In den vergangenen Monaten mussten
wir mit großer Sorge die angespannten Ereignisse in der Ukraine
und Kiew verfolgen. Nicht nur die maßgeblich von Faschisten
angeführten Maidan-Proteste, sondern auch die Art und Weise des
Regimewechsels sowie die allgemeine Verschärfung und Zuspitzung
des politischen Klimas in der Ukraine mit dem Säbelrasseln gegen
Russland hierzulande und die Debatten über den Status der Krim
sind mehr als besorgniserregend.
Wir sind erschrocken über
die Schnelligkeit, Aggressivität und Ignoranz, mit der hier in
der Bundesrepublik von bürgerlichen Medien und Institutionen
verschiedenster Couleur Faschisten verharmlost, ausgeblendet und
teilweise sogar hofiert werden. Insbesondere bei letzterem ist
nicht nur die Konrad-Adenauer-Stiftung der CDU und ihre
Marionette in Gestalt von Vitali Klitschko an vorderster Front,
sondern auch die Bundesregierung, zum Beispiel in Person des
Außenministers Steinmeier.
Die EU und insbesondere
die BRD, aber auch die USA und die NATO bedienen sich zur
Durchsetzung ihrer wirtschaftlichen, politischen und
militärischen Interessen rund um das Ringen mit Russland um die
Vorherrschaft in der Ukraine nicht nur an den pro-westlichen
Oligarchenkreisen und den Neoliberalen. Offensichtlich auch ohne
Scheu arbeitet man mit bewaffneten faschistischen Straßenbanden
– insbesondere dem so genannten „Rechten Sektor“ – und ihres
parlamentarischen Pendants, der offen faschistischen
„Swoboda“-Partei („Freiheit“) zusammen. Auch aus benachbarten
Ländern und aus Skandinavien reisten vereinzelt militante
Nazi-Schläger nach Kiew. Die offene Koalition mit Faschisten
wollen die westlichen Akteure nur ungern zugeben, und es kommt
hinzu, dass dies ein Großteil bundesdeutscher Medien der
Regierung und den Parteien nahezu kommentarlos durchgehen lässt.
Weitestgehend unkritisch ist auch die Berichterstattung über die
nationalistische Welle und die Deutungshoheit von bewaffneten
faschistischen Banden auf dem Maidan-Platz und in manch anderen
Teilen der Ukraine neben der aktiven Beteiligung von Faschisten
an der Übergangsregierung.
Die „Swoboda“-Partei
unternimmt in letzter Zeit starke Anstrengungen, um sich
„gemäßigt“ zu geben und sich nach außen als Bewahrer von „Ruhe
und Ordnung“ darzustellen. Es ist ihnen und dem „Rechten Sektor“
durch eine starke Straßenpräsenz, bestehende Strukturen,
finanzielle Mittel und demagogischer Propaganda gelungen, weite
Teile der sogenannten „Maidan-Proteste“ zu dominieren und
dadurch massiv in ihrer Anzahl und Stärke zu wachsen. Ohne
Zweifel ist allerdings auch, dass die gesellschaftliche
Situation in der Ukraine genügend Anlässe und Gründe hergibt,
massenhaft gegen die Regierung und die Herrschenden auf die
Straße zu gehen. Umso schlimmer ist dann, wenn es Faschisten
gelingt, die Unzufriedenheit der Menschen zu kanalisieren und
diese mangels fortschrittlichen Alternativen in reaktionäre
Bahnen zu lenken. Das ist brandgefährlich.
Die letzten Wochen und
Monate führen uns vieles vor Augen: Zum einen sehen wir erneut,
was es bedeuten kann, wenn es keine schlagkräftige und
überregionale antifaschistische Bewegung und Organisation gibt.
Zum anderen müssen wir festhalten, dass antifaschistische
Strukturen in Deutschland, die fähig sein sollten,
internationale Solidarität nicht nur eine Parole, sondern auch
praktisch werden zu lassen, noch mehr aufgebaut werden müssen.
Die Ereignisse in der Ukraine sind politisch höchst brisant,
denn die Rolle der Faschisten für die herrschende Klasse als
willkommene Helfer in Krisensituationen zur „Drecksarbeit“ wird
ein weiteres Mal mehr als sichtbar. Längst gibt es Droh- und
Mordaufrufe der Faschisten gegen nationale Minderheiten,
Jüdinnen und Juden, Linke, AnarchistInnen und KommunistInnen.
Längst sind einige dieser Aufrufe schon umgesetzt worden.
Die Rote Hilfe hat
bereits praktische Schritte eingeleitet, um die
AntifaschistInnen in der Ukraine materiell und politisch zu
unterstützen. Das ist eine der bedeutendsten von vielen
richtigen Antworten, die wir als AntifaschistInnen auf die neuen
Fragen der internationalen Situation und den Verhältnissen in
der Ukraine finden müssen.
Der Schwerpunkt aller
linken und antifaschistischen Kräfte in der Ukraine ist es nun,
den Nationalismus, aber vor allem die offen auftretenden
Faschisten mit ihren Schläger- und Mörderbanden, die jetzt zum
Teil sogar nahtlos in Polizei- und Militärkreise eingegliedert
wurden, zurückzudrängen und zu bekämpfen. Es ist genauso
wichtig, den aktuellen Aufwind der Faschisten und Rechten mit
ihrer widersprüchlichen und reaktionären Ideologie zu stoppen
und ihnen gezielte Rückschläge zu versetzen. Ein unmittelbares
Ziel der AntifaschistInnen und GenossInnen wird nun darin
bestehen, dass die Faschisten bei den kommenden Wahlen Ende Mai
mit möglichst wenig Unterstützung durch die Bevölkerung ins
Parlament in Kiew einziehen. Nicht zuletzt steht am 8. Mai der
Tag der Befreiung vom Faschismus an, ein Tag also, an dem auch
den vielen Ukrainerinnen und Ukrainer gedacht wird, die im Kampf
gegen den deutschen Faschismus ihr Leben ließen. Es bleibt
abzuwarten, wie dieser Tag nach dem Umsturz in der Ukraine
begangen wird.
Wir verurteilen alle
Worte und Taten, die den antifaschistischen Kampf in der Ukraine
durch Spaltung und Sektierertum oder sogar Querfronten
sabotieren und damit den nationalistischen, reaktionären und
faschistischen Kräften in die Hände spielen.
Gleichzeitig sehen wir es
aber auch als unsere Verantwortung und Pflicht an, die
Faschisten in der BRD und diejenigen, die sich in
Krisensituationen oder zur Durchsetzung eigener Interessen gerne
an ihnen bedienen und mit ihnen zusammenarbeiten, aktiv zu
bekämpfen und hier in der Bevölkerung über diese schmutzige und
letzten Endes auch kriegstreiberische Politik aufzuklären.
Es ist unsere Aufgabe,
die Öffentlichkeit hier in der BRD über das rechte und
faschistische Treiben in der Ukraine zu informieren und
geeignete Formen internationaler Solidarität gegen den
Faschismus zu praktizieren. Der Charakter faschistischer
Ideologie und Bewegung und ihre Rolle im Kapitalismus als
potentielle Stütze der Herrschenden und im schlimmsten Fall
sogar als Herrschaftsoption wurde in der Ukraine ein weiteres
Mal in Ansätzen geschichtliche Realität. Und auch die
Signalwirkung der Entwicklungen in der Ukraine für die
europäische Rechte sind nicht zu unterschätzen. Lasst uns nun
Schlimmeres verhindern und die dafür notwendigen Strukturen
aufbauen!
Wir senden unsere
Solidarität an alle Antifaschistinnen und Antifaschisten!
Gemeinsam in Gedanken sind wir im Kampf vereint mit dem Ziel
einer solidarischen Gesellschaft ohne Faschismus und seinem
Nährboden, dem kapitalistischen Gesellschafts- und
Wirtschaftssystem.
Gegen jeden
Nationalismus und Faschismus!
Hinter dem Faschismus steht das Kapital!
Hoch die internationale Solidarität!
April 2014
Spendenkonto Rote Hilfe e.V.
IBAN: DE25260500010056036239
BIC: NOLADE21GOE
Stichwort: Antifa Ukraine
Diese Erklärung wird
herausgegeben von:
Antifaschistische Linke Bühl-Achern
Antifaschistische Aktion Heilbronn
Antifaschistische Aktion Lörrach
Antifaschistische Jugend Ludwigshafen/Mannheim
Antifaschistische Aktion (Aufbau) Rastatt/Baden-Baden
Antifaschistische Aktion (Aufbau) Stuttgart
Antifaschistische Aktion (O) Villingen-Schwenningen
Diese Erklärung wird
unterstützt von:
Antifaschistische Aktion Speyer/Schifferstadt
Antifaschistische Aktionsbündnis Stuttgart & Region (AABS)
Antifa Bad Bergzabern
Antifaschistische Linke Freiburg (ALFR)
Antifaschistische Linke Fürth (ALF)
Göppingen gegen Rechts
Initative Rems-Murr Nazifrei!
LinksjugendSolid.Ortenau
LinksjugendSolid Baden-Württemberg LSPR
Revolutionäre Aktion Stuttgart
Rote Hilfe e.V. OG Stuttgart
Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) Baden-Württemberg
VVN-BdA Baden-Württemberg
VVN-BdA Kreisvereinigung Ortenau
Alex Zollmann – VVN-BdA
Kreisvereinigung Ortenau
Andrea Schiele – VVN-BdA Kreisvereinigung Ulm
Bernhard Mainz – VVN-BdA Kreisvereinigung Heilbronn
Esther Broß – Mitglied im Kreisvorstand der VVN-BdA Ortenau
Janka Kluge – Landessprecher der VVN-BdA Baden-Württemberg
Jochen Dürr – Landessprecher der VVN-BdA Baden-Württemberg
Liliane Leible – 1. Vorsitzende DIE LINKE. Kehl
Paul Bauer – Sprecher und Mitglied im Kreisvorstand VVN-BdA
Kreisvereinigung Ortenau
Raymond Hof – 2. Vorsitzender DIE LINKE. Kehl
Kontakt:
ukraine-antifa-soli [aet] riseup.net
Quelle:
linksunten.indymedia.org
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