Das Philosophische Wörterbuch  BAND 2

hrg. von Georg Klaus & Manfred Buhr

12/10

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Monismus [griech] - eigtl: Einheitslehre.
Name für eine Klasse von Weltanschauungen, die die Einheit der Welt als eine grundlegende Bestimmung der Wirklichkeit anerkennen. Der Name «Monismus» ist, wie die Namen -»• Dualismus (Ggs) und -> Pluralismus, keine Bezeichnung für eine philosophische Grundrichtung, sondern charakterisiert nur die Stellungnahme einer Philosophie zum Problem der Einheit der Welt. Insofern sagt die Benennung einer Philosophie als Monismus noch nichts darüber aus, ob diese die Grundfrage der Philosophie materialistisch oder idealistisch beantwortet, welcher der beiden philosophischen Grandrichtungen, dem Materialismus oder Idealismus, sie angehört. Der Name «Monismus» ist deshalb zur eindeutigen Qualifizierung des weltanschaulichen Gehalts einer Philosophie unzureichend, letztlich inkonsequent und deshalb zu vermeiden.

Weitergehend ist zwischen materialistischem und idealistischem Monismus zu unterscheiden. Wird davon ausgegangen, daß die Einheit der Welt in ihrer Materialität besteht, handelt es sich um materialistischen Monismus. Wird dagegen die Einheit der Welt in einer Idealität (Gott, Weltgeist, ein geistiges Prinzip überhaupt) gesucht, so haben wir es mit idealistischem Monismus zu tun.

Der Name Monismus taucht das erste Mal bei Wolff (Vern Ged Vorr 21721) zur Bezeichnung derjenigen Philosophien auf, die zur Erklärung der Welt nur eine Grundsubstanz (Stoff, Geist, Seele) annehmen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erhielt der Name «Monismus» seinen heutigen Bedeutungsinhalt, nämlich mit ihm diejenigen Philosophien zu benennen, die in irgendeiner Form die Einheit der Welt als grundlegende Bestimmung der Wirklichkeit anerkennen und ihre Vielheit auf diese zurückführen oder aus ihr ableiten. In dieser Bedeutung fand der Name «Monismus» allgemein verbreiteten Eingang in die philosophische Literatur. Über die grundlegende Unterscheidung zwischen materialistischem und idealistischem Monismus hinaus nimmt die bürgerliche philosophische Literatur weitere Unterscheidungen vor, die jedoch nicht eindeutig sind und den Gegensatz von Materialismus und Idealismus neutralisieren. Diese Mehrdeutigkeit ist nicht nur ein Zeichen von Willkür, sondern auch ein Zeugnis dafür, daß der Monismus als Prinzip vor dem dialektischen Materialismus und außerhalb seiner nicht konsequent durchgehalten ist, meist infolge der Aufnahme religiöser Motive, teils in säkularisierter Form, in die entsprechenden Weltanschauungen. So wird unterschieden: der sog. metaphysische Monismus, der Geist und Natur (verschiedene Formen des objektiven Idealismus) oder Natur und Gott (die verschiedenen Formen des Pantheismus) ineins setzt oder Gott als letzte schöpferische Ursache alles Geschehens (Theismus) annimmt; der sog. naturwissenschaftliche Monismus, der die Einheit der Welt durch die Verabsolutierung eines Aspekts der Materie, etwa der Energie, nachweisen will (Energetik); der sog. erkenntnistheoretische Monismus, der das Objektive und das Subjektive, das Physische und das Psychische, die Erscheinung und das Wesen so zusammenfallen läßt, daß das eine in das andere hineingenommen und seiner relativen Selbständigkeit beraubt wird, etwa die Außenwelt in das Ich, die Materie in die Empfindung (verschiedene Formen des subjektiven Idealismus, besonders ausgeprägt im Empiriokritizismus und der Immanenzphilosophie). Andere, ebenso unzureichende Unterscheidungen sind: Monismus des Denkens (gemeint sind verschiedene Systeme des objektiven Idealismus), Monismus des Bewußtseins (gemeint sind verschiedene Systeme des subjektiven Idealismus), Monismus des Lebens (gemeint ist der Vitalismus), Monismus der abstrakten Zusammenhänge oder logizistischer Monismus (gemeint ist Marburger Schule des Neukantianismus) u.a.m.

Ein ausgeprägter idealistischer Monismus war die Philosophie Hegels, in welcher die Vielheit der Welt im absoluten Geist als der Erscheinungsform des idealen Ganzen der Welt ihre Einheit findet.

Alle materialistischen einschließlich der zum Materialismus tendierenden Philosophien sind ihrem Wesen nach monistisch. Sie nehmen in jedem Falle eine irgendwie geartete Einheit der Welt als Ausgangspunkt und führen auf sie ihre Vielheit zurück. Mehr oder weniger konsequente materialistisch-monistische Philosophien waren die Lehren Demokrits und Epikurs, die pantheistischen Systeme der Neuzeit, vor allem die Brunos und Spinozas, die Lehren des französischen Materialismus des 18. Jahrhunderts.

Frei von Inkonsequenzen wird der materialistische Monismus erst im dialektischen Materialismus, der die Einheit der Welt eindeutig und direkt aus ihrer Materialität begreift.

Im engeren Sinn wird unter Monismus die naturwissenschaftlich-materialistische Lehre Haeckels verstanden, der die Einheit der Welt aus ihrer «kosmischen Einheit» herleitet.

Editorische Anmerkung

Der Text wurde entnommen aus:

Buhr, Manfred, Klaus, Georg
Philosophisches Wörterbuch Band 2, Berlin 1970, S. 744f

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