Stadtumbau & Stadtteilkämpfe
Am 25. Mai 2014 unbedingt für "100% Tempelhofer Feld" stimmen!!!
Und was dann?

von Karl-Heinz Schubert

5/6-2014

trend
onlinezeitung

Am 14. Mai vor den Redaktionsferien veröffentlichten wir diese redaktionelle Mitteilung:

Etwas mehr als 40 Leute kamen am 12. Mai 2014 um 19.30 Uhr in den Berlin-Kreuzberger Mehringhof zu der von der TREND-Redaktion organisierten Film- und Diskussionsveranstaltung „Fünf Jahre Kampf ums Feld“. Der gut 70 Minuten dauernde Film – ein Zusammenschnitt aus verschiedenen Video-Dokumentationen – errinnerte mit eindringlichen Bildern an den 20. Juni 2009, als Zehntausende versuchten, den mehrfach eingezäunten und schwer bewachten Flughafen zu „squatten“. Die Forderung nach Öffnung des Flughafengeländes war bereits ein Jahr alt, als dieser bundesweit organisierte Aktionstag ablief. „Squat Tempelhof“ hatte zuvor mit kleinen Aktionen auf die drohende Privatisierung des Geländes aufmerksam gemacht und in zäher Kleinarbeit die Öffnung im Kiez popularisiert.

In der anschließenden Aussprache ging es zunächst um die Frage, warum in der Folgezeit die radikaleren Kräfte sich weitestgehend aus diesem Politikfeld zurückgezogen haben, so dass nun ein legalistisches Politikverständnis im Kampf um das kollektive Recht der uneingeschränkten öffentlichen Nutzung des Geländes den Mainstream unter den heutigen AktivistInnen bildet. Gleichwohl wurde deutlich hervorgehoben, dass die Teilnahme an der Volksabstimmung unbedingt wichtig ist, um den öffentlichen Raum vor privatkapitalistischer Verwertung zu schützen.

Mehrere RednerInnen betonten, dass zur Verteidigung des öffentlichen Raums „reformistische“ und „radikale“ Kräfte sich über ihre bisherigen Differenzen hinweg wieder zusammenschließen müssen – gerade auch nach dem 25. Mai; egal ob die Abstimmung gewonnen oder verloren wird. Sie optierten mit unterschiedlichen Argumenten für ein Meeting aller Strömungen, um gemeinsam Bilanz zu ziehen, die Lage nach der Volksabstimmung einzuschätzen und eine gemeinsame Praxis für „die Zeit danach“ zu erörtern.

Unsere Redaktionsferien dauern bis zum 15. Juni 2014, so dass wir leider diesen politisch sinnvollen Vorschlag bis zu diesem Termin nicht publizistisch unterstützen können.

Wir drücken aber ganz fest unsere Daumen in der Hoffnung, dass es zu so einem Ratschlag kommt, der den Kampf gegen die kapitalistische Verwertung städtischen Raums wieder auf eine breite politische Grundlage aller linken Spektren stellt.

Karl-Heinz Schubert

Am 25.Mai 2014 stimmte eine deutliche Mehrheit (739.124) gegen die Bebauung und für 100% Tempelhofer Feld.


Quelle: https://www.wahlen-berlin.de/Abstimmungen/ve2014_tfeld/presse/20140605VE.pdf

Seitdem kommt eine  Debatte über den Umgang mit dieser Entscheidung im linken Spektrum außergewöhnlich zögerlich in Gang. Katrin Lompscher wünscht sich zuvorderst laut Tagesspiegel vom 3.6.14 ein "Wiesen-Parlament", um "Buchstaben und Geist des Gesetzes gerecht zu werden.", während ein anderer Teil der stadtpolitischen Linken, weiterhin die Debatte um das kollektive Recht auf Stadt auf die Lösung der brennenden Wohnungsfrage durch Rekommunalisierung verkürzt und dadurch die grundlegenden Fragen über die (Rück-)Eroberung von öffentlichem Raum ausgeblendet werden.

Unbeschadet dessen erschien in Folge des Volksentscheidergebnisses ein bemerkenswerter Artikel mit dem Titel "Volksentscheid erzwingt neue Liegenschaftspolitik", in dem im Rahmen einer Zustandsbeschreibung festgestellt wurde:

"Neben dem Land Berlin und dem Bund regieren Investoren- und Immobilien-Lobbys die Stadt. Ihr quasi unbegrenzter Kreditzugang erlaubt Gebäude zu bauen, in denen hohe Knappheitsrenditen und Erträge erzielt werden. Der “Kurzzeit-Investor” – früher auch Immobilien-Spekulant genannt – besorgt kurzfristiges Geld, saniert schnell und brutal, und hinterlässt nach dem Weiterverkauf eine ächzende Mieterschaft, die zwischen Auszug und “Flucht ins Eigentum” abwägen muß.

Die Lobbys funktionieren wie ein gigantisches Netz, das gemeinsam Wert, Mietpreise und Zinsen antreibt, und MieterInnen und Bürger in Not und Auszug treibt. "

Noch ist die Redaktion vollzählig "an Bord", sodass wir erst in der nächsten Woche ausführlicher zum Tempelhofer Feld berichten können.

Berlin, den 11. Juni 2014