1. Dez.
Mehrere
Massenversammlungen des Spartakusbundes in Berlin,
auf denen K. Liebknecht, Rosa Luxemburg, W. Pieck
u. a. sprechen, erklären sich mit überwiegender
Mehrheit gegen eine Nationalversammlung, für die
Macht der ASR und die Bewaffnung des Proletariats.
In Halle (Saale)
fordern 25 000 Demonstranten die Sicherung der
Macht des ASR.
In einigen westdeutschen Städten kommt es zu
Zusammenstößen mit konterrevolutionären
Fronttruppen.
Tagung von 326 SR
des Feldheeres der Westfront in Bad Ems. Die OHL
hat über ihren SR die Einberufung dieser Tagung
veranlaßt. Es gelingt ihr jedoch nicht, die SR für
die Auflösung der ASR zu gewinnen. Die SR fordern
im Gegenteil die Aufstellung von Bichtlinien für
Organisation und Tätigkeit der SR beim Feldheer,
sprechen sich aber für Wahlen zur
Nationalversammlung aus und sichern dem Rat der
Volksbeauftragten ihre Unterstützung zu.
Bildung des
Generalsekretariats zum Studium und zur Bekämpfung
des Bolschewismus. Diese als wissenschaftliche
Institution getarnte Vereinigung wird vom
deutschen Finanzkapital finanziert. Vom
Generalsekretariat wird am gleichen Tag die
Antibolschewistische Liga als Massen- und
Rahmenorganisation zur Bekämpfung der Revolution
und zur Verfolgung revolutionärer Arbeiterführer
gegründet.
Das Berliner
..Mitteilungsblatt" der USPD, das unter dem Einfluß
linker Kräfte steht, bezeichnet den „Schrei nach
der Nationalversammlung" als „Sammelruf für alle
gegenrevolutionären und kapitalistischen Kreise"
und fordert die Festigung und Erweiterung der
Positionen der ASR.
2. Dez.
K. Liebknecht
spricht vor 10 000 Arbeitern und Angestellten der
Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken,
Berlin-Wittenau, Berlin-Moabit und
Berlin-Oberspree, im Zirkus Busch. Diese und die
2500 in der Parallelversammlung in den Sophiensälen
Anwesenden protestieren gegen die geplante
Schließung der Betriebe. Sie fordern Herabsetzung
der Arbeitszeit, Beschneidung der Kriegsgewinne und
Sozialisierung der Betriebe.
Vom Spartakusbund
einberufene Massenversammlungen in Barmen,
Düsseldorf, Elberfeld, Essen und Solingen erklären
sich mit überwiegender Mehrheit für die Macht der
Räte und gegen eine Nationalversammlung.
Im Leitartikel der
„Roten Fahne" „Rüstung der Revolution" deckt K.
Liebknecht die konterrevolutionären Maßnahmen und
Bestrebungen der
militaristischen Kräfte auf. Er fordert: Entfernung
der Offiziere aus den SH und deren Ersetzung durch
erprobte revolutionäre Soldaten; Wiederaufhebung
der Kommandogewalt der Offiziere; Einführung einer
demokratischen Heeresorganisation besonders unter
den Fronttruppen; energische Propaganda unter den
Soldaten für die soziale Revolution; sofortige
Bewaffnung der revolutionären Arbeiter und
proletarischen Soldaten, Schaffung einer
Arbeiterniiliz und. als ihren nkli-ven Teil, einer
Roten Garde; Entwaffnung aller
iiichlproletarisch-reak-tionären Elemente.
2.-5. Dez.
1800 Arbeiter der
Zeche Matthias Stinnes in
Karnap (b. Essen) streiken um Erhöhung der Löhne.
3.
Dez.
Massenkundgebung
und Demonstration des Spartakusbundes in Essen
gegen die konterrevolutionären Putschversuche im
rheinisch-westfälischen Industriegebiet. Zentrum
der Verschwörung ist die Krupp-Villa „Hügel". In
Gevelsberg, Haspe und Milspe werden
konterrevolutionäre Truppen von bewaffneten
Arbeitern vertrieben.
4. Dez.
Versammlungen des
Zentrums in Köln fordern unter Mitwirkung K.
Adenauers die Ausrufung der „Republik
Rheinland-Westfalen". Sie leiten eine Kampagne zur
Abtrennung des Rhein-Ruhr-Gebietes von Deutschland
ein, die von westdeutschen monopolistischen Kreisen
aus Furcht vor der Revolution angestrebt wird.
5. Dez.
Die Vereinigung
aktiver Unteroffiziere in Berlin stellt sich F.
Ebert für den Kampf gegen die Revolution zur
Verfügung.
Erste Sitzung der
Sozialisierungskommission (24. Nov.). Ihr gehören
an: K. Ballod, II. Cunow, E. Francke, R.
Hilferding, O. Hue, K.
Kautsky, E. Lederer, W. Raihenau, Th. Vogelstein,
R. Wilbrandt.
5./6.
Dez.
Artikel K.
Kautskys „Nationalversammlung und Rätever
sammlung" in der „Freiheit"
veröffentlicht. Darin wird erklärt, daß sich
die Räteorganisation für die Umsturzperiode
höchst nützlich und unentbehrlich erwiesen habe. AR
würden auch in der /weilen Phase der
Revolution, der Periode der Konsolidierung
und des Aufbaus der neuen
Ordnung, eine gewisse Bedeutung bei der Vertretung
der Interessen der
Arbeiterschaft haben. Als staatliche Organe seien
sie jedoch ungeeignet. Um
die Produktion wieder in Gang zu bringen und alle
Schichten des Volkes
einzubezichen, sei die Einberufung einer
Nationalversammlung von
ausschlaggebender Bedeutung. Kautsky liefert mit
diesem Artikel einen
weiteren Beitrag zur Begründung der Politik des
„dritten Weges",
die zur Niederlage der Arbeiter und Soldaten
in der Novemberrevolution, zur Restauration der
imperialistischen und militaristischen Kräfte
in der bürgerlich-parlamentarischen Weimarer
Republik führt.
6. Dez.
Beratung der OHL
mit monarchistischen Generälen
und Offizieren im bischöflichen Palais in Paderborn
über die Bildung eines
Freiwilligenkorps in Westfalen. Generalmajor
Maercker, der die Führung des Freiwilligen
Landesjägerkorps übernimmt, formuliert mit
seinem „Grundlegenden Befehl Nr. 1" vom 14.
Dez., der die Zustimmung der
OHLi, findet, Grundsätze der
Organisation und Taktik von Freiwilligenverbänden
zum Einsatz vor allem gegen die Revolution in
Deutseliland. Nach dem Vorbild des Landesjägerkorps
Maerckers bilden sich das Landesschützenkorps, die
Deutsche Schulzdiv., das Frei-korps Hülsen, das
Freikorps Held und die
Gardekavallerie-Schützen-div.
Putschversuch in
Berlin, organisiert vom Berliner Stadtkommandanten
0. Wels, dein Generalkommando des Gardekorps, dem
Kriegsministerium und dem Auswärtigen Amt. Von
reaktionären Offizieren geführte Truppenteile
verhaften den Vollzugsrat der Berliner ASR,
besetzen die Redaktion der „Roten Fahne", rufen F.
Fibert zum Präsidenten aus und schießen in eine
unbewaffnete Demonstration, wobei 14 Demonstranten
getötet und mehr als 30 verwundet werden. Der
Putschversuch bricht zusammen. Am 7. Dez. dringt
erneut eine Gruppe reaktionärer Soldaten in die
Redaktion der „Roten Fahne" ein und versucht K.
Liebknecht zu verhaften. Revolutionäre Arbeiter
klären die von den konterrevolutionären Elementen
mißbrauchten Soldaten auf und verhindern die
Verhaftung.
Die bürgerliche
Presse meldet, daß die Entente weitere
Lebensmittel-Sendungen von der sofortigen Auflösung
der ASK abhängig mache.
7. Dez.
Die Arbeiter
zahlreicher Berliner Betriebe folgen dem Aufruf des
Spartakusbundes zum Proteststreik gegen den
Putschversuch. Rd. 30 000 Berliner Arbeiter, viele
von ihnen bewaffnet, demonstrieren mit K.
Liebknecht und W. Pieck an der Spitze.
Eine vom AR in
Köln einberufene Versammlung protestiert gegen den
separatistischen Plan westdeutscher
monopolkapitalistischer Kreise, die „Republik
Rheinland-Westfalen" auszurufen.
Der Mülheimer ASR verhaftet Großindustrielle und
Direktoren von Hütten und Bergwerken, u.a. E.
Stinnes, A. und F.Thyssen, wegen ihrer Versuche,
Enlentetruppen zur raschen Besetzung des
Ruhrgebietes Zu bewegen. Sie werden vom Rat der
Volksbeauftragten in Berlin jedoch nach einigen
Tagen wieder freigelassen.
8. Dez.
Protestdemonstration von rd. 150 000 Berliner
Arbeitern unter der Führung des Spartakusbundes
gegen die konterrevolutionären
Putschversuche.
Die SPD
veranstaltet Gegcnkundgebungen. Ph. Scheidemann
behauptet, die Gefahr komme von links, und deckt
damit die konterrevolutionären Putsche der
Militaristen.
Der ASR Hamburg
vereitelt durch die Verhaftung
konterrevolutionärer Rädelsführer einen
Putschversuch.
In Chemnitz
schlagen revolutionäre Arbeiter einen
Überfall
konterrevolutionärer Truppen auf den ASR zurück.
Die Parteileitung
der USPD ruft zur Vorbereitung der Waiden für die
Nationalversammlung auf.
Der Chef des
Generalslabes, Generalfeldmarschall v. Hindenhurg,
fordert in einem Brief an F. Ebert
die sofortige Beseitigung der ASR, die
Wiederherstellung der militärischen Kommandogewalt
und des Vorgesetztenverhältnisses sowie die
Einberufung der Nationalversammlung noch im Dez.
9. Dez.
Massendemonstration des Berliner Proletariats
anläßlich der Beisetzung der Opfer des
konterrevolutionären Putsches vom 6. Dez.
Der Berliner
Stadtkommandant 0. Wels läßt die Büroräume des
Spartakushundes militärisch besetzen, um nach
„Waffen zu suchen".
Vom ASR Hamburg
einberufene Massenversammlungen wenden sich gegen
die konterrevolutionären Machenschaften
bürgerlicher Kreise.
9. —17. Dez.
Im Ruhrgebiet
streiken bis zu 28 000 Bergarbeiter für
Erhöhung der Löhne und Verkürzung der Arbeitszeit.
Die Bergarbeiter einiger
Hamborner Zechen setzen den Streik bis Ende Dez.
fort.
10. Dez.
F. Ebert
begrüßt von konterrevolutionären Offizieren
geführte Gardetruppen, die bewaffnet in Berlin
einrücken.
Der Sowjetdelegation
zum Reichsrätekongreß wird vom Rat der
Volks-beauftragten die Einreise verweigert.
Das „Volksblatt"
(Halle [USPD]) verlangt in dem Artikel „Wo bleibt
der Parteitag?" die unverzügliche Einberufung eines
Parteitages der USPD, auf dem Klarheit über die
weitere Politik der Partei geschaffen werden soll.
Die Forderung nach Einberufung eines Parteitages
erhebt am 15. Dez. auch die Konferenz des Bezirks
Wasserkante der USPD.
11.
Dez.
Veröffentlichung
des Programms der Sozialisierungskommi-sion (5.
Dez.). Es schlägt die Sozialisierung, d.h.
Verstaatlichung bzw. Kontrolle, „dazu reifer
Zweige" der Volkswirtschaft gegen Entschädigung
ihrer Besitzer vor. Bei den Kreditbanken wie den
Wirtschaftszweigen der Exportindustrie
sollen die bisherigen Besitzverhältnisse
beibehalten werden. Wiederbelebung der Produktion
sei erste Voraussetzung jeglicher Sozialisierung.
Dieses Programm und die demagogische Losung „Die
Sozialisierung marschiert" dienen dazu, die
Enteignung der Konzern- und Bankherren zu
verhindern und die gegenrevolutionären Maßnahmen
des Rates der Volksbeauflragten zu tarnen.
12. Dez.
Demonstrationsstreik von 6000 Arbeitern in
Berlin-Reinickendorf für die Rätemacht, gegen die
Nationalversammlung. Auf einer Kundgebung spricht
K. Liebknecht.
Der Rat der
Volksbeauftragten erläßt das Gesetz über die
Bildung einer freiwilligen Volkswehr.
"Langer einwandfreier'
Frontdienst" als Bedingung für die Aufnahme
offenbart den konterrevolutionären Charakter dieser
Truppe.
14.
Dez.
Das Programm des
Spartakusbundes, „Was will der Spar-lakusbund
ausgearbeitet von Rosa Luxemburg, wird in der
„Roten Fahne" veröffentlicht. Es ist ein weiterer
Schritt zur Vorbereitung der Gründung der KPD und
die Grundlage ihres Programms.
Der Rat der
Volksbeauftragten verordnet die Abgabe von Waffen.
Das bedeutet die Entwaffnung des revolutionären
Proletariats.
16. Dez.
Verbandsgeneralversammlung
der USPD von Groß-Berlin. H.
Haase rechtfertigt die
Beteiligung der USPD an der Regierung, die Politik
des Rates der Volksbeauftragten und begründet die
Notwendigkeit der Wahlen zur Nationalversammlung.
Die von Rosa Luxemburg vorgeschlagene und
begründete Resolution fordert: sofortigen Austritt
der Vertreter der USPD aus der Regierung, Ablehnung
der Einberufung der Nationalversammlung, sofortige
Übernahme der ganzen politischen Macht durch die
ASR, Entwaffnung der Gegenrevolution, Bewaffnung
des Proletariats, Auflösung des Rates der
Volksbeauftragten, Ausstattung des Vollzugsrates
der Berliner ASR mit der höchsten Staatsgewalt,
sofortige Einberufung eines Parteitages der USPD.
In der von R. Hilferding eingebrachten Resolution
wird die Organisierung der Wahlen zur
Nationalversammlung als wichtigste politische
Aufgabe der USPD bezeichnet. Für die Resolution
Rosa Luxemburgs werden 195, für die Resolution
Hilferdings 485 Stimmen abgegeben. Die Ergebnisse
der Versammlung fördern im Spartakusbund die
Erkenntnis, daß es unmöglich ist, die USPD zu einer
revolutionären Partei zu entwickeln, und daß die
baldige Gründung einer selbständigen revolutionären
Partei notwendig ist.
Unter Vorsitz K.
Liebknechts findet im Sekretariat des
Spartakusbundes in Berlin eine Beratung von
Spartakusvertretern mit Delegierten der USPD zum
Reichsrätekongreß statt. An ihr nehmen von der
Spar-takusgruppe u. a. F. Heckert, E. Levine, W.
Münzenberg und A. Schreiner, von der USPD u. a. P.
Berten, 0. Brass, C. Geyer, K. Ryssel, J. Kretzen,
F. Seger und E. Wurm teil. Es werden vier Anträge
formuliert, die auf dem Rätekongreß gestellt
werden sollen. Diese enthalten u. a. die Forderung
nach Übernahme der obersten gesetzgebenden und
ausübenden Gewalt durch den Kongreß.
In der Diskussion
um diese Anträge zeigen sich
zwischen Spartakusanhängern und Führern der USPD
erhebliche Differenzen grundsätzlicher und
taktischer Art, vor allem in der Stellung zur
Nationalversammlung, so daß trotz der vier
vereinbarten Anträge ein gemeinsames Auftreten auf
dem Reichsrätekongreß nicht zu erreichen ist.
Massenkundgebung
von 40 000 Arbeitern in Essen gegen den
rheinisch-westfälischen Separatismus, für eine
einheitliche sozialistische deutsche Republik.
Die
Delegiertenversammlung der USPD des Bezirks
Wasserkante in Hamburg fordert die Einigkeit der
Arbeiterklasse, den Austritt der Vertreter der
USPD aus der Regierung und die sofortige
Einberufung eines Parteitages.
Teuerungsunruhen
in Dresden.
15.—17. Dez.
Die 1. Reichskonferenz
der Internationalen Kommunisten Deutschlands
in Berlin erklärt als Ziel des Kampfes die
unmittelbare Herbeiführung des Kommunismus, der
über die Diktatur des
Proletariats vorbereitet werden soll. Die Konferenz
beschließt eine Resolution, die sich gegen den
Kampf der Betriebsräte um Produktionskonirolle wendet
und stattdessen die
Inbesitznahme der Betriebe fordert, über die
Beteiligung an den Wahlen zur Nationalversammlung
wird keine einheitliche Auffassung erzielt. Die
Konferenz nimmt für die Rätemacht Stellung,
unterschätzt aber die Notwendigkeit des Kampfes um
demokratische Ziele zur Heranführung der Massen an
die sozialistische Revolution.
Mitte Dez.
Erste
Parlamentswahlen nach Beginn der Novemberrevolution
in Anhalt, Mecklenburg-Strelitz,
und Braunschweig. Wahlergebnisse: Anhalt (15.
Dez.): 22 Abg. der SPD, 12 der DDP, 2 der
DNVP; Mecklenburg-Strelitz
(15. Dez.): 21 Abg. der SPD, 18 der DDP, 1 des
Mecklenburger Dorfbundes, 2 des Verbandes für
Handwerk und Gewerbe; Braunschweig (22. Dez.): 17
Abg. der SPD. 14 der USPD, 13 der DDP, 16 der DNVP
und DVP (Braunschweiger Landeswahlver-band).
16. Dez.
Gründung der
Kommunistischen Arbeiterpartei Polens.
Massendemonstration von 250 000 Berliner Arbeitern
und Soldaten für die Forderungen des
Spartakusbundes an den 1. Reichsrätekongreß. Die
Demonstranten entsenden eine Deputation, die dem
Kongreß folgende Forderungen unterbreitet:
Schaffung einer einigen sozialistischen
Räterepublik; Beseitigung der Ebert-Regierung;
Entwaffnung der Gegenrevolution und Bewaffnung des
Proletariats. Vor dem preußischen Abgeordnetenhaus,
in dem der Rätekongreß tagt, spricht K. Liebknecht
zu den Demonstranten über die Aufgaben des
Kongresses.
16.—21. Dez.
1. Allgemeiner
Kongreß der ASR Deutschlands in Berlin (1.
Reichsrätekongreß). 489 Delegierte: SPD 291, USPD
90 einschl. Spartakusbund (10), DDP 25, Soldaten
25, Vertreter linksradikaler u. a. revolutionärer
ASR 10, Fraktionslose 48. Der Antrag, K.Liebknecht
und Rosa Luxemburg mit beratender Stimme
zuzulassen, wird durch die
rechtssozialdemokratische Mehrheit abgelehnt,
Tagesordnung: Berichte des Vollzugsrates der
Berliner ASR (R. Müller) und der Volksbeauflragten
(W. Dittmann); Nationalversammlung oder
Räteverfassung (M.Cohen, E. Däumig); Wahl des
Vollzugsrates der Republik (Zentralrat);
Sozialisierung des Wirtschaftslebens (R.
Hilferding). Der Kongreß nimmt die Forderungen der
revolutionären Berliner Arbeiter entgegen. Die
rechten sozialdemokratischen Führer verhindern
jedoch, daß über sie abgestimmt wird. Die von den
Delegierten des Spartakusbundes und des linken
Flügels der USPD
eingebrachten Anträge zur Übertragung der gesamten
Macht an die ASR werden abgelehnt. Die Mehrheit
stimmt am 18. Dez. dem sozialdemokratischen Antrag
zu, „bis zur anderweitigen Regelung durch die
Nationalversammlung die gesetzgebende und
vollziehende Gewalt" dem Rat der Volksbeauftragten
zu übertragen. Der gewählte Zentralrat der ASR, in
dem nur Mitgl. der SPD vertreten sind, hat
lediglich das Recht der parlamentarischen
Überwachung. Mit großer Mehrheil wird beschlossen,
die Wahlen zur Nationalversammlung auf den 19. Jan.
1919 festzusetzen. Mit diesen Beschlüssen
entscheidet der Kongreß in der Grundfrage der
Revolution, Rätemacht oder bürgerliche
Nationalversammlung, zugunsten des bürgerlichen
Staates. Der Kongreß stimmt einem Beschluß zu, der
die Kommandogewalt über Heer und Marine dem Rat
der Volksbeauftragten unter Kontrolle des
Zentralrats überträgt, die Abschaffung aller
Rangabzeichen und des außerdienstlichen
Waffentragens anordnet, die Verantwortung für die
Zuverlässigkeit der Truppenteile den SR überträgt,
die Wählbarkeit der militärischen Führer festlegt,
die Abschaffung des stehenden Heeres und die
beschleunigte Errichtung der Volkswehr verlangt
(Hamburger Punkte), der
Beschluß wird jedoch nicht verwirklicht. Dem
Verlangen großer Teile der
Arbeiterklasse entsprechend, wird der Beschluß
angenommen, die Regierung zu beauftragen, mit der
Sozialisierung aller hierzu reifen Industrien,
besonders des Bergbaus, unverzüglich zu beginnen.
Auch dieser Beschluß wird nicht verwirklicht. Der
Kongreß kennzeichnet den Wendepunkt in der
Revolution zugunsten der antinationalen,
konterrevolutionären Kräfte. Seine Beschlüsse
bringen das veränderte Kräfteverhältnis der Klassen
zum Ausdruck.
19.
Dez.
P. v. Hindenburg
lehnt in einem Telegramm an alle AOK die
Anerkennung des Beschlusses des 1.
Reichsrätekongresses über die militärische
Kommandogewalt ab.
22. Dez.
In einem Schreiben
an den PV der USPD fordert W. Pieck i.A. des
Zentralsekretariats des Spartakusbundes den
Zusammentritt eines Parteitages der USPD.
Gleichzeitig beschließt die Zentrale des
Spartakusbundes für Ende Dez. die Einberufung einer
Reichskonferenz, auf der zur Krisis in der USPD,
zum Programm, zur Nationalversammlung und zur
geplanten internationalen Konferenz der
sozialdemokratischen Parteien in Bern Siedlung
genommen werden soll. Am 24. Dez. läßt die
Parteileitung der USPD in der „Freiheit" mitteilen,
daß der Parteitag "wegen Verkehrsschwierigkeilen"
nicht vor den Wahlen zur Nationalversammlung
einberufen werden könne.
23. Dez.
Im Leitartikel der
"Roten Fahne" „Die Wahlen
zur Nationalversammlung" fordert Rosa Luxemburg
die Wahlbeteiligung des revolutionären
Proletariats, um die Parlamentstribüne zur
Revolutionierung der Massen auszunutzen.
„Die Rote Fahne"
veröffentlicht die Einladung zur Reichskonferenz
des Spartakusbundes und deren Tagesordnung.
Verordnung über
Tarifverträge, Arbeiter- und Angestelltenausschüsse
und Schlichtung von Arbeitsstreitigkeiten. Darin
legl der Rat der Volksbeauftragten die
Rechtsverbindlichkeil der Tarifverträge und
weiterhin die Bildung von Arbeiter- und
Angestelltenausschüssen, die die Einhaltung der
Tarifverträge überwachen, das „gute Einvernehmen"
zwischen Arbeitern und Unternehmern fördern und bei
der Bekämpfung der Unfall- und Gesundheitsgefahren
mitwirken sollen, sowie die Bildung von
Schlichtungsausschüssen aus Vertretern der Arbeiter
und Unternehmer für die
Schlichtung von Arbeitsstreitigkeiten fcsl. Mil
dieser Verordnung sollen die revolutionären
Betriebsräte, die Mitspracherecht bei allen
Betriebsangelegenheiten und Kontrolle der
Produktion fordern, unterdrückt werden.
24. Dez.
Artillerieangriff
konterrevolntionärer Truppen unter Generalleutnant
Lequis auf die Volksmarinediv. in Schloß und
Marslall in Berlin auf Anweisung von F. Ebert, 0.
Landsberg, Ph. Scheidemann und Kriegsminister
Scheuch. Dabei finden 11 Matrosen und 56 Soldaten
der Lequis-Truppen den Tod. Die kämpfenden Matrosen
erhalten Waffenhilfe durch die Berliner Arbeiter.
Der Angriff bricht dadurch völlig zusammen.
Die 2.
Reichskonferenz der Internationalen Kommunisten
Deutschlands in Berlin beschließt die Vereinigung
mit dem Spartakusbund und spricht sich für die
Gründung einer kommunistischen Partei aus.
25. Dez.
In Berlin
versammeln sich in der Siegesallee rd. 30 000
Arbeiter und Soldaten zu einer Protestkundgebung
gegen den konterrevolutionären Putschversuch vom
24. Dez. K. Liebknecht warnt vor der Illusion, daß
der am Vorlage geschlagene" Gegner entmachtet sei.
Er fordert zur Bewaffnung des Proletariats und zur
Entwaffnung der Offiziere und aktiven
Unteroffiziere auf. Der ständig anwachsende Zug der
Kundgebungsteilnehmer demonstriert durch das
Brandenburger Tor, vor das Schloß und den Marslall.
Ein Teil der empörten Demonstranten besetzt das
„Vorwärts"-Gebäude, hißt dort die rote Fahne und
beginnt mit dem Druck des „roten Vorwärts".
Die
Generalversammlung des Wahlkreises
Hanau-Gelnhausen-Orb der USPD verlangt die
Einberufung eines Parteitages, der entscheiden
soll, ob Vertreter der USPD noch mil Vertretern der
SPD in einer Regierung bleiben dürfen.
29.
Dez.
E. Barth, W.
Dittmann und H. Haase (USPD)
treten aus dem Rat der Volksbeauftragten aus und
werden durch (I. Noske und
R. Wissell (SPD) ersetzt.
Die neue Reichsregierung erläßt einen Aufruf, in
dem sie als ihre dringendsten Aufgaben das
Zustandekommen der Nationalversammlung bezeichnet,
Am 3. Jan. 1919 treten die
Vertreter der USPD auch aus der preußischen
Regierung aus.
Massendemonstration der Hamburger Arbeiter gegen
den Überfall auf die Volksmarinediv. in Berlin (24.
Dez.) und gegen die Regierung Ebert-Scheidemann.
30. Dez.—
1. Januar 1919
Gründungsparteitag
der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) im
Festsaal des preußischen Abgeordnetenhauses in
Berlin.
103 Teilnehmer, davon 83 Delegierte
aus 46 Orten. 3
Vertreter des Roten Soldatenbundes.
1 Vertreter der Jugend und
16 auswärtige Gäste. Vorausgegangen war am
29. Dez. eine nichtöffentliche Konferenz des
Spartakusbundes, in der gegen drei Stimmen die
Trennung von der SPD und die Gründung einer eigenen
Partei beschlossen wurde. Tagesordnung: die Krisis
in der USPD (K. Liebknecht); die
Nationalversammlung (P. Levi); unser Programm und
die politische Situation (Rosa Luxemburg); unsere
Organisation (H. Eberlein); wirtschaftliche Kämpfe
(P. Lange); internationale Konferenz (H. Duncker).
Der Parteitag stimmt dem Referat Liebknechts zu, in
dem er die Notwendigkeit des Bruchs mit der USPD
begründet, und faßt den Beschluß über die
Konstituierung des Spartakusbundes als selbständige
politische Partei unter dem Namen Kommunistische
Partei Deutschlands (Spartakusbund). Die
Internationalen Kommunisten Deutschlands schließen
sich der KPD an. Die Mehrheit der revolutionären
Obleute, mit denen Liebknecht und W.Pieck während
des Parteitages verhandeln, lehnt den sofortigen
Beitritt ab. Als Abgesandter der Sowjetrepublik
hält K. Radek eine Begrüßungsansprache. Der
Parteitag sendet ein Grußtelegramm an die russische
Räterepublik und protestiert gegen die
Intervention deutscher Truppen im Baltikum. In
einer einstimmig angenommenen Resolution lehnt der
Parteitag Versuche der internationalen
Sozialdemokratie ab, die II. Internationale
wiederzubeleben, und spricht sich für die Bildung
einer neuen, revolutionären Internationale aus. Zu
großen Auseinandersetzungen kommt es über die
Beteiligung an den Wahlen zur Nationalversammlung
und in der Gewerkschaftsfrage. Käte Duncker, F.
Heckert, Levi, Liebknecht und Rosa Luxemburg
gelingt es nicht, den richtigen Standpunkt
durchzusetzen, daß sich die KPD an den Wahlen
beteiligen soll, da das Kräfteverhältnis einen
sofortigen Kampf um die Macht ausschließt. Der
Parteitag lehnt mit 62 gegen 21 Stimmen die
Wahlbeteiligung ab. Ebenso unterschätzt die
Mehrheit der Delegierten die Arbeit in den von
Reformisten geführten Gewerkschaften. Besonders
wendet sich Heckert gegen die falsche Losung
„Heraus aus den Gewerkschaften!". Großen Einfluß
auf diese Haltung üben vor allem Vertreter der
Linksradikalen, wie P. Frölich und O. Rühle, aus.
Einen Höhepunkt des Parteitages bilden die Beratung
und die Annahme des Parteiprogramms, das im Entwurf
in der „Roten Fahne" vom 14. Dez. unter dem Titel
„Was will der Spartakusbund?" veröffentlicht worden
ist. Das Programm stützt sich auf die Lehren von
Marx und Engels. Es beantwortet die Grundfragen des
Staates und der Revolution grundsätzlich richtig,
bekennt sich zur Diktatur des Proletariats und zur
russischen Sowjetmacht. Es verallgemeinert die
Erfahrungen der revolutionären Linken in der
deutschen Arbeiterbewegung. Mil dem Programm werden
die geschichtlichen Lehren aus der Entwicklung seit
der Jahrhundertwende gezogen. Es zeigt der
deutschen Arbeiterklasse und der Nation den Ausweg
aus der antinationalen Politik des deutschen
Imperialismus, indem es die Notwendigkeit
begründet, den deutschen Imperialismus und
Militarismus zu stürzen und den Sozialismus zu
errichten. Das Programm enthält Sofortmaßnahmen zur
Sicherung und Weiterführung der Revolution, u. a.
Entwaffnung der Polizei, der Offiziere und aller
Angehörigen der herrschenden Klasse: Bildung einer
Arbeitermiliz und einer Roten Garde: Abschaffung
aller Einzelstaaten und Errichtung einer
einheitlichen sozialistischen Republik; Beseitigung
aller' Parlamente und Gemeinderäte und Übernahme
ihrer Funktionen durch ASR, die neu gewählt werden
sollen: gründliche Umgestaltung des Ernährungs-,
Wohnungs- und Erziehungswesens sowie Verkürzung
der Arbeitszeit; Konfiskation aller dynastischon
Vermögen und Einkünfte; Enteignung aller
landwirtschaftlichen Groß- und Mittelbetriebe, der
Banken, Bergwerke und Hütten sowie aller
Großbetriebe in Industrie und Handel; Regelung und
Kontrolle der Produktion durch die Betriebsräte;
Aufnahme von Verbindungen mit den Bruderparteien
des Auslandes.
Der Parteitag wählt die Zentrale mit II. Duncker,
Käte Duncker, H. Eberlein, P. Frölich, L. Jogiches,
P. Lange, P. Levi, K. Liebknecht, Rosa Luxemburg,
E. Meyer, W. Pieck und A. Thalheimer. Die Gründung
der KPD ist ein Wendepunkt in der Geschichte
Deutschlands und der deutschen Arbeiterbewegung.
Sie legt den Grundstein für die
marxistisch-leninistische Kampfpartei der deutschen
Arbeiterklasse, die fähig ist, die Arbeiterklasse
und das ganze deutsche Volk im Kampf für die
Befreiung von imperialistischer Kriegspolitik und
kapitalistischer Knechtschaft zu führen.
Ende Dez.
Als Vorbereitung für die bewaffnete Niederschlagung
der revolutionären Bewegung in Berlin werden die
ersten Freiwilligenverbände, das Freiwillige
Landesjägerkorps, die
Gardekavallerie-Schützen-div., die 17. und 31.
lnfanteriediv., das Landesschültenkorps, das
Freikorps Hülsen und eine Marinebrigade, insgesamt
rd. 10 000 Mann, im Süden und Südwesten von Berlin
konzentriert.
Die Generalkommission der Gewerkschaften
Deutschlands vereinigt 2 866 012, der Gesamtverband
der christlichen Gewerkschaften Deutschlands 538
559, der Verband der Deutschen Gewerkvereine
(Hirsch-Duncker) 113 792 Mitgl.
Quelle: Institut für Marxismus-Leninismus
(HRG), Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung -
Chronik, Band II, 1917-1945, Berlin 1966, S. 39 -
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