Bernard Schmid berichtet aus Frankreich

Nach dem ersten Durchgang der französischen Präsidentschaftswahl (22. 4. 12)

Teil B: Extreme Rechte auf historischem Höchstniveau
Nicolas Sarkozy in ungünstiger Position für Wiederwahl. Der rechte Präsident buhlt unverblümt um die Stimmen der Neofaschisten

5/6-12

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18 Prozent: So viel erhielt die extreme Rechte bislang frankreichweit, „auf nationale Ebene“, noch nie. Ihre bisherigen Rekordwerte lagen bei 16,8 % im ersten und 17,8 % im zweiten Wahlgang für Jean-Marie Le Pen, bei der Präsidentschaftswahl 2002. Allerdings konnte er damals als einer der beiden Bestqualifizierten in die Stichwahl einziehen. In diesem Jahr gelingt dies seiner Tochter Marine Le Pen nicht, die am gestrigen Sonntag als drittstärkste Bewerberin um die französische Präsidentschaft abschnitt.

Laut den amtlichen Ergebnissen des Innenministeriums erhielt Marine Le Pen 17,90 % der Stimmen. Diese Stimmenzahl umfasst sowohl das europäische Frankreich als auch die „Überseegebiete“ Frankreichs, wo Le Pen unterdurchschnittlich abschnitt (8 Prozent). Die Pariser Abendzeitung ,Le Monde’ gibt für das ,Hexagone’, also Frankreich im europäischen kontinentalen Rahmen und ohne „Überseegebiete“, einen Stimmenanteil der rechtsextremen Kandidatin von 18,3 % an.

Ihr Anteil entspricht in absoluten Zahlen 6,421 Millionen Stimmen. Zum Vergleich: Im April 2002 erhielt der damalige FN-Kandidat Jean-Marie Le Pen noch 16,8 % mit 4,805 Millionen Stimmen, zu denen aber noch die Wähler des rechtsextremen Konkurrenten Bruno Mégret – 2,2 % und 667.000 Stimmen – hinzugerechnet werden müssen. Und in der zweiten Runde erhielt Jean-Marie Le Pen, der damals neben Jacques Chirac in die Stichwahl einziehen konnte, in absoluten Zahlen 5,525 Millionen Stimmen und einen Anteil von 17,79 %. (Und im April 2007 – bei einer Wahl, die für die extreme Rechte schwierig war und unter ungünstigen Bedingungen stattfand – fiel Jean-Marie Le Pen auf einen prozentualen Anteil von 10,44 % und ingesamt 3,835 Millionen Stimmen.)

Gegenüber dem bisherigen Höchststand der Stimmergebnisse des Front National, dem zweiten Wahlgang der Präsidentschaftswahl von 2002, hat Marine Le Pen also fast eine Million Stimmen hinzugewonnen. In den letzten Jahren ist allerdings auch die Gesamtzahl der in die Wählerlisten eingetragenen Stimmberechtigten von zuvor 41 auf nun 46 Millionen Volljährige gewachsen. Dazu trug sowohl das Wachstum der Bevölkerung – Geburten und v.a. Einbürgerungen – bei, da Frankreich eine weniger stark ,überalternde’ Bevölkerung aufweist als Deutschland, als auch die vermehrte Einschreibung in die Wählerregister. Letztere wiederum resultierte zum Teil daraus, dass viel Stimmberechtigte nach dem April 2002 und dem Einzug Jean-Marie Le Pens in die Stichwahl um die Präsidentschaft ein ,schlechtes Gewissen’ verspürten, falls sie ihr Wahlrecht nicht wahrnähmen. Zumindest in den letzteren Fällen dürfte sich der Zuwachs bei den Wählerzahlen allerdings eher zu Ungunsten statt zugunsten des FN ausgewirkt haben…

Wahlergebnis höher als Umfragewerte

Damit lag Marine Le Pen um mindestens einen Prozentpunkt höher, als in den für sie günstigsten Umfragen vorausgesagt worden war. Bereits in der Vergangenheit hatte sich oft herausgestellt, dass die extreme Rechte in Vorwahlbefragungen unterbewertet wurde, denn viele ihrer Wähler/innen bekennen sich nicht offen zu ihrem Votum. Oder sie misstrauen allen „Intellektuellen“, unter ihnen Umfragerinnen, Journalisten und Sozialforscherinnen, von vornherein.

Abschlussveranstaltung von Marine Le Pen am 17. April

Aber im Laufe des Wahlkampfs hatte sich die Stimmung auch zugunsten der extremen Rechten gewandelt. Die Abschlussveranstaltung im Wahlkampf Marine Le Pens, eine Saalkundgebung am 17. April 2012 in Paris vor über 6.000 Menschen, war ein voller Erfolg für die Rassisten: Der Saal kochte. Das Publikum war erheblich jünger, als dies durchschnittlich zu Zeiten des Vaters und Vorgängers der jetzigen Kandidatin – Jean-Marie Le Pen – der Fall gewesen war. Beobachtungen des Verfassers dieser Zeilen, der schon 30 oder 40 Großveranstaltungen der französischen extremen Rechten erlebt hat, zufolge war die Atmosphäre in diesem Jahr eine völlig andere.

Bei Jean-Marie Le Pen verhielt das Publikum, im Schnitt eher mittleren bis höheren Alters, sich eher wie in einer Oper: Es „trank“, gläubig und mit Genuss, die Worte des stimmgewaltigen Tenors in sich hinein. Danach ging es in gehobener Stimmung von dannen. Bei Marine Le Pen in diesem Jahr dagegen glich die Atmosphäre eher der in einem Fußballstadion.

Das deutlich verjüngte Publikum ging aktiv mit, spendete tosenden Beifall, schwenkte Fahnen und rief Parolen in Sprechgesängen: On est chez nous! On est chez nous! (Sinngemäß: Wir sind Herren in unserem Haus.) Unter ihm jener junge Mann, der einen Teil des Abends hindurch der Banknachbar des Autors dieser Zeilen war und unermüdlich Dinge rief wie: „Pinochet hat es richtig getan! Die Linken – ab ins Stadion! Zack!“ (Unter Anspielung auf das Fußballstadtion von Santiago de Chile, das 1973 nach dem Militärputsch als Konzentrationslager genutzt wurde.) Und dieses Publikum füllte danach noch Métrozüge und Busse, zum Teil ohne vom Rufen seiner Parolen abzulassen.

In ihrer Rede hatte Marine Le Pen die Kandidatin einer nationalistischen „Befreiungsbewegung“ gegen die Systemparteien gegeben: „Meine Herren Aristokraten des Systems, nun werden Sie Platz am Tisch machen müssen – für das Volk!“ Und sie entwarf ein Bild von Frankreich, das durch die EU und die mächtigen Globalisierer unterdrückt werde. Von ihnen werde man sich befreien, erklärte, um unter mächtigem Applaus in einem Schweiß-und-Tränen-Aufwall hinzuzufügen: „Wenn wir mehr arbeiten müssen – wir werden es tun, aber für uns! (Anm.: Gemeint war ,uns als Nation’). Wenn wir Opfer bringen müssen – wir werden Opfer bringen! Aber für uns, nicht für sie, und nicht unter ihrer Herrschaft!“

Ausgewählte Ergebnisse nach Bezirken

Am höchsten schnitt Marine Le Pen in Bezirken zweierlei unterschiedlichen Typs ab. Einige ihrer höchsten Ergebnisse liegen in südfranzösischen Départements – im Bezirk Vaucluse (um Orange) liegt das höchste Einzelergebnis mit 27,03 %. Aber im benachbarten Gard (rund um Nîmes und im Osten bis Avignon) landete Marine Le Pen, als einzigem Verwaltungsbezirk, auf dem ersten Platz als stärkste Kandidatin mit 25,51 Prozent vor Sarkozy auf dem zweiten und Hollande auf dem dritten Platz mit je über 24 %. Dies sind keine ausgeprägt armen Bezirke, vielmehr handelt es sich bei den WählerInnen des FN hier um eine rechte Stammwählerschaft, die zum Teil aus früheren Algeriensiedlern während der Kolonial-Ara (,Pieds Noirs’) besteht.

Aber auch nordfranzösische industrielle Krisenbezirke, die von Desindustrialisierung und der Abwanderung von Arbeitsplätzen gebeutelt werden, wie Aisne in der Picardie (26,33 % Anteil für Marine Le Pen) oder Pas de Calais mit 25,53 % stimmten weit überdurchschnittlich für Marine Le Pen. Ihre Wählerschaft kommt hier zum Teil aus den Krisenhinterlassenschaften der früher starken Linksparteien, während die südfranzösischen Anhänger des FN sich zu allen Zeiten eher rechts verorteten; falls Letztere je nicht „Le Pen“ wählen, dann stimmen sie konservativ oder überhaupt nicht.

Im Jahr 2007, als der Einfluss des FN bei Wahlen zeitweilig stark zugunsten von Nicolas Sarkozy gesunken war, hatte vor allem diese historisch aus der Rechten kommenden und eher in Südfrankreich oder im Elsass vorzufindende Wählerschaft der rechtsextremen Partei vorübergehend den Rücken gekehrt. Vor nunmehr fünf Jahren hatten in Südostfrankreich, in der Provence (in Bezirken wie Vaucluse), die höchsten Stimmentransfer vom damaligen rechtsextremen Spitzenmann Jean-Marie Le Pen zum konservativen Kandidaten Sarkozy stattgefunden. Nunmehr kehrte diese Wählerschaft offenkundig zum Großteil zum Front National zurück. Gleichzeitig hat der FN sowohl im Jahr 2007 als auch, in einem veränderten und für ihn erheblich günstigeren, Klima im April 2012 beide Male die „Krisenwählerschaft“ in Nord- und Ostfrankreich halten können. Erstmals seit zehn Jahren gelingt es ihm also, diese beiden doch höchst unterschiedlichen Flügel seines Wahlpublikums wieder zusammenzuführen.

Offenes Buhlen um Zustimmung auf der extremen Rechten

Bei ihm versucht Sarkozy, massiv Stimmen für die Stichwahl anzuwerben. Dies begann bereits am Abend des ersten Wahlsonntags (22. April), als ausnahmslos alle Vertreterinnen und Vertreter Sarkozys in den Fernsehstudios – in seinem Lager gibt es meiestens Absprachen über ,éléments de langage’, also einheitliche Sprachregelungen - vor allem entlang des „Ausländerthemas“ polarisierten: Unter sozialdemokratischer Regierung handelten sich „die Franzosen, die das nicht wollen, das Ausländerwahlrecht“ ein. So tönten die Ministerinnen während der Sarkozy-Ära Nadine Morano und Rachida Dati, Ex-Regierungssprecher Laurent Wauquiez und andere unisono. Auch stellten sie eine Infragestellung des Schengen-Abkommens zur Wiedereinführung von Grenzkontrollen zwischen den einzelnen EU-Ländern in Aussicht. Es steht tatsächlich in Sarkozys Programm.

In den darauffolgenden Tagen rief Nicolas Sarkozy – für allgemeine Überraschung sorgend – zunächst dazu auf, zu einem „Feiertag der wahren Arbeit“ am 1. Mai auf die Straße zu mobilisieren. Dies ist neu und unerhört, da die konservative Rechte seit Jahrzehnten zum Arbeiterfeiertag nicht auf der Straße war (im Unterschied freilich zum Front National, der alljährlich an diesem Datum „für die Nationalheilige Jeanne d’Arc“ aufmarschiert). Dieser Begriff der „wahren Arbeit“, den Sarkozy später offiziell zurückgenommen hat und den er inzwischen durch den Ausdruck „wahrer Tag der Arbeit“ ersetzen sehen möchte, soll „diejenigen, die früh aufstehen und sich anstrengen“ ansprechen. Diese sollen in Gegensatz zu Faulenzen, Sozialschmarotzern, aber auch zu Staatsbediensteten wie Krankenschwestern und Lehrer/inne/n – da öffentlich Bediensteten laut Sarkozy „nicht der Konkurrenz ausgesetzt sind“ – gerückt werden.

Viele linke und gewerkschaftliche Reaktionen betonten, Sarkozy trete hier in die Fußstapfen des Marschalls Pétains; tatsächlich war der frühere „Internationale Arbeiterfeiertag“ der Arbeiterbewegung unter diesem ab 1940 zum „Tag der Arbeit“ umgewidmet und erstmals zum gesetzlichen Feiertag erklärt worden. Alsbald zirkulierten im Internet allenthaben Plakate, die zum 1. Mai 1941 als „Tag der echten/wahren Arbeit“ aufriefen und die historische Tradition, in welche Sarkozy sich stelle, belegen sollten. Allerdings handelte sich um eine kleine Fälschung, da das Originalplakat retuschiert und das Wörtchen ,vrai’ (für „wahr/echt“) hineingeschmuggelt worden war. Unabhängig davon betonten sowohl der Präsidentschaftskandidat des Linksbündnisses, Jean-Luc Mélenchon, als auch die grün-linksliberale Präsidentschaftskandidatin Eva Joly in den vergangenen Tagen offen die „pétainistische Wortwahl“ Nicolas Sarkozys .- An dieser Stelle werden wir in Bälde von den Ergebnissen dieses Mobilisierungsversuchs der Rechten berichten.

Ferner setzte Sarkozy noch andere Signale an die Adresse der rechtsextremen Sympathisanten. So sprach er sich Mitte vergangener Woche, nach der Einleitung eines Strafverfahrens gegen einen Polizisten – der im Pariser Vorort Noisy-le-Sec einen flüchtigen, schweren Straftäter von hinten erschossen hatte – wegen Totschlags, für eine „Notwehr-Vermutung/

-Unterstellung“ zugunsten von Polizisten bei jedem Schusswaffeneinsatz aus. Diese solle als Stärkung der gesetzlichen Unschuldsvermutung eingeführt werden. Bingo: Die Maßnahme taucht seit Juni 2011, als einer der ersten Vorschläge im Programmteil „Innere Sicherheit“, im Programm Marine Le Pens auf.

Auf Kritik, die Sarkozy vorwarf, zu deutlich auf die Wählerschaft des Front National zuzugehen, antwortete Sarkozy in diversen TV-Sendungen wiederholt: „Wenn die Republik es zulässt, dass Marine Le Pen zu Wahlen antritt, dann kann es sich nicht verboten sind, sich an diese Franzosen (Anm.: die für sie stimmen) zu adressieren.“ Zu Anfang der Woche nach der ersten Wahlrunde hatte er sogar noch expliziter erklärt: „Marine Le Pen ist mit der Republik kompatibel (= vereinbar)“. Inzwischen möchte er dies dahingehend klargestellt wissen, dass er der Auffassung sei, „die Tatsache ihrer Kandidatur“ sei mit der Demokratie vereinbar.

Bislang hat Marine Le Pen keine Stimmempfehlung ausgesprochen, und sie möchte es – falls überhaupt – auch nicht vor dem jährlichen Aufmarsch ihrer Partei zum 1. Mai 12 in Paris tun. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird die FN-Chefin an diesem Dienstag, den 1. Mai jedoch einen Aufruf gegen beide Stichwahlkandidaten erlassen. Ähnliches hatte der Front National auch bei den letzten Präsidentschaftswahlen stets gehalten. Das letzte Mal, dass der FN eine (indirekte) positive Stimmempfehlung für einen Kandidaten abgab, war 1988: Damals verkündete Jean-Marie Le Pen die Maxime „Keine Stimme für Mitterrand“. Dies lief darauf hinaus, in der Stichwahl gegen den (letztlich wiedergewählten) „sozialistischen“ Amtsinhaber François Mitterrand für dessen bürgerlichen Herausforderer Jacques Chirac zu stimmen. Hingegen erklärte Jean-Marie Le Pen zur darauffolgenden Wahl am 1. Mai 1995, am selben Ort – auf dem Pariser Opernplatz -, dass beide damaligen Kandidaten (Jacques Chirac und sein „sozialistischer“ Gegenkandidat Lionel Jospin) unwählbar seien. Im Originalton: ,Chirac, c’est Jospin en pire!’ Dies bedeutete: „Chirac ist genau dasselbe wie Jospin, nur schlimmer.“ Ähnliches wird Jean-Marie Le Pens Nachfolgerin und Tochter voraussichtlich auch in diesem Jahr durchblicken lassen.

Laut vorliegenden Umfragezahlen wollten am Wahlabend (22. April) zunächst 60 Prozent ihrer WählerInnen voraussichtlich für Nicolas Sarkozy in der Stichwahl stimmen, im Gegensatz zu 18 Prozent für Hollande. Im Laufe der Woche sank der Anteil der potenziellen Sarkozy-Wähler unter den FN-Anhängern jedoch auf nur noch 50 Prozent ab. Laut Auskunft des Umfrageinstituts BVA deswegen, weil in den Augen vieler rechtsextremen Wähler/innen Sarkozy dieselben gar zu offenkundig und übertriebenanzubaggern versuchte und sie sich dadurch verschaukelt fühlten… (Vgl. dazu http://actu.orange.fr/une/ )

Zu Anfang dieser Woche am Montag, den 30. April 12 – ist laut neuesten Umfragezahlen der Anteil derjenigen, die zu einer Stimmabgabe für Sarkozy gewillt sind, wieder auf 54 % gestiegen. 13 % in der Wählerschaft der extremen Rechten wollen demnach für François Hollande stimmen, und 32 % für keinen der beiden Kandidaten. (Vgl. http://actu.orange.fr/ )

Im „harten Kern“ ihrer Anhängerschaft und im Apparat der Partei zieht man allerdings eine Niederlage Nicolas Sarkozys vor, verknüpft mit dem strategischen Projekt, danach die politische Rechte neu – und rund um die eigene Partei herum – aufzubauen. Diese Strategie, die darauf hinausläuft, die bürgerliche Rechte „zur Explosion zu bringen“; war bereits in den 1990er Jahren durch den damaligen FN-Ideologen Bruno Mégret formuliert und verkündet worden.

Am Wahlabend (22. April) erklärte der Rechtsanwalt Gilbert Collard, ein neu gewonnener prominenter Unterstützer Marine Le Pens, im TV-Studio: „Eine neue Rechte ist entstanden, man wird auf sie Rücksicht nehmen müssen.“ Damit meinte er die eigene Partei „seiner“ Kandidatin/ (Gilbert Collard war 2012 Vorsitzender des Unterstützerkomitees für die Kandidatur Le Pens, hat aber bislang keinen Mitgliedsausweis beim FN.)

Dem widersprach jedoch am Montag früh (23. April) Marine Le Pen junger Berater Florian de Philippot im Rundfunk deutlich: Man wolle keine neue Rechte darstellen, vielmehr „glauben wir nicht mehr an den Gegensatz zwischen Links und Rechts - denn die Grenze verläuft vielmehr zwischen denen, die ihre Nation lieben, und den Anhängern des Globalismus“. Für das eigene Projekt, jenes des „Widerstands gegen die Globalisten“, wolle man sowohl Leute aus der bisherigen Rechten als aus der bisherigen Linken ansprechen. Beide argumentierten jedoch dergestalt, dass die rechtsextreme Partei als eine Art Demokratisierungsbewegung gegen ein Blockparteiensystem – dessen Kräfte alle Medien kontrollierten, über „falsche Umfragen“ (Gilbert Collard) das öffentliche Klima beeinflusse und die Meinungsfreiheit unterdrücke – erscheinen sollte.

Aus den gegen Marine Le Pen und ihre „Generallinie“ opponierenden Teilen der extremen Rechten kommen hingegen explizite Stimmempfehlungen für Nicolas Sarkozy. Carl Lang, bis im Jahr 2005 Generalsekretär des FN und seit Januar 2009 Vorsitzender seiner eigenen Partei – des Parti de la France (PdF, „Partei Frankreichs“), rief etwa dazu auf, „gegen François Hollande“ zu stimmen. Denn sonst käme „die Linke an die Macht, und dies bedeutet: Ausländerwahlrecht, Homosexuellenehe und Adoptionsrecht für homosexuelle Paare!“

Auch Bruno Gollnisch, der frühere Vizepräsident de FN, der im Januar 2011 die Wahl zum/r neuen Parteivorsitzenden gegen Marine Le Pen verlor und die eher katholisch-nationalistischetraditionalistische Opposition in der Partei vertritt, neigt zu dieser Position. Am 30. April verlautbarte, dass er zu einer Stimmabgabe für Nicolas Sarkozyneige“; vgl. http://www.lefigaro.fr/ Hintergrund ist sicherlich auch, dass seine Unterstützer der aktuellen Parteiführung vorwerfen möchte, „zu weit nach links zu tendieren, aufgrund der starken sozialdemagogischen Beimischungen zu ihrem Diskurs (und weil Marine Le Pen gegen ein gesetzliches Abtreibungsverbot auftritt).

Editorische Hinweise

Wir erhielten den Text vom Autor für diese Ausgabe.