Kaum ein halbes Jahr ist vergangen seit den
letzten bundesweit organisierten Durchsuchungsaktionen
kurdischer Objekte. In den frühen Morgenstunden des heutigen
Tages haben fast 190 Polizeibeamte in Bayern,
Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen die Privatwohnungen
und Geschäftsräume von „mutmaßlichen Anhängern der verbotenen
Organisation KONGRA-GEL“ durchsucht. Nach Angaben des
Polizeipräsidiums München und der Staatsanwaltschaft waren
allein im Großraum München hiervon 23 Objekte betroffen. Ziel
der polizeilichen Aktion sollte das Auffinden von
Beweismaterial zum Nachweis der Unterstützung von KONGRA-GEL
sein, der auf Druck der Türkei im Jahre 2004 auf die
EU-Terrorliste gesetzt worden ist. Begründet wurden die
Razzien in München ferner mit der Behauptung, es werde am
Aufbau einer PKK-nahen Jugendorganisation gearbeitet.
Beschlagnahmt wurden offenbar Handys, Bücher, Kassetten und
PCs.
Neben der Festnahme mehrerer Personen, ist gegen den
69-jährigen kurdischen Schriftsteller und Publizisten, Haydar
Isik., wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in der
„Führungsriege der verbotenen Vereinigung“ ein Haftbefehl
durch das Amtsgericht München erlassen worden. Er wird noch
heute dem Ermittlungsrichter vorgeführt.
Das Polizeipräsidium versteigt sich in seiner Pressemitteilung
zu der Behauptung, der KONGRA-GEL kämpfe „mit massiver
Waffengewalt“ für einen „autarken kurdischen Staat“ und eine
„Separation von der Türkei“ ein. Dies ist eine glatte
Verleumdung und gibt lediglich das wider, was der türkische
Staat unablässig erklärt. Vor dem Hintergrund der
bevorstehenden Parlamentswahlen am 22. Juli überbieten sich
zur Zeit die Parteien in der Hetze gegen die kurdische
Bevölkerung, die Mitglieder der prokurdischen DTP und
insbesondere gegen den früheren PKK-Vorsitzenden Abdullah
Öcalan. So fordert die ultrarechte „Partei der
Nationalistischen Bewegung“ (MHP) auf öffentlichen
Wahlversammlungen dessen Hinrichtung, den Verzicht auf die
Gewährung von Rechten für die kurdische Bevölkerung sowie eine
Abkehr von den Kopenhagener Kriterien als Voraussetzung für
einen Beitritt der Türkei zur EU. Die MHP kann sich mit
derartigen Forderungen der Unterstützung der militärischen
Elite des Landes sicher sein. Erst kürzlich hatte der
Generalstabschef Yasar Büyükanit insbesondere das europäische
Ausland zu einer politischen Offensive gegen die „Unterstützer
des Terrorismus“ aufgefordert. Bei der „Lösung des
Kurdenproblems“ falle die EU der Türkei durch ihre Forderungen
nach Einhaltung der Menschenrechte in den Rücken.
Deutschland hat wieder einmal verstanden. Die heutigen
Durchsuchungsaktionen dürften auf große Zustimmung dieser
nationalistisch-chauvinistischen Polit- und Militärkreise
fallen. Die Strafverfolgungsbehörden haben ihnen einen
Bärendienst erwiesen. Sie müssen sich den Vorwurf gefallen
lassen, Handlanger dieser schmutzigen Politik zu sein.
Wir verurteilen das Vorgehen der Behörden und fordern die
Freilassung aller Festgenommenen und ein Ende der
Verfolgungspraxis.
AZADI - Rechtshilfefonds für
Kurdinnen und Kurden in Deutschland e.V.
YEK-KOM - Föderation
der kurdischen Vereine in Deutschland e.V.
Editorische Anmerkungen
Wir erhielten die PM von den
UnterzeichnerInnen