Neonazianschläge auf linke Projekte in Neukölln

Pressemitteilung der Autonomen Neuköllner Antifa [ANA] vom 16.12.2009

12/09

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Im Berliner Stadtteil Neukölln ist es in den letzten Wochen zu einer Serie von Angriffen auf linke Projekte und Kneipen durch Neonazis gekommen. Bei den nächtlichen Anschlägen entstand teils erheblicher Sachschaden durch den Bewurf mit Pflastersteinen. Die aktuellen Angriffe zeigen ein Mal mehr die Notwendigkeit von antifaschistischem Widerstand gegen Nazis. Widerstand gegen Nazis braucht starke antifaschistische Strukturen, die aktuelle Hetze gegen linke Politik ist geschichtsvergessen und verantwortungslos.

  • Eine Antifaschistische Demonstration gegen die Naziangriffe findet am 20.12.2009 statt.

In der Nacht vom 26.11.09 auf den 27.11.2009 warfen Neonazis Pflastersteine gegen das auch von linken Gruppen genutzte chilenische Kulturzentrum in der Jonasstraße. Wie bereits bei einem ähnlichen Angriff im August ging die Schaufensterscheibe teilweise zu Bruch. Nur etwa eine Woche später vom 6.12.09 auf den 7.12.09 zerstörten Pflastersteine die Glasfront der Galerie Olga Benario in der Richardstraße. Eine Galerie, die für ihre antirassistische Arbeit bekannt ist. Der bisherige Höhepunkt der Angriffsserie war die Nacht von Sonntag auf Montag dieser Woche. Neonazis warfen die Scheibe der Projekträume in der Friedelstraße ein, die in der Vergangenheit als Ort für antifaschistische Veranstaltungen gedient hatten. In derselben Nacht wurde die Fassade eines linken Bar-und Kneipenkollektivs in der Pannierstraße mit Nazisymbolen besprüht. Die ersten drei genannten Projekte waren zuvor auf einer „Anti-Antifa-Liste“ auf der zentralen Internetseite der Berliner Neonaziszene aufgetaucht, verbunden mit der kaum verhohlenen Aufforderung diese anzugreifen.

Das gerade linke Projekte zum Ziel von Neonazigewalt werden ist kein Zufall. Diese Projekte bieten Menschen einen Platz sich zu versammeln und zu organisieren, die sich explizit gegen Nazis und ihr menschenverachtendes Weltbild aus Rassismus, Antisemitismus und Chauvinismus engagieren. Starke linke Strukturen haben sich in der Vergangenheit immer wieder als das nachhaltigste Mittel gegen rechte Gewalt und die Herausbildung von Neonazistrukturen erwiesen. Dies hat sie in der Vergangenheit oft zu Zielscheiben für neonazistische Gewalt gemacht, beweist jedoch auch jedes Mal aufs Neue ihre Notwendigkeit. Umso mehr zu verurteilen ist, die aktuelle Tendenz in der Berliner Öffentlichkeit linke Politik als „terroristisch“ zu diffamieren. Die indirekte Gleichsetzung linker Aktivist_innen mit Neonazis oder gar von Brandstiftungen an Autos mit den Verbrechen des Nationalsozialismus ist ein Zeugnis der Unkenntnis der Geschichte und eine gefährlichen Verharmlosung neofaschistischer Gewalt.

Sebastian Friedrich, Pressesprecher der Autonomen Neuköllner Antifa, erklärt zur Eskalation neonazistischer Gewalt im Norden Neuköllns: „Die feigen Anschläge von Neonazis in den vergangen Wochen sind gezielte Angriffe auf linke Infrastruktur. Es sind Angriffe auf Projekte, in denen Menschen sich schon seit Jahren gegen Neonazis und ihre menschenverachtende Weltanschauung engagieren. Ihr Engagement muss unterstützt und darf keinesfalls aus politischem Kalkül heraus diffamiert werden. Wenn in der Öffentlichkeit von prominenter Seite geschichtsvergessen von „rotlackierten Faschisten“ die Rede ist und die Boulevardpresse die Räumung „linker Terrornester“ fordert, schafft dies ein gesellschaftliches Klima in dem Neonazigewalt nicht geächtet sondern sogar begünstigt wird. Wir sehen durchaus einen Zusammenhang, wenn wochenlang gegen linke Politik gehetzt wird und wenig später die Scheiben linker Projekte splittern. Wir solidarisieren uns mit den betroffenen Projekten. Widerstand gegen Nazis ist und bleibt notwendig und braucht starke antifaschistische Strukturen.“

Ein Bündnis aus den betroffenen Projekten und antifaschistischen Gruppen ruft für den kommenden Sonntag, den 20.12.2009, zu einer Kiezdemonstration gegen die Naziangriffe auf. Der Startpunkt der Demonstration wird um 17.00 Uhr der U- Bhf Hermannplatz sein.

Editorische Anmerkungen

Wir erhielten den Artikel von den AutorInnen.

Weitere Information siehe dazu Chronik rechter Aktivitäten zusammengestellt von der Autonomen Neuköllner Antifa [ANA]