Quelle: AVANTI Juli/August 2000

Streik bei Opel-Bochum:
Teilerfolg gegen Ausgliederungen

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Mit einem zweitägigen Streik bei Opel in Bochum setzten die KollegInnen die Garantie ihrer Löhne, sozialen Standards und ihrer Arbeitsplätze im Fall einer Ausgliederung durch. Die Ausgliederung selbst haben sie nicht verhindert.

Am 14. und 15. Juni streikten die KollegInnen bei Opel in Bochum. Ausgehend vom Werk II breitete sich der Streik über alle drei Werke aus. Die Lohnabhängigen wollten Informationen über die geplanten Ausgliederungen von Betriebsteilen in Bochum, Rüsselsheim und Kaiserslautern in eigenständige GmbH’s. Das hätte die Senkung der Löhne, der sozialen Standards und die Zerschlagung der bestehenden Betriebsratsstrukturen bedeutet.

GM und Fiat

Hintergrund der GmbH-isierung ist die Allianz zwischen dem weltgrößten Autobauer General Motors (GM) und dem sechsten in der Weltrangliste Fiat. GM besitzt 20 Prozent der Aktien von Fiat, Fiat 5 Prozent der von GM. Mit ihrer Allianz wollen sich die beiden Autokonzerne auf dem europäischen Markt Vorteile verschaffen. Die liegen aus kapitalistischer Sicht in der Addition der gegenseitigen Stärken von Dieselmotoren bei Fiat und Benzinmotoren bei GM/Opel, in der Fertigung gemeinsamer Teile für Opel- und für Fiat-Wagen, Vereinheitlichungen bei Getrieben und Motoren und im Zusammengehen bei Einkauf und Entwicklung. Dafür werden von GM und Fiat gemeinsame Firmen mit 50%-Anteilen für jede Seite gegründet. Die beiden Konzerne wollen gemeinsam Kosten reduzieren, aber vorerst auf den Märkten weiter konkurrieren. Auch das Vertriebsnetz und vor allem die Zulieferer werden von Kürzungen, Zusammenlegungen und Schließungen betroffen. Nur so glauben die Kapitaleigner in der Überproduktionskrise Marktanteile erobern zu können.

Zwei Tage Streik

Der zweitägige Streik in Bochum war die Reaktion der Belegschaft auf die drohenden Veränderungen mit all ihren negativen Folgen. Daraufhin führte der Betriebsratsvorsitzende von Opel Bochum Jaszczyk in Rüsselsheim Verhandlungen mit der Unternehmensleitung und verkündete am 14. Juni um 23 Uhr der Nachtschicht im Bochumer Werk I das Verhandlungsergebnis: 5 Jahre Absicherung der Löhne und Sozialstandards. Die KollegInnen lehnen das Ergebnis ab! Erneut mußte Jaszczyk verhandeln. Unter den Streikenden macht die Parole „Opel bleibt Opel! Ein Betrieb, eine Belegschaft!" die Runde. Am Abend des 15. Juni stellte Jaszczyk das nächste Ergebnis vor: Eine Rahmenvereinbarung, die unbefristet (?) die Löhne, Sozialleistungen, betriebliche Altersversicherung und die bestehenden Betriebsratsstrukturen im Fall der Ausgliederung in GmbHs absichert. In einer Abstimmung wurde dies Ergebnis von den Bochumer KollegInnen mit großer Mehrheit angenommen. Zwei Tage Streik mit einem Produktionsausfall von 10.000 PKWs führten durch die „Just in time"-Fertigung zu Stillständen in anderen europäischen Opelwerken. So wurde ein Teilerfolg erzielt, die Ausgliederungen selbst aber nicht verhindert. Davon sind in Rüsselsheim 2.300, in Bochum 1.100 und in Kaiserslautern 1.200 KollegInnen betroffen. Was wäre erst erreicht worden, wenn weitergestreikt worden wäre?

Keine Zusammenarbeit

Die Allianz GM – Fiat ist schon längere Zeit im Gespräch. Leider ist es bisher noch zu keiner wirklichen Zusammenarbeit zwischen der gut koordinierten Linken von Opel und der von Fiat in Italien gekommen. Auch die KollegInnen in Turin fürchten den drastischen Verlust von Arbeitsplätzen durch die Beteiligung von GM an Fiat. Immerhin arbeiten in Turin 130.000 Menschen im Autosektor. Das ist ein Drittel der Beschäftigung im verarbeitenden Gewerbe.

Zur Allianz GM – Fiat diskutiert die kommunistische Linke in Italien zum einen über die Beteiligung des US-Unternehmens GM an Fiat als Italiens größtem Industriekonzern, zum anderen über die negativen Folgen der Allianz für die ArbeiterInnen. Die ersten Entlassungen von Mechanikern hat Fiat bereits für das Werk Mirafiori angekündigt. In diesem Bereich ist die Gewerkschaft SinCobas stark, in der auch unsere GenossInnen der Vierten Internationale arbeiten.

Die ArbeiterInnen bei Fiat habe eine sehr radikale und sogar revolutionäre Tradition. Ab 1969 wurde bei Fiat die Arbeiterkontrolle durchgeführt. So bestimmten die KollegInnen lange Zeit die Geschwindigkeit der Fließbänder. Unter den Fabrikdelegierten und in der Gewerkschaftsopposition spielten die GenossInnen der Vierten Internationale eine führende Rolle. Erst Anfang der 80er Jahre konnte durch eine Mobilisierung der bürgerlichen Öffentlichkeit, der Meister, Vorarbeiter und höheren Angestellten das Kräfteverhältnis bei Fiat zugunsten der Betriebsleitung gekippt und viele Errungenschaften der KollegInnen zurückgenommen werden. Immerhin ist auch heute noch die Linke bei Fiat vorhanden. Ihre Kampfformen wurden Anfang der 70er Jahre auch unter hiesigen SozialistInnen diskutiert, aber meist als spontanistisch abgelehnt. Es ist also nicht nur die aktuelle Zusammenarbeit zwischen den Belegschaften von Opel und Fiat und den klassenkämpferischen KollegInnen notwendig, sondern auch der Austausch ihrer Erfahrungen und Strategien.