, dass Feuerherdt scheinbar wirklich sämtliche Menschenrechtsorganisationen ins Visier nimmt, darunter auch Amnesty International, die als weltweit aktive Organisation ganz bestimmte Kriterien besitzt und nicht wahllos von Menschenrechtsverletzungen spricht, wo es keine gibt. Würde AI die selbstgesetzten Kriterien verletzten, hätte das interne Konsequenzen. Nur fällt auch in dem ganzen Artikel von Feuerherdt auf, dass er eigentlich keine konkreten Beispiele von Falschbehauptungen der NGO aufführt. Allein, dass sie die Kritik äußert, scheint für ihn schon auszureichen, um die Organisationen zum Freiwildt zu erklären.

Dagegen muss jeden, dem daran gelegen ist, dass alle Menschen in Israel/Palästina in Sicherheit leben können, daran gelegen sein, dass die NGO ohne Repression ihre Arbeit machen können.

Schießt nicht auf Amnesty International – erklärt die NGO nicht zu Konfliktparteien, das ist ein Mindeststandard an Humanität. Wer die verlässt, hat sich zumindest von emanzipatorischen Vorstellungen verabschiedet. Übrigens wäre es interessant zu erfahren, ob Feuerherdt seine Vorschläge mit seinen Großvater abgestimmt hat. Die deutsche Wehrmacht hätte tatsächlich mit Menschenrechtlern und Unparteiischen kurzen Prozess gemacht.
 

Editorische Anmerkungen

Wir erhielten den Artikel vom Autor.