"Der Klassenkampf kommt langsam in Fahrt"

Von Reinhold Schramm / Berlin

7/8-08

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Vorbemerkung:  Texte und Textauszüge sollten wir stets vollständig im Original lesen und kritisch und allseitig überprüfen. Der Leser sollte keine Bestätigung in anerzogenen Vorurteilen und Vorstellungen suchen. Wichtig ist die beständige allseitige Auseinandersetzung mit der sozialen - ökonomischen, ideologischen - sozialpsychologischen und gesellschaftspolitischen Realität.  Die Aneignung von Kenntnissen über die Herrschaftstruktur und Funktionsweise der kapitalistischen Gesellschaftsordnung sollte zugleich der täglichen Praxis im Klassenkampf zur Überwindung und Aufhebung der herrschenden Ordnung dienen.  Einen Beitrag zur Aufhebung der Entfremdung und Überwindung der Herrschaft des Kapitals und Profitsystems kann auch (nicht nur) die Beteiligung am gewerkschaftlichen Kampf leisten, dies, gleichermaßen, so wie in Deutschland und Europa, USA und Kanada, Japan und auch in China.

"An Loyalität und Pflichtbewusstheit gegenüber Programm und Gesetz, diesen Daseinsbedingungen von Partei und Staat, zehrt jedenfalls allseitig die Korrosion durch Geld und andere Zuwendungen. Die private Variante der Privatisierung, sich selbst zu bedienen, droht zur Devise zu werden, wo einst "dem Volke dienen" galt. Die Regierung versucht dem gegenzusteuern und zugleich die Wendung hin zu einer sozial gerechteren
und die Umweltzerstörung eindämmenden Politik zu vollziehen. Doch während der Rote Drache versucht, den kapitalistischen Tiger zu reiten, setzt dieser alles daran, aus dem Drachen den Mehrwert zu saugen. Es ist eine offene Frage, ob sich die KPCh auf Dauer den Kapitalismus oder dieser sich die KPCh assimilieren wird. Deren Symbolfigur wird
jedenfalls hoch gehandelt: Zum Redaktionsschluss hat Warhols Mao in New York für 17,5 Millionen Dollar den Besitzer gewechselt." [1]


"Bereits heute übt die Landflucht auf die explodierenden Industriestädte an der Küste einen enormen Druck aus. Dieser dürfte durch weitere (schätzungsweise 200) Millionen BinnenmigrantInnen noch verstärkt werden. Die damit verbundenen sozialen Spannungen sind schwer zu kontrollieren: Die räumlichen Entwicklungsunterschiede zwischen Shanghai
und den Provinzen im Landesinneren sind größer als zwischen Paris und Albanien. Auch die Polarisierung in den Städten liefert Stoff für Konflikte. Immer wieder kommt es zu gewaltsamen Straßenauseinandersetzungen aufgrund eklatanter Vorteilsnahme, Korruption etc. Gemeldet wurden für das Jahr 2004 insgesamt 78.000 Protestaktionen. Auch in den Betrieben zeichnet sich eine Zuspitzung von Konflikten ab: Die chinesischen Behörden zählten im selben Jahr über 58.000 zum Teil gewalttätige Arbeitskämpfe und wilde Streiks.
Massenarbeitslosigkeit (über 250 Mio. Menschen) und aufkommendes Klassenbewusstsein einerseits, wachsende Machtansprüche der inneren (nicht mehr primär national orientierten) Bourgeoisie anderseits stellen die politische Führung vor neue Herausforderungen.  Trotz des Überangebots an Arbeitskräften insgesamt mangelt es etwa in der Süd-Provinz Guangzhou ca. an einer Million billiger und "gefügiger" Arbeiter. Wer arm, aber jung und gut ausgebildet ist, meidet die Hyperausbeutung in den Sweatshops und sucht sein Glück in anderen Regionen. Arbeitskräfte vom Land sind wiederum nicht qualifiziert genug und es mangelt ihnen an der "nötigen Disziplin". Qualität und Produktivität sind gefragt, um auf dem Weltmarkt zu bestehen, denn schon stehen billigere Anbieter wie Vietnam in den Startlöchern und locken Unternehmen, ihre Standorte aus China dorthin zu verlagern.  Seitdem Industrielle in den Reihen der KP willkommen sind und die Bourgeoisie ihren Reichtum protzig zur Schau stellt (nirgends werden etwa so viele Mercedes 600 verkauft, wie in China), regt sich im linken Flügel der Partei der Ruf nach Arbeiterrechten, schon um die Arbeiterklasse und das Aufkommen unabhängiger Gewerkschaften in Schach zu halten. Offizielle Medien rufen die 210 Millionen WanderarbeiterInnen  dazu auf, den Gewerkschaften der Partei beizutreten, die z.B. für die
pünktliche Auszahlung der Löhne sorgen. Nur folgen Arbeiter und Arbeiterinnen den Aufrufen nicht, sondern fordern nicht nur pünktliche, sondern vor allem auch höhere Löhne und erträglichere Arbeitsbedingungen. Der Klassenkampf kommt langsam in Fahrt. Die
KP-Führung reagiert mit der Einrichtung einer mehrere tausend Mann starken Spezialeinheit gegen Sozialproteste. Aber auch erste (symbolische) Beschlüsse zur Reduzierung der sozialen Ungleichheiten wurden gefasst." [2]

Ein faules Argument der Bourgeoissozialisten, deren betriebliche und staatliche Administrationen und Kollaborateure: 'Es bedarf der entwickelten kapitalistischen Produktionsweise, zugleich deren unterschiedliche Ausbeutungs- und Verfügungsweise, entsprechend dem Entwicklungsstand der Produktivkräfte, über die physische und psychische (menschliche) Arbeitskraft, um zukünftig, in "noch zwölf Generationen" -
bis ins Jahr 2308, eine "harmonische Gemeinschaft" aufzubauen.' (-Sinngemäß) - So hätten sie es gerne, die Bourgeoissozialisten und ihre gesellschaftspolitischen Kollaborateure, Manager, Staats- und Parteiführer, auch in Deutschland und Europa (- siehe hierzu auch die wissenschaftliche Meinung, im ungeschminkten Klartext, im "Manifest" und "Kapital" von Karl Marx)!

Auf allen historischen Entwicklungsstufen der menschlichen Gesellschaft gab es den sozialen Kampf um Verbesserung der Lebenslagen. Heute, auf der Grundlage der realen Entwicklung der Produktivkräfte, weltweit, sind die Voraussetzungen gegeben, allen Menschen eine auskömmliche Lebens- und Entwicklungsperspektive zu eröffnen.

Die gesellschaftspolitischen Gegner, dieser realen Möglichkeit, in allen Regionen dieser Welt, werden nichts unversucht lassen, ausnahmslos, alle physischen und psychischen, ideologischen, politischen und ökonomischen Mittel einzusetzen, um diese Emanzipations- und Befreiungsbewegung zu verhindern. Dies, auch mit dem Einsatz der Bildungs- und Erziehungssysteme, der Justiz und Haftanstalten, der Polizei und dem
Militär, - mit dem gesamten staatlichen (und privaten) Gewaltapparat der bestehenden Gesellschaftsordnung, - auch einschließlich mit Mord und Totschlag.  Die Existenz des Kapitalismus gewährt und ermöglicht die Teilung der Gesellschaft in Arm und Reich, in Unterwerfung und Beherrschung, in Ausbeutung und Bereicherung.  Beenden wir diese gesellschaftspolitischen Herrschaftsverhältnisse mit unserer praktischen Beteiligung an den notwendigen Auseinandersetzungen zur Überwindung und Aufhebung, - nur "Gemeinsam sind wir stark".

Quellen:
[1] Wolfgang Fritz Haug in Das Argument, Großer Widerspruch nach vorn?, "1. Chinas Reformpolitik als Antwort auf die kommunistische Erfahrung des 20. Jahrhunderts", 11.01.2007. Internet: http://www.linksnet.de/drucksicht.php?id=2821  
[2] Mario Candeias, Widersprüche und Herausforderungen des "Post-Neoliberalismus", ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 500 / 18.11.2005.  Internet: http://www.akweb.de/ak_s/ak500/28.htm  

Editorische Anmerkungen

Den Text erhielten wir vom Autor für diese Ausgabe.