Berliner Öffentlicher Dienst
Ende des Stellenpools - Personalabbau geht weiter

von Brigitte Falke und Markus Lehner

12-2012

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Mit dem Stellenpoolgesetz Anfang 2004 feierte sich der damalige Berliner „rot-rote“ Senat als besonders innovativ: statt sich unmittelbar mit Personalabbau die Hände schmutzig zu machen, sollten die „Personalüberhänge“ der verschiedenen Bereiche und Bezirke in einer zentralen Behörde gebündelt werden. Von diesem „Stellenpool“ (offiziell ZeP = zentrales Personalüberhangmanagement) sollten nach entsprechenden Qualifizierungsmaßnahmen die KollegInnen über „befristete Abordnungen“ schließlich wieder in feste Stellen kommen - oder in Massen entnervt aufgeben.

Zum Start des Stellenpools wurden etwa 5.000 Beschäftigte in den ZeP versetzt. Heute sind davon noch etwa 2.000 übrig, v.a. Frauen. Nur etwa 400 KollegInnen konnten tatsächlich vermittelt werden, die meisten wurden entweder per Abfindung hinausgedrängt oder schieden per Altersteilzeit aus.

Der Stellenpool hat seine Schuldigkeit getan

Der rot-schwarze Senat hat nun die „Ineffizienz“ des Stellenpools entdeckt - und sucht nach einer schnelleren Methode zu seiner Abwicklung. Statt den Stellenpool sofort aufzulösen und die Beschäftigten wieder an ihre alten Stellen zurück zu versetzen, soll zunächst eine Übergangsbehörde geschaffen werden: der „E-ZeP“, das ehemalige ZeP in Auflösung.

Der Vorteil für den Senat: der E-ZeP arbeitet ein Jahr weiter wie bisher, aber der Personalrat und die Frauenvertretung werden aufgelöst, mit einem Mandat für den Hauptpersonalrat des Landes Berlin, der dazu zum örtlichen Personalrat erklärt wird. Der wiederum ist mit den hunderten von Sticheleien und Versuchen, Beschäftigte über personelle Maßnahmen aus dem Öffentlichen Dienst zu drängen, weder vertraut, noch hat er die Kapazitäten, sich darum zu kümmern.

Die alte Beschäftigtenvertretung, die Kündigungen bisher großteils verhindern konnte, wird nun durch eine überforderte, willfährigere ersetzt. So wird also die Gesetzgebung zur Aushebelung von Personalratsrechten benutzt, im Fall der Frauenvertretung sogar explizit die gerade stattfindende Wahl ad absurdum geführt, indem eine Frauenvertretung (aus dem Finanzbereich) für verantwortlich erklärt wird, welche die Kolleginnen gar nicht wählen können. Dass dies offensichtlich verfassungswidrig ist, stört da wenig - die Klagen vor dem Verfassungsgericht sollen durch schnelles Schaffen von Fakten ins Leere gehen.

Wo bleibt ver.di?

Die Gewerkschaft ver.di rührt für ihre „öffentlich-rechtlichen Leiharbeiter“ keinen Finger. Auch sie will so offenbar einen unbequemen Personalrat loswerden und fügt sich den SPD-Seilschaften im Hauptpersonalrat. Weder der Personalrat in seinem Widerstand gegen den E-ZeP, noch die zu erwartende Kündigungswelle für die restlichen 2.000 Betroffenen sind für ver.di Grund zum Handeln. Nicht einmal die von den Betroffenen vorbereiteten Klagen werden von ver.di unterstützt.

Dabei wäre es die Pflicht von Gewerkschaft und Hauptpersonalrat mit allen Mitteln Widerstand gegen die Entrechtung der eigenen KollegInnen vorzugehen - von Klagen, über Einstellung der Kooperation mit den “Arbeitgebern” bis hin zu Personsalversammlungen und Protestaktionen.

Die Linkspartei, einst mitverantwortlich für den Stellenpool, zählt heute plötzlich zu Kritikern des E-ZeP und ist immerhin zur Unterstützung des Klagewegs bereit. Wichtiger wären allerdings die Verbreiterung des Widerstands und die Organisierung von gemeinsamen Protesten gegen die allgemeine Misere im Öffentlichen Dienst Berlins.

Dabei gibt es Anknüpfungspunkte für Widerstand im Öffentlichen Dienst: Gegen die Kürzungen in den Bezirken gab es Personalversammlungen, die drohende Privatisierung weiterer Grünflächenämter hat zu Protesten geführt und auch gegen die drohende S-Bahn-Privatisierung gibt es Gegenwehr.

Es ist an der Zeit, gemeinsam zu kämpfen, statt immer wieder vereinzelt fertig gemacht zu werden! Die gewerkschaftlichen Antworten auf den „Personalüberhang“ sind ja altbekannt. Es gibt genug öffentliche Aufgaben in Berlin, die nach Arbeit schreien: in Schulen, Umwelt, Infrastruktur usw. Für Finanzierung und Umschulung sollen diejenigen sorgen, welche die öffentlichen Einrichtungen zur Genüge ausnutzen: die gewinnstrotzenden Kapitale und ihre Eigner.

Andererseits kann die Last der Arbeit durch eine entschiedene Arbeitszeitverkürzung - nicht wie im derzeitigen Tarifvertrag mit Lohnverzicht, sondern mit vollem Lohnausgleich - auf alle Schultern verteilt werden.

Wir wissen, dass unsere Gewerkschaftsführung zwar in Sonntagsreden darüber redet. Damit aber wirklich um diese Verkürzung und Verteilung der Arbeit auf alle, die Umorientierung auf tatsächlich sinnvolle gesellschaftliche Arbeiten gekämpft wird, bedarf es einer kämpferischen Basisbewegung, bedarf es gemeinsamer Streiks im gesamten öffentlichen Dienst, die von regelmäßigen Vollversammlungen und gewählten Aktionskomitees geführt werden.

Editorische Hinweise

Wir erhielten den Artikel von:

ARBEITERMACHT-INFOMAIL
Nummer 657
27. November 2012

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