180 Teilnehmer aus 20 Nationen folgten am
vergangenen Samstag der Einladung von Alassa
Mfouapon, seinem Rechtsanwalt Roland Meister
und dem Freundeskreis Alassa & Friends zu
einem Flüchtlingspolitischen Kongress, der
wohl der erste seiner Art war. Alassa
Mfouapon war bundesweit bekannt geworden als
Sprecher der Flüchtlinge in Ellwangen, die
sich 2018 gegen Abschiebung und
Kriminalisierung wehrten.
„Das Vorhaben, den engen Schulterschluss
zwischen der Selbstorganisation der
Flüchtlinge mit anderen demokratischen,
humanistischen bis hin zu revolutionären
Kräften zu organisieren ging auf und
begeisterte die Teilnehmer, die von München
bis Hamburg angereist waren und für eine
große Bandbreite von gesellschaftlichen
Gruppen, Initiativen und Organisationen
standen. Einzigartig, wie hier die
Erfahrungen der Flüchtlinge über
Fluchtbedingungen, Ankommen in Deutschland
und dem Leben hier, wie ihre kompetenten
Kenntnisse über die Fluchtursachen, ihr
konkreter Kampf gegen Diskriminierung, gegen
die Angst vor Abschiebung, die tagtägliche
Erfahrung, als Menschen zweiter und dritter
Klasse behandelt zu werden, zusammen kamen
mit Berichten flüchtlingssolidarischer
Menschen, die selbst auch die Erfahrung von
Kriminalisierung und Diffamierung machen und
nach Auswegen und Lösungen suchen“, so
Adelheid Gruber, eine der Sprecher*innen des
Freundeskreises.
Vier Impulsreferate zu den Themen „Über
die Flüchtlingspolitik der EU und der BRD“,
„Weltweite Fluchtursachen und
Gegenstrategien“, „Die Lage der Geflüchteten
und Proteste dagegen“ und
„Handlungsperspektiven“ boten viel
Stoff zu Diskussion und Erfahrungsaustausch.
Das Referat eines Aktivisten aus Togo über
Fluchtgründe und Diskussionsbeiträge über
Kamerun und seine Geschichte wiesen nach:
Europa und die westliche Welt haben mit
ihrer Sklaverei- und
Kolonialherrenvergangenheit Afrika um
Jahrhunderte zurückgeworfen und entscheidend
zur heutigen dramatischen Lage der Jugend in
afrikanischen Ländern beigetragen. „Die
Unterdrücker haben nur die Hautfarbe
gewechselt“ so der Referent aus Togo, denn
den Reichtum Afrikas beuten heute
internationale Monopolkonzerne aus - mit
Wissen und Zustimmung korrupter
afrikanischer Regierungen. Widerstand
dagegen wird nicht zuletzt mit militärischer
Hilfe aus Europa unterdrückt.
„Die massive Rechtsentwicklung der
Regierung, die die EU abschottet vor den
Menschen, die vor den Folgen der
neokolonialen und imperialistischen Politik
fliehen, fordert uns heraus: wir wollen
keine einzige Diskriminierung, keinen
behördlichen Rassismus, keine ungerechte
Abschiebung unwidersprochen lassen! Wir
stehen ein für ein Recht auf Flucht! Mit
einer gemeinsam beschlossenen Erklärung
bringen wir zum Ausdruck: Die Angst, die
nach der unerhörten Kriminalisierung der
Ellwanger Flüchtlinge wirkte, kann durch den
engen Schulterschluss und wachsende
Zusammenarbeit der Flüchtlings-
Bleiberechts-, antirassistischen,
demokratischen und revolutionären Bewegung
überwunden werden“ so Adelheid Gruber
über das Ergebnis des Kongresses.
„Jetzt reden wir! hat mit
diesem Kongress eine neue Etappe 2.0
eröffnet. Die Ellwanger Schule wird weiter
Schule machen.“
Jetzt reden wir -
2.0!
20 Punkte Arbeitsprogramm –
beschlossen auf dem
1. Flüchtlingspolitischen Kongress
in Stuttgart am 30.11.2019
Rund 180
Teilnehmer des 1.
Flüchtlingspolitischen Kongresses,
zu dem der Freundeskreis Alassa &
Friends aufgerufen hatte,
beschlossen am 30.11.2019 in
Stuttgart ein 20-Punkte
Arbeitsprogramm mit dem Titel:
"Jetzt reden wir - 2.0":
„Jetzt reden wir“
war der selbstbewusste Titel der 1.
Pressekonferenz der Flüchtlinge in
Ellwangen nach dem martialischen,
rassistischen und rechtswidrigen
Polizeieinsatz gegen Flüchtlinge in
der Landeserstaufnahmeeinrichtung
(LEA) am 3. Mai 2018. Dieses
Arbeitsprogramm knüpft auf der
Grundlage der seitdem enorm
entfalteten Arbeit daran an und
fasst die wesentlichen Ergebnisse
des 1. Flüchtlingspolitischen
Kongress mit „Jetzt reden wir –
2.0!“ zusammen.
- Wir sehen ein Anwachsen der
Fluchtursachen auf der ganzen
Welt und bekämpfen die
Ausbeutung der Ressourcen der
Länder der Welt, ihrer Menschen
und der Natur und insbesondere
die Verschärfungen der
Flüchtlingspolitik der
Herrschenden. Wir sehen diese
Entwicklung - je nach teils
unterschiedlichem politischem
Standpunkt - als inhuman,
kolonialistisch bzw.
imperialistisch verursacht an.
Wir stellen uns auf künftig
dramatisch wachsende
Flüchtlingsströme ein.
- Wir verwirklichen bereits in
unserer Zusammenarbeit unser
gesellschaftliches Ziel: Es darf
keine Menschen erster und
zweiter Klasse geben! Wir
verwirklichen einen
Paradigmenwechsel: statt Profit
und Macht – Solidarität und
Zusammenarbeit in
Gleichberechtigung. Je nach
politischem Standpunkt nennen
wir unser gesellschaftliches
Ziel ein gutes Leben,
Demokratie, Freiheit oder
Sozialismus.
- Wir stärken die
Gemeinsamkeit vor allem gegen
die Rechtsentwicklung der
Regierung in Deutschland und die
EU und die Gefahren von
Faschismus und Krieg. Wir wollen
künftig länderübergreifend
zusammenarbeiten.
- Organisiert euch! Wir müssen
dauerhaft zusammenarbeiten! Je
nach politischem Standpunkt im
Freundeskreis Alassa & Friends,
in Flüchtlingsinitiativen, in
demokratischen oder
revolutionären Organisationen in
dem Land, in dem wir leben.
- Wir vernetzen uns! Der
Freundeskreis Alassa & Friends
ist fester Bestandteil in
Solidarität International (SI)
und im Internationalistischen
Bündnis und in Zukunft gerne
auch in anderen
flüchtlingspolitischen oder in
gewerkschaftlichen Netzwerken.
- Wir überwinden die Angst!
Falsche Freunde raten uns ab zu
kämpfen, weil uns das gefährde.
Wir sind umsichtig und verhalten
uns schützend füreinander,
verfolgen aber die Grundlinie:
nur wer kämpft kann gewinnen!
- Wir lassen keinen allein:
Jeder Behördengang soll
begleitet sein, jede Schikane
und jede Diskriminierung muss an
die Öffentlichkeit!
- Wir betreiben aktive
Öffentlichkeitsarbeit – jeder
Zeitungsartikel soll die Antwort
bekommen, die er verdient.
- Wir fordern juristisch und
politisch die hart erkämpften
demokratischen Rechte und
Freiheiten ein. Jeder Prozess
gehört auch auf die Straße! Wir
klagen die EU und die
Bundesregierung wegen ihrer
verbrecherischen Zusammenarbeit
mit dem libyschen Regime an.
- Wir fordern Auflösung aller
Lager, „Ankerzentren“ oder
Regelungen, die die geflüchteten
Menschen diskriminieren,
schikanieren und demütigen –
egal ob in Deutschland, Libyen,
Italien oder Griechenland.
- Einen besonderen Schwerpunkt
legen wir auf die
frauenspezifischen Forderungen
und Interessen und fordern die
Anerkennung
geschlechtsspezifischer
Verfolgung als Asylgrund.
- Die Masse der
Weltbevölkerung ist jung – der
Kampf für die Zukunft der Kinder
und Jugendlichen liegt uns
besonders am Herzen.
- Arbeitet und kämpft nicht
nur zusammen – pflegt
Zusammenkünfte, Kennenlernen,
gemeinsame Feiern und kulturelle
Ereignisse, die unser
Gemeinschaftsgefühl stärken.
- Zeigt Zivilcourage! Stört
mutig und engagiert die ebenso
bürokratischen wie herzlosen
Abläufe! Bezieht Stellung gegen
Rassismus am Arbeitsplatz, im
Wartezimmer, in den Schulen!
Kämpft für die Würdigung der
mutigen Kämpferinnen und Kämpfer
gegen Rassismus und
Fluchtursachen. Wir schlagen
Alassa Mfouapon vor für die
Würdigung durch den
(Alternativen) Nobelpreis.
- Organisieren wir politische
Aufklärung und Bildung. Wir sind
und werden Fachleute, geben
unser Wissen weiter und
verwirklichen das gegenseitige
Lernen – nicht zuletzt über die
Herrschenden und die
Funktionsweise des
kapitalistischen Systems in
Deutschland. Wir klären auf über
die Fluchtgründe und
verwirklichen auch Solidarität
mit Kämpfen in allen unseren
Herkunftsländern und
Kontinenten.
- Diese Gesellschaft ist sehr
reich – Geld ist in Hülle und
Fülle da! Es muss da hin, wo es
berechtigt gebraucht wird – und
damit auch zu uns. Wir arbeiten
finanziell unabhängig, aber
fordern auch die finanzielle
Stärkung unserer Arbeit aus
unseren Steuergeldern, aus
Spendentöpfen und Fonds ein.
- Wir verwahren uns gegen
antikommunistische Intrigen, die
unsere Zusammenarbeit von
Flüchtlingen mit demokratischen
und revolutionären Kräften in
Deutschland diffamieren und
schlecht machen. Vorsicht vor
falschen Freunden, die die
Selbstorganisation untergraben
wollen. Null Toleranz gegen
Ausgrenzung!
- Wir wollen keine
Abhängigkeit von irgendeiner
Partei. Viele von uns sind
parteilos, aber alle engagierten
und ehrlichen Mitglieder von
Parteien sind auf
antifaschistischer Grundlage
eingeladen mit uns
zusammenzuarbeiten. Wir fördern
auch die Zusammenarbeit mit den
Gewerkschaften und Arbeitern in
den Betrieben.
- Lasst den Worten Taten
folgen, werdet Unruhestifter!
Lasst uns damit anfangen –
sofort!
- Der Kampf geht weiter, bis
Gerechtigkeit herrscht.
|
Freundeskreis Alassa & friends -
openpetition.de/alassa
Spenden über: „Solidarität
International e.V.“,
IBAN: DE86 5019 0000 6100 8005 84,
Stichwort: „Alassa“
|