Betrieb & Gewerkschaft

Arbeit gibt’s genug – das System ist der Betrug!

aus "Vitamin Charité" vom 6.6.2012 von der Gruppe "Sozialistische Arbeiterstimme"

5/6-12

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Die Ereignisse und Enthüllungen der letzten Wochen in der Arbeitswelt zeigen uns wieder einmal wie rücksichtslos und menschenfeindlich unser kapitalistisches System auch in Deutschland funktioniert: Mehr als 13.000 ArbeiterInnen von Schlecker sollen entlassen werden, 3.500 Arbeiter von Opel Bochum stehen vor dem Aus. Gleichzeitig werden im Öffentlichen Dienst immer weiter Stellen gestrichen. Allein in Berlin wurden seit 2001 mehr als 27.000 Stellen weggespart und nun sollen wieder 1.457 Arbeitsplätze in den Bezirken wegfallen.

Die Arbeitsplätze sind weg – die Arbeit bleibt!

Aber die immer wiederkehrenden Entlassungswellen und Stellenstreichungen bedeuten nicht, dass die Arbeit weniger wird. Im Gegenteil. Erst kürzlich schockierte Günter Wallraff mit seiner Dokumentation über die Arbeitsbedingungen beim Paketzusteller DLS die Gemüter, wo die Arbeiter täglich 14 Stunden am Tag schuften. Die Unternehmer behaupten, er würde übertreiben, doch jeder von uns erfährt tagtäglich am eigenen Leibe, wie wahr die Geschichte von DLS ist.


 Egal in welcher Branche, egal auf welchem Arbeitsplatz – wir Arbeitende arbeiten immer mehr. Da werden die Flächen (pro Schicht) der Reinigungskräfte hochgeschraubt, die Zahl der Pflegekräfte immer weiter reduziert, die Bänder in den Fabriken schneller, die Arbeit in den Supermärkten immer anstrengender... gleichzeitig schieben immer mehr Menschen Überstunden und Sonderschichten. 2,5 Millionen Überstunden wurden allein 2010 gemacht. Viele weitere Überstunden werden gar nicht mehr erfasst, geschweige denn ausbezahlt. Im Durchschnitt arbeiten die Arbeitenden in Deutschland lediglich 37,7 Stunden/Woche – auf dem Papier. In Wahrheit sind es 40,4 Stunden. Und bei solchen Durchschnittszahlen wird gerne übersehen, dass bereits eine Million Niedriglöhner 50 Stunden und mehr in der Woche arbeiten. Gleichzeitig steigt natürlich die Zahl der Arbeitsunfälle, da Arbeitstempo und Überstunden zunehmen. 2010 waren es fast eine Million Arbeitsunfälle, die Tendenz steigt.

Unsere Logik: Die Bedürfnisse der Menschen

„Aber Schlecker ist doch schließlich pleite und es ist einfach keine Arbeit mehr da!“ Ja, man könnte meinen, bei Schlecker und vielen anderen Firmen geht es einfach nicht anders – die Firmen sind halt pleite. Aber das ist eine kapitalistische Logik. Geschlossen wird, wenn  die Unternehmen oder Standorte nicht mehr genügend Gewinne abwerfen. Aber bedeutet das, dass die Arbeit nicht mehr gebraucht wird? Gerade Schlecker ist ein Beispiel dafür, dass kapitalistische Gewinnlogik und Bedürfnisse der Menschen sich entgegenstehen. Wie viele kleine Ortschaften werden bald keine Drogerie mehr haben, nur weil hier nicht mehr genügend Umsatz gemacht wird!

Arbeit umverteilen! Geht nicht? Gibt’s nicht!

Die Arbeitsbedingungen gleichen denen von Galeerensklaven, weil diejenigen, die noch Arbeit haben, die Arbeit der anderen mitmachen. Die einzige Lösung ist, die Arbeit auf alle umzuverteilen. Es wird gern erzählt, dass dies nicht ginge, ohne dass die Löhne gesenkt werden. Aber das ist nicht wahr, denn es wird jeden Tag immer mehr Reichtum produziert – von uns – für die Unternehmer! Das Vermögen der Reichen ist mittlerweile gigantisch. Allein in Deutschland werden Jahr für Jahr Milliarden an Gewinnen an die Aktionäre ausgeschüttet. 4,7 Billionen Euro gibt es allein in Deutschland an Privatvermögen. Anfang der 90er Jahre waren es lediglich 1,75 Billionen Euro.

Der Reichtum ist da, um uns angemessene Löhne zu zahlen bei weniger Arbeit. Aber das Geld fließt immer wieder in dieselben Taschen. Man muss sich einfach nur mal vorstellen, was der Chef von Daimler Dieter Zetsche verdient: Er hat einen Stundenlohn von 1.000 Euro! Und die Aktionäre dieser Firma haben zuletzt 2,5 Mrd. Euro Dividende bekommen. Und da behauptet noch einer, es wäre kein Geld da. Die kapitalistische Klasse hat so viel Geld, dass sie nicht mehr weiß, was sie damit machen soll!

Entlassungen verbieten!

Daher müssen Entlassungen und Stellenabbau verboten werden. Doch wie? Ein solches Verbot von Entlassungen ist natürlich nicht durchsetzbar, wenn wir auf Gesetze warten und auf Parteien hoffen. Der kapitalistische Staat ist nicht dafür da, unsere Interessen zu verteidigen. Nein, diese Interessen können nur wir selbst verteidigen. Durch einen gemeinsamen Kampf aller Arbeitenden - nicht in einer einzelnen Firma, nicht in einer einzelnen Branche. Nur der geballte Druck der Arbeiterklasse kann der herrschenden Klasse ein solches Verbot abtrotzen. Das ist die einzige Perspektive, die uns allen schwer erscheint. Doch sie ist die einzig realistische Perspektive.

Editorische Hinweise

Wir spiegelten das Betriebsflugblatt von der Website der Sozialistischen Arbeiterstimme, wo es weitere Betriebsflugblätter - auch von Osram und der Deutschen Bahn - gibt.