Ein Gedanke zu “Still not lovin´ imperialism …”
Leserbrief zu "Was ist Anti-Imperialismus und was nicht?"

von A. Holberg

5-6/2017

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onlinezeitung

Die Kernaussage des Artikels ist diese „Es reicht nicht, gegen eine einzelne, besondere imperialistische Macht zu sein, sondern die Opposition betrifft das globale imperialistische System als solches und ganzes; eingeschlossen sind folgerichtig alle imperialistischen Staaten. Antiimperialist kann also nur sein, wer in Gegnerschaft zur aktuellen  Weltordnung und der ihr zugrunde liegenden Produktionsweise steht, und diese ist kapitalistisch.“.

Das ist unbestreitbar. Aber es genügt leider nicht, um in der Welt, in der wir leider leben, konkret zu agieren. Bleiben wir bei den Beispielen „Putins Russland“ und „Assads Syrien“.

Vom Gesichtspunkt des Klassenkampfes handelt es sich bei beiden Staaten um bürgerliche, im Falle Russland um einen gegenüber den USA und ihren Verbündeten schwächeren und deshalb – zumindest außerhalb seiner unmittelbaren Glacis – eher defensiven imperialistischen Staat mit innenpolitisch autoritären Tendenzen, im Falle Syriens um eine  nicht-imperialistische bürgerliche Diktatur. Gäbe es in dem einen oder anderen Land eine nennenswerte revolutionäre Arbeiterbewegung, wäre es die Aufgabe der internationalen Linken, alles ihr Mögliche zu tun, um dieser zu helfen, die bestehenden Regime zu stürzen.

Das „kleine“ Problem ist nur, dass es diese revolutionäre proletarische Bewegung nicht gibt – wie üblich aus objektiven (Sozialstruktur) und subjektiven (ideologische Regression) Gründen. Unter diesen Bedingungen ist es die Aufgabe der internationalen Linken, sich Gedanken darüber zu machen, was getan werden kann und muss, um die Bedingungen für eine qualitative Stärkung der revolutionären Arbeiterbewegung in beiden Ländern zu verbessern.

Würde dem die Vorherrschaft der USA und/oder EU-Bourgeoisie über die RF vermittels eines Sturzes „Putins“ durch die russischen (Neo)“Liberalen“, oder der Sturz Assads und seines Regimes durch die bewaffnete Opposition unter Führung kulturell ultrareaktionärer Kräfte
wie der jihadistischen dienen? Ich glaube, die Frage zu stellen, heißt sie zu beantworten und zwar mit „im Gegenteil!“

Die internationale Linke befindet sich leider in der unangenehmen Lage, aus taktischen Gründen, Kräfte unterstützen zu müssen, die auf die eine oder andere Weise reaktionäre Kräfte sind, um dem Machtzuwachs der aktuell stärksten  imperialistischen Kräfte und deren regionalen Verbündeten Einhalt zu gebieten. Das sind überdies im Allgemeinen „unsere eigenen“ imperialistischen Bourgeoisien, der „Feind im eigenen Land“. Dabei darf
sie um der Entwicklungsmöglichkeiten in einer nächsten Phase Willen natürlich keine Illusionen in den sozioökonomisch/-politische Charakter ihrer heute taktisch Unterstützten verbreiten.

Quelle: Zusendung per Email